Desz ersten Tausend neundes Hundert 1. Am ersten Sontag deß Advents Wer einen Herren hat, darff keinen mehr begehren, Sonst wird er Ehr und Leib mit Schmach und Pein beschweren. Die Welt hält mich in sich; doch ist nur Christus mein, Und solt ich tausendmal der Welt Rebelle seyn. 2. Am andren Sontage deß Advents Die Kranckheit wandelt sich, wann Neu-Licht mit dem alten Am Monden Wechsel hält. Wann Wechsel werden halten Die Ewigkeit und Zeit, wird dort, dem hier auff Erden War übel, werden wol, dem wol war, übel werden. 3. Am dritten Sontage deß Advents Wie thörlich handeln doch, die manchmal so erwarmen Auff unser Blut und Gut! sie machen uns zu Armen, Auff daß so Gottes Reich und Evangelium Von ihnn, den Reichen, weg zu uns, den Armen, kumm. 4. Am vierdten Sontage deß Advents Wer weiche Kleider trägt, taug schwerlich in die Wüsten; Wer für dem Creutze weicht, taug übel unter Christen. In Dörner, Heck und Pusch gehört ein ledern Kleid; Noth, Trübsal, Angst und Tod erheischt Beständigkeit. 5. Am H. Christtage Auff meiner Väter Blut kan keinen Ruhm ich gründen; Auff meines Bruders Blut, da kan er Stelle finden; Durch diesen bitt ich Trotz Welt, Hölle, Sünd und Tod. Mein Bruder ist zugleich mein Bruder und mein Gott. 6. Ein andres Da von Abrahams Stamm das Scepter ward verloren, Ist kürtzlich Christus drauff in diese Welt geboren. Nun aber Christus Wort uns Christen wird genummen, Dürfft auch nicht Christus drauff wol ehstes wieder kummen? 7. Ein andres Niemand hat noch iemals sein eignes Fleisch kunt hassen; Solt uns dann Gottes Sohn zu lieben unterlassen? Sein Fleisch ist unser Fleisch; drum wird er unser Freund, Daß er es so mit uns, wie mit ihm selbsten meint. 8. Am Stephans-Tage Wann unsre Feind auff uns ein Maul-voll Zähne wetzen, Wolln Esaias Kind an unser stat wir setzen; Wann dieses für uns trit, so wird ein ieder Stein, Womit man nach uns stürmt, ein Klapff an Himmel seyn. 9. Am Johannis-Tage Ein ieder seh auff sich und auff sein eignes bleiben; Wozu ist gut, um die, um jene Kummer treiben? Wen Christus heist und wil, daß solcher bleiben sol, Ein solcher bleibt gewiß, man läst ihn bleiben wol. 10. Am Sontage nach dem Christtage Die Wärmde zeucht empor, was vor der Frost verdeckte; Verfolgung gibt an Tag, was Sicherheit versteckte; Drum, sey Verfolgung gleich so schädlich als sie wil, Ist diß doch gut; sie ist deß Christenthums April. 11. Am Neuen Jahrs-Tage Ein ieder Tag erträgt sein eigne Plag und Sorgen; Der Abend leistet nicht, was offt versprach der Morgen; Drum wüntsch ich diesen Tag, der nach sich zeucht ein jahr, Das nimmer Ende nimmt und bleibet, wie es war. 12. Am H. Drey Könige Tag O Gott! dein Wort und Reich gieng erstlich auff vom Morgen Biß unsrer Gräntzen zu; hilff, daß wir falsch besorgen, Daß nicht von uns hinweg dein Wort und dein Altar Sich wende wieder hin, wo er von erstem war. 13. Am ersten Sontage nach Epiphan Weil Christus ist in dem, das seines Vaters heist, So ist er auch in uns; wann Trübsal sich erweist, Und Christus ist in uns, so ist er mit im Leiden. Wol dem, der ihn behält; weh dem, der ihn läst scheiden! 