Die Erschaffung der Welt Ein Traum in den Schweizergebirgen. Auf ihr Geister, zur Arbeit, es ist noch Viel des Geschäftes bevor! Schaut, dort liegt die Erde vor euch, Ein dunkler Klumpen, aber der Herrlichkeit, Die ihm mein Rat beschloß, soll es kein Ende sein. Daß wir aber nicht schaffen in der Luft, Sondern am Abend des Tagwerks uns freuen, Setz' ich auch Götter daher wie wir, In einen Leib, der aller Creatur Inbegriff und Abbild ist. Mehr und weniger. Horcht! und denkt diesem Gedanken Nach in die Unendlichkeit. Welche Verschiedenheit, welche Einheit! Feuer und Wasser die großen Räder, Die alles drehen. Ewigen Feuers Kraft! wie viel Feindschaft bei dir! Und ohne sie das Ganze doch tot; Feuer leuchtend, Wasser dunkel Und verschlingend die himmlischen Strahlen, Feuer treibend, Wasser ersinkend, Feuer auflösend, Wasser verdichtend, Und ihre Festigkeit Erde genannt, Und die ewige himmlische Freundschaft Jauchzt der Siege, die daraus entstehen! Schaut eine Ebene voll Kräuter und Lilien, Die des Feuers Anblick gemalt, Schaut die Gebirge, die sie umschließen, Und die Felsen, aus Wasser gekocht. Schaut das Rauchwerk der Naturdünste, Die sich der Sonne zu heben, Dann in tausend Farben zurück Über die Welt als Wolken schweben. An den Felsen herab hangt ein Mensch, Dessen Aug wie die Erde gebildet, Alles, was darauf ist, verkleinert empfindet, Daß er für Staunen und Lust nicht vergeh. In dem Wasser seines Auges Stecken Geheimnisse, nie zu ergründen, Hängt die Gemeinschaft Himmels und der Erde Und ihre Geister, all euer Glück. In dem Feuer seines Auges Stecken Geheimnisse, nie zu ergründen, Und du Erde, die ich gebildet, Deine Verherrlichung und dein Glück, Damit sucht er, damit liebt er, Damit bildet er, setzt zusammen, Was er gesucht, geliebet, gebildet Und erschafft – o Spiegel von mir, Wenn du den Kreis deiner Kräfte kennest. In dem Wasser seines Auges Tauchen sich alle Feuertriebe Einer Schöpfung selig und ruhen Selige Geister, da ruhet ihr Und beglücket ihn und werdet beglückt. O du ewige himmlische Freundschaft! O der Wunder Unendlichkeit! Weh uns, weh, so riefen die Geister! O das Mittel die ewig verschiednen, All die Götter zu herbergen. Furcht und Begier, die großen Mittel, Feuer und Wasser, die ganze Natur. Wähnen, sie wärens, fühlen sich Götter, Fühlen sich toter als Staub und Nichts. Zagt nicht, Geister, sie sollen beisammen, Alle beisammen in einer Welt Ewig sich lieben, ewig sich hassen, Und nicht wissen, wie sehr sie sich lieben, Wie sie sich hassen, wie sehr sie sich wohltun Und wie alles in mir schwindet. Schaut die Liebe ist ihre Seele, Liebe ihr Wirken, was es auch sei. Schaut die ewigen Funken des Himmels, Schaut die Wunder, die er erschafft. Aber die Furcht, die Ruhe der Schöpfung, Furcht das große Grab der Natur, Wo alles erstarrt, doch haben sie keine Größere, keine ungemessnere, Als die ewige Furcht vor einander, Weil sie ihr Glück von einander erwarten. Schaut, das hält sie, zaget nicht. Jeder glaubt dem andern das, was er ist, und mehr. Und unendlich weniger, wenn er mich fühlt. Schaut das hält sie, zaget nicht. Schaut die ewigen Wunder der Furcht. Jeder weist dem andern die schlechteste Seite von sich selbst – die beste zu mir. Und das hält sie, sie würden erbittert Einer des Andern Absicht durchkreuzen, Und ein Chaos würde die Welt; Daß die kleinen Außenseiten Platz bei einander im Ganzen finden, Haben sie sich ein Mittel erfunden, Ihre Begierden auszutauschen, Und das Mittel nennen sie Geld. Aber die große Begierde von mir Tauschen sie nie. – Entweder sie schlummern im Eise der Furcht, Oder sie wirken im Feuer der Liebe Ewige Gottesverschiedenheit. Tausend wissen nicht, was sie wirken, Und noch minder warum – Jeder scheut des Andern Auge, Scheute gern meins und leugnete mich – Leugnet mich – und beweist mich durch Taten. Nur das Genie, das, seiner Schöpfungskraft Sich bewußt, mich trunken fühlt In jeder Natur und Gestalt der Schöpfung, Nur das Genie erzittert nicht. Schau, es enthüllt sich ewig den andern Ohne Furcht und fühlet in andern Den sich neu offenbarenden Gott; Fühlt er höhere Wirkungskreise, Wirkt auch er auf seine Weise Und setzt alles ins Gleichgewicht. Nur das Genie mißtrauet sich nicht. Wie zwo Berge bei einander, Ohne sich zu berühren, stehn, Und doch immer ihre eigne, Immer des andern Größe sehn. Zwar auch sie in Grenzen zu setzen, Unter Menschen Menschen zu sein, Fühlen die Furcht in ihrer Schwäche, Wenn sie müd von der Arbeit ruhn, Wenn die Sonne den Himmel verläßt, Alle Gestalten zusammenschwimmen, Die dem Geist nach sich widerstimmen, Mit von ihrer Kälte gepreßt. Ach da