Der Mönch auf dem St. Bernhard Die Klosterglock' tönt, der Mönch erwacht: »Mein Bruder, dich trifft die Reihe heut' Nacht!« Und der Bernhard-Mönch im weißen Gewand, Er lockt seinen Hund, nimmt die Leuchte zur Hand. So eilt er hinaus in die tosende Höh' Und wandelt allein durch Sturm und Schnee, An der Stätte vorbei, wo das Totengebein Der Erfrornen schläft in geschichteten Reihn, Die niemand kennt und ihr Grab bekränzt, Als der eisige Mond, der die Schädel beglänzt. Er folgt dem Schall der Glocke zum Grund, Emsig schnüffelt voraus der Hund. Der Mönch und sein Hund sind nah und fern, Es wehen die Wolken, es glänzt kein Stern. Nur stürzender Tannen fern Gesaus Hallt über dem einsamen Abgrund aus. Manch Kind, das erstarrt im Mutterarm, Und manch ein Wanderer, müd und arm; Das Herz, das schon am Leben verzagt Und das die Schuld über Berge gejagt; Wer immer es sei, wen die Nacht überrascht, Wen der Sturm und wen die Lawin' erhascht, Wer mit wankendem Fuß am Abgrund hangt, Einen Strauch, eine Wurzel am Felsen erlangt, Der Mönch und sein Hund sind nah und fern Die Retter der Menschen, der Hilflosen Stern.