Desz dritten Tausend Zu-Gabe 1. Kurtze Tage Wo die Täge kurtz, wo die Nächte lang, Da, ihr Weiber, geht Phœbus euren Gang. 2. Von meiner Zugabe Weil ich gerne gebe zu und bin frey mit schencken, Wird man, daß die Wahr gar schlecht, leichtlich wollen dencken. Guten wird doch alles gut, Bösen böse seyn; Guten leg ich alles auß, Bösen alles ein. 3. Der schlesische Parnaß Schlesien, daß dein Zabothus worden ist für wenig Jahren, Was den Grichen ihr Parnassus, Helicon und Pindus waren, Daß dein Opitz ist Apollo, daß die andren klugen Sinnen Deiner Kinder dieses worden, was sonst sind die Castalinnen, Dieses ist dir ewig rühmlich. Glaube, was die Griechen tichten, Wer da wil. Uns kan zum Zeugnüß Ort und Tag es selbsten richten. 4. Auff Linum Linus siht auß Jungfern-Augen; wie es sonst um sie bewand, Wird er ein Natur-Gelehrter oder Stern-Freund drum genant. 5. Witfrau Kümmt Witfrau her vom wütten, Wann niemand sie wil bitten? Manchmals triffts überein, Sols ja nicht immer seyn. 6. Botmässige Weiber Für Gott ist nie kein Mann gerecht; Für Weibern iederman ein Knecht. 7. Köstlich Wasser Wasser, die die Alchimisten brennen, sind gar hoch geacht, Höher Threnen, die die Bräute giessen in der ersten Nacht. 8. Auff Granmundum Granmund sagt von hohen Dingen, von viel thun und von viel wagen; Wachs zum siegeln werden Bienen, die sonst Zippelpeltze tragen, Willig würcken, zu bestärcken, was uns Granmund pflegt zu sagen. 9. Das beste Band zwischen Obren und Untren Wann Willigkeit im leisten und Billigkeit im heissen Nur recht zusammen halten, wer wil diß Band zerreissen? 10. Verheischungen und Leistungen Wann leisten und versprechen nur ehlich wolten werden, Es würden ihre Kinder vertreiben viel Beschwerden. 11. Menschen-Sinnen Köpffe haben Dünckel; Hertzen haben Winckel. Prüfe, was du sihest; Mercke, was du fliehest. 12. Wirthschaffts-Kosten Wie kostbar waren Krieger, die Länder außzuzehren! Wie kostbar ist Gesinde, die Länder zu ernähren! Was ist die gantze Wirthschafft? Ein kostbares Beschweren. 13. Auff Furvum Furvus denckt sich groß zu bauen, legt den Grund von solchen Stücken, Die er andren durch verleumden weggezogen hinterm Rücken. 14. Die Warheit Warheit läst sich gar nicht mahlen; wer die Warheit etwa mahlt Und verkaufft sie, nimmt die Lügen, nimmt die Warheit nicht bezahlt. 15. Listiger Tod Der Tod kümmt von Natur und durch viel tausend Fälle; Noch hat die Kunst und Witz hier auch zu Zeiten Stelle. 16. Eine Rede Gute Reden sind wie Jungfern, die man nach der Grösse nicht, Die nach Schönheit, nach Geschicke, nach Verstand man gerne richt. 17. Sterben Oh sterben grausam ist, so bild ich mir doch ein, Daß lieblichers nicht ist, als nun gestorben seyn. 18. Ein Hofemann Selten thut ein Hofemann, was er thut, nach eigner Art; Hat sich meistens nach dem Wind und dem Wetter fortgekahrt. 19. Nachgeben Wer das halbe Recht raumt ein, raumt das gantze lieber ein; Wer deß halben schon ist Herr, wil es auch deß gantzen seyn. 20. Preussen Preussen kan mit Jammer träncken und mit Elend einen speisen. O, wir dürffen nicht in Preussen! künnens einem hier erweisen. 21. Auff Puam Pua pflegt von fromen Sinnen, Zucht und Keuschheit viel zu sagen; Niemand hat um guten Willen sie nur iemals wollen fragen. 22. Auß Gutem Böses Viel böses kümmt gegangen vielmal auß guten Spuren: Auß Engeln worden Teuffel; auß Jungfern werden Huren. 23. Neu Edelleute Edelleute, die noch neu, pflegen gerne reich zu seyn; Kurtz zuvor trug Wort und Schrifft, Rath und That noch Thaler ein. 24. Auff Franciscum Es schickt sich nicht zusammen dein Mund und, Frantz, dein Hertz; Das ein ist wol verwechselt, gehöret anderwerts. 25. Auff Dorconem Dorco sagt zu seiner Frau: O, ich wil es noch erleben, Was dir wird dein andrer Mann für erlesne Stöse geben! 