türmen sich Schreckbilder auf, Wie kein Mittelgeschöpf sie empfunden. Und ein zürnender Gott scheint ihm sein Bruder, Der ihm den Fuß auf den Nacken setzt; Jeder Mensch ihm größer und besser, Jedes Geschöpf ihm lebendiger als er, Bis in die innerste Wurzel der Seele Sich die Urstimme wieder erhebt. Hier ist Berg – und Götter und Menschen Werden auf dir ihres Daseins froh. Schaut, so schaff ich, und so bestehn Alle Geschöpfe neben sich, Stärke und Schwäche so innig verbunden, Ewig verschieden, ewig einander ähnlich und mir. Schaut die Wunder meiner Schöpfungs-Demut so nahe der Größe. In ihren Augen finden sie Ruhe, Denn von da aus sprech ich sie an, Und nur wo sie in ihnen mich finden, Wie sie denn überall, Wo das Paradies nur sich ahnden läßt, Auch wider Willen suchen mich müssen – Freuen sie sich. Ich der Urstoff ihrer Begierden und Frechheit, Ihre Sättigung ewig Ich. Schaut am glatten Felsen hinunter Rinnt der Quell im Sonnenschein. Nicht umsonst so silbern und rein. Da keucht einer den Felsen hinan, Dem die Sonne das Leben genommen; Zehnfach wird ers wieder bekommen, Himmlische Kühlung, du wartest auf ihn. Seitab im Tale die ruhige Hütte. In ihrem Eingang mit glänzendem Kinn Harrt unterm Strohhut ein Engel auf ihn. Arme und Busen strebt ihm entgegen, Um der Unsterblichen Neid zu erregen. Schaut, er klimmet zur Quelle hinauf. Gute Stoa, sich selbst zu bezwingen, Magst du Starken, als Weisheit singen. Ströme hier Gift, ich schlürfte die Pein Zuckend zu sterben, mit Wollust ein. Und seine hohle Hand gewährt ihm einen Himmel – er kniet und dankt für einen Tropfen, in dem ich war. Ach an diesem Busen zu ruhen, Himmel und Hölle in diesem Arm, Eine schnelle Entzückung lang. Macht dann auf ewig mit mir, was ihr wollt. Und er kommt und sieht ihr ins Auge, Und vergißt, was er von ihr verlangt. Niemals ist er frömmer gewesen, Als in diesem Augenblick, In sein ganz entzücktes Wesen Fließt der ganzen Gottheit Glück. Nun, nun darf er sie umarmen Wie er den Fuß einer Heiligen umarmet, Darf ihre heilige Lippe berühren, Wie ein Sünder die Hostie küßt. Erdegebückt geht ein Anderer vorüber, Dem der Most die Begier geschwellt, Der die Gottheit des Auges nicht fühlt, Dem das Geschlecht allein gefällt, Und er bleibt versteinert da sitzen, Sieht auf jenen mit Mitleid herab, Weil die Natur sich so zu erhitzen, Zu viel Furcht und Hochmut ihm gab. Meint, er habe sich selbst überwunden, Dünkt sich weiser und bleibt ein Tor, Bis er die Furcht in tierschen Stunden Mit einem Tier, das ihm gleicht, verlor. Schaut, so halt ich sie alle beisammen, Wie den Berg und das strupfigte Tal, All' in unterschiedlichen Flammen, Unterschiedlicher Lust und Qual. Fürchtet nicht, ihr höhern Seelen, Euren Genuß vom Neide der Niedern Jemals getrübt zu sehen. Ihr genießt mitten unter ihnen. Sie begreifen's und ahnden's nicht. Schaut da steht er, der göttliche Maler, Hängt an Felsenwand herab Über der Aussicht, die seinem Pinsel Die Natur zur Eroberung gab. An dem Fuße des Felsen kauert Sich der Landmann über den Pflug. Schaut wohl empor und lachet des Gottes, Der ihn zu der Unsterblichkeit trug. Aber sein Schweiß düngt jenem die Erde, Der seinen Geistern mit Fröhlichkeit naht, Dort durch Leiden, hier durch Beschwerden Wird ein Heiland des andern wert. Schaut die Augen, wie ewig verschieden, Hier der sonnigte Feuerblick, Dort die Bläue, das Bild des Friedens, Wo sie dunkler, das Zeichen der Duldung Und in jedem des andern Glück. Wie die Sonne in dunkle Fluten Gern all ihren Glanz versenkt, Bohrt das brennende Aug' im Guten, Bis es all seine Pein dort ertränkt. Lieb ist allen das Wirken und Streben. Selbst der zweifelnde Lästerschrei, Denn die Foltern, die ihn umgeben, Wirken allein auf sein Geschrei, Wenn er alles, was lebet, fürchtet, Fürchtet er sich nur vor sich selbst, Und der ärmste der ganzen Schöpfung Lebt im Goldgebirg – und er – – Ha mein Donner hat sie gezeichnet, Sie zersplittern wie Felsen, Da liegen sie und missen auf ewig, Ach! der Wollust der Ähnlichkeit! Auf sie treten meine Gesalbten Mit der ganzen Natur befreundet. Auf sie treten sie hin wie auf Felsen, Die mit keinem Geschöpf sich verzweiten. Doch auch sie sind fest wie Felsen, Aber nicht trocken und hart wie die, Grünend, blühend von Sympathie, Scheint in ihnen erschaffen durch sie Eine ganze lebendige Welt sich zu wälzen, Schaut, das Feuer sprengt ihre Seele, Mit der Liebenden Ungeduld, Schaut, das Wasser erhält ihre Seele Mit allhoffender Geduld. Schaut, die Erde macht ihren Vorsatz Unerschütterlich ewig, wie sie. Ihr könnt Welten aus Angeln heben, Aber nicht ein liebendes Herz, – nie!