Otto Ludwig Die Makkabäer Trauerspiel in fünf Akten Personen Personen. Antiochus Eupator, Antiochus Epiphanes' Sohn, König von Syrien. Gorgias, Nikanor, syrische Feldherren. Mattathias, ein jüdischer Priester zu Modin. Lea, sein Weib. Simon, Juda, Jonathan, Eleazar, Johannes, Joarim, Benjamin, beider Söhne. Naemi, Judas Weib, Boas Tochter. Jojakim, Sohn eines jüngeren Bruders Mattathias. Simei, ein jüdischer Priester zu Modin. Amri, sein Sohn. Boas, Simeis Bruder, Judas Schwiegervater. Aaron, Sohn eines anderen Bruders Simeis. Issaschar, ein Ältester von Modin. Usiel, ein jüdischer Hauptmann. Nathan, ein jüdischer Krieger. Josua, Elia, Misael, Ruben, Bürger von Modin. Ämilius Barbus, römischer Gesandter an Juda. Ein jerusalemitisches Weib. Ein Greis, ihr Vater. Ein syrischer Hauptmann. Syrische, jüdische Hauptleute und Krieger. Gefolge des Barbus. Volk von Modin und Jerusalem. Mägde Leas. Bekränzte Kinder, Frauen und Greise. Jungfrauen mit Flöten und Zimbeln. 1. Akt Erster Akt. Vor den Thoren der Bergstadt Modin im Gebirge Juda. Rechts vom Schauspieler die Häuser der Familie Simei, links die des Hauses Mattathias; rechts führt ein Felsenweg aus dem Thale herauf, das den Berg, auf dem Modin liegt, umgiebt; die daher Kommenden werden erst mit den Häuptern, dann allmählich ganz sichtbar; links vorn mündet eine Felsenschlucht aus. Hinten ein Thor der Stadt Modin; über der Stadtmauer, die meist aus natürlichen Felsen besteht, die Häuser der Stadt, und über diesen fern und ferner die zackigen Hörner des Gebirges Juda; der Horizont hoch angenommen. Palmen und Terebinthen den Thalweg herauf und sonst verstreut. Links vorn ein steinerner Tisch und Rasenbänke. Lea, den Thalweg hinuntersehend. Joarim, kränzewindend auf einer Rasenbank. Benjamin, zuhörend vor ihm. Hinten kränzewindende Mägde. indem er lebhaft erzählend auf die Bank tritt und in das Thal hinunterzeigt. Da – diesseits in dem Thal der Terebinthen Lag Saul, dort Goliath mit seinem Heer. Dort aus dem Bach nahm David sich den Kiesel – Ist's nicht so, Mutter? Bei der Eiche dort Traf er auf Goliath. Und schlug ihn nieder. Und Saul und unsers Volkes Krieger jagten Die Brüder Goliaths durchs ganze Thal Bis an das Thor von Ekron und von Gaza. Von Salomo erzähl' mir, Joarim. Da Saul gestorben war, ward David König, Und nach ihm Salomo, sein Sohn. Da war Israel groß – nicht, Mutter? Da war's groß? Er läuft zu Lea. Was heißt das, Mutter? Sag mir: Wer ist groß? Der, den man fürchtet, auch wenn er nicht droht. Und so war Salomo? Er war's; es knieten Fünf Heidenkönige um seinen Stuhl, Froh, ihm zu dienen. Schiffe ließ er baun – im wachsenden Eifer vergißt sie auszuschauen und nähert sich mit Benjamin dem Joarim. Beide Kinder ganz Ohr. Und seine Segel trugen seinen Ruhm Das Meer entlang, so weit als Menschen wohnen. Bis an Ägypten dehnte sich sein Reich, Von Typhsa bis gen Gaza zahlten ihm Die Könige Tribut. Die Tochter Pharao Erkannt' es für ein Glück, sein Weib zu sein, Und bracht ihm Gaza zu in Kanaan. Er saß auf elf'nem Stuhl, mit Gold bedeckt, Und pur von Gold war all sein Trinkgefäß. ausbrechend. O, daß ich groß wär'! lächelnd. Du? Damit, wenn du Von mir erzähltest, deine Augen glänzten, Wie wenn du uns von Salomo erzählst, Und du nicht weintest mehr, daß Israel Zerfiel und schwach ward und des Fremden Knecht, Und nun der Syrer sitzt auf Davids Stuhl. Ich weine nicht. Was würde Juda sagen! Ein Mann und weinen?! Pfui! Bist du ein Mann? Nein; werden will ich's, daß du nicht mehr traurig Mußt sagen: Israel hat keinen Mann! ihn liebkosend. Das willst du! Du! von der andern Seite sich beischmiegend. Ich auch; doch du mußt froh sein. O, hielte stets der Mann dem Kinde Wort, Wer dürft' es mehr als ich? Doch so ist's nicht. Warum auch weinen? Kommt nicht einst der Retter, Der Israel befrein wird und erhöhn? Zum großen Volk uns wieder machen, hoch Auf Zion herrschend, wie's einst David that? Das hat der Herr verheißen, unser Gott, Da er noch zu den Menschen redete. Drum laß den Gram und sei uns fröhlich, Mutter, Will er aus Judas Stamm ihn doch erwecken, Aus Davids Haus, und bist doch du auch, Mutter, Aus Judas Stamm und von des Davids Haus! Eleazar kommt den Thalweg herauf. Sieh, hier kommt Eleazar. Eleazar entgegen. Ist die Schafschur Beendet schon? Kommt euer Vater? er ist hastig und aufgeregt. Mutter, Hilf mir von hier! Was ist dir? Bist du nicht Vom Vater mir gesandt? Was solltest du? – Daß er nicht zürne. Ihr da Sie küßt die Kinder. zu den Mägden; Helft Kränze winden zu des Vaters Fest. Sie gehorchen. Nun, Eleazar? Sie führt ihn vor. Vor dem Hause will Er essen, und schon sind sie auf dem Weg. Wen bringt er mir zu Gaste? Judas Schwäher, Den Boas, dessen Bruder Simei Und Amri – Freunde, Mattathias' würdig? So weis' er im Gesetz, im Leben ist Er's nicht. Ein Kind durchschaute diese Heuchler, Doch ihn macht seine eigne Treue blind. Ist Juda bei der Schafschur? Wußt' ich nicht, Nach Juda würd'st du fragen? Wär' ich Juda, Nach Eleazar hätt'st du nicht gefragt. Was ist dir? Bist du krank? An Juda krank' ich. Nur eben erst da an dem Felsensteig: »Wer ist der schlanke Knab' mit Feueraug' Und stolzem Wesen?« – »Von des Juda Brüdern Ist's einer.« – »Juda? Kennst du den?« – »Ich sollte Nicht kennen, der die einz'ge Hoffnung ist Des Volkes?« – »Ja, einen Mann laß uns erschaffen, So sprach der Herr, und Juda ward. Er, der Nun Lamm, nun Löwe ist, und wieder Lamm, So wie der Augenblick ihn heischt; so stolz Im Denken, stark im Thun und schlicht von Wort. Ist er der Mann nicht, Israel zu retten, So ist es keiner!« So wetteifert Zung' Mit Zung', ihn lobend; Eleazar ist Der Gegenwärtige, vergessen, jeder Lebt im Abwesenden. Und sollt' er nicht? Juda nur ist etwas, und Eleazar Ein Namenloser, einer, der nichts wäre, Wär' er des Allgenannten Bruder nicht. Laß mich von hier! Wohin? Gleichviel; nur wo Ich nicht mehr Judas Bruder heißen muß. Wollt ihr mich beide lassen, böse Knaben? Mich wirst du nicht vermissen, bleibt nur er. Juda? Verließ er nicht die Mutter schon, Wie er sich an die Simeitin hing, Die niedre Magd, des niedern Hauses Tochter, Vom jüngsten Sohn des jüngsten Aarons? Das unterm Heuchelschleier Abfall birgt? Der Herr will Mattathias' Haus erhöhn Und durch des Mattathias Haus sein Volk; Den König wählt er sich, den Helden wählt er, Der jenen krönen soll aus diesem Haus Und – Was sprichst du? Wer ist es, den der Herr Zum König sich erwählt? Ist's Juda? Nein. Ihn zog ich aus zu seines Volkes Helden, Zum Retter aus des Fremden Drängerhand – Ein König – sagtest du – aus unserm Haus? Der Gram verriet, was Hoffnung heimlich hegte. Wer ist es? wer der König, den du meinst? Du bist es. Ich? – Doch woher sprichst du das? Frag' nicht; laß dir genug sein, daß ich's sprach. sinnend. Ja. – Du hast mir, da ich ein Kind noch war, Schon einmal so gesprochen. Um den Stolz Gegen die Brüder hatte Mattathias Mich streng' bestraft; ich saß und weinte; da Tratst du zu mir; nur einen Augenblick, Damit der Vater es nicht merkte; streicheltest Die nasse Wange mir – als sprächst du's jetzt, Hör' ich dein Wort: »Vergiß dein Weinen, Kind; Die Zeit wird kommen, wo du stolz sein darfst.« Das merktest du? Lehr' mich, mich selbst vergessen! Eh' lernt' ich alle Weisheit dieser Welt, Eh' daß ich dieses einz'ge Wort vergäße! Soll ich's ihm sagen? Quillt aus seinem Eifer Doch Trost, er wird nicht sein, wie Juda ist! Weil Mattathias mir's verbot? Der Weisheit Soll man gehorchen, nicht dem Mund. So höre – Doch deinen Mund versiegle kluges Schweigen: Vor zwanzig Jahren, da, als ich mit dir Gesegnet, las ich einst im Jesaias, Wie ich gewohnt war schon von Kindheit auf, Da, wo er von des Retters Zukunft spricht, Der wieder Davids Stuhl erhöhen soll; Da faßte mich der ganze Schmerz des Falls Des Hauses David, meines Vaterhauses, Und seiner Knechtschaft unter fremdem Arm, Der ganze Schmerz um meiner Söhne Schmach, Da zu gehorchen, wo sie herrschen sollten, Um dich, die Knospe, die, noch nicht geöffnet, Im Mutterschoße schon die Ketten trug. Und Asche streut ich auf mein Haupt und schloß Mich einsam ins Gemach und fastete Und hielt den Schlummer fern drei Nächte lang. So lang schrie ich zum Herrn um seine Hilfe: »Herr, mich laß weinend in die Grube fahren, Doch meine Kinder laß den Retter sehn, Dein Volk erhöhen vor der Erde Völkern Und ihren Stuhl erhöhen vor dem Volk, Wie's Fürstenkindern ziemt.« Ja – weiter ging ich – »Herr,« schrie ich endlich, »wecke deinen Retter Aus meinem Samen!« – Da, wie ich so schrie – Wie du so schriest, da – was geschah da? Da Fiel Müdigkeit vom Herrn auf mein Gebein, Und – das Gesicht des Herrn kam über mich. Des Herrn Gesicht? – Doch wie – Es brannten rings Die Wände, wie um Mose einst der Busch, Und oben – wich die Decke weit und weiter Und dehnte sich, und wie ein Saphir war's. Und durch den unermeßlich weiten Raum Ging erst ein Donner, Dann eine Stimme, säuselnd wie die Luft, Wenn sie bei Nacht in Palmenwipfeln säuselt, Und rieselnd, wie ein Quell in Wüsten rieselt. Und sprach, doch ich verstand nicht, was sie sprach Und doch wußt ich, sie sprach: »Erheb' dein Auge.