Zigeunerliedchen Vom Rabenstein winkt das Rad, Vom Hügel nickt der Galgen, Wo sich die Raben fett und satt Um blanke Knochen balgen. Schwarzmädel mein, ich such' dich lang Bei Tage und bei Nacht, Bei Katzenschrei und Unkensang, Bei Tage und bei Nacht. Ins Rad geflochten liegt ein Weib Verrenkt am Hochgerichte, Wie Gold erglänzt der braune Leib Im blanken Mondenlichte. Ja, schön ist die Zigeunermaid Beim Tanze in der Nacht, Im bunten Tuch, im roten Kleid, Beim Tanz in heller Nacht. »Ja, Dirne, junge Gräfin sein, Das würd' dich wohl nicht kränken, Du Hundsblut fingst den Sohn mir ein Mit Gift und Zaubertränken!« Jetzt pfeift der Wind zum Hochzeitstanz Fein lustig in der Nacht, Im roten Rock spricht Meister Hans Den Segen in der Nacht. »Mein Täubchen, laß den Grafensohn,« Sprach oft die Alte weise, »Sonst wirst du vor dem Schicksal schon Zu früh der Raben Speise!« Zigeunermädel keck und fein, O Mädel, schwarz wie Nacht, Sag an, willst du mein Liebchen sein, Mein Liebchen in der Nacht. Münster 1885