26. Vergessen Schweigen ist nicht iedem leichte; doch ist leichter noch verschweigen, Als vergessen solche Dinge, die uns zu Gemüthe steigen. 27. Auff Billam Billa ist gewiß gar heußlich: daß sie etwa modern nicht, Leget sie der Liebe Pulster immerdar an Lufft und Licht. 28. Hofe-Stab Wer bey Hof auff allen Wegen fort zu kummen sich nimt an, Nehme nur den Stab vom Holtze, das der Esel nennen kan. 29. Die Liebe Ob Liebe gleich ist blind, wil Jung doch Alt nicht lieben; Warum ists dann zu thun? O, um deß Liebens üben. 30. Cretensische Weiber Wann ein Weib in Creta wo einen kratzet oder beist, Muß er sterben; o, wie gut, daß sich hier nicht gleiches weist! 31. Auff Levulum Levulus hat keinen Kopff; sein Gesicht steht auff der Brust: Was er denckt, und was er thut, ist nur alles Bauches Lust. 32. Auff Gilvulam Man vergleicht dich einer Lilgen, Gilvula; ich laß es seyn; O, das gelbe, nicht das weisse bilde dir hierunter ein. 33. Die Jungfern in Pegu Keine Jungfer ist in Pegu, wann sie gleich wer noch so klein; Dennoch pflegt sie auch nicht Hure, pfleget auch nicht Frau zu seyn. 34. Berg und Thal Berg und Thal kümt nicht zusammen; dieses Sprichwort trifft nicht zu; Wo sie nun zusammen kummen, das weiß ich, da rathe du. 35. An den Leser O Leser, dir steht frey zu urtheln über mich, Und andren stehet frey zu urtheln über dich. Wie du dein Urthel nun von andren dir begehrest, So sihe, daß du mir mein Urthel auch gewehrest. 36. Auff Arcadem Arcas rufft viel Hochzeit-Gäste; wo denn hat er Geld genummen? O, es sollen nicht die Gäste, die Geschencke sollen kummen. 37. Auff Clitum Clitus nimt ein altes Weib; o, er wil das Bergwerck bauen, Wil nach Gold- und Silberertzt in deß Weibes Beutel hauen. 38. Auff Coginummum Coginummus ist ein Jude, Schweinenfleisch der gleichwol aß, Aber nicht in seinem Hause: wann er wo zu Gaste saß. 39. Auff Porum Porus suff für gute Freunde mancherley Gesundheit ein, Bald an Biere, bald an Weine, bald an starckem Brantewein; Als er seine nun verloren, fiel er in die tieffsten Sorgen, Keiner wolt ihm keine schencken, noch verkauffen, noch auch borgen. 40. Auff Poscinummum Was man guten Freunden schencket, ist verwahret, nicht verschencket; Also saget Poscinummus, wann er was zu haben dencket; Aber wann er was soll geben, o, so rühmt er hoch das sparen, Daß man etwa nicht auffs Alter Noth und Armuth dörff erfahren. 41. Auff Cloeliam Warheit kan nicht ieder hören; Cloelia kan keine sehen; Um den Spiegel, der ihr weiset, daß sie schwartz sey, ists geschehen. 42. Auff Glicum Glicus wolte gerne wissen, ob sein Weib ihm halte Treu; Solches aber zu erfahren, trägt er gleichwol immer Scheu. 43. Grabschrifft eines Reichen Hier liegt ein Reicher; meinest du, Daß er nunmehr lieg in der Ruh? Mich dünckt, er sorgt, wie er noch Geld Zusammen kratz in jener Welt. 44. Auff Priscam Prisca pflegt nach alter Art stillen Mundes stets zu seyn; Saget nur: ich weiß es nicht, saget ja und saget nein. Weistu, was darhinder stecket? weil sie zu verhandeln stehet, Das dem Kleeblat ihrer Zähne, furcht sie, nicht ein Blat entgehet. 45. Der Todt Wann wir auß dieser Welt durch sterben uns begeben, So lassen wir den Ort; wir lassen nicht das Leben. 46. Vergnügligkeit Seines Lebens und der Welt kan am besten der genissen, Der das Grosse dieser Welt ihm begehret nicht zu wissen. 47. Religion Was geht es Menschen an, was mein Gewissen gleubet? Wann sonst nur christlich Ding mein Lauff mit ihnen treibet. Gott gläub ich, was ich gläub; ich gläub es Menschen nicht; Was richtet dann der Mensch, was Gott alleine richt? 48. Auff Bullum Wer mit Bullo recht wil reden, sage stets nur: O, O, O! Sonsten wird er nichts verstehen; dann mit Ochsen redt man so. 49. Die Welt Was ist die Welt? Diß ist sie gar, Was sie wird seyn und Anfangs war. 50. Der Himmel Wo wir auch sind in der Welt, pflegt der Himmel uns zu decken; Der für seinen Augen kan, ist ein Künstler, sich verstecken. 