An Luise Ich höre nicht den Sarg verhämmern, Wie Freundespflicht mir sonst gebot, Doch denk ich hier im Waldesdämmern Einsam gerührt an deinen Tod. Nun läuten die Begräbnisglocken, Der Wind, bewegt von ihrem Klang, Flieht in den Wald, und Blütenflocken Streift er von allen Zweigen bang. Die jungen Blüten zittern leise Und freudig nieder in den Staub, Als das Gefolge deiner Reise Sind gerne sie des Todes Raub. – Du bist mir nah im Waldesgrunde In der Erinnrung ewgem Strahl, Wie einst in jener Abendstunde, Als ich dich sah zum letzten Mal! Ich schau dein Angesicht, dein bleiches, Das tiefe Schwermut überzieht, Ich schau dein Aug, dein dunkles, weiches, Wie es in andre Welten sieht; Und wie du ins Klavier versunken, So träumerisch, so ernst und mild, Und wie dem Liede, himmelstrunken, Du selber wirst ein schönes Bild; Wie dich der große Geist umranket, Den sie Beethoven nannten hie, Wie deine zarte Bildung schwanket Im Sturme seiner Melodie; Der Geist, dem seliges Verderben Das Erdenleben sich entlauscht, In dessen Lied viel süßes Sterben Und Harmonie des Todes rauscht. Sein Herz, von Sehnsuchtsqual zerklüftet, Zieht dich hinab in seinen Brand, Und deine trunkne Seele lüftet Der Erdenhülle leichtes Band. Mir ist das Scherzo nicht verklungen, Wo nach Adagios wildem Schrei Der heiße Schmerz sich matt gerungen Zu träumerischer Tändelei: So spielt der Jüngling an der Bahre Der Braut, wenn schon das Herz ihm bricht, Noch tändelnd mit dem Lockenhaare, Und starrend in ihr tot Gesicht. – Du bist dahin! Nichts konnte retten Und halten dich bei uns zurück, Kalt knickte alle Liebesketten Das unerbittliche Geschick. Es brachte dir in Sterbensstunden Die frommgetäuschte gute Frau Im letzten Wahn, du sollst gesunden, Noch einen Becher Maientau. Aufblüht die Heideblume wieder, Die schon dem Tode nickte zu, Weint still die Nacht ihr Mitleid nieder, Doch nicht, gebrochne Blume, du! – Mich Fernen auch erfaßt die Klage, Die mich dem Waldesgrund entreißt, Mir flieht das Bild vergangner Tage, An deinem Sarge steht mein Geist. Um den sie alle weinen müssen, Du Jungfrau hold! zu deinem Schrein Drängt sich, dich einmal noch zu küssen, Dein Herzensfreund, der Frühling ein. Das bange Scherzo hör ich klingen Um dich, so starr und still du auch, Mit deines Haares dunkeln Ringen Spielt schmerzlich noch des Frühlings Hauch. Jetzt aber wird der Sarg geschlossen, Auf immer deine Lichtgestalt Aus unserm Angesicht verstoßen; Im Schollenwurf dein Lied verhallt. Nur deine Mutter hör ich weinen; O schwiege doch der Freunde Trost! Für eine Mutter gibt es keinen, Ein Dolch ins Herz ist ihr sein Frost. Dem Schmerz nach ihrem lieben Kinde Bleibt bis zum Tod ihr Herz geweiht, Wenn auch des Trostes kühle Rinde Den Freunden einst dein Grab verschneit. Und soll sie einst dich wiederhaben, Durchzuckt das weiche Mutterherz, Daß sie dich hier so früh begraben, Im Himmel noch ein leiser Schmerz.