Poetisches Votum an die verehrte Frau Hofrätin v. Kleyle, über den herzkläglichen Unfall, welcher sich in deroselben berühmten Speisekammer ereignet hat in der Nacht vom 10. auf 11. Oktober, im Jahre diesmal des Unheils 1837, zu Penzing in der Schmiedgasse Es füllt die Speisekammer Ein bitterlicher Jammer, Und wohl mit Fug und wohl mit Recht, Denn wie die Welt geworden schlecht, Zeigt sich ein schnöd Exempel In diesem Magentempel. Die Mutter steht betroffen An den beraubten Brettern Und ruft in Zorneswettern: »Wer ließ das Fenster offen?« Wenn sie nicht Christin wäre Und eingedenk der Lehre: ›Du sollst dem Feind vergeben‹, Der Eingriff in ihr Leben, In ihren Speiseständer, Er könnte sie versuchen, Den Räuber zu verfluchen, Den Magentempelschänder. Sie blickt nach ihren Schätzen, Und ach! erblickt sie nicht, Da bleicht ihr Angesicht Hausfrauliches Entsetzen. Sie forscht in ihrem Schrecke Vergebens nach dem Specke, Er ist bei Nacht verschwunden, Trotz unseren drei Hunden. Sie sucht in ihrem Gram Das Leibgericht der Wiener, Das auch abhanden kam, Die braungebacknen Hühner. Hühnlein sind abgezogen, Dem Specke nachgeflogen, Sie sind vorbeigeschwunden An drei verschlafnen Hunden. Jetzt faßt ein tödlich Grauen Die häuslichste der Frauen, Sie ist ins Herz verletzt, Der Jammer packt sie jetzt Mit seiner ganzen Stärke, Es ist ein Streich zum Weinen: Geraubt sind auch die feinen Geburtstagszuckerwerke! Nun steht sie da ergrimmt, Ihr Auge glüht und schwimmt In wirtschaftlichen Tränen, Unchristlich, doch von Herzen Wünscht sie drei Tage Schmerzen Den frechen Diebeszähnen. Jetzt sammeln sich die Kinder Und klagen nicht gelinder, Und aus der bittern Klage Entspringt die große Frage: »Hat sich ein Mensch vergessen? Hat dies ein Tier gefressen?« Als eurer Zweifel Richter Laßt gelten einen Dichter: Was hier dem Dieb gefiel, Zu vielerlei und viel Wills meinem Sinne scheinen Für eines Tieres Fraß; Drum soll ich lieber meinen, Daß sich ein Mensch vergaß. Doch muß ich wieder glauben Trotz viel und vielerlei, Bei solchem frechen Rauben War auch ein Tier dabei. Wie auch der Fall sich wende, 's ist alles eins am Ende: In diesem Duftrevier Hat beides: Mensch und Tier Zu eurem Herzeleide Heut nacht sichs lassen schmecken, Ob in zwei Leibern beide, Ob sie in einem stecken.