51. Blösse Wann wie in Indien die Leute bloß sich trügen, So künte Schmünck und Schmuck nicht so betrieglich lügen. 52. Auff Stilponem In deines Weibes Almanach steht, Stilpo, allewege Trüb, Ungestüm, Platzregen, Sturm, Wind, Hagel, Donnerschläge. 53. Die bekehrte Welt Was schreyen dann die Pfaffen viel, Daß Welt sich nicht bekehren wil? Der Falschheit ist gelegt der Lauff, Seither politisch-seyn kam auff. 54. Auff Ardellam Alles, was Ardella thut, thut sie nur deß Ruhmes wegen; Doch ie mehr sie rühmens macht, pflegt sich Ruhm ie mehr zu legen. 55. Menschliche Geschäffte Beklagen, was genummen, Befürchten, was soll kummen, Diß läst der Menschen Thun Nie oder wenig ruhn. 56. Auff Vitum Veit hatte zwar fünff Sinnen; doch sind ihm drey entlauffen; Zwey suchen drey; ich zweiffel, er bringt sie nicht zu hauffen. 57. Die Mode Wer und was nicht nach der Mode, der und dieses muß sich schämen; Wo denn werden wir zu letzte einen Mode-Himmel nehmen? 58. Über eines Freundes und seiner Liebsten Namens erste Buchstaben: C.V.R.H.G.V.P Christus, Vnser Reichthum, Höchster Glantz Vnd Pracht, Gibt den besten Nachruhm, Der uns ewig macht. 59. Anders Chron Vnd Reich hat in dem Himmel, wer der Welt nicht liegt zu Füssen; Herrlich Gottes Vorsicht Preisen, kan viel Trotz der Welt besüssen. 60. Vom Jahr 1653 Pfingsten ist schon längst fürüber; dennoch gibts noch starcken Frost. Weistu nicht, die Kirchen Sonne hat von hinnen fort gemust? 61. Cometen Wann man vor Cometen sahe, meinte man, es deute Plage; Ietzo deutet es Gelücke; denn so geht nunmehr die Sage: Weil die Welt ietzt Faßnacht lauffet und für Tugend Laster küsset, Hält sie Unglück auch für Glücke, biß die Thorheit hat gebüsset. 62. Das Alter Zu Sparta war es gut, ein alter Mann zu seyn; O, Sparta ist für längst der Welt gegangen ein. 63. Hofe-Leute Leute, die bey Hofe dienen, düncken sich als andre mehr. Mich bedünckt, daß der, der dienet, dem der frey ist, weicht gar sehr. 64. Verachtung der Welt Hinüber das Gewölcke steiget der Reiger, daß er nicht beregne; Wer Dunst der Eitelkeit nicht achtet, macht, das kein Unfall ihm begegne. 65. Die Warheit Wann die Frösch im finstren quaxen, zünde nur ein Windliecht an; Ey, wie werden sie bald schweigen! Warheit stillt den Lügenman. 66. Die gezuckerte Welt Der Zucker ist ietzt so gemein; Fisch, Vogel, Thier und Frucht Taug nicht, wie die Natur es gab; im Zucker wirds gesucht; Iedoch der Zucker machet Schleim, und Krafftmeel fälscht ihn oft. Wer, was die Welt so süsse singt, drauff traut und sicher hofft, Der hat nur Schaum, der nimt nur Schleim; es ist nur Leckerey; Der Schmack ist gut; doch weist sichs klar, die Krafft ist nicht dabey. 67. Zucker Man hat ietzt auffgeblasnen Zucker; der ist zwar süß, ist aber leichte, Wie wann deß Hofes süsse Zunge gar selten etwas ernst erreichte? 68. Falschheit Englisch reden, teufflisch dencken Hat ietzt Ruhm von klugen Räncken. 69. Leibeigenschafft Leibeigenschafft ist bei den Christen mit gutem Fug wohl abgeschafft; Doch Christo, der mit Blut uns kauffte, sind wir mit Leib und Seel verhafft. 70. Hochzeit-Wuntsch Werthes Paar, die Gott und Tugend selbst zusammen hat gepaart, Nemet hin durch lauter Segen zu der Ewigkeit die Fahrt; Lasset aber eure Tugend einem und dem andren hier, Das euch gleiche sey gestaltet und gesinnet so wie ihr! 71. Lob Es wär mir gar nicht lieb, wann iederman mich liebte; Daß Gut- und Böses ich, trüg ich die Schuld, verübte. 72. Weiber-Threnen Wann böse Weiber ihre Tücke wolln bescheinen, So wissen sie kein beßres Mittel als das weinen. 73. Geschwister Wie kümmts, daß doch Geschwister so selten einig lebet? Weil iedes gern alleine für sich die Erbschafft hebet. 