Sappho Über einem Bild der Sappho wob Ihr Gewebe fleißig eine Spinne. Wie sie so die Fäden band und hob, Brachte sie so manches mir zu Sinne. Zwischen den Geweben nach und nach In der Sonne sah ich hell entsteigen Meer und Inseln und ein Schlafgemach In dem Haus am Strand und frohen Reigen. Und die Dichterin erblick' ich dort, Und ich seh' sie weben im Gemache, Seh' sie fügen dabei Wort an Wort Kunstreich in des Rhythmus schöner Sprache. Und mir dünkt, als ob sie nebenbei Auch noch andres spinne, Liebesränke; Mit den Sternen spricht sie mancherlei, Mischt im Geist Medea's Zaubertränke. Ach, nicht unbemerkt von ihr abseits Spinnet eine Feindin, eine schwarze, Von der Jugendschöne holdem Reiz Spinnt sie ab und ab, es ist die Parze. Ach, sie hat gesiegt schon längst und ganz; Jene Lippen, lied- und liebetrunken, Jene Stirne mit dem Lorbeerkranz Sind von ihrer Hand in Staub gesunken. Eingeschrumpft zur Spinne, möcht' sie jetzt Auch noch Sappho's Lied mit Nacht umweben: Parze Zeit, dir ist ein Ziel gesetzt: Was die Muse spann, wird ewig leben.