14. Am andern Sontage nach Epiphan Der klare Wein ist auß; die Hefen sind in Fassen; Es hat die gute Zeit uns grosses Leid verlassen. Kan Christus nicht bey uns, was er zu Cana kan? Schweig! thu, was er dir sagt, biß seine Zeit kümmt an. 15. Am dritten Sontage nach Epiphan Hilff Gott, daß mir geschieht, als wie ich glaub und traue; Daß noch mein Auge Lust an deinen Siegen schaue! Im Fall du wilst, gehört ein eintzig Wort dazu, So hat der Frevler Pein, so hat der Frome Ruh. 16. Am vierdten Sontage nach Epiphan Stürmt Sünde, Teuffel, Welt, Tod, wisst ihr, daß im Schiffe Der Herr der Herren ist und stellt sich, ob er schliffe: Was fehlt, als daß man ihn durch wahre Buß erwecke? So lieget Sturm und Streit und aller Trotz im Drecke. 17. Am fünfften Sontage nach Epiphan Wer uns für Unkraut hält und wil uns bald vertreiben, Thut nichts, als daß er sich sam uns noch auff wird reiben; Er warte biß zum Augst, da wird man deutlich kennen, Wer tüglich sey zur Ernt und würdig zum verbrennen. 18. Am Sontage Septuages Mein Arbeit ist gering; ich kan nicht viel gewinnen; Gott muß durch sich, was mir soll, ohne mich mir günnen; Doch wil ich auch nicht gar am Marckte müssig stehn, Solt ich in Gottes Berg gleich mit den letzten gehn. 19. Am Sontage Sexages Uns Äcker sind ietzt nichts als Wege, Steine, Hecken; Sorg, Abfall, Sicherheit wil uns wie gar erstecken. Gib, Gott, daß Korn im Feld, in uns dein Wort bekleibe, Daß wir theils haben Brot der Seele, theils dem Leibe! 20. Am Sontage Quinquages. Esto mihi Was frag ich nach der Welt? Sie winckt, flucht oder dräut, Wann mein Mund Gottes Sohn rufft an und sie nicht scheut. Die Welt ist willig blind; drum hilfft sie keinem Blinden; Ich aber suche Rath, wo Rath in Noth zu finden. 21. Am Sontage Quadragesimæ oder Invocavit Das Wort gehört zum Brot und auch das Brot zum Worte; Es kümmt uns beydes zu herab auß einem Orte. Gott, der du beydes gibst, wend ab deß Wortes Noth, So mangelt uns auch nicht die Nothdurfft an dem Brot. 22. Am Sontage Reminiscere Wer ist so starck wie Gott? Der, der an ihn sich reibet Durch Zuversicht und stets an ihm behangen bleibet. Der alles sonsten zwingt, den zwingt ein solcher Geist, Der sich auff Glauben nur und auff Geduld befleist. 23. Am Sontage Oculi Herr, sollen wir dein Wort recht hören und bewahren, O, so bewahr es auch für böser Geister Schaaren, Als Feinden deines Reichs! erhalte, was wir halten, Laß nicht das Wort von uns und uns vom Worte spalten! 24. Am Sontage Lætare Gibt mehr Gott als genug, auff daß uns nichts verterbe, So hebe man es auff und samml es in die Körbe. Gibt nicht Gott stets genug, so wil er diß doch geben, Das, hat man ja nicht Brot, man kan von Brocken leben. 25. Am Sontage Judica Wer, Gott, dein Wort nicht hat, dem mag für sterben grauen; Gott, der dein Wort nur hat, der wird den Tod nicht schauen, Und der, der Glaub und Wort durch Steine meint zu fällen, Dem wird sein eigner Stein auff eignen Schedel prellen. 26. Am Palm-Sontage Wie daß der Herre Christ den Esel wil beschreiten, Und Grosse dieser Welt wolln schöne Hengste reiten? Ein sanfftes Thier gehört auff einen engen Steg; Ein tummelhafftig Gaul auff einen breiten Weg. 27. Den ersten Oster Feyertag Kein Creutz, kein Grab, kein Stein, kein Siegel und kein Hütter Wehrt, daß der Herre Christ nicht sey ein siegend Ritter Deß Teuffels, Sünd und Tod; drum bleibts auch noch dabey, Daß diß, was ihm gehört, ihm unbenummen sey. 28. Ein andres Der Tod deß Todes hat dem Tode seine Todten Vom Tode durch den Tod genummen und geboten, Daß du, o Tod, hinfort zwar heissen sollst der Tod, Sollst aber seyn ein Weg zum Leben hin mit Gott. 29. Ein andres Daß unsres Lebens Haupt ist auß der Erden Staube Ins Himmels Glantz erhöht, das stärckt mich, daß ich glaube, Daß dann zu seiner Zeit vergünnet wird dem Leibe, Daß, wo sein Haupt verbleibt, auch er daselbst verbleibe. 