Der Kampf um die Wasserstelle Major Frhr. v. Nauendorf und Sergeant Wehinger. Im südwestafrikanischen Land, Bei Kalkfontein, im Aubgebiet, Liegt im ewig sengenden Sonnenbrand Ein kühler Kolk zwischen Röhricht und Ried. Es singen die Quellen, sie bieten den Gruß: Trinkt! Trinkt! und netzt euch den staubmüden Fuß An der klaren, frischen Wasserstelle. Wasser! Die Witbois halten es fest; Um den Trunk tobt seit drei Tagen der Tod. »Wasser! Dann mag mich fressen die Pest! Nur einen Tropfen in letzter Not!« Es plappern die Wellchen kokett und kalt, Sie plätschern und plauschen: kommt bald, kommt bald An die klare, frische Wasserstelle! Vier Tage! Wir stürmen zum fünften Mal, Und wäre das Labsal von Teufeln umringt. Wasser! Wann endlich endet die Qual! Noch einmal gestürmt! Es gelingt, es gelingt! Wie in der Heimat durch Wald und Feld Sprudelt das Bächlein, o selige Welt, An der klaren, frischen Wasserstelle. Umsonst! Nun liegen wir mürb und matt, Verdurstend, die Lippen sind rissig und wund, Der Wahnsinn hält uns am Boden platt, Glühheiß ist der Stein dem saugenden Mund. Die Nixen winken: Bei uns ist es kühl, Kommt, badet mit uns im heitern Gespül Der klaren, frischen Wasserstelle. »Wasser! Wasser! Nur einen Schluck!« Einer ruft heilig, schon wirr ist sein Sinn, Das Wässerchen drüben äfft gluckgluckgluck: »Gott führet zum frischen Wasser mich hin.« Das Wellchen schwatzt weiter und kichert und lacht Und hat seine windigen Scherze gemacht Auf der klaren, frischen Wasserstelle. In der Batterie herrscht Gräberruh, Offiziere und Mannschaft sind zermetzt; Kein Schuß mehr, Hans Klapperbein schmunzelt dazu, Gefallen fast Alles und zerfetzt. Und drüben das Teichlein lädt ungestüm ein: Trinkt doch und wascht euch die Wunden rein An der klaren, frischen Wasserstelle. Getroffen im Unterleib, ächzt der Major, In der furchtbaren Hitze, drei Tage lang. Kein Arzt. Er rafft sich vergebens empor: »Wasser!« Er hört nur Höllengesang. Durch Tag und Nacht höhnt das Quellengegluck: »Wasser! Ein einziger kleiner Schluck Aus der klaren, frischen Wasserstelle!« Da kriecht ein Sergeant, zerschossen wie er, An seine Seite, mühsam, und lallt: »Ein letzter Rest Rotwein, ich bring ihn her Unserm lieben Major; nun trinkt alsbald!« Die Quelle ruft drüben ohn Unterlaß: Kommt her zu mir, eilt an mein Übermaß, An die klare, frische Wasserstelle! Der Major, mit gierigem Blick, lehnt ab: »Dank! Treuer! Trink du! Ich bin nicht mehr nütz. Du hast noch Kraft, du bist noch nicht schlapp, Schlepp dich zurück an Batterie und Geschütz.« Es murmelt das Fließ wie im Paradies, Und klangvoll hüpft über Gries und Kies Die klare, frische Wasserstelle. Der Sergeant bricht zusammen, der Rotwein mischt Sich im mehlichten Sand mit dem sickernden Blut, Während beider Qual im Durst erlischt; Und Alles feiert und rastet und ruht. Die Quelle nur rieselt von Bord zu Bord Und läuft und lockt immerfort, immerfort Auf der klaren, frischen Wasserstelle. Vorwärts! Der letzte Sturm gelingt. Und Alles wirft sich kopfüber hinein, Die Pferde zittern, die Nüster klingt, Der Durst ist besiegt, und aus ist die Pein. Um die Quelle verzieht sich der Pulverqualm; Von Leben und Lorbeer flutet ein Psalm Ob der klaren, frischen Wasserstelle.