XVIII. An die Geliebte. (1824.) Du Holde, die mein Sehnen Von fern erregt mit tiefverhüllten Zügen, Mich läßt im Traum nur wähnen, Ihr himmlisch Bild zu schauen, Und wenn am schönen Tag In Wonne lachend die Gefilde liegen: Sag, lebtest du dein Leben Schon in der goldnen Zeit, der unschuldsvollen, Um heut uns zu umschweben Als Schatten? Oder hat ein neidisch Walten Des Schicksals dich der Zukunft vorbehalten? Die Hoffnung ist geschwunden, Dich je zu schau'n im Leben; Erst dann vielleicht, wenn hüllenlos mein Geist Nach fremden Stätten einsam wird entschweben Auf neuem Pfad. Schon einst im Morgengrauen Des Erdentags mit ungewissem Scheine Glaubt' ich, auf dieser rauhen Erde sei'st Auch du bestimmt zur Pilgerschaft. Doch fand ich Nichts Irdisches dir ähnlich. Wenn auch Eine Dir glich' an Zügen, an Geberd' und Rede, – An Reiz und Anmuth überträfst du Jede. Wenn unter all den Leiden, Die Sterblichen verhängt sind vom Geschick, Leibhaft und so wie dich mein Geist geträumt Dich Einer liebt' auf Erden, – dieses Leben Wär' ihm ein sel'ges Glück; Ich fühl' es tief: nach Ruhm und Tugend streben Würd' ich aufs Neue, wie in junger Zeit, Um deiner Liebe willen. Jetzt gewährt Der Himmel keine Lindrung meinem Leid. Mit dir vereinigt wäre schon hienieden Ein göttergleiches Dasein mir beschieden. In Thälern, wo das Lied Des fleiß'gen Landmanns hinterm Pflug ertönt, Sitz' ich versenkt in Sehnen Nach meinem Jugendtraum, der nun entflieht. Und fließen auf den Hügeln meine Thränen, Weil meinen Tagen jede Sehnsucht, jede Hoffnung entschwand, – auf einmal, denk' ich dein, Pocht neuerweckt mein Herz. O könnt' ich nur In dieser düstern Zeit voll Schmach und Pein Dein hohes Bild bewahren, das so mild, Obwohl ihm Leben fehlt, die Seele stillt! Bist du vielleicht der ew'gen Ideen eine, der die ew'ge Weisheit Ein sinnliches Gewand nicht wollte geben, Nicht sie in schwacher Hülle Verstoßen in dies todgeweihte Leben? Wie, oder ward zum Wohnort dir ersehen Ein neu Gestirn aus aller Welten Fülle, Wo schöner als die Sonne dich umstrahlt Der nächste Stern und mildre Lüfte wehen? So nimm aus dieser Welt, so leidgetrübt, Das Lied des Unbekannten, der dich liebt!