« Und du erhobst dein Aug' und sahst – was sahst Du da? Aarons Hut sah ich sich langsam Herniederlassen. Über meinem Schoß Hielt er im Schweben wie ein Adler, der Mit ausgespannten Flügeln auf der Luft Zu ruhen scheint – so lang', als sprachlos ich Und wie gelähmt zurückgesunken lag – Und um Den Hut lief wie ein Kranz die Krone Davids. Die Krone Davids? Um Aarons Hut Lief wie ein Kranz die Krone David? um Den Hohenpriesterhut – Die Königskrone. Und schwebte über deinem Schoß, und du, Mit mir warst du gesegnet, nicht mit Juda? Mit dir. Doch dann! doch dann! War es verschwunden So plötzlich, wie ein Wolkenschatten schwindet. Und ich sank auf die Knie' – Das war's, was mit Gesang zu Nacht im Thal der Terebinthen Einst vor mir herzog wie Prophetenruf! Schon naht dein Vater uns – Ja, alles eint Sich, um zu rufen: Ein Gesicht war's und Kein Traum! Den nächsten Anspruch hat zur Würde Des Hohenpriesters nach dem Haus Onias', Der jetzt den Hut auf seinem Haupte trägt, Des Mattathias', meines Vaters Haus – Doch – welche Welt von Hindernissen legt Sich in Onias' Söhnen, seinen Enkeln Dem raschen Glauben in den Weg! Du glaubst An Hindernisse? Hindernisse findet Nur der, der an sie glaubt. Was heißt das? Nichts. Wenn du mich nicht verstehst, so sprach ich nicht Zu dir. Komm. kämpfend. Nur besonnen laß uns bleiben! O freilich! Fasten und durchwachte Nächte Und Jesaias' flammend Wort – ist's denn Ein Wunder dann, zu sehn was nirgend ist Und dem Besonnenheit den Glauben weigert? O, so besonnen sein, das kostet wenig Besinnen! Doch schon kommt dein Vater. Birg, Was dich bewegt. Wir reden mehr davon. Juda kommt, einen toten Löwen über der Schulter. Du, Juda? Friede sei mit meiner Herrin. Zu deines Vaters Fest kommst du allein? Hier bring' ich einen Gast, der ungebeten Oft einsprach; Er wirft ihn in die Öffnung der Felsschlucht. 's ist ein sonderbarer Kauz; Dasmal mußt' ich ihn nöt'gen. Wußt' er nur In Demut seine Tücke zu verhüllen, Dann – Dann war er kein Löwe. Ganz gewiß. Kommt dort nicht Mattathias? Warum kommst du Allein? Du siehst, ich komme nicht vom Haus; Und käm' ich auch vom Haus, ich sparte dir Verhaßten Anblick, ihr Demütigung. Doch deinem Haus erspart'st du diese nicht, Wie – Laß das abgethan sein, bitt' ich, Herrin. Wie Judas Liebe zu der Mutter ist Ja abgethan, wie Judas großes Streben Ja abgethan, wie all der Größe Saat, Mit Thränen in die Seele dir geströmt, Vor einer Demutslarve falschem Lächeln – O Juda, harrst du so des Herren Ruf? Der Stunde so, mein irrgelocktes Kind, Die Mattathias' Haus erhöhen soll, Daß du, du selbst, der es erhöhn soll, es Erniedrigst? Komm zurück zum Herrn, zur Mutter, Trenn' diesen Eh'bund, wirf die Heuchlerin Zurück in ihres Loses Niedrigkeit! Kein Los ist niedrig, das die Seele adelt. Und wahrlich, Mutter, nicht hinab, hinauf Sehn muß ein solch gewöhnlich Menschenaug' An ihr, als deines Juda ist. So hoch Erhebt sie ihrer Demut Niedrigkeit, Als nicht des Stolzes kühnstes Wagen schwindelt, So rein – doch wozu zwingst du mich? Ich lobe, Was mein ist. Gut, daß mich kein Fremder hörte, Sonst säh' er mich erröten. wollte antworten; da sie die Kommenden hört. schweigt sie. Simei, Mattathias von Johannes geführt, Boas, Amri, Simeon, Jonathan kommen den Thalweg herauf. Juda begrüßt die Kommenden. indem er sichtbar wird. Was beklagst du, Was deine Schuld nicht ist? für sich. Schon wieder jammernd! wird sichtbar. Die Schuld der Väter ist der Kinder Schuld. ebenso. Allein Ergebung hilft sie leichter tragen. Hat dich dein Gott mit voller Hand gesegnet, Daß über fremdes Leid du klagen sollst? Ist mir mein Bruder fremd? mein Volk ein Fremder? Wahr ist's, es könnte besser sein wie's ist. für sich. Könnt's wirklich? Doch zu unsrer Väter Zeit War's noch weit schlimmer. Sind wir nicht im Lande Von Jakobs Erbteil mind'stens? Haben wir Nicht unsern Hohenpriester noch? wie vorhin. Solang' er Des Syriers Schatten ist. Und unsern Gott? wie vorhin. Solang' der Syrier ihn wohnen läßt Bei sich zur Miete. Sind wir sozusagen Nicht noch ein Volk für uns? Antiochus Der Ältere ist ein Tyrann, doch hält ihm Der Herr die Hand gebunden wider uns. Sein Sohn, Antiochus der Jüngere, Der in Jerusalem jetzt sitzt, ist uns Gewogen. Ja, er sucht uns abzuschmeicheln, Was uns sein Vater noch nicht abgetrotzt. Herr, wenn aus andern Gründen auch, doch rat' ich Wie Simei, laß deinen Kummer fahren. Weintest du mit dem Weinenden – nun das Begriff ich, doch du weinst um den, der lacht, Du weinst im Haus, das eine Hochzeit feiert. Du siehst im Geiste, Herr, ein ander Volk. Dies Volk sitzt nicht mehr unter Thränenweiden, Und Jeremias' Harfe, Herr, hat längst Schon keine Saiten mehr. Dies Volk ist nicht mehr Dem Volke Jesaias gleich; so abgegriffen Ist von den vielen Händen das Gepräg', Durch die es ging. Du seufzest nach dem Retter, Der Altes wiederbringen soll? Die Zeit Geht vorwärts; tot ist das Vergangene, Und Volk und Kinder greifen nach dem Neuen. Herr, ziehst hinauf du nach Jerusalem – Daß dir's nicht geht wie mir! Ich stand verdutzt Rings griechische Gewänder! – ist's auch noch Die alte Davidsstadt? – und alt und jung Wie auf verdrehten Knien! – Wie gottgesandt Kam mir da Joel, unser alter Gastfreund, Entgegen. Joel! rief ich; vor dem Ruf Erschrak der Mann und wich vor mir; ich nach, Und erst in einem kleinen Gäßchen nah Am Schafthor blieb er ganz verlegen stehn. »Ich bitte dich: nenn mich nicht Joel mehr, Denn Menelaus heiß ich jetzt, so wie Onias' jüngster Bruder. Freund, man merkt, Daß du vom Lande kommst; ich bitte dich: Sprich griechisch, oder laß mich gehn. Nennst du Verdrehtes Bein das angezogne Knie, Mit dem die Griechen ihre Götter bilden, Das so weit schöner ist als unser jüdisch Gemeines Stehn auf straffem Bein? Ja, Freund, Solch alter Vorurteile wie dies Stehn Aus straffen Beinen sind wir voll; das kommt Von unserm Eigensinn, mit dem wir uns Dem Strom der griech'schen Bildung abgeschlossen, Draus alles abgestorbne Völkertum Des Morgens neues Leben trinken muß. Doch Jason wird uns retten!« – »Jason? Was Soll uns der Grieche?« fragt ich. »Nun beim Zeus!« Entgegnet er, »Modin liegt aus der Welt. Onias' Bruder ist's, des Hohenpriesters – In der gestreckten Kniezeit hieß er Jakob – Er ist's, der uns die Fechterschulen baut, Der uns zu Menschen machen wird, sobald Er an Onias' Stelle sitzt. Schon hat er Antiochus vierhundert Zentner Silbers Geboten, daß er ihn nicht hindern soll, Wenn er sich mit Onias' Krone krönt. Und schon –« Halt ein! Der Mund müsse verstummen, Der lachend so ein frommes Ohr zersticht, Den Pfeil des Unglücks noch mit Hohn vergiftet! – Der Unglücksel'ge wirft den frommen Namen, Mit dem sein Vater ihn genannt, von sich! Die Sprache, die der Herr geheiligt, da er Vom Sinai zu seinem Volk sie sprach! Aarons Priesterhut macht er zur Ware. Die man beim Syrierkönig kauft – Er lockt Das Volk mit griech'schem Greul vom Herren fort! Wie gehst mit deinem Volk du zu Gericht! Ich sag' euch: Thorheit ist's, 's ist Lüge von Dem – Menelaus oder wie er sonst heißt. Vierhundert Centner Silber! wie käm' Jason Dazu? Der Tempelschatz ist reich, mein Ohm, Und Schlüssel giebt's wohl zu dem Heiligsten. Vom Schatz des Herrn! Der Wais' und Witwen Armut? Entsetzlich! Mehr als eine Zunge kann Aussprechen, mehr als hören kann ein Ohr. Doch Fromme giebt's noch in Jerusalem, Gewiß noch Männer in der Davidsstadt, Die eng um das Gesetz des Herrn sich scharen; Sie werden Schulter sich an Schulter stemmen – Herr, sie verfluchen einer sich dem andern, Der so abscheulich thut, daß im Gesetz Er einen Buchstab' anders liest als er. Die einen nennen sich die Heiligen, Die andern die Gerechten. Beide macht Die Wut des Hasses blind für's allgemeine. Der Laue höhnt, der Syrier lächelt – Herr, Sieh hin, das ist das Volk, um das du klagst. Herr, sende deinem Volk bald einen Retter! Herr, sende deinem Retter bald ein Volk! Zweifaches Weh häufst du auf deinen Knecht. Sein Volk hat sich von dir gewandt, und der Die Blüte seiner Hoffnung war, ist nun Ein Höhner, der des eignen Volkes Schmach Herzlos verspottet, wie der Spötter Ham An Noah einst, dem eignen Vater, that! Und soll ich ächzen? Meiner Väter Gott! Gäb's keinen andern Weg zu deiner Gnade Als nur durch's Ächzen – außen müßt ich bleiben; So wenig ist von einem Junikätzchen Im Juda. zu Mattathias, der sich von Juda ab nach hinten wendet. Er ist scharf wie Bergesluft. 