30. Den andren Oster Feyertag Du stellst dich fremd, o Herr, als küntestu nichts sagen Von dem, was sich begibt bey uns und unsren Tagen; Drum öffn uns Schrifft und Hertz, auff daß wir seyn bereit, Durch Leiden einzugehn in deine Herrligkeit. 31. Den dritten Oster Feyertag Wir müssen Haus und Hof auß Furcht und zittern schlissen; Man günnt uns wenig Lufft und wil uns nirgend wissen. Wann da wir künnen seyn, wo Christus sagen kan: Mein Friede sey mit euch! liegt sonsten wenig dran. 32. Am Sontage Quasi modo geniti Wer seiner Sünden Schuld durch eignes Werck kan büssen, Darff von Vergebung nichts in Christus Namen wissen. Ein solcher bringt es weit; er muß in Himmel ein, Dieweil er ihm kan selbst sein eigner Christus seyn. 33. Am Sontage Misericordias Domini Ein guter Hirt ist der, der seinen Leib und Leben Von freyem Willen wil für seine Schafe geben. Wer ist nun aber der, der durch Gewalt und List, Zum Theil die Schafe schindt, zum Theil die Schafe frist? 34. Am Sontage Jubilate Was Gott recht rechnet auß, was Gott wol misset abe, Steht nie so recht und wol, das Tadel nichts dran habe; Dann Adams zartes Fleisch, das nie nichts leiden wil, Hält klein für groß, nennt kurtz lang, heisset wenig viel. 35. Am Sontage Cantate Daß Gott, der Tröster, strafft, daß Gott, der Straffer, tröstet, Ist beydes heilsam Ding; wann uns das Creutze röstet, So ist Erfrischung noth; wann Glück erhebt den Mut, So ist Erinnrung nütz, und Züchtigung sehr gut. 36. Am Sontage Exaudi Man thut uns in den Bann, man tödtet, man verjaget Und meint, man diene Gott iemehr, iemehr man plaget. Ein blinder thut als blind, und der, der Gott nicht kennt, Der kan nicht anders thun, noch anders seyn genennt. 37. Am ersten Pfingst-Feyertage Wer seines Hertzens Haus wil hoch und wol vermieten, Der darff es schmücken nicht, der darff es feil nicht biten; Er liebe Gott; er thu, was sein Wort in sich fast, So wird die Gottheit selbst sein Hausgenoß und Gast. 38. Ein andres Der Geist von Gott, Gott selbst, kummt wie ein starcker Wind, Stürtzt die, die trotzig, labt die, die beängstet sind. Was denckt ihr dann die Spreu und denckt zu widerstreben? Was thut, wer Trost nicht sucht, wo Trost doch wird gegeben? 39. Ein andres Was Gott der Heilge Geist in Mund auff Zunge leget, Soll frey geredet seyn, wiewols Gefahr erreget; Sein Wort ist Flamm und Glut, erleuchtet, wer es acht; Verzehret, wers verfolgt; verbrennet, wers verlacht. 40. Am andren Pfingst-Feyertage Gott hat sich so der Welt in ihre Lieb ergeben, Daß nicht sein Sohn, eh sie nicht lebte, muste leben. Wie liebt die Welt dann Gott? Sie hasst ihn und den Sohn, Und der, der ihn noch liebt, hat Noth und Tod davon. 41. Am dritten Pfingst-Feyertage Ein Mörder und ein Dieb ist der, der neue Thüren Und nicht die alten sucht, die Schaf in Stall zu führen. Wie nenn ich dann nun den, der für sich selbsten kümmt Und, nicht wie Christus wil, durch ihn die Thüre nimmt. 42. Am Sontage der h. Dreyfaltigkeit Wer neu geboren wird durch Wasser und den Geist, Ob der ins Feuer darff, drein mancher ihn verweist? Wen Christus rother Schweiß und kostbar Blut besprenget, Darff sonsten keine Glut, die ihn befegt und senget. 