6. Wieder soll zu einem Hochzeitreigen Der Zigeuner frische Tänze geigen; Zimbal, klinge hell vom Hammerschlage! Klarinette, schmettre ins Gelage! Im Husarenwams, vielfach geflickt, Mit verblichnem Golde reich gestickt Und geziert mit mottenhaftem Brame, Nähert Mischka sich dem Bräutigame. Und er spricht mit bückendem Verneigen: »Möcht es Eurer Herrlichkeit gefallen, Eh die frischen Tänze hier erschallen, Mich zu hören erst ein Solo geigen. Damit möcht ich Eure Gunst erwerben; Habs zu Eurem Ehrentag erfunden, Schön ists, Herr, so herzlich tief empfunden, Daß vor Lust der Hörer möchte sterben.« »Sei gewährt der Bitte«, spricht der Graf, Den das Auge des Zigeuners traf, Hell, wie eines Seelendolches Blinken, »Spiele, sollst dafür Tokayer trinken!« – Stille wird der Saal, wie Miras Gruft; Alles hat um Mischka sich geschart, Und er läßt den Bogen, frisch behaart, Wie versuchend, sausen durch die Luft. Plötzlich streicht er durch die Saiten alle Und durch alle Herzen, schnell bemeistert; Seine Geige in der Freudenhalle Hat zur Rachegöttin sich begeistert. Frevler! horch! in diesem süßen Liede Säuselt und verweht der Unschuld Friede; – Hörst du, wie der Blitz der Liebe zündet? Wie ihr ganzes Herz in deines mündet? – Jener Brautnacht unermeßne Wonnen, Wie sie in ein Meer von Schmerz zerronnen? – Stürmen hörst du der Verlaßnen Klagen; Hörst den Wurm an ihrer Blüte nagen; – Horch, wie sie, zum Tod schon auf der Flucht, Weinend dich durch alle Wälder sucht; Wie sie alle Götter ruft um Hilfe, Bis sie tot zusammenbricht im Schilfe. – Furchtbar läßt der Alte deinem Lauschen Durch die Saiten die Vergeltung rauschen! – Aus dem Saal ist jede Lust gewichen, Dunkles Weh durch alle Herzen schlägt; Und nicht wissend, was sie tief bewegt, Hat die Braut sich weinend fortgeschlichen. Von der Macht gejagt des Racheschalls, Eilt der junge Bräutigam zu Rosse, Sprengt in finstrer Nacht aus seinem Schlosse, Stürzt und bricht im Graben sich den Hals. Die Zigeuner leeren ihre Neige, »Gute Nacht!« – Früh sieht ein Hirtenknab Mischka stehn an seines Kindes Grab Und hinein verscharren seine Geige. Meisterlos zerstreut sich seine Bande, Und fortan sah niemand ihn im Lande.