's ist Jugend, von sich selber überfüllt, Und Kraft, die mit sich selbst nicht weiß, wohin? Laß ihn nur, Alter; oft hab' ich's erlebt: Die wildsten Knaben wurden mit der Zeit Die zahmsten Männer. Herr, irr' nicht zu früh Im eignen Kind. Haßt er das Volk, so haßt er's Aus Liebe. Diesen Haß und diese Liebe Laß für ihn bürgen. – Nur des Diamants Harrt dieser Stahl, der würdig ist, den Funken Zu wecken, der in seiner Kühle schläft. Den großen Mann in ihm zu wecken, braucht's nur Den großen Augenblick. – Boas und Simei Und Amri, Mattathias lud euch ein, So wünscht er, daß ich euch willkommen heiße. Und nun, Herr, wirf die Sorgen weg. Schön sitzt Sich's unter dieser Palme Schatten heut; Ein Lüftchen, kühl vom Schnee des Libanon, Erfrischt die Sinne. Was von Sorge noch Und Last des Tags dich drückt, – sieh hin: dort nahn Bekränzte Dirnen, mit dem Saitenspiel Und leichten Tanz es dir hinweg zu scherzen. Sie gehn nach hinten; Mägde ihnen mit Kränzen tanzend entgegen. zu Amri. Sie heißt willkommen uns, weil er es wünscht. Gleichviel! Ihr Mahl ist besser als ihr Gruß. Beide folgen. Jojakim wird den Thalweg heraufkommend sichtbar. Weh' über Israel! Was für ein Ruf? bleibt wie entsetzt stehn, wie er das Bekränzen sieht. Ist das des Mattathias Haus? So fragt Des Mattathias Bruderssohn? Der Zorn Des Herrn auf Israel, und Mattathias Hält Feste? Israel in Sack und Asche, Und Mattathias kränzt sein Haupt? Dort Stöhnen, Hier Saitenspiel? Eh' du uns zürnst um etwas, Das wir nicht wissen, meld' es uns. Ist's von Onias? Wie? er wär' entsetzt? Entsetzt, Meinst du, und stehst schon bleich? Was willst du thun, Vernimmst du, was ihm wirklich ist geschehn? Fort mit den Kränzen! Staub auf euer Haupt! Tot ist Onias! wie alle erschrocken. Tot? Tot? Tot, sagst du? Hörtest du's, Eleazar? Staunend – Schweig; Ruf' all dein Leben jetzt ins Ohr. Ich sagt' es – Gemordet – Herr der Rache, weck' den Rächer Für deinen Knecht und deines Knechtes Haus! Sein Haus? Was lauert mehr noch? Auch sein Haus? Ich atme kaum – Des Greisen spärlich Blut Genügte seinen Mördern nicht; sie wollten sich In Blut berauschen. Alle sieben Söhne Onias' – ja, als lebte noch der Greis In jedem seiner Enkel fort – das Blut Des ganzes Hauses schreit zum Rächer auf. zu Eleazar. Zweifelst du noch? Woran? an meiner Seele? Den Königsreif fühl' ich schon um die Stirn. Vor dir send' ich, der dir den Weg bereitet. der wie die übrigen überwältigt gestanden. Onias tot? Weint, Töchter Israels! Er war ein Quell im Thale Israel – Und Menelaus zieht herauf. Auch der? Er will Onias rächen? Nein; er will Von Jasons Haupt, er, den der Herr verfluche, Die Kron' entreißen des Verfluchten Haupt, Sich selbst damit zu krönen. So bestiehlt Der Dieb den Dieb. zu Eleazar. Und treibt uns selbst zur Eil', Ihm zu begegnen. sie haben sich mit den Augen verständigt. Amri, komm; wir gehn. Da mit Verwirrung so die Zeit uns droht, Die Stadt Modin verlangt von euch ein Beispiel – Beschließt drum, Männer, wie ihr handeln wollt. für sich. Soll ich die Stufe sein für fremden Fuß? – Nun so beschließ' ich, daß es wenig taugt, Sich selber das Gesind' zu überlassen. Zu Boas. Komm, denn du fehlst so gut als ich daheim. Simei geht mit Amri. Ihr geht? Nun Rat und Hilfe nötig, lassen Die Freunde mich? Boas, auch du? Was ist Boas, daß er ein Beispiel geben sollte? Der Mann der Demut? Welch ein Beispiel kann Modin von Boas fordern als Ergebung In Demut? Sei der Herr mit dir, mein Bruder! Umarmt Mattathias und geht. Laß sie; denn der Verlust ist ein Gewinn. Ließen uns alle, die den falschen Sinn In Demut hüllen. Alles laß! Denk' jetzt Nur an den Anspruch, an der Söhne Recht. Bist du berauscht? So wie dem Trunknen glüht Die Wange dir. Von Mutterseligkeit Denn wär' ich trunken; doch ich bin es nicht. Die Muttersorge heißt mich, mich besinnen, Denn nur Besonnenheit führt zu dem Ziel. Du sprichst von unserm Anspruch? Soll ich nicht? Nun da kein Hindernis – Vergissest du Onias' Brüder? Die durch ihre Schuld Längst selber dem Vergessen sich geweiht? Kann auch der Abgefallne Priester sein? Ihr Anspruch lischt in ihres Abfalls Greu'l, Dein Name steigt voll Reinheit leuchtend auf, Ein Stern, nach dem sich alle Blicke richten. Ja, Herr, nach dem Gesetz bührt dir der Hut. Dir hält das Alter schon den Fuß gebunden; Send' einen deiner Söhne denn hinab. Was man von deinem Anspruch denkt, zu hören. Die Gleichgesinnten gilt's dann zu vereinen, Das Volk sich zu gewinnen ohne Aufsehn Und scheinbar ohne Zweck; klug dann abwarten, Bis des Onias Brüder ihre Kraft Und die Geduld des Volkes selbst vergeudet, Und alles von Verwirrung übersättigt Im andern Zustand schon den bessern sieht. Dem Syrier selbst wird es gelegen kommen, Kann Ruh' er schaffen und den Schein doch wahren. Schnell sende, Herr, eh' uns die Hast der Zeit Verliert und unsre Reu' vergeblich nachweint. Du siehst dich um und wählst? Den Überlegnen, der Verwirren kann und selber fest doch stehn In der Verwirrung. – Sieh, ob ich vorhin Zu viel sprach. Zu Juda, der in sich kämpfend dasteht, feierlich. Juda! Mattathias' Sohn! Es rief? und du warst's, Herrin? Ich? Die Stunde rief, Die Größe selbst: Auf, was in Juda Mann ist! Den Schakal? – Träumst du jetzt vom Jagen? Bis Der Löwe kommen wird, und – kommen wird er. Verträumtest, was die Toten wecken müßte? Du weißt nicht, was geschehn? Doch, doch; ich weiß es. Der Mann in Juda fände seine Stunde, Die Stunde nicht in Juda ihren Mann? Ich bin ein Freund der Ruhe – und was sollt' ich – Hier, wo es Worte künstlich setzen gilt, Ein feines Spiel zu spielen – was soll da Der ungelenke Juda? Den Gewinnenden, Den Glänzenden, den Redner sende, Herrin, Send Eleazar! Siehst du deinen Juda? Hat dieses Weib ihn mir schon so verderbt? Sein Hohn verschont des eignen Bruders nicht. Ihn sendet, er hat Ehrgeiz; Juda, wißt ihr, Hat keinen. Herr, folg' ihm. Der Leichtverführte Ist's, der euch Weiber leicht verführt. Klug ist er, Allein ihm fehlt die Festigkeit des Manns. Herr, ist dir das Gesicht, das mir der Herr Einst sandte, noch ein Traum? da wundervoll Für seine Wahrheit schon Erfüllung zeugt? Hat nicht der Herr den Ungebornen schon Erwählt? Und meinst du, seinem Boten wird Der Herr nicht geben, was er braucht? Und sieh: Ist er nicht schon ein andrer, als er war? Wie jetzt der Größe Schwing' ihn trägt – Herr, sieh Ihn an – wo ist die Krone, Herr, die ihm Mehr Glanz zu leihn vermag, als er der Krone? Nun kommt herein, daß – Nicht die Schwelle, Herrin, Vom Vaterhaus beschreitet Eleazar, Eh' er des Herren Botschaft ausgeführt. Laß meinen Stab mir holen. winkt. Joarim. Joarim ins Haus. Sieh, wie der Eifer seine Stirn vergoldet, Daß ohne Krone schon er König ist. So bleib, mein Kind! So, Herrin; kleiner nie Als meine Größe. Nie soll Eleazar Sich Größe leihn von etwas außer ihm, Und wär's die Krone. Herr, verschließ' dein Ohr! So ehrt dein Denken deiner Mutter Ahnen. Joarim bringt den Stab. Hier nimm den Stab; war's schon das Zepter Davids! Nun segn' ihn, Herr, und heiß' ihn ziehn. Ist das Dein Segen? Ist das einer Mutter Segen? Die Mutter soll das Kind vor Leidenschaft Behüten, die den Reifern oft dahinreißt – Und du, du selber füllst des Knaben Hirn Mit Schwindelbildern? Reizest seinen Stolz Zur Überhebung, deiner gleich? Weh dir! Daß dich der Herr nicht an dem Gegenstand Der Überhebung strafe, daß du nicht Dem Liebling fluchen müssest! Ist's denn besser Zum Abschied zürnen? Sieh, noch ließ ich keinen Von meinen Söhnen in die Fremde ziehn; Soll ich ihn niederdrücken, wenn er geht? Herr, laß mich ziehn und gieb mir deinen Segen. So leicht läßt du die Mutter? – Geh und kehr' Dich nicht an mich; das Mutterherz ist thöricht. Geleit ihn, Jojakim, sei sein Gewissen! Vorsichtig, Kind, sei mit dem Syrier. Sei freundlich mit dem Niedrigsten; ein Lächeln, Das nichts dich kostet, tauscht dir Herzen ein. Sei oft in seinem Hause, halte dich Zu seinen Knechten – Sei aufmerksam, daß du Gesund bleibst. Schwerer ist die Luft da unten, Und man wird leichter krank. O daß ich dich Mit diesem Kuß versiegeln könnte wie Ein Kleinod, daß dich keine rauhe Hand Berühren könnte und kein gift'ger Hauch, Bis daß dich Größ' erbräch' und leuchtend hoch An ihrer Stirn hieß glänzen. Leb' – leb' wohl! Nimm diese Lehren noch: Thu' mehr als not Und denk, du hättest weniger gethan. Siehst du, daß andre falsch sind, sei du selbst Gerecht, so mußt an der Gerechtigkeit Der Welt du nie verzweifeln und behältst Die Thatkraft unzerbrochen. Laß dich nicht Irr' machen am geringsten im Gesetz. Denn Zweifel frißt wie Feuer fort und wird Nur hungriger vom Fressen. Werde nie So reich am Geist, daß arm du würd'st am Herzen. Des Menschen ist der erste Schritt, der zweite Nur halb, der dritte so nur, wie ein Schiff Auf hoher See des Eigners ist; drum, wenn Den ersten Schritt du thun willst, denke, daß Du in dem ersten schon den dritten thust. Nun geh, mein Sohn, der sei gesegnet, der Dich segnet, wer dir flucht, der sei verflucht. Leb' wohl, mein Jojakim, sei, wie du bist. Dein Auftrag, Herr, sei deines Knechtes Seele. Leb' wohl und laß uns öfter von dir hören. Was hilft's, zu zaudern, zu verschieben, was Doch einmal sein muß. Lieber eile, Herz, Dem Jetzt voraus, vergiß sein wirklich Gehn, Indem du ihn im Geiste kehren siehst, Die Herrlichkeit der Könige mit ihm. Nun, Herr und Herrin! Brüder, lebet wohl! Es heften Flügel sich an meine Füße. Der Herr trägt mich auf seiner Hand dahin. Leb' wohl! Noch diesen Kuß nimm, Leas Sohn, Und diesen Gruß Wirft sich vor ihm nieder. Israels künft'ger König! hebt sie auf. Nicht so. Vor dir kniet einst das weite Land, Zu deinen Füßen dieses Landes König. Ab. Die andern folgen, außer. der einen Augenblick den Gehenden nachsieht. Geh hin und sei der Sklav' des Scheins, der Schatten Des Syriers. Juda will sein. Ihn treibt Ein andrer Ehrgeiz, der das Höchste nur Sein wert hält. – Einziger Gedanke du, Der diesen Busen bis zum Springen schwellt, Reif in des Schweigens Schatten. Nur die That Soll deine Zunge sein. Indem er nach der andern Seite geht, fällt der