74. Auff Phanicum Phanicus führt so viel Tittel; dennoch mangelts offt an Brot; Dacht ich doch, wer diese hätte, hätte sonsten keine Noth. 75. De Moro Morus war in hohen Ehren, wagte, was er hat, auff Ehr; Als er alles nun verprachtet, als er nichts sonst hatte mehr, Wolt er Ehre selbst verpfänden, hatte nirgend kein Gehör. 76. Vom Marsya Als zu singen wie Apollo Marsyas ihm hat getraut, Hat er nichts hierdurch gewonnen, hat verloren seine Haut; Doch beweinten ihn die Nymphen. O, wer wird wol mein Papier, Wann es Hochmut wird beschimpffen, gleichwol etwas achten hier? 77. Küssen Bienen küssen schöne Blumen, und die Blumen bleiben schön. Schöne Jungfern, last euch küssen, nichtes wird euch abe gehn! 78. Biedermann Ein Biedermann, ein Beidermann! diß war ein alter Tittel. O, derer die bald schwartz, bald weiß, hats noch in unsrem Mittel. 79. Von einem fürstlichen Bilde Fürstin, ihr habt zwar gefunden einen Mahler, der Euch trifft; Eure Tugend zu beschreiben, wird genug seyn keine Schrifft. 80. Poeten Es helffen grosse Herren Poeten zwar zum Leben; Die aber künnen jenen, daß sie nicht sterben, geben. 81. An einen Freund Ach, daß du leben mögst nur noch ein eintzig Jahr, Doch daß nicht kürtzer sey, als deß Platonis war! 82. Die Welt Die Welt hat grossen Mangel, die Welt hat grosse Menge An frölichem Vergnügen, an kläglichem Bedränge. 83. Lügen Der ihm deß lügens nur zu Nutz, zu Schaden keinem, hat gepflogen Was meinst- und hälstu wol von dem? Ich meine doch, er hat gelogen. 84. Sinnen Mancher dünckt durch seinen Witz sich zu seyn ein Fuchs; Mancher sitzet wie ein Schaf, sihet wie ein Luchs. 85. Schmüncke Wann sich Weiber schmüncken, So ists wie ein Wincken, Das man auffgenommen, Wolle man ja kummen. 86. Auff Udum Udus seufft den gantzen Tag; wann er drüber wird besprochen, Spricht er: einen halben Tag hab ich mich am Durst gerochen; Drauff den andren halben Tag pfleg ich zuvor an zu sauffen, Wann mich ja deß Durstes Trotz wolte wieder überlauffen. 87. Die Liebe Daß die Lieb ein Feuer sey, bleibt daher bekant, Daß so viel auß ihrer Glut nehmen einen Brand. 88. An Plutum Eine Grabschrifft ist von nöthen, nöthig, das man Glocken leute; Geld ist dir zwar zu gestorben, dran hat niemand keine Beute; Dann du wirst doch keinem helffen, hast es in den Sack vergraben, Wird, wann du wirst seyn gestorben, erst die Auferstehung haben. 89. Die Liebe Liebe macht den Ehstand offt; doch macht Ehstand nicht stets Liebe; Diese wil befreyet seyn, daß sie stets was neues übe. 90. Die Magd, die stieg auffs Heu; der Knecht, der stieg ihr nach; Sie ward gar sehr erhitzt, zur Rache ward ihr gach, Grieff eine Hand-voll Heu und warff es durch die Lufft, Sprach: Vogel, da! nun nun nim, was du hast gesucht. 91. Worte Man gibt den Weibern Schuld, daß ihre Worte leichter Als leichte Bletter sind, daß ihre Sinnen seichter Als Regenbäche sind. O, Männer künnens auch! Viel Worte, wenig Hertz ist ein gerühmter Brauch. 92. Huren und Soldaten Soldaten und die Huren, die dienten beyd ins Feld; Denn jene leerten immer, die mehrten unsre Welt. 93. Auff Pætum Pætus ist gar milder Hand; hat er, gibt er auch Einen Theil für manche Hur, andren für den Bauch. 94. Enderung der Zeit Vormals ward auß pflügen kriegen; Nunmehr wird auß kriegen pflügen. Vormals worden Egen-Degen; Nunmehr werden Degen-Egen. Vormals ward auß pflantzen schantzen; Nunmehr wird auß schantzen pflantzen. Vormals ward auß nehren zehren; Nunmehr wird auß zehren nehren. 95. Verzeihung Wie du gibst, gibt man dir. Gib mir geneigten Blick, Vielleicht versiht man dir auch ein versehnes Stück. 