Die Schlacht auf den katalaunischen Feldern Ein grauer Tag erhebt sich trüb im Osten Der Flur, wo jetzt Campaniens Traube reift, Da sehn des Gotenheeres erste Posten Beim Dämmerlicht, das um die Höhen streift, Wachfeuer fern durch Nebelmeere glosten, Und als Aëtius sein Schwert ergreift, Vernimmt er schlachtenmutig, todesbräutlich Das wilde Lied der Hunnenkrieger deutlich. Noch zweifelnd, ob er heut die Schlacht schon wage, Steht drüben sinnend Attila und stellt An seine Priester die Verhängnisfrage, Allein und unruhvoll in seinem Zelt – »Die Götter künden unsre Niederlage,« – So sprechen die – »horch, wie die Wölfin bellt! Doch mit dem Tod auch büßt dein überlegner, Dein größter Feind, der kühnste deiner Gegner.« – »Zur Schlacht denn!« ruft der König ohne Zagen, »Aëtius falle! Meine Sorge soll Der Sieg sein. Auf, laßt an den Heerschild schlagen! Weckt meine Fürsten! Eine Stimm' erscholl: Die Geißel Gottes wird die Völker jagen, Bis seines Zorns gemessne Schale voll. Mein Speer sei's, dem zuerst ein Feind erliege; Wer mir nicht folgt, wer flieht, stirbt nach dem Siege!« Wo kornreich Land in üppiger Bewellung Durchströmt die Marn', erhebt gebieterisch Ein grüner Hügel sich in sanfter Schwellung, Bedeckt von Wald und niedrem Strauchgebüsch. Nach seines Gipfels auserles'ner Stellung Fliegt auf den Fahnen Löwe, Greis und Fisch; Bald tönt der Schlachtruf aller Nationen, Die zwischen Tiber, Rhein und Wolga wohnen. An Bannern, Waffen und Gestalt verschieden, Doch gleich an Wut und wilder Tapferkeit, Begegnen die noch nie gekannt den Frieden, Der großen Wandrung Völker sich im Streit, Des Goten Schwert, die Lanze des Gepiden, Des Römers Trotz, des Scythen Schnelligkeit. Ein Wunder ist die Schlacht, so vielgestaltig, An Taten wie noch nie ein Tag gewaltig. Auf Rossen, schnell mit kurzen, schwarzen Mähnen, Stürmt wütend hier das Volk der Hunnen ein, Den kurzen Wurfspeer zwischen ihren Zähnen, Geschuppten Stahl vom Rumpf bis an das Bein. Sie gleichen Wölfen, grinsenden Hyänen, Sie scheinen Pferd und Mensch zugleich zu sein; Den Feind begrüßen sie, mit Zähnefletschen, Die Keulen schleudernd, die sein Haupt zerquetschen. Dort fliegen Lanzen aus der Römer Gliedern Auf Attila's Ostgotenreiterei. Doch diese, statt den Angriff zu erwidern, Braust an dem Zug der Legion vorbei, Und Rache tönt aus ihren Schlachtenliedern, Entsetzen liegt in ihrem Feldgeschrei. Sie suchen über Sterbenden und Toten Zum Kampf das Brudervolk der Wisigoten. Hartnäckig, grimmig, blutig ohnegleichen Bis in die Nacht kämpft man mit höchster Wut; Hoch schwillt der Strom, kaum faßt sein Bett die Leichen. An beiden Ufern suchen in die Flut Verwundete mit Helm und Hand zu reichen Und trinken Freundes so wie Feindes Blut. Erdbeben dürften eine Welt zerstören, Die Kämpfer würden kaum den Donner hören. Zu fallen ist kein Raum, wie erzverbunden Stehn Mann an Mann, beseelt vom Schlachtengeist. Der Gote kämpft, indem er aus den Wunden Das feindliche Geschoß sich lachend beißt, Damit kein Aufschub auch nur von Sekunden Dem heißen Streittag seinen Arm entreißt. Selbst deren Odem schon der Tod vernichtet, Stehn noch wie lebend da mit aufgerichtet. Der Hunne, da die Nacht kam, war geschlagen, Die Schlacht entschied der tapfre Torismund. Doch ward auf einer Bahre schon getragen Theodorich, der Heergreis, todeswund. Sein Sohn, noch stürmend die verschanzten Wagen, Die Sattelburg, worin der Hunne stund, Schrie: »Stürmt ihr Goten, ströme Blut in Bächen! Den Helden, meinen Toten will ich rächen.« Rings um die Wagenburg trotzt undurchdringbar Ein Wall von Pfählen und ein Wall von Mut. Mit schweren Steinen, Waffen kaum erschwingbar, Behaupten sich die Hunnen drin voll Wut, Wie Leu'n in ihrer Höhle unbezwingbar, Ihr König höhnt: Kommt an und laßt das Blut Vom Knöchel steigen bis ans Wehrgehenke, Zur Tiber führ' ich doch mein Pferd zur Tränke! Des Bogens Schaft ergreift nach diesen Worten Sein sieggewohnter Arm, die Sehne schwirrt, Es tönt, als würden von der Gräber Pforten Die schweren Eisenriegel aufgeklirrt, Und rückwärts fliehend sehen Roms Cohorten Auf Sätteln von den Rossen abgeschirrt, Hoch zwischen roten Fackeln unerreichbar Ihn thronen einem Götzenbild vergleichbar. An diesem Schlachttag wurde nicht gerungen Um eines Purpurs, einer Krone Nichts, Das Schicksal hat in jedem Pfeil geklungen, Auf jedem Schild die Schale des Gerichts. Die finstre Nacht hat sich herabgeschwungen, Es lagen da die Toten, bar des Lichts, Und hie und da noch schwer aufatmend stöhnten Die Schwerverwundeten und Unversöhnten. Da rauscht einher ein Zug von schwarzen Schwänen. Die kreisen übers Walfeld. Wo ihr Flug Erschlagne trifft und toter Rosse Mähnen, Da schnaubt das Roß zum Streiter, den es trug, Es wiehert dumpf; es knirschet mit den Zähnen Der Mann, der seinen Gegenmann erschlug, Und weckt ihn auf, zum Kampf sich neu zu schicken Mit müdem Arm, mit todeskalten Blicken. Jungfrauen sind indes die Schwäne worden, Jungfrau'n mit blankem Schwert in dunklem Stahl; Sie wenden sich nach Ost, Süd, West und Norden: Steht auf Erschlagne, kämpft zum andernmal! Da murrt's: Ist noch der Gott nicht satt vom Morden? Walkyren, heischt ihr noch ein Leichenmahl? Belebt euch, Herzen, schließt euch, Todeswunden! Auf, Goten, Franken, auf! Wacht auf, Burgunden! Und aufwacht Feind auf Feind und kämpft erbittert, Helm über Helm und Schwert auf Schwert erschallt, Heerhorn und Schlachtruf tönt, Pfeil, Speerwurf splittert, Blut trieft herab, Panier und Helmbusch wallt, Schild schlägt auf Schild, die finstre Luft erzittert, Wie fester Boden, der von Streichen hallt; Der Streiter Leiber scheinen unzerstörbar, Kein Todesröcheln wird, kein Wehruf hörbar. Indes sich so die bleichen Schatten jagen, Verteilt mit Odin Freia Weg und Wind. Er spricht zu ihr: Wie stehen unsre Wagen? Du weißt, ich bin auf einem Auge blind. Nimm du, die auf der Brust die Wunde tragen, Und ich, die auf dem Haupt getötet sind; Die weißen Rosen ich und du die roten. – So teilten sie die Schlacht, den Sieg, die Toten.