43. Am 1 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Wofür man dort nicht kan ein Tröpfflein Wasser kauffen, Drauff leg ich hier nicht Müh und scharr es nicht zu hauffen. Geld reimt sich in die Welt; dort in Abrahams Schoß Gilt mehr ein eitrich Schwer, als wol ein göldner Kloß. 44. Am 2 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Der Wirth ist mild und gut; der Mangel liegt an Gästen, Daß sie nicht wollen fett in Lust die Seele mästen. Wen Acker, Ochse, Weib hier in der Welt macht saat, Der schau, daß er nicht dort den dürren Mangel hat. 45. Am 3 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Der Herre Christ geht um mit Zöllnern und mit Sündern; Der Phariseer Art taug nicht zu Gottes Kindern; Drum der sich heilig dünckt und uns für Ketzer schilt, Seh zu, daß Ketzerey für Heiligkeit nicht gilt. 46. Am 4 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Die Kinder Gottes sind, sind wie ihr Vater gütig, Die Satans Kinder sind, sind wie ihr Vater wütig. Weß Kinder sind dann die, die auff so manche Pein Befliessen, nur mit Lust der Christen Hencker seyn? 47. Am 5 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Wer, wie die Welt wil, fischt, fischt listig in der Nacht, Und wann er viel verbringt, so hat er nichts verbracht; Wer dann, wie Gott wil, fischt, fischt redlich an dem Tage Und fängt auch, daß sein Schieff den Fischzug kaum ertrage. 48. Am 6 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Die mit uns halten Zorn, die zu uns Racha sagen, Die wie die Narren uns vexiren, schlagen, jagen, Die lasse so man seyn und habe nur Geduld; Es trifft sie schwer genug zu zahlen Gottes Schuld. 49. Am 7 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Von alle dem, das war, ist nichts dann Mangel blieben In dieser wüsten Zeit! was soll mich diß betrüben? Ich weiß mir Rath bey dem, bey dem viel hundert Mann Ein Brot, daß noch ein Korb bleibt übrig, speisen kan. 50. Am 8 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Es schickt sich nicht, daß der ein friedlich Schäflein heisset, Der raubet, mordet, würgt und um sich reisset, beisset. Der Peltz zwar deckt den Mann, macht aber keinen Mann; Der Wolff bleibt Wolff, ob er ein Schafskleid gleich zeucht an. 51. Am 9 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Geld gilt, und Geld ist gut, wanns wol nur wird erworben Und wird auch wol gebraucht; ein Dieb ist und vertorben Und hat deß Herren Gut verschwendisch umgebracht, Der Gottes Freund ihm nicht damit zu Freunden macht. 52. Am 10 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Es trachten ihrer viel uns mördlich umzubringen, Daß wir nicht ihrem Thun und ihres Sinnes Dingen Verpflichtet sind wie sie. O, dulde dich! das Ziel Ist nahe; Gott wird doch wol machen, was er wil. 53. Am 11 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Mein fasten, mein kasteyn, mein Zehnd- und Almos geben, Und was noch mehr gehört zu einem fromen Leben, Vermag so viel bey Gott mit nichten, als vermag Ein Seuffzer um Genad und auf die Brust ein Schlag. 54. Am 12 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Der Herr macht alles wol; er dämpffet unsre Sünden, In dem sich da und dort viel Plagen an uns finden. Der Herr macht alles wol; er pflegt in aller Pein, Man fleh ihn nur drum an, auch wieder Artzt zu seyn. 55. Am 13 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Viel Mörder pflegen uns im Wandel zu umgeben, Zu rauben Gut und Blut, zu rauben beydes Leben. Deß Samariters Wein und heilsam Oele macht, Wiewol wir sind verwund, daß wir nicht sind verschmacht. 