Vorhang. Ende des ersten Akts. 2. Akt Zweiter Akt. Szene wie im ersten. Juda, Naemi vom Thale herauf, aus dem Hause Lea; dann Mattathias, von Jonathan, Johannes, Joarim, Benjamin geführt. Gut, daß mein Bote dich so schnell getroffen. Dein Bote? Sandtest du nach mir? Die Hand Des Herrn fiel plötzlich auf sein Haupt – Sie zeigt auf Mattathias, der eben aus dem Hause kommt. Was seh' ich? Der Todesengel folgt dem müden Schritt Schon mit gehobnem Schwert. Bald wird es fallen. Der Sterbende verlangte nach Naemi, Der Simeitin – flehend, Judas Unwillen zuvorzukommen. Zürne nicht der Mutter Um dieses Wort, Herr – Hörst du? Mattathias Verlangt nach Judas Weib. – Geh zu ihm, Demut. Sie geht nach einem bittenden Blick auf Mattathias zu; Juda und Lea folgen. Noch einmal sei mein Stab, du blühend Reis. indem er sich auf sie stützt. Noch tausendmal, erhört der Herr Naemi. Heiß' mich nicht leben. Tagesmüd' bin ich Und durste nach der Ruh', so wie ein Knecht Zur Zeit der Ernte nach dem Schatten durstet Und nach dem Quell der Wanderer sich sehnt. Hierhin, mein Kind Zeigt nach der Bank. hier endet sich mein Weg, Hier laßt mich sitzen, wo mein brechend Aug' Die Stätten sieht vom Ruhme Israels, Dort, wo Sennaherib dem Herrn erlag, Dort, wo Isais Sohn den Riesen schlug. Süß wie der Atem einer inngen Braut Weht hier die Luft, und lieblich wie ihr Mund Auf ihres liebsten Mund liegt kühler Schatten Auf dieser Stelle, da ich sterben will. Sie helfen ihm, sich niederlassen und unterstützen den Sitzenden, um ihn knieend. Gott Abrahams! wie hast, Barmherz'ger, du Den Knecht gesegnet; wie so wenig war, Herr, seines Dienstes, und wie reich sein Lohn! Herr, zürnst du, daß ich, den du reich gemacht, Aus eignem Trieb ein armer Bettler war? Daß ich die Freude, die du täglich reichtest, Aus meinen Händen gleiten ließ und nach Dem Jammer griff, mit dem dein Volk du schlugst? Ach, die einst herrschend saß, die Königin Der Völker liegt verachtet nun im Staub, Vor deren Blick die Völker zitterten – Zerteilung hat sie schwach gemacht; nun ist's An ihr, zu knien und fremden Hohn zu tragen. Glied wütet wider Glied; voll Schadenfreude Lacht nun der Starke, straflos höhnt der Schwache; Beut sich die Rechte selber doch dem Feind, Der Linken Kraft zu fesseln, jubelt doch Der Fuß dem Feinde zu, drängt der das Haupt. O Schmach, wenn Kinder Einer Mutter sich Befeinden! Schmach dem Mann, der ohne Scham Die Schande seiner eignen Mutter mehrt! Kommt, Söhne, eh' der Tod mein Aug' verlöscht, Daß ich euch segne. Wo ist Eleazar? Ist nicht nach ihm gesandt? Schon muß er kommen. Und Juda? – Sendet nicht nach ihm. Soll er Den Sterbenden verhöhnen? Herr – Das ist Der Arm von Erz, ist meines Juda Arm, Doch das ist meines Juda Herz nicht mehr. Herr – soll ich prahlen? – Jetzt? Herr, reg' dich nicht So auf. Erheitre dich! Wirkt Eleazar Doch für dein Volk! Für sich, nicht für sein Volk! Nur für sein Haus, nicht für des Herren Größe. Was kann des Herren Volke Gutes kommen, Solang's ein Knecht ist in des Fremden Hand? Mein Leben frißt der Tod mit meiner Hoffnung, Daß meine Augen noch den Retter sähn. Herr, laß sie brechen, denn dein Retter ist Noch fern. Wie wird mir? Sinkt in Ohnmacht. Seht nach Eleazar! Kommt er noch nicht? umschauend. Herrin, er kommt. So heißt Ihn eilen. winkt. Jojakim ist mit ihm. Wer Hat Jojakim gerufen? erst noch in der Szene. Lebt er noch? Er tritt auf. Daß er mich segne. tritt auf. Daß er dich verfluche! tritt Jojakim in den Weg. Willst du ihn töten? will immer Eleazar folgen. Besser ist's, er stirbt, Als daß du länger ihm die Wahrheit birgst. Du nahst ihm nicht! Hält ihn ab. beim Vater kniend. Schon kehrt sein Geist zu ihm. Sind das nicht meiner Söhne Häupter? Vater! Die Stimme meines Eleazars? Ja; ich seh' ihn. Noch einmal an des Hauses Fenster tritt Die Seele, eh' sie es für immer läßt. – Wie steht es unten? Gnade hat dein Knecht Gefunden vor dem Aug' Antiochus', Des Jüngern. Gnade? Um den Preis der Gnade Des Herrn. Ist das nicht Jojakim? Mich höre, Nicht diesen, Herr! Antiochus ist edel. Und seine Schwester ist ein hehres Weib. So wie der Grieche seine Here bildet, Doch süßer Reiz dämpft lieblich ihre Hoheit Sie steigt von ihrem Thron zu mir herab, Wie Selenä einst zu Endymion. Wer könnte sich erwehren, ihn zu lieben! Mußt du dein Süß in Bitter hüllen? Was Schmähst du mein Ohr und deinen Mund mit solch' Unheil'gen Lauten? – Weh! ich seh's, es wird Die Tochter Syriens sein schwaches Herz Zu ihren Göttern lenken! Weh' dir, Mann Des Todes, stirb, doch fluch' ihm erst. Er hat Geopfert vor dem Aug' des Syriers. – Geopfert? Doch nach unserm Brauch. Siehst du, Warum der Herr den Starken nicht erwählt? Er wollte nicht das Schwert. Das Kosen sollte Sein Bote sein. Er machte, daß das Herz Der Tochter Syriens nach deinem Sohn Sich sehnte, Freundschaft goß er in das Herz Antiochus für deinen Sohn, wie er In Jonathans für David goß. auflachend. Ha, Freundschaft? Ja, Freundschaft! Dir zum Trotze und den Deinen, Dem Neid, der jeden Atem mir belauert. – Und seines Vaters Tod erharrt er nur, Der noch die Hand hält über Menelaus, Damit er mich zum Hohenpriester setze; Und meine Brüder sollen Fürsten sein. Vom Dornbusch Feigen, und vom Heiden Freundschaft! Unseliger, der nur die Angel ist, Mit der der Heide fäht nach deinem Volk, Und die er fallen läßt, hat er den Fisch! Unsel'ger, der um Flitter, Kindertand Von Schmeichelei sein eigen Volk verrät! Weh' mir! Soll ich dem eignen Kinde fluchen? tritt dazwischen. Wenn du mußt thun, was dich der Fremde heißt, Der Neider, dem der Neid die Seele frißt, Sei blind; sieh nicht, wie Jesaias Wort: »Dann wird Ägypten und Assyrien Zum Herren flehn auf seinem heil'gen Berg« Durch Eleazar sich erfüllen soll; Fluch' ihm, der Jesaias Wort erfüllt, Dem eignen Kind! Was fluchst du nicht? Mußt du Nicht fluchen! Will's nicht Jojakim? Stellt sich vor Eleazar. Wohl! fluch ihm, doch Mir fluche mit! Aaron, Simei kommen voll Angst den Felsweg herauf. Der Syrier! Weh' uns! der Syrier! Er kommt! Es kommen Reisige, vom Zorn Des Syriers ausgesandt! Was überschreit Den Jammer Mattathias'? Häufst du, Herr, Noch mehr auf einen Sterbenden? Er zieht Herauf schon gen Modin! kommt aus seinem Hause. Wozu dies Schrei'n? Ein Haufen Jasoniten, Reisige Von der Partei des Menelaus, der Hinabzieht nach Jerusalem. Geht heim Und fleht in Demut, daß nichts Schlimm'res komme! ins Thal zeigend. Herr, sieh sie selbst! ebenso. Hier sind sie schon. Sie steigen Herauf – hinabsehend. Nikanor ist's und Gorgias – ebenso. Antiochus des Alten beide Hände. Ein Durchzug nach Ägypten ist's – Wer kommt Da atemlos? Und gärend wie der Schlauch, Der zu zerreißen droht sein Inhalt? kommt den Thalweg heraufgestürzt. Er Ist in Jerusalem – Wer? Er – der König – Der Syrier – der Alte – er hat den Tempel Erbrochen und entweiht! Er hat das Heiligste Besudelt mit dem Blut unreiner Tiere. zornig. Er hat – o gut! er hat dem Volke endlich Aus Herz gegriffen! Er hat den Schaubrottisch Geraubt – den Rauchaltar hat er genommen – Den siebenarm'gen Leuchter weggeführt, Und aus der Bundeslade hat er das Gesetz gerissen und hat es zerrissen, Mit seiner Hand zerriß er das Gesetz. Der Herr reckt seinen Arm; sein Volk thu' Buße! Gerissen hat er's aus der Bundeslade Und hat's zerrissen; mit den eignen Händen Zerriß er das Gesetz – für sich. Und unsre Ketten, Wenn dieses Volk noch zürnen kann. Nikanor, Gorgias mit syrischen Kriegern den Felsweg herauf. Es ist Volk zusammengelaufen. Eine Pause der Erwartung. Hier sorge, Nikanor, daß der Altar sich erhebt. Und ich verkünd'ge den Befehl indes. Dort seh' ich Steine haufenweis geschichtet. Macht euch ans Werk, ihr Krieger! Was soll das Uns werden? tritt in die Mitte, so oft er den Namen Antiochus nennt, neigen sich die Syrier, die Simeiten und welche im Volk. Unser Herr Antiochus, König von Syrien und Babylon, Armenien, Mesopotamien, Assyrien, Bithynien, Israel, Von Paphlagonien, der Herr von Pontos, Von Kappadokien und Pergamos Und von Galatia wie von Ägypten, König von Indien, Antiochus, Der unser aller Herr, thut euch zu wissen. »Nachdem es mir gefallen hat, daß alle, Die in dem Schatten lagern meines Stuhls, Hinfür zu meinen Göttern beten sollen, Also sollt ihr auch, Männer von Judäa Und Israel, in euern Städten, sollt Auf euern Bergen steinerne Altäre Errichten, meinen Göttern da zu opfern.