96. An mein Buch Geh hin, mein Buch, in alle Welt; steh auß, was dir kummt zu! Man beisse dich, man reisse dich, nur daß man mir nichts thu. 97. Vom Hofe-Leben Wer ihm selbst kan frey befehlen, Wer ihm selbst gehorchen kan, Mag sich unter diese zehlen, Die der Himmel lachet an. Wer sein selbst kan füglich seyn, Geh kein andre Pflichten ein. Der, der andren denckt zu leben, Dem bleibt von ihm selbst nicht viel, Muß ihm selbsten Urlaub geben, Darff nicht wollen, was er wil: Wer sein selbst kan füglich seyn, Geh kein andre Pflichten ein. Grossen Herren sich verbinden, Heist für seine Müh und Treu Ungunst erndten, Unruh finden Und verdienen nichts als Reu: Wer sein selbst kan füglich seyn, Geh kein andre Pflichten ein. Hohen Ohren recht zu singen, Muß der Thon gar linde gehn; Kein Gesang wil lieblich klingen, Wo der Warheit Noten stehn: Wer sein selbst kan füglich seyn, Geh kein andre Pflichten ein. Hohen Augen wil behagen Nichts, was nicht von Farben ist; Der wird weg viel Flecken tragen, Der das reine Weiß erkiest: Wer sein selbst kan füglich seyn, Geh kein andre Pflichten ein. Reiche Worte, breite Tittel Sind deß Hofes süsser Brey Und die Wiege, die man schüttel, Biß das Kind entschlafen sey: Wer sein selbst kan füglich seyn, Geh kein andre Pflichten ein. Wer sich nicht wil stillen lassen, Der ist mehr kein liebes Kind; Der muß mehr, wer Gunst wil fassen, Kindisch seyn als Kinder sind: Wer sein selbst kan füglich seyn, Geh kein andre Pflichten ein. Ob er viel hat außgerichtet, Hat er doch nur diß verricht: Daß, ie mehr man ihm verpflichtet, Sich ie mehr von ihm entbricht: Wer sein selbst kan füglich sein, Geh kein andre Pflichten ein. Wer bey Hof am minsten wäget, Steigt am meisten in die por; Dem wird Gnade beygeleget, Der sonst leichte wie ein Rohr: Wer sein selbst kan füglich seyn, Geh kein andre Pflichten ein. Hier steht stets der Glückstopff offen, Drauß man meistens leer Papier, Wie es nur wird angetroffen, Langt herauß und legt herfür: Wer sein selbst kan füglich seyn, Geh kein andre Pflichten ein. Wer durch Ehr um Ehre wirbet, Suchet, was er hier nicht findt; Der verleuret, der vertirbet, Der sich an die Tugend bindt: Wer sein selbst kan füglich seyn, Geh kein andre Pflichten ein. Endlich, wann man viel gewunnen, Wird man grau, und wird man kranck, Und die Zeit ist hingerunnen Ohne Namen, ohne Danck: Wer sein selbst kan füglich seyn, Geh kein andre Pflichten ein. 98. Kenne dich selbst Frey von eigner Lieb und Gunst, Sich von aussen und von innen Kennen, ist das beste künnen Und passirt für alle Kunst. Andrer Leute Mängel richten, Seine schlichten, Tieff zu andren sehen ein, Ihme selbsten fremde seyn, Taug mit nichten. Viel zu zärtlich buhlt ihm der, Der sich in sich selbst verliebet, Daß er alles günnt und gibet Ihm, was sonsten andrer wär, Der ihm nichts nicht ab kan schlagen Zum behagen, Der sich, wie er sich gebildt, Wann er nicht bey andren gilt, Wil beklagen. Andrer Mann hat auch ein Haupt, Sein Gehirn und sein Gemercke; Wie? wann ihm auch deine Wercke Durch zu suchen wär erlaubt? Wer die Zung auff Hohn außstrecket, Der erwecket Einen, der den Kopff hebt auff Und ihm auch für seinen Lauff Lichter stecket. Wem der Himmel was geschenckt, Dencke nicht, er seys alleine; Andrem ist von solchem Scheine Auch vielleicht was zugelenckt. Viel ist manchem zugezehlet; Viel noch fehlet, Daß er noch nicht alles hat: Gott hat keinen ohne Rath So gewehlet. 99. Gut Gewissen Ohne Leben lebt der Welt, Wer nicht gut Gewissen hält; Gut Gewissen in der Zeit Hebt schon an die Ewigkeit. Gut Gewissen traut auff GOTT, Trit für Augen aller Noth, Ist verschildwacht allezeit Mit der freyen Freudigkeit. Gut Gewissen wird nicht blaß Für Verhöhnung, Schmach und Haß, Steht im Bündnüß allezeit Mit der weissen Redligkeit. Gut Gewissen achtet nicht, Was Verleumdung ticht und richt; Warheit steht ihm an der Hand, Macht sein Unschuld noch bekant. Gut Gewissen wancket nie, Beuget auch kein knechtisch Knie Für der runden Menschen-Gunst, Die man kaufft durch Schmeichel-Kunst. Gut Gewissen segelt fort Immer auff den rechten Port, Ob ihm gleich parteyisch sind Welle, Klippe, Strudel, Wind. Drum wer stets vergnügt wil seyn, Lad ihm gut Gewissen ein: Welt hat keine beßre Lust Als den reinen Wolbewust. 100. Von einer Fürstin Alles, was heilsam, was löblich sich nennet, Was sich selbst herrlich und witzig bekennet, Kumme mit Eile, den Fehler zu büssen, Lege der Fürstin sich nieder zun Füssen. Alles, was gläntzet, was funckelt, was strahlet, Alles, was schmücket, was zieret, was mahlet, Kumme mit Eile, Genade zu flehen, Lasse demütig und dienstbar sich sehen. Schämet euch, daß ihr euch dessen gerühmet, Was euch nicht eignet, und was sich nicht ziemet! Ey, wie so habt ihr euch schändlich vergessen, Was ihr nicht waret, euch doch zu vermessen! Alles, was heilsam, was löblich zu nennen, Alles, was herrlich, was witzig zu kennen, Hat sich an unsere Heldin verbunden; Anderswo wird es so tauglich nicht funden. Alles, was gläntzet, was funckelt, was strahlet, Alles, was schmücket, was zieret, was mahlet, Hat sich an unsere Göttin ergeben, Bey ihr zu dienen, ihr eigen zu leben. Kummet und schauet deß Landes Gerühme; Kummet und rühmet der Schönheit Geblüme; Kummet und sehet den Spiegel der Jugend; Kummet und schätzet die Schätze der Tugend! Alles, was schallet, was singet und klinget, Alles, was fleuget, was wandert und springet, Freue sich solcherley himmlischer Gaben, Die wir zu Hulden und Gnaden uns haben. 101. An dem Taufftage eines jungen Printzen König der Tage, du herrliches Licht! Drinnen man jauchzet, sich muntert und spricht: Briegische Cedern verneuen das steigen, Steigen gen Himmel mit jüngeren Zweigen. Es wachse die Pflantze, das fürstliche Blut; Sie ziere mit Glantze den fürstlichen Hut! Stütze deß Hauses, Piastisches Kind, Deme gewierig und pflichtbar wir sind, Bessert von neuem die schutzbaren Zinnen, Drunter wir Segen und Ruhe gewinnen. Es stehe die Mauer, drauff vieles sich stützt, Das länger so tauer, was vielen so nützt! Zucker der Zeiten, die liebliche Frucht, Die wir mit sehnen und seuffzen gesucht, Süsset die Galle der Schäden und Plagen, Die wir auß Frevel deß Krieges ertragen. Es bleibe die Freude, die alles erfrischt, Die mancherley Leide, die Threnen abwischt! Segen deß Himmels, das frömste Geschlecht, Dem es an Güte nie mangelt und Recht, Günnet uns, ferner so heilsame Gaben, Hülffe, Schutz, Ehre, Vergnügen zu haben. Es gründe sich feste für Tücken und Neid Die Hoffnung, das beste der künfftigen Zeit! Gib wachsen, gib bleiben, gib stehen, gib Grund, Herr, wie wir es wüntschen von Hertzen in Mund! Mehr Zweige, mehr Stützen, mehr Zucker, mehr Segen, Dran Alten und Jungen ein grosses gelegen! Es lebe der Erbe, den Gott uns geschenckt! Der Böse, der sterbe, der böses gedenckt! 102. Beschreibung der Fuchsschwäntzerey Auß Joseph Hallens Charactere Vitiorum et Virtutum, zum theil übersetzt. Ich kenn ein höllisch Volck, die Brüder der Erinnen, Ein Art, von aussen Gold und lauter Koth von innen; Von diesen trägt mein Sinn mich was zu singen her; Wird iemand abgemahlt, geschiht es ohngefehr; Es ist niemand genennt. Ich nenne sie Poeten Der Freundschafft und der Treu, die nimmer nie erröthen Vom Blut der Redligkeit, die in der schnöden Kunst Der Schmeich- und Heucheley gelehrt sind, die die Gunst, Die keiner keinem trägt, bey andren dennoch suchen Durch Dienst und Höfligkeit, der starck wird widersprochen Von Erbarkeit und Zucht, die mit der Kauffmannschafft Und schmutzigem Gewerb in Worten sind verhafft, Die hinten sauer sehn und fornen liebekosen, Die Dörner in dem Sinn, im Munde führen Rosen, Bey denen Zung und Hertz zum Ehbruch einig sind, Daß iedes Wort, das wird, ist wie ein Huren-Kind. Und hier hat nun der Fuchs, der arge Fuchs, die Ehre, Daß er mit stummem Mund uns derer