56. Am 14 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Gott ist ein gütig Gott, der zehnfach Hülffe sendet, Eh einmal sich der Mensch zu seinem Dancke wendet; Doch schau, daß dich nicht wo der Welt ihr Brauch bethört, Daß, zehnmal wann du ruffst, nicht einmal Gott dich hört. 57. Am 15 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Hat Gott mich ohne mich gebracht in dieses Leben, Wird Gott mir, was mir fehlt, mir ohne mich auch geben. Ein Heyde sorgt zu viel; ein Christ traut seinem Gott, Der sein Geschöpff erhält in Glück und auch in Noth. 58. Am 16 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Der zu dem Todten sagt: Steh auff und lebe wieder! Der kan auch sagen dem, der lebt: Geh, leg dich nieder! Was trotzet dann ein Mensch, der sterblich ist wie wir? Es ist nur um ein Wort, so ist er mehr nicht hier. 59. Am 17 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Ob gleich Beruff und Stand pflegt Sabath-Tag zu halten, Soll dennoch stets sein Amt das Christenthum verwalten. Den Lastern ist geschafft zu halten Feyertag; Der Tugend ist vergunt zu würcken, wann sie mag. 60. Am 18 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Gott sollstu mehr dann dich, wie dich den Nechsten lieben; Wann eine Liebe bleibt, so sind sie beyde blieben; Dann Gott und Nechsten sind verknüpfft in eines Band, Wer da sich hat getrennt, der hat sich dort getrant. 61. Am 19 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Wer Kranckheit nicht so sehr als ihren Ursprung heilet, Ein solcher Artzt heilt wol und heilet unverweilet; Wer nicht mit Sünden kämpfft und nur mit Kranckheit kämpfft, Der hat sie mehr gestärckt und weniger gedämpfft. 62. Am 20 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Die Welt hat Lust für sich; sie höhnet und bestreitet Der Hochzeit reine Lust, die Gott der Herr bereitet. Die Welt mit ihrer Lust ist Gottes Lust nicht werth; Drum wird sie, eh sie meint, mit Schwerdt und Brand verzehrt. 63. Am 21 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Der Glaub ist vielmal schwach und sehnet sich nach Zeichen Und wil, was er nicht siht, durch hoffen nicht erreichen. Man Glaube nur dem Wort; man geh und mercke drauff; Die Stunde, welche hilfft, ist schon in vollem Lauff. 64. Am 22 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Zehn tausend Pfund? ja wol! weit mehres sind wir schuldig Dem Schöpffer dieser Welt; doch ist er so geduldig Und schenckt uns alles gar. Ein Schalck, der dran nicht denckt, Und seinen Mitknecht noch um hundert Groschen kränckt. 65. Am 23 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Zwey Theil hat ieder Mensch, und iedes Theil sein Leben: Der Obrigkeit ist hier der Leib zu Dienst ergeben, Die Seele bleibet Gott; dort hat Gott beydes gar; So hat dann ieder hier und dort, was seine war. 66. Am 24 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Was darff ich Haab und Gut mit Aertzten gar verzehren? Sie kräncken manchmal mehr, als sie gesund gewehren. Der Glaube macht gesund, nimmt Gott die gantze Krafft, Daß er uns spricht gesund und vollen Friede schafft. 67. Am 25 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Man weist uns Herre Christ in dieser Zeiten Jammer Bald da, bald dort herum zur Wüsten, zu der Kammer, Als seystu dort und da; wir aber glaubens nicht; Wir glauben aber fest und hoffen dein Gericht. 68. Am 26 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Die Böcke nemen zu; die Schafe müssen weichen Und auff den letzten Zug von ihrem stossen keichen. Kumm, kumm, Herr Jesu, kumm! mach Ordnung und theil ein Die Schaf in deine Lust, die Böck ins Teuffels Pein. 69. Am 27 Sontage nach der h. Dreyfaltigkeit Die Welt fault in sich selbst, und ihre Sitten stincken; Ihr Haus steht auff dem Fall und hebt schon an zu sincken; Wo dich, Herr Christ, man kan im Glantz und Klarheit schauen, Da ist es gut zu seyn und Hütten auff zu bauen. 70. Namen ohne Sache Was hat doch wol für Stärcke Ein Glauben ohne Wercke? Wozu sind doch die Titel, Bey welchen keine Mittel? 71. Heutige Welt-Kunst Anders seyn und anders scheinen, Anders reden, anders meinen, Alles loben, alles tragen, Allen heucheln, stets behagen, Allem Winde Segel geben, Bös- und Guten dienstbar leben; Alles Thun und alles Tichten Bloß auf eignen Nutzen richten: Wer sich dessen wil befleissen, Kan politisch heuer heissen. 72. Hofe-Gunst Wer treu bey Hofe dient, verdient doch lauter Haß, Wie so? Wem viel man soll, für diesem wird man blaß. 73. Demut Vom niedren steigt man hoch, vom hohen steigt man nieder; Wer nur in Demut steigt, steigt füglich hin und wieder. 74. Augen, Ohren, Mund Aug und Ohren sind die Fenster, und der Mund die Thür ins Haus; Diese, wann sie wol verwahret, geht nichts böses ein und auß. 75. Hofe-Regel Fürsten wollen keinen Diener, der da wil, daß Tranck und Essen Soll nach Ordnung und Vermögen seyn getheilt und abgemessen. Fürsten wollen keinen Diener, der da wil voran verkünden, Was auff ihr verkehrtes Wesen für Verterben sich wird finden. Fürsten wollen keinen Diener, der da wil, daß ihr Gewissen Sich von allem arg Beginnen kehren soll zu ernstem Büssen. 76. Von Orpheo und Eurydice Niemand um ein todtes Weib fährt zur Höll in unsren Jahren; Aber um ein lebend Weib wil zur Hölle mancher fahren. 77. Enderung deß Sinnes Es ändern sich die Leut, es ändert sich die Zeit; Zum trauren dienet diß, zur Freude jenes Kleid. Man ändre gleich den Pfeil, wann nur verbleibt das Ziel; Wann dieses wird erreicht, der Pfeil sey, wie er wil. 78. Vorzug unter Rechtsgelehrten und Ärtzten Weil tödten für dem stehlen in Zehngeboten steht, Ists recht, daß dem Juristen ein Artzt drum oben geht? 79. Vorzug zwischen Laus und Floh Der Vorsitz ist den Läusen für Flöhen wol erlaubt, Die, wie die Flöh, im Busen nicht wohnen, nur ums Haupt. Schmarotzer, die bey Hofe credentzen fürstlich Gut, Sind für gemeinen Heuchlern befreyt zu größrem Mut. 80. Von Veits gehorsamen Weibe Wann Veit schreyt in seiner Gicht: O, daß mich der Tod nicht hollt! Kummt sein treues Weib und spricht: Lieber Mann! ja, was ihr wollt. 81. Müssiggang Der faule Müssiggang ist, Venus, dein Agent. Ein grosses, was du hast, hat er dir zugewendt. 82. Gestorbene Redligkeit Man lobt die Redligkeit, siht aber keine nicht. Die Todten ist man auch zu loben noch verpflicht. 83. Frantzösische Kleidung Diener tragen in gemein ihrer Herren Lieverey; Solls dann seyn, daß Franckreich Herr, Deutschland aber Diener sey? Freyes Deutschland schäm dich doch dieser schnöden Knechterey! 