« So spricht der König, unser Herr und eurer. Gehorcht ihm denn, ihr Männer dieser Stadt. Helft Steine tragen und den Altar schichten. Greift an! tritt vor. Herr, das sei fern von uns. Denn unser Gesetz verbeut uns, irgendwo 'nen Altar Zu haben, außer in dem Tempel zu Jerusalem; wie unser Gott, der Herr, Ein einz'ger ist, und keiner neben ihm, Und hier nicht wohnt und sonst auch nirgendwo Als nur im Tempel zu Jerusalem. Im Tempel zu Jerusalem wird Zeus Olympios wohnen; in dem Tempel, der Sich hier erheben wird, die herrschende Athenä. Hier ein Tempel? Hier ein Altar? Murrt ihr, Verstockte, wider euern Herrn? Meint ihr, der Herr der halben Welt entsendet Uns in dies Ländchen, um mit seinem Knecht Zu handeln? Er befiehlt. Der Herr gebeut, Der Sklav' gehorcht. Greift an! Herr Zebaoth, Laß uns so tief nicht sinken! Welcher hier Ist Mattathias? Hier der Sterbende. Herr, laß ihn ruhig sterben; sprich mit uns! Ihr seid die Söhne Mattathias'? Herr, Du sagst es. Und du heißest? Simon, Herr. Nun wohl denn, Simon, Mattathias' Haus Ist angesehn beim Volke dieser Stadt Vor allen; weise geh's denn allen vor Mit gutem Beispiel, sich und sie zu retten Vorm Zorn Antiochus'. Herr, schlimmer wäre Der Stadt des Herren Zorn als der des Königs. Du zeichnest selbst dich als des Königs Feind? Er wird dich finden. Euch, ihr übrigen, Geb' ich Bedenkzeit, bis das Werk vollendet. Auf der Rasenbank links vorn Mattathias, von Naemi und Benjamin gehalten, das Haupt zurückgesunken an des hinter ihm stehenden Joarim Brust; die Seinen um ihn gruppiert und zwischen ihm und dem Vorgang geteilt; ganz vorn Juda; dann Eleazar und Lea; rechts Simei, Amri, Boas und Verwandte beratend; in der Mitte hinter dem Altar, den die Krieger errichten, Gorgias und Nikanor; sowie der Altar fertig, stehn die Krieger im Halbkreis hinter ihnen. Das Volk, darunter rechts ganz vorn Aaron, hinter ihm Anhänger Simeis, auf der rechten Seite Issaschar, Usiel und andere Anhänger des Hauses Mattathias, umgiebt die drei Gruppen im Halbkreis. Halt' an dich, Herz! nicht unreif reiß' die Frucht Vom Baum der Rettung! Jonathan! Du, eil' Zu meinem Haufe bei den Terebinthen; Voll ist's von Waffen, bring' sie her; und du, Johannes, mit Posaunen ruf' das Volk Der Stadt hierher, und auf dem Wege sprich Mit tausend Feuerzungen zu dem Volk – Herr – bittend. Fort. Bedenke – Erst helft mir's vollbringen Dann widerratet – dann will ich bedenken. Jonathan, Johannes ab. zu Eleazar. Siehst du die Augen glühn? den Atem stocken? Die Fäuste, die sich unwillkürlich ballen? Die Hände, die nach Waffen in der Luft Schon suchend greifen, eh' der Kopf noch weiß, Wozu? Nur eines Wort's bedarf's, Das diesem Zorn, der nach dem Ausdruck ringt Und ihn nicht finden kann, die Zunge leiht, Den dumpfen Drang sich selbst verstehen lehrt – Und hingerissen sind sie wie im Sturm Über sich selbst aus dem gewohnten Dulden Zu einer That, die kein Besinnen un- Gethan mehr machen kann und schwanker Reu' Den Weg abschneidet, je zurückzukehren; Und was nicht Mut, das wird Verzweiflung enden. Der Herr hat selbst den Augenblick gesandt. Groß sollst du sein durch dich, nicht durch die Gunst Des Syriers; du sollst der Frommen Zweifel An dir beschämen, sollst – Doch denkst du auch, Israel ist der Saum nur am Gewand Des Syriers? ein Nichts vor seiner Macht? Dem Syrier gehorcht die Welt. Und nur Der Alte ist's, der uns bedräut. Und wird Er ewig leben? Ein Gewitter braust er Vorbei, und Heitre bringt sein milder Sohn. Schon wendet thränenschwer ihr mildes Antlitz Die Gnade. Einmal noch winkt ihre Hand. Weh' euch, weicht sie dem Zorn, eh' ihr gehorchtet! der sich lebhaft mit den Seinen beratet. Was thu' ich? Folg' dem Syrier, so bewahrst du Des Volkes Leben vor Verderben; so Hebst du dein Haus vor Mattathias' Haus. Demütig beug' dich vor des Herren Hand, In der der Syrier nur die Rute ist. Der Mensch will leben, wenn er sonst nichts will! Vollendet steht der Altar; hebt das Bild, Das segenbringende, der Göttin drauf! sich wegwendend, das Gesicht ins Gewand verhüllt. Viele thun desgleichen. Das Auge müsse nie das Heilige Mehr schaun im Tempel zu Jerusalem, Das diesen Greul gesehn! Herr, schlag' mein sterbend Aug' Mit Blindheit! Jammert keinen dieser Stadt Verderben, daß er opfre, sie zu retten? So hört, ihr Rasenden: Wer noch von nun Israels alten Gott verehrt, muß sterben! Wer unsers Königs Götter höhnt, muß sterben! Noch immer wählst du? kämpfend. Wozu willst du mich Hinreißen! Halt'! o halt' an dich, mein Herz! Wenn nicht von diesem Altar Opferduft, Von einem dieser Stadt entzündet, steigt, Eh' dieses Stundenglases Sand verrann, Soll von Antiochus und seiner Rache Die Stätte pred'gen bis zum End' der Zeiten, Das Stoppelfeld vom abgehaunen Trotz, Und fern im Schweiß vor des Ägypters Pflug Die Witwen euch der Knechtschaft Sonne sengen. für sich. Herr Zebaoth, laß keinen ihm gehorchen! O Waffen! Waffen! Eil' dich, Jonathan! sich Gorgias nähernd. Halt' ein! ihm in den Weg. Was willst du? Opfern will ich, retten! Verderben! – Und mein eigner Ohm! Herr, halt' ihn Zurück. Soll einer gehn, so sei's ein andrer! Geh aus dem Weg mir. Herr, ich fleh' dich, geh' nicht! Was will der Thor? Geh, Herr, wer darf dich hindern? Ich. – So wahr Gott lebt, leben soll der nicht, Der geht, um diese Bubenthat zu thun. Die Simeiten stehen unentschlossen. zu Eleazar. Siehst du sie zagen? Was ein Mann vermag! Und kannst es tragen, daß du keiner bist? kämpfend für sich. Ihm nach thun? – Eher trag' ich Vaterfluch, Eher vergäß' ich Volk und Gott! Er soll Der Erste wieder sein, und Eleazar – So wählt ihr eurer Stadt und eu'r Verderben – Du hört'st den Drohenden – Antiochus Vermag nicht, den Gehorsam zu beschützen? Umgebt ihn schirmend, Krieger, der dem Altar Gehorchend naht – Und haut den Rasenden, Der ihn zu schrecken wagt, in Stücken! zwischen Juda und Simei, indem die Krieger mit Doppelreihen eine Gasse zu dem Altar bilden. Herr, Geh' nicht. Sieh meine Angst! Geh' nicht, mein Ohm! O hör' Naemis Stimme! Wenn du gehst, Wer kann dann wissen, wo es endet? Hör' mich! Und hör' auch du mich, Herr! Sie sinkt Juda ohnmächtig in die Arme. Hör' sie! Hör' du sie! Dein eigner Ohm verwirft dich, armes Weib. Geh – Er wirft sie Simon zu. Herr, ich gehe schon – In dein Verderben! Ein Jude geht! So nimm mich zu dir, Herr! Laß deinen Diener Gnade finden, Herr; Wenn er will opfern – wie vollendet er's? Nie sah er einen deines Glaubens opfern. Knie' hinter dem Altar und heb' die Hände. AMRI, AARON, BOAS. Er kniet. Gesegnet, der das Volk errettet! sich krümmend. Thut Buße! Seine Hand ist ausgereckt! So sei sein Blut auf ihm! Ich kann nicht anders. Nun heb' die Augen zu der Göttin auf, Dann bete für dein Volk – hineilend, durch die Doppelreihe der Krieger brechend. Bete für dich, Abtrünniger! So eiferte Pinehas Für das Gesetz des Herrn – Er hat einem Krieger das Schwert aus der Scheide gerissen und ersticht Simei, der hinter den Altar fällt; dann zerstört er mit den Füßen den Altar. Ich sterbe. Einen Augenblick Stille der Überraschung. auf Juda zu, von dessen Blick auf halbem Wege festgebannt. Nieder mit Dem Mörder! der Juda einige Schritte nachgeeilt, kann jetzt erst sprechen. Was thust du? vor Überraschung einen Schritt zurückgetreten; die Krieger sind vor Juda auf die Seite gewichen. Was unterfängst du dich? Verwegener! hat die Statue heruntergeworfen, daß sie zerbrach; mit einem Fuß auf der Statue stehend, das Schwert in der Rechten über seinem Haupte schwingend. Posaunen in der Szene immer näher, in die folgenden Reden. Der Herr ist Gott allein, Der Herr, der war, der ist, der ewig sein wird, Israels Gott, er, der lebend'ge Gott, Der Gott, der nicht von Menschenhand gemacht, Der Mächt'ge, der auf Feuersäulen wandelt, Und alle Himmel beben, wenn er schilt, Er spricht: »Ich bin dein Gott, und sonst ist's keiner! Anbeten sollst du keinen Gott als mich.« – Was ich mich unterfange, fragst du, Heide? Ich setze meinen Fuß auf deinen Gott. Er liegt zertrümmert. Wo ist seine Macht? Kann er sich selbst nicht helfen, und soll's euch? O arme Beter! ärmrer Gott! Zu lang' Schon dulden wir des Buben Schmähn. Greift ihn! Reißt ihn in Stücken! Volk von Israel, Ich bin ein einzelner. Was bäumt denn diese Zurück unsichtbar? überfüllt ihr Auge Mit Schrecken, der die ehrnen Arme lähmt? Das ist der Gott Jehovah Zebaoth, Der mich umkreist mit seines Fittichs Schrecken. Er will's! der Herr will's! Wenn der Herr es will, Wer widerstrebt? Er will's! SIMON, ISSASCHAR, USIEL. Er will's! Er will's! anwachsend. Er will's! Der Herr will's! Ja, er will's! er will's! Auf, Krieger. Heran, ihre Götzenknechte, kommt! Ich bin ein Einzelner; was zagt ihr denn? Ich höhne eure Götter, – kommt heran! Ich diene noch dem alten Gotte Jakob, Dem Gotte, der sein Volk erretten wird. Er schüttelt meinen Arm, und bleicher Tod Fällt von ihm nieder wie die Frucht vom Baum, Und Jammer rauscht wie Hagel von ihm nieder! immer näher drängend. Er will's! Bringt Waffen! Es werden von hier an Waffen auf einen Haufen zusammengetragen, die das Volk aufrafft, sich zu bewaffnen. Waffen! Waffen! Waffen! Scheucht ein Verrückter euch den Mut davon? Greift ihn! Ha, Schande! Seid ihr Krieger? seid Ihr Buben? Muß ich selber euch beschämen? während die, welche schon Waffen aufgerafft, sich um Juda scharen. Ha, Waffen! Waffen! Steht zu ihm! Gott will's. Jonathan, Johannes, Priester mit Posaunen, Volk. Nikanor mit Gewalt zurückhaltend. Wirfst du umsonst dein Leben hin? Schmach! Schmach! Die Schmach zu tilgen, laß uns leben. Und Es kommt der Tag! Ihr geht? Ja, doch wir kehren Mit Hunderttausend. Gott allein ist Tausend Mal Tausend! Bebt dem Zorn Antiochus'! Er soll nur kommen, soll nur holen seinen Zerbrochnen Gott! Du spottest bald nicht mehr. Jetzt höhnst du, doch du bebst einst, wenn wir kehren. Vor Lust, ja, wie ein Baum im Regen bebt. Die Syrier in's Thal hinab, ab. Boas, Aaron, Amri tragen Simeis Leiche, Weh und Rache rufend, nach ihren Häusern zu. Bis zu Ende des Aktes Waffenbringen und Waffnen, wobei Frauen und Kinder helfen, Abschiednehmen, immer noch Zuströmen des Volkes und näher und ferner Posaunen und der Ruf: Er will's! in der Szene. von einigen aus dem Volke gefolgt, hinter den Syriern her. Laßt sie nicht fliehn! Ergreift sie! Tötet sie! will ihn halten. Unsinnige! Ruft sie zurück – Weh' dem, Der meine Boten an den König kränkt! Sie gehorchen ihm; er reißt seinen Mantel ab und in Stücken, die er den Nächststehenden zuwirft, die damit, nachdem sie nach seinem Gebote gethan, abgehen. Taucht diese Stücke in des Frevlers Blut, Tragt sie durchs Land, mit lauter Stimme rufend: »So that der Juda dem Abtrünnigen. Wer denkt wie er, der sammle sich zu ihm. In Judas Felsenwüste harrt der Aar, Bis ihm zum Flug die starken Schwingen wachsen.