Würde lehre, Von denen Musa singt, so daß sein rother Schwantz Bleibt ihrer Thaten Kron und eigner Lorberkrantz. Ich solte zwar die Zeit so nichtig zu vertreiben, Die Feder solt ich auch vergeblich ab zu schreiben Noch in bedencken stehn; deß Hofes Krätze-Sucht Wird billich nicht beschaut, wird billich nur verflucht; Iedoch was gleich nicht gut, ist dennoch gut zu nennen, Ist nützlich zu verstehn, ist nöthig recht zu kennen; Drum fahr ich weiter fort zu bilden einen Mann, Der Reinkens Hintertheil im Waffen führen kan. Sein Augen triffen stets; er wil mit nichten sehen, Was unrecht, schlimm, krumm, falsch, was billich zu verschmähen Und wider Tugend stöst; die Zunge, die spatzirt Den Weg durch lauter Lob, lobt, was sich nicht gebührt Und lästert, was doch taug, und tauscht für fette Lügen Die dürre Warheit auß. Es muß sich zierlich fügen Furcht, Eifer, Wunderung bey seinen Reden ein; Mit Blumen muß sein Wort als wie bekräntzet seyn Von Ach! O! Ey! und Ja! er kan die Tittel mästen, Trägt stets den fetsten auff, zeucht stets herfür den besten, Iedoch nur, wann man da; der Rücken siht es nicht; Der Stirne steckt er für solch helles Ehren-Licht. Sein Hertz ist leer von Mut, von Tapffrigkeit die Sinnen; Drum thut er nichts um Ehr, nur alles um gewinnen; Die Zung ist ein Soldat: sie dient und bringt hervor, Was nur um Sclaverey hört gern ein fremdes Ohr; Obs wahr sey, was er sagt, drauff mag ein andrer fragen; Er fängt es drauff nicht an; er wil nur dieses sagen, Was Anmut gibt und Gunst; er hat nur diß studirt, Wie mit Ergetzligkeit man treugt, berückt, verführt. Er treibt Philosophey, die auff die Kunst zu lügen Gibt Regel und Gesetz, die schicken, schmügen, biegen, Um zu gefallen, lehrt, die allen Fluch und Schwur Dem Wasser und der Lufft heist geben in die Spur. Drauß nimmt er alle Witz; die braucht er, eitle Sinnen Zu treiben auff mit dem, was sie nicht fassen künnen, Als wie der albre Frosch sich streckt, hebt, bleht und schwellt Und sich und sein Coax für Ochs und brüllen hält, Daß sie, die höher so sich halten als sie gelten, Muß billich alle Welt, er selbst für Jecken schelten. Er kitzelt seinen Freund, biß daß er ihn ersteckt, Läst schlafen ihn zu tod, in dem er ihn nicht weckt Durch Warheit auß dem Wahn, pflegt Zeitung um zu tragen, Macht theuer, die er trägt, sagt selbst, läst von sich sagen, Er sey der beste Freund, dem Namen nämlich nach. Leibeigen wird er dem, bey dem er gut Gemach Für seinen Leib vermerckt, und der ihn außstaffiret Mit dem, was Vorthel bringt, mit dem, was Speck gebieret. Sagt aber nichts der Zeug in seiner lincken Brust? Zu diesem spricht er: Schweig, schweig! wilstu nicht, du must! Trit sein Gewissen auff, wil Klag und Urthel führen, O, das gesteht er nicht, es wil sich nicht gebühren, Daß einer Kläger, Zeug und gar auch Richter sey. Ietzt stopfft er ihm das Maul durch süsse Schmeicheley Und heuchelt ihm so selbst; ietzt reist mit allen Kräfften Der Furcht für Gott wol gar er endlich auß den Hefften. Sonst ist ihm alles Thun ein leichtes Thun. Ein Stein Von Farben, wie er wil, muß ein Geselle seyn Dem schlauen Polypus; so fein kan er sich schmügen Nach seinem Fug und Nutz; so fein kan auch sich fügen Zu Orth, Zeit und Person der bundte Heuchelmann, Der sonst für sich ist nichts als wie ihn nur zeucht an Sein grosser Gunst-Patron; der ist nun seine Sonne, Nach dem sich richt und kehrt der Schaten seiner Wonne, Und er ist dessen Aff und schwätzig Papagey, Der, was er thut und sagt, thut, sagt und glaubt, es sey Das ärgste, köstlich Ding, so daß er seinen Geifer Für himmlisch Nectar leckt. Zu allem muß seyn Eifer Zur Folge blicken rauß. Spricht wo sein grosser Mann: Mir ist gewaltig warm! so trucknet er die Stirne, Eröffnet sein Gewand, entdecket sein Gehirne, Ob schon für grimmen Frost deß Daches Nagel springt. Spricht jener: mir ist kalt! ob gleich die Tropffen zwingt Die Hitz auß seiner Haut, so wird er dennoch zittern Und ließ ihm auch im Augst sein Kleid mit Füchsen füttern. Geschieht es, daß zur Zeit sein halb-Gott außspatzirt, So ist er wie sein Ziel, drauff er zusammen führt Sein Augen, Zung und Sinn; es ist ein himmlisch Glücke So sonsten, wen er labt mit einem Wort und Blicke Und nickt ihm mit dem Kopff. Er kennt sich selbsten nicht, Wie lang da sey sein Maß, wie schwer sey sein Gewicht, Auff daß er, wann er sich für gar zu glücklich schätzte, Nicht etwa ohngefehr und wust wo abesetzte Von angenommner Art. Wann er sein eignes Lob Wie wider Willen zehlt, so macht ers nicht zu grob; Er braucht Bescheidenheit, gibt aber zu vermercken, Es stecke mehr im Sack, und er sey nach den Wercken, Nicht nach den Worten werth. An seines Günners Mund, Wann dieser etwas spricht, ist er durch festen Bund Verklammert und verschraubt; als wann mit Honig-Flüssen Und andrem süssen naß die Lippen sich ergüssen, So leckt, so schmutzelt er, thut, wie vor Zeiten that, Der auß dem Dreyfuß her zu Delphis lauscht auff Rath. Sagt jener aber was, das billich ist zu loben: Hilff Gott, wie hebt er an zu gauckeln und zu toben! Zu wenig sind die Händ, es ist kein Glied befreyt, Das ihn mit wundrem Brauch nicht ehrt und benedeyt. Manchmal da preist er auch den, der gleich nicht zur Stelle, Schaut aber, daß alsdann er dieses Urthel fälle, Wann wer verhanden ist, der solches bald trägt hin; Zu Zeiten pflegt er dann mit sich seitab zu ziehn, Dem seines Meisters Ruhm in sichres Ohr er lege Doch also, daß der Schall noch finde seine Wege Auch in deß Freundes Ohr, der dort von ferne steht Und merckt, daß so sein Nam ie mehr ie ferner geht. Wolan, hierum wolan! man lasse mir passiren Den, der durch so viel klug sich sicher ein kan führen Bey dieser Zeiten Sturm ins guten Glückes Port! (Hier geht es ziemlich an; doch weiß ich nicht, wie dort.) Allein es ist noch mehr, daß diesen Proteus zieret Und auff die hohe Banck der Weisen einquartiret: Es ist ein heilsam Artzt, der solche Salb ertheilt, Die alle Wunden schmiert (nie aber keine heilt); Er putzt ein iedes mahl; er schmüncket alle Flecken, Weiß iedem seinen Fehl und Ungestalt zudecken; Er ist ein Huren-Wirth und kuppelt iedem bey Von Schanden, was er wil, von Sünden mancherley. Ein Mahler ist er auch, der alle Laster schönet Zu einer Helena, der alles Arg versöhnet Und gerne selbsten stifft, und nimmt sich ernstlich an, Der Bosheit auff den Dienst zu warten, wie er kan. Bekennt er, böses thun sey nicht für Nutz zu rechen, Gesteht er, grober Fall sey nur ein klein Verbrechen, So hat sein Ansehn er nicht schlechtlichen gekränckt Und mehr von seinem Recht, als ihm gebührt, enthenckt. Ein wohlgeschickter Kopff und dessen sondre Gaben, Die haben es verdient, daß sie die Freyheit haben Zu thun, was sie gelüst: die Jugend ist ja werth, Daß man an ihr den Zaum nicht allzu kurtz begehrt; Soll böses böse seyn, hats dennoch diese Güte, Daß es dem Leibe leicht und unschwer dem Gemüte, Daß es gefällig sey, und daß es lieblich sey Und von gemeiner Zunfft macht höhre Geister frey. So meint er und gibt für, daß Redligkeit der Sinnen Nur tölpisch Einfalt sey und bäurisches Beginnen; Die Buß ist Aberwitz; die Zucht ist thörlich Ding; Die Tugend ist ein Wahn bey dem, der niedrig gieng Und nicht entpor sich sehnt. Recht! Recht! wer wil nun schlissen, Was unsrer feiner Mann für Tittel soll geniessen? Er ist ein Kleider-Wurm bey dem, der gerne zehrt, Ein Hahn im Faß bey dem, dem Haab und Gut beschert; Die Kuchel ist sein Haus; er ist daheim im Keller; Er ist deß Hofes Gifft, ein Sclav und Freund beym Teller. Kurtz: Sein Verdienst verdient, daß man ihn zieh hervor Und weiter födre fort dem Teuffel zum Factor.