84. Iedem gefällt das Seine Iedem Thoren reucht sein Wust, wie die beste Pomerantze; Aber, Franckreich, dein Geruch schmeckt auch durch die deutsche Grantze. 85. Hofe-Leute Bey Hofe haben die gemein den besten Sold, Die sonsten doch nichts thun, als fressen nur und sauffen. Fürwahr, wer Seele soll und soll Gesund verkauffen, Dem ist kein Silber nicht genug und auch kein Gold. 86. Auff Pappum und Zizam Pappus sagt, er sey die Sonn, und Frau Ziza sey der Mon; Wann der Mon nicht stets ist voll, macht er eine Hörner-Kron. 87. Von der Medæa Medæa hat vermocht die Männer jung zu kochen; Was Weiber würden sie, wann sie noch lebte, suchen! 88. Hand und Finger, ein Vorbild brüderlicher Einigkeit Ieder Finger an der Hand Hat sein Maß und seinen Stand; Ieder hilfft dem andren ein; Keiner wil sein eigen seyn. Brüder, die deß Blutes Pflicht Hat in einen Bund gericht, Was dann wolln sich diese zeihn, Wann sie eigennützig seyn? Wann sie das gemeine Heil Messen ab nach eignem Theil? Wann ein ieder drauff nur denckt, Wie der ander sey gekränckt? Wann der andre steigen wil Hin auff dem, der nieder fiel? Wetten wil ich, daß ihr Thun Gantz auff Mißgrieff wird beruhn. 89. Auffrichtigkeit Wer wenig irren wil, er thu gleich, was er thu, Der schweiffe weit nicht um, er geh gerade zu. 90. Neuerung gefährlich Das böse, wol gestellt, laß stehen, wie es steht; Es ist noch ungewiß, wie neues abegeht. 91. Beyschlaff Der bey einer Jungfer schläft, ist der Straffe werth geacht; Aber der hat offtmals Lohn, der bey einer Jungfer wacht. Ist es billich? Ja; man frag' eine Jungfer selbst davon; Gebt dem faulen, spricht sie, (hört!) Straffe! gebt dem wackren Lohn! 92. Geduld Geduld ist zwar die Kost, davon sich Arme nähren; Doch wird kein fetter Wanst sich sehr davon beschweren. 93. Der Hencker und das Gewissen Den Hencker scheut fast iederman, fast niemand sein Gewissen, Da jener doch nur Augenschuld, diß Hertzensschuld macht büssen. 94. Friede Fried ist besser als das Recht; Dann das Recht ist Friedens Knecht. 95. Die Ost-See, oder das balthische Meer Alle Flüsse gehn ins Meer; Alle kummen dannen her. Zwar, daß in die Osten-See, Ist gewiß, die Oder geh, Ungewiß, daß ihre Flut Unsrer Oder kummt zu gut. Ost-See, unsren Schmuck und Gold Hastu zwar uns weggeholt; Aber, was du wiederbracht, Sey dir hier und dort gedacht. 96. Sued, ein umgekehrter Gott, Deus Daß die Sueden heissen Götter, Bleibt wol wahr; sie machten Wetter, Und mit ihren Donnerkeilen Kunten Deutschland sie zertheilen. Götter sind sie, nicht zum schützen, Aber kräfftig zum beschnitzen; Götter sind sie, die die Christen Wenig bauten, sehr verwüsten; Götter sind sie; ihr berauben Soll man noch für Wolthat glauben; Götter sind sie; ihre Plagen Sollen seyn ein Liebe-schlagen; Götter sind sie; wahrem Gotte Als zu Ehren, mehr zu Spotte. 97. Der angehende Friede Die Waffen sind verknüpfft in eine Friedens-Pflicht; Die Schulden aber noch, die Steuer nimmer nicht. 98. Genieß-Leute deß Friedens Wer wird, nun Friede wird, bey solcherley verwüsten Zum ersten kummen auff? die Hencker und Juristen. 99. Artzney wider die Leichtfertigkeit Was für Wurtzel wird doch heilen rauben, prassen, huren, balgen, Das uns mit bey diesen Jahren Krieg hat angesteckt? Der Galgen. 100. Der Friede Wir haben Friede nun, was trug der Krieg uns ein? Durch Krieg, was ohne Krieg, sind wir, wir solten seyn.