« Johannes bleibt euch, Frauen von Modin, Der Herr und dieser Felsenfeste Schutz. Nun, Männer, reißt das Liebste von dem Herzen, Denn wen der Herr erwählt, den will er ganz. Hört Mattathias, denn der Geist des Herrn Ist über ihm. mit Hilfe der Nächsten stehend. Juda, mein Sohn! mein Herz Dröhnt wie die Harfe unter Spielers Hand. Der Herr rührt mich mit seinem Jubel an, Daß ich erzittre wie das Blatt im Sturm, Und klinge, wie der Harfe Saiten klingen. Zeuch hin, mein Juda, Streiter Gottes, zeuch! Juda kniet vor ihm; der Alte legt seine Hände auf Judas Haupt. Er schickt den Sieg vor deinen Scharen her. Folgt ihm, ihr Söhne, den Sein Atem treibt, So wie ihr Juda folgt, folgt euch mein Segen, Doch wer von Juda läßt, der sei verflucht! Eleazar, der sich von der ihn zurückhaltenden Lea losgemacht und reden wollend sich ihm genähert, wankt einen Schritt zurück. Du hast mir deinen Retter noch gezeigt – Laß mich! Herr, stirb nicht, bis du mich gehört – Nun laß, Herr, deinen – Diener ziehn in – Er stirbt. knieend über ihn gebeugt. Frieden Mit dir, mein Vater! Fliehst du? Muß ich nicht? Treibt mich sein Fluch nicht fort und euer Eifer? Für sich. Den ich verdienen muß, da er mich traf. – Das Volk zu retten kehr' ich einst, das ihr Verderbt – aufstehend. Und ew'gen Haß dem Syrier, Und uns nicht Ruh', eh' uns der Sieg sie gönnt! Usiel reicht ihm eine Lanze und einen Helm. zu Lea. Es kommt der Tag, da ich dich fragen komme: »Ist Juda noch der Größere?« setzt den Helm auf. Nun tönt, Posaunen, in das Kriegsgeschrei: »Er will's!« sich rangierend. Er will's! Der Herr will's! hebt den Speer. Schwert des Herrn und Juda! Posaunen; die Gewaffneten, Juda, Simon, Jonathan, Usiel an der Spitze, ab; Eleazar reißt sich von Lea los und eilt den Felsweg hinab; indem die Zurückbleibenden Anstalt machen, Mattathias' Leiche aufzuheben, fällt der Vorhang. Ende des zweiten Akts. 3. Akt Dritter Akt. Ein Hügel am Schlachtfeld von Ammaus. Posaunen und Geschrei: »Sieg! Sieg mit Judas Schwert!« in der Szene. Es kommen Simon, Jonathan, Hauptleute, Krieger. Die Syrier fliehn! Beth Horon und Ammaus, Ihr kleinen Sterne, kaum beachtet sonst, Nach euch wird nun der Blick des Forschers sehn! Beth Horon hat Israel neu geboren; Ammaus hat es aufgesäugt mit Blut. Juda kommt mit Ämilius Barbus und Gefolge. Willkommen, wackrer Römer! Er bleibt an der Kulisse und spricht hinein. Heißt die Reiter Den Sieg verfolgen! Jenen größern Haufen Nehmt in die Mitt'; zerdrückt ihn zwischen Fluß Und Fels und eurer Wucht! Die kleinen hier Und dort zerstäubt. Vorkommend. Schnell, Simon, nach Modin; Jonathan nach Jerusalem mit diesem Oelblatt von Glück und Sieg und bald'ger Heimkehr! Nicht umsehn will ich auf dem Weg. Lebt wohl! Ab. Und ich – hilft gute Botschaft eilen, wie Sich schlimme hindernd an die Fersen hängt, So maß kein schnellrer Schritt je meinen Weg. Lebt wohl! Ab. Lebt wohl. Zu Ämilius. Verzeih die Unterbrechung. Mich sendet der Senat von Rom zu dir, Und glücklich fügten es die Götter so, Daß ich, vom eignen Aug' belehrt, daheim Versichern kann, daß deines Bildes Größe, Wie sie es sehn, nichts der Entfernung dankt. Doch laß mich Worte sparen – Römisch ist's; Ich weiß, so sparsam ist der Römer nicht Mit seinem Herzblut, als mit seinem Atem. Er achtet nur die That. Du sprichst es aus, Was Roms Senat bewog, mich dir zu senden. Denn seinem immer wachen Aug' entging Kein Zug vom Antlitz deines Heldenlaufes; Die Kühnheit nicht, die dein erschlafftes Volk In ihren Strom hineinriß, hinter ihm Abschneidend jeden Rückweg seiner Feigheit Zum altgewohnten Dulden, daß Verzweiflung Den Mut ersetzen mußte; nicht die Weisheit Und die Enthaltsamkeit, mit der, indem Du nie dein junges Glück auf einmal wagtest, Nie Größres wagtest als du durftest, bis du Das Größte wagen durftest, aus Verzweiflung Du Mut schufst; nicht das Zeugnis deiner Schlachten, Daß du die Feldherrnkunst verstandst, zu siegen Und – wie die Hand der ew'gen Götter auch Die Würfel lenkte – nie besiegt zu sein. Und nun von solchem Heldenlauf gewonnen, Beut dir die große Roma ihren Schutz. Sag' Rom, das dich gesendet, Judas Dank Für seine gute Meinung, wünscht er schon, Sie wäre besser noch, doch auch verdienter, Und nicht sein Lob so auf des Volkes Tadel Gebaut. Denn, wahrlich! dieses Volk hat mehr Gethan, als du von Juda rühmst; und nur Des Volkes Meinung sprech' ich aus, sag' ich: Der soll nicht stehen wollen, der es nicht Auf eignen Füßen kann. Und grad' heraus: Wir stehn ganz leidlich. Zwanzig Schlachten hat Dies Volk geschlagen, und mit diesem Sieg Den Weg geöffnet nach Jerusalem. Dem Syrier fehlt's an Menschen und an Geld. Vergolde, bitt' ich, was ich dir gesagt, Zu unscheinbar sonst ist's mit deiner Kunst. Und nun – Rom bietet seinen Schutz – Rom will Damit, ich weiß es, nicht ruhmredig sein; Ich nehm's als eine Form der Höflichkeit, Wie unter seinesgleichen man sie wechselt, Und, sie erwidernd, bietet denn durch mich Das große Israel Rom seinen Schutz. Ich sehe, daß die Näh' dich nicht verkleinert Wie manche Ruhmesgrößen. Lebe wohl! Ab mit Gefolge. Jojakim kommt. Leb' wohl! – Schon sinkt der Abend. – Gebt das Zeichen Zum Einhalt den Verfolgern! Ein Hauptmann; Posaunensignal. Laßt die Wachen Ablösen! Vorsicht sei des Glückes Siegel. Ein Hauptmann ab. Wie stattlich diese Römer. Selbstgefühl Wie zierst du selbst im Übermaß ein Volk! Im kleinsten Römer lebt das große Rom. Wird mir's gelingen, nur die Hälfte dir, Die Hälfte nur von Roms Zuviel zu geben, Mein Volk? Roms Schützling sein? – Im Stärkern wähle Mensch Und Volk den Herrn, doch nie den Freund, sonst wird Der Freund zum Herrn. Hat nur der Fuchs die Pfote Im Taubenschlag, bald ist er selber drin. Geh, stolzer Römer, lieber Feind als Freund. – Nun heißt die Krieger lagern, Schar für Schar! Den Vorrat öffnet, geizt nicht mit dem Wein; Laßt sie des Siegs sich freun! Herr, keinen Wein! Laß sie nicht jubeln, laß sie beten, Herr; Laß sie nicht trinken, laß sie fasten, Herr! Laß sie demütig sein und sich nicht rühmen; Denn niemand hat gesiegt als nur der Herr, Und überheben soll sich nicht das Werkzeug! Des Herren Sabbath kommt hereinzubrechen, Von dem der Herr zu Mosen redete: »Wer nicht an meinem Tage ruht, soll sterben.« Du schicktest deine Brüder, Herr, zu reisen, Botschaft zu bringen; sende nach, ruf' sie Zurück, zwing' sie nicht gegen das Gesetz! Wenn ich dir folgte, zwäng' ich nicht die Boten? Wär's neue Sünde nicht? Drum, heil'ger Eifer, Laß es genug sein an der einen Sünde, Und nicht – Geschrei in der Szene: »Flieht! Flieht! Nein! Steht und sterbt!« Was soll das Schrein? Was ist geschehn? Nathan kommt eilig. Herr, flieh, denn fürchterlicher naht der Feind, Als den du schlugst! Gen Abend starrt das Thal Von Spießen zahllos, und der Schilde Glanz Im Abendschein ist eines Meeres Glanz. Der Feind? – Der Wein ist deines Hirnes Feind. Geh, leg dich! Solchen Feind besiegt der Schlaf, Und unsre Wachen stehen weit ins Land. Die Wächter kehrten heim, vom Siege sicher Gemacht. Vom Siege nicht; nein, weil der Sabbat Beginnt hereinzubrechen. Herr, sie thaten Nach dem Gesetz, und alle Heil'gen lobten's Und sagten, daß sie heilig dran gethan – Denn niemand mehr soll herrschen als der Herr – Und ihrer ist die Mehrzahl deines Heeres. Tod über euch, ihr Rasenden, ist's wahr! Heilig gethan? Heilig? – Ich sag' euch: wahrlich! Ihr hättet heiliger gethan, ihr hättet Alles Gesetz des Moses übertreten Und meinem Wort gehorcht – Ha! welche Lästrung! Herr, Herr, verschließ' dein Ohr! Usiel tritt auf. ihm entgegen. Schnell, Usiel, Zurück und heiß' sie sich zum Rückzug ordnen. Zu spät, Herr, denn der Feind ist schon zu nah'. So heiß' im Rückzug sie sich ordnen, kämpfend Die Hintersten den Feind abtreiben, bis Die Nacht uns von ihm scheidet! Deine Meinung Sah ich voraus, doch fehlte der Gehorsam. Auf deines Vaters Bruderssohn beruft Das ganze Heer sich, denn der Sabbat nahe, Und keiner dürfe fechten. Keiner dürfe – Der Sabbat – sie berufen sich – auf wen? Auf Jojakim. Auf Jojakim? Auf diesen? Du hast verkehrt gehört. Juda befiehlt, Und – sie berufen sich? – geh, scherz' mit andern! War's Juda, der die zwanzig Schlachten schlug Und siegte? Nein! wie ließ das Volk dann Juda, Von einem Thoren von ihm fortgelockt, Der nichts vermag als eifern; nein; es ist Unmöglich. Geh! Juda befiehlt, hörst du? Der Juda, der sein Volk befreit, befiehlt Dem Volk, zu fechten. Geh! Kein Wort mehr, – eh' du Zurückkehrst! Schon' der Deinen Blut. Sieh hin, Dem Syrier bieten wehrlos sie die Brust, Doch deinen Joel schlagen sie zu Boden, Der sie will zwingen zu verfluchter That. So weit schon wär's? Was jahrelanges Mühn, Was der Gedanke eines ganzen Lebens Geschaffen, soll ein Hauch aus Thorenmund Zerwehen können? Sprich Vernunft zum Volk! Nur diesen Sieg noch, und es ist gerettet! Ist dies auch Juda? dies auch Jojakim? Wenn eure Mutter Größ' euch predigte, Stand Jojakim verachtet unter euch – Ist's das? – Hier nimm den Führerstab, mein Mund Soll durch den deinen reden, meine Hand Durch deine siegen; mein sei nur die Müh', Und dein der Ruhm des Sieges und der Rettung! Ist dies Gebot dir noch zu klein? Komm, laß Den Handel gelten, heil'ger Neid, dein Volk Nicht zu verderben! Mund voll Lästerung! Bin ich wie du? Herr, deinen Heiligen Will er bestechen, daß um faulen Ehrgeiz Dein Knecht dich lasse. Unglückseliger, Weit besser ist's, das ganze Volk verdirbt, Als daß von dem Gesetz ein Buchstab' nur Werd' übertreten! Weisheit, du wirst Unsinn Im Mund des Schwärmers, und die Thorheit furchtbar, Ansteckender und sonnverfinsternder, Als Pest und als Heuschreckenscharen sind! So untergehn? – so elend lächerlich, So – Volk, das nach der Schande jagt wie andre Völker nach Ehre! – So den Kelch am Mund, Verdursten; die Dattel schon am Gaum, verhungern; So – an der Spitze schon des Speers den Sieg – Und – untergehn – so, so – als tötete Der Tod allein nicht, hälf' nicht Schmach dazu? Nein! Nein! er soll nicht! hier mit diesen Händen Erwürg' ich dich, wenn du dein Volk nicht rettest! Alle Anwesenden scharen sich schützend um Jojakim, außer Usiel. Laßt ihn; er mag's vollenden. Auf die Lästrung Häuf' er den Mord am Heiligen. Laßt Jojakim, Ja, laßt ihn sterben für sein Volk! um Jojakim. Tod, wer Den Heil'gen Tod droht! Recht! recht! recht! Drückt noch Die Schlange, die euch sticht, fest an den Busen Und küßt des Löwen Zahn, der euch zerreißt! Elendes Volk, zum Werkzeug nur gemacht, Leih' dich dem eigenen Verderben dar, Straf' so dich selber! Volk, was warst du, eh' Dich Juda aufnahm aus dem Staub? Das wirst Du wieder werden, ärmer denn zuvor. Du hattest nichts – nichts – gar nichts – selbst der Mut In deiner Brust, der Witz in deinem Hirn War Judas Mut und Witz; ich, den du zwangst, Dich zu verachten, that der eignen Seele Gewalt um dich, und – so vergiltst du mir? Verflucht der Arm, der für dich schlug! verflucht Dies Herz, verflucht das Aug', das für euch wachte! Die Kröte wollt' ich zu 'nem Adler flügeln; Hin in den Sumpf, der deine Heimat ist, Werf ich dich wieder! Es kommen immer mehr Krieger. Hört ihr? hört ihr? hört ihr? Mein Hirn erschwindelt ob der Lästerung, Mein Blut schwillt gärend auf wie Most im Schlauch, Der Herr füllt wider Willen mich mit Eifer. Er prahlt mit dem, was nur geliehn ihm war! Wir alle nichts, der Herr nur hat gethan. Der Böse wie der Gute thut unwissend Und meinend, nur dem eignen Antrieb folg' er Des Herren That. Der Herr braucht auch den Bösen, So lang' er will, zu seiner Zwecke Werkzeug; Läßt seine That geschehn, bis er ihn hinwirft Und ihn verdirbt um seiner Absicht Bosheit. Das neue Syrierheer kommt von dem Herrn. Er selbst hat es erweckt, uns zu versuchen, Ob wir ihm folgen oder seinem Feind. Was willst du thun? Du fliehst? Du gibst es auf? Denn alles ist verloren. Geb' ich's auf, Dann ist's verloren – Fliehen? Sterben? Feig Sich selbst einreden, Tod für etwas sei Das Größte? Leben ist's! Was ist's, den Schaum Vom Kelch des Lebens schlürfen, wenn er braust? Hinsinken, um in Liedern aufzustehn, Eh' man des Bechers Grund gesehn? Nein, Tropfen Um Tropfen kosten; so die bittre Hefe Auskosten bis zum letzten! Undank tragen, Verdächtigung, zerstört zu sehn und wieder Zerstört und immer wieder, was man schuf, Zerstört, durch die zerstört, für die man schuf. Und dennoch nicht ermüden! Heuchler, sieh, Was du vermagst; schlag' deine Brust und roll' Dein glühend Aug', hier leuchtet Judas Schwert, Hier ruft die Stimme, die dem Sieg gebeut! Der Tod ist Sieg hier, und der Sieg ist Tod. Stirb, Volk, dem Gotte, der den Sabbath schuf! Gott schuf den Sabbath, da er ruhte, doch Er ruhte erst, da er sein Werk vollendet; So thu', sein Volk; erst Sieg und dann den Sabbath! Mir nach, sein Volk, zum Sieg! Ab. Usiel folgt ihm. Mir nach zum Tod! Ab. Die übrigen folgen Jojakim. Von der andern Seite kommen Antiochus, Eleazar, Nikanor, Gefolge. zu Nikanor. Du bringst uns schwere Nachricht, doch du bringst auch, Was uns sie leichter tragen machen kann. Ein Trost ist bei des Vaters Tod dies Heer, Das er in Persien warb vor seinem Tode, Und das in seinem Sinn gebraucht zu sehn, Ihm, der, ein Gott, nun auf uns niederschaut, Das schönste Sohnesopfer dünken muß. Mit in sein Grabmal schließ ich meine Milde, Und seinen Zorn nehm' ich in meine Brust. Nur solchen soll der Zweig der Milde blühn, Die so wie du, mein Ajax, freigewillt Aus ihres Volkes düsterm Wahnesmoder Herauf sich retteten ans heitre Licht Der Götter ihres Königs. Deiner Götter. Sie waren deine, und so mußten sie Auch deines Ajax Götter werden, Herr. kommt eilig. Herr, Nikomedes hat den Kampf begonnen, Wie du gebotst. wendet sich nach der Kulisse. Der Kampf – ist das ein Kampf? Was ist das? Ist's ein Wüstenbild, das hier Uns äfft? Doch hier ist keine Wüste. Wehrlos, Den Schild nicht brauchend, lassen sie sich schlachten. Noch mehr – unglaublich ist's – die einen knien Und singen Psalmen, andre werfen sich Selbst in der Unsern Schwert. Als wär's ein Glück, Sich schlachten lassen, und ein Liebesdienst, Sie schlachten, von den Unsern. Sie berauschen sich Im Trank des Tods. Nur einer, mächtig ragend Wie Ares, kämpft und ruft zum Kämpfen auf. Ist das nicht Juda, ist's der Kriegsgott selbst! Er spricht und wirft sich in den Kampf, der Meinung, Daß sie ihm folgen. Seht, die Unsern weichen Vor ihm allein. Nur tausend Judas, und Mit meinen Hunderttausend wär' ich nicht Des Siegs gewiß. Er sieht sich kämpfend um, Ob sie ihm folgen, eilt zurück und trifft sie Mit Reden, schärfer denn ein syrisch Schwert; Nun mit geschwungnem Speer stürzt er von neuem Ins blut'ge Bad – vergebens – wendet nun, Den Speer – so wie der Treiber auf das Vieh Läßt er die Schläge auf die Trägen regnen. Umsonst. Nun droht er mit dem Schwert. Er haut Den Nächsten nieder; doch der Nebenmann Erhebt sich nicht; er will den Tod, komm er Vom Juda oder von dem Feind. Dies Volk Bezwing' ich wohl, doch diesen Juda nicht. für sich. Verfolgt mich seine Größe überall? Besiegt selbst, siegt er! Wer erklärt dies Rätsel? Der Sabbattag, an dem kein Heiliger Was anders thut als ruhn, bricht eben an. Ist's so, benutzt die Thorheit! Gorgias, du Wirfst mit dem halben Heer dich auf den Feind Und schlägst die Thoren mit der eignen Thorheit. Wir mit der andern Hälfte ziehen weiter, Den Schreck der Überraschung vor uns her. Zu Nikanor. Du sendest Boten nach Jerusalem Im Namen ihres echten Hohenpriesters – Und daß er's wirklich sei, nimm ihr Gesetz Zu Hilfe und der Priester Stammregister. Nikanor ab. Uns nennt Tyrannen dieses Thorenvolk? Sein einziger Tyrann ist sein Gesetz; Brecht auf. Des nächsten Abends Rot sieht Ajax Als Hohenpriester. Gen Jerusalem! Alle ab. Verwandlung Szene wie im ersten und zweiten Akt. Frühester Morgen. Waffengeklirr und Geschrei Kämpfender in der Szene. Ein Volkshaufen wirr durcheinander rufend aus der Stadt nach vorn. Getöse wie von Waffen! Schrein vom Felsenpaß! Und mondenlang von Juda keine Nachricht! Gott Israels! es sind die Syrier! Wir sind verloren! tritt aus der Mündung des Felsenpasses. Nicht, weil Lea lebt. durcheinander. Wer ist's? 's ist Issaschar, der Sohn Medimnah! Der Ältste von Modin! Herr, sprich, was ist's? Ein Haufen Syrier, derselbe, der Vor Judas Annahn ins Gebirg' zurückwich, Ist eingedrungen in den Felsenpaß, Der hier heraufführt aus dem Terebinthenthal. Verrat hat diesen einz'gen Weg zur Feste Den Feind gelehrt, den nur die Bürger kennen, Doch Leas Wachsamkeit vereitelte Den Bubenstreich und die Natur des Passes, So eng und steil voll Steingeröll und Dornen, In dem ein tapfrer Mann ein ganzes Heer Abhalten kann – und seht! schon ist sie Siegerin. Lea mit Anhängern, den gefangenen Aaron in der Mitte, aus der Mündung des Felsenpasses. Jubelt ihr zu: ein langes Leben Lea! Der Mutter von Modin Tag' ohne Ende! Johannes mit Gefolge und dem gefangenen Boas aus der Stadt, von einem zweiten Volkshaufen begleitet, der sich hinter Lea gruppiert. JOSUA, ELIA, MISAEL, RUBEN. Der Mutter von Modin Tag ohne Ende! Fallt vor ihr nieder! Nicht so. Nur dem Herrn, Dem Schutzgott Israels gebührt der Preis Und Juda, dem Erwählten; dann den Treuen, Von deren Thun mein Aug' ich Zeuge sein hieß, Damit mein Mund vor Judas Ohr sie rühme, Vor Juda, der der That nichts schuldig bleibt. Ich seh' ihn, wie sich seine Heldenstirn In Wolken hüllt, vernimmt er, wie Verrat Modin bedroht, ein Bürger von Modin Dem blut'gen Feinde selbst den Weg gezeigt, Bis Sonnenschein die Nachricht ihm entlockt, Wie Treue den Verrat besiegt und den Verräter selbst gefangen nahm. Zeigt ihn Dem Volke! Es geschieht. JOSUA, ELIA, MISAEL. Aaron! Der Bruderssohn Von Simei! Weh' über Aaron! Herrin, noch mehr hat der Verrat gewagt. Rückkehrend von den Thoren, die, wie du Befohlen, ich mit treuer Hut besetzt, Ergriff ich diesen hier. Er sprach zum Volke, Es schreckend mit erlognem Dräu'n der Zukunft, Um sie von dir hinweg, dem Syrier zu- Zuängstigen. Wer ist er? Tod den beiden! Hier ist er. Boas? Weh'! Weh' über Boas! Weh' über Simeis ganzes Haus! Ergreift sie! Werft sie vom Felsen ihren Freunden zu! Eh' ist nicht Sicherheit fürs Volk Modins. Amri, von einem dritten größeren Volkshaufen begleitet, aus der Stadt. Streut Asche auf das Haupt! in großer Aufregung. Streut Asche! Asche! Der Syrier kommt! tritt vor. Volk von Modin – Bist du Die Retterin, so rette jetzt! drohend. Ja, rette! Volk von Modin, der Syrier dräut nicht mehr. Und du, Sohn Simei, dein Verrat mißlang. In unsrer Hand sind deines Plans Gesellen, Und abgeschlagen ist der Syrier. Der Syrier? Der Haufe – ha, was hilft's, Den Haufen? Schlag die Heere von Beth Horon, Die Heere von Ammaus tilg' uns aus! Die Heere von Beth Horon! von Ammaus! Der zwanzig Syrierheere hat vertilgt, Lebt er nicht mehr, auch diese zu vertilgen? Und halt' des Königs Wagen auf, wenn er Rückkehrt aus Persien von Elymais, Da, wo der Tempel steht aus purem Gold, Die Fenster von Demanten; jeder Zoll Prägt hundert Krieger. Alles Volk umher Schickt Sklavenhändler seinem Heere nach; Das Kind im Mutterleib' schon ist verkauft. Bist du die Retterin, so rett' uns nun; Bist du erwählt, so zeig's jetzt, thu' ein Wunder! Ja, rett' uns! Zeig's. Ein Wunder! Thu' ein Wunder! indem er, der bis dahin auf der andern Seite stand, nach rechts auf Leas Seite hinübergeht, um sich mit dem zweiten zum Schutze Leas zu vereinigen. Amri und der dritte Volkshaufe zieht sich aus der Mitte nach links. Der Herr mit Lea aus dem Stamme David! Schmach auf das Volk Modins, wenn's Bessres nicht Will heißen als der Stimme Tochter des Verräters! Lallst du seine Lästrung nach, Der dich will reißen in den eignen Abfall? Was hat denn Simei für dich gethan, Daß du die Seele seiner Hand vertraust? Wie des Tyrannen Knechte hier den Altar Erbauten, wie der Syrier dir griff Nach deinem Gott, war's Boas, der dir half? War's Amri, der den Altar schlug, daß klingend Das Bild des Greu'ls zerbrach? Nein, er beriet sich Und sprach: »Süß ist das Leben.« ERSTER, ZWEITER VOLKSHAUFE UND ISSASCHAR. Er beriet sich – Weh' über Simei! Herr, wer bin ich, Daß ich vor deinem Volke sprechen dürfte? Und doch nimmst du mir selber das Gewand Der Demut ab und setzest mir's aufs Haupt Wie einen Helm, den Zorn zu zürnen des Gerechten. Simei, mein Bruder, kam Zu gehn zu opfern – ging er sonst um was, Als – um des Volkes Leben? War Antiochus Der Ältre ewig? Hatten wir nicht Ruh', Bis daß sein Sohn den Scepter nahm und uns Zurückgab unsern Gott und sein Gesetz? Ist das nun besser, was dein Juda that, Daß er begann, was er nicht enden kann, Daß er die Söhn' uns nimmt und wirft sie hin, Dem nimmersatten Syrierschwert zum Opfer? Daß er die Söhn' uns nimmt? Weh' über Juda! Hosianna Mattathias' Sohn! Hosianna! O freilich hatten wir nicht Ruh', wenn Juda Des Manns der Demut Bruder opfern ließ? Ja, eben so, wie du demütig bist, So, wie dein Zorn gerecht, so wahr ging jeder Zu opfern, um sein Volk zu retten. Heuchler, Den keine Scham mehr bändigt, rettet' er Das Volk, wenn er es lockte von dem Herrn? Nein; er verdarb's mit ewigem Verderben, Wenn Juda nicht, den sich der Herr berief, Das eigne Leben hinwarf in die Wage! ERSTER, ZWEITER VOLKSHAUFE UND ISSASCHAR. Weh' Simei und seinem ganzen Haus! Dritter Volkshaufe steht ungewiß. Den sich der Herr berief! Hat das der Herr, Wer dann will Juda schmähn? Und hat er's nicht? Sagt's Judas Mutter nicht: »Er hat's gethan?« Sitzt nicht ihr Hochmut mit im Götterrat? Wer weiß es anders? Hat nicht alles Volk Gehört, wie Gott den Juda rief? Ist's nicht so? Ihr sagt: »Wir haben nichts gehört; es redet Der Herr von Angesicht nicht mehr mit Menschen, Nur durch die Schrift und Bücher des Gesetzes?« Nun gut: so steht's geschrieben irgendwo? Es steht geschrieben: »Retten will der Herr Sein Volk zu seiner Zeit: er will's, der Herr Will's retten«; sonst steht in den Schriften nichts. Es steht nicht drin: Der Juda soll es retten, Noch irgend wer, denn nur der Herr. Und wenn Er's will, braucht er den Juda? braucht er sonst wen? Ist er nicht stark genug, es selbst zu retten? Ist's Lästrung nicht, zu sagen, daß der Herr Den Juda dazu braucht, noch irgend wen? immer drohender. 's ist Lästerung! 's ist Lästerung! Nun wenn Der Herr den Juda nicht bewegt, was sonst? Hat er aus Lieb' zum Volk ihm vorgegriffen? Denn vorgegriffen hat er ihm, wenn nicht Der Herr ihn hat gerufen – immer drohender Lea auf den Leib rückend, indem von dem ersten und zweiten Volkshaufen immer mehr von ihr zurücktreten. Issaschar, Josua, Elia, Misael, Ruben verweilen am längsten bei Lea. Ja; er hat Ihm vorgegriffen! hat ihm vorgegriffen! Er hat ihm – lachend. Lieb' zu seinem Volk? Er hat's Gehaßt, er hat's verspottet, hat's verachtet. Wagt man – Er hat's verspottet! hat's verachtet! Sein Leben für den Feind? immer aufgeregter. Er hat's! er hat's! Gott selbst gab Israel in Feindes Hand, Wo's bleiben soll, bis er es selbst errettet. Mit Skorpionen wird er's züchtigen, Ausschütten all sein Mark! Weh', weh' dem Samen Von Jakob, weh' dem Volk von Israel, Kehrt's nicht freiwillig unter seine Hand! Weh' Jakob! weh' dem Volk von Israel, Kehrt's nicht freiwillig unter seine Hand! steht verlassen. Weh' Jakob! weh' dem Volk von Israel, Folgt es dem Rate der Abtrünnigen! Verblendet Volk, hör' meine Stimme – Fort! Der Syrier steht am Passe; laßt ihn ein! Ja! fort zum Syrier und laßt ihn ein! hat ihnen den Paß abgewonnen. Joarim und Benjamin an den Händen. Zurück! Nie! Nimmermehr! Und sollt ich selbst Der Pforte Riegel sein, dahingestreckt Zur Erde diesen Leib, der Israels Erretter trug! Zwei Kinder und ein Weib Zertretet erst! Noch haltet. Woran wird Der Syrier in uns den Freund erkennen, Daß er uns nicht mit seinen Feinden töte? Ja, sprich, woran? In der Szene immer näher kommend Musik von Zimbeln, Flöten, Pauken. reißt die Kinder an sich. Ha! ich versteh' sein Aug'. Wachst fest an meiner Brust! Eh' reiß der Tiger In Stücke uns, eh' er uns lebend trennt! Bring' ihm des Juda Brüder, daß er sich An ihnen räche! Über ihrem Haupt Mach' unsern Bund, Herr, mit dem Syrier. indem Amri die Kinder ihr nehmen will. O nun ein Wunder! Herr, ein Zeichen, bist du Mit Leas Sohn! Ein Zeichen, Herr! sonst war Ein Traum nur dein Gesicht! Gib sie gutwillig! Aus der Stadt kommen rosenbekränzte Jungfrauen, auf Flöten, Zimbeln, Pauken musizierend, hinter ihnen rosenbekränzte Kinder, Frauen, Greise im feierlichen Zug; zuletzt Simon. Große Bewegung unter dem Volke. Was kommt dort? Festlicher Gesang. Was soll Die Thorheit? Will das Volk den Retter preisen? Sie sind nicht aus Modin. O wär' es Juda! aufschreiend. Es war kein Traum! Ha, Sieg! Sieg! Sieg! Verflucht! Simon! Wir bringen Sieg. Mit deinem Juda Der Gott der Zebaoth! Brust, Brust, bleib' ganz! Der Juda Sieger? Thoren! Bei Beth Horon Dort steht der Herr, die Wag' in seiner Hand, Und wägt sein Volk, und in der Syrier Schale Wirft er noch seines Zorns Gewicht. Der Herr Wird richten! Wird? Schon hat der Herr gerichtet. Der Syrier Hunderttausend wogen leicht; Der Herr warf sein Gewicht in Judas Schale. Der Juda rief den Herrn, da wandelte Ein Rauschen in den Palmen über ihm Und wirbelte den Sand empor und warf ihn Den Syriern in die Augen, daß sie blind Des Juda Schwert nur fühlten und nicht sahn. Der Herr geht vor dem Juda her, hört ihr? Der Herr gehorcht, wenn ihn der Juda ruft! wieder um Lea. Er ist! er ist! der Herr ist mit dem Juda! Unselige, was rast ihr da? Ein Kind War bei Beth Horon Syriens Herr; so wie Ein reis'ger Mann gegen ein Kind, so ist Das Heer, das bei Ammaus steht, gegen Das von Beth Horon. Nicht die Waffen braucht's. Wenn sie vom Jordan trinken, wird er leer; Sie atmen, und die Luft ist weggeatmet Über Israel; all sein Vieh verschlingt Ein Mahl; vor ihrem Auftritt bebt die Erde; Der Wind von ihrem Schrei wirft Juda schon. Der Herr läßt sich mit Glück den Frevler mästen, Eh' er ihn schlachtet zu der Rache Mahl. Und er wird richten! Bei Ammaus wird Er richten. Dort gerichtet hat er schon, Dort bei Ammaus hat der Herr gerichtet! Wer zeigt die Stoppeln noch von ihrer Saat? Weh', Weh' und Tod dem Hause Simei! Der Herr setzt Juda auf des Herren Stuhl Und läßt ihn richten über Syrien. Juda ist mehr, als Menschen sind; er ist Aus Erde nicht geschaffen! Einen Fluch, Der mich erleichtert! Noch nicht. Kehren laß Antiochus von Elymais erst. Er ist gekehrt – Und wird euch schrecklich richten! Niemand mehr richtet, den der Herr gerichtet; Denn unterwegs schlug ihn des Herren Hand, Warf tot ihn von dem Wagen auf das Feld; Ein Denkmal: Seht; so straft der Herr Tyrannen! G'nügt dir dies Wunder, wunderhungrig Volk? Tod über Boas; über Amri; Tod Über Simeis ganzes Haus! Er sterbe! Reißt sie aus ihren Häusern! Steinigt sie! indem sie die Simeiten ergreifen. Ja, steinigt sie! Hier mit des Altars Steinen, Auf denen Simei gesündigt hat. Laßt keinen fliehn! flehend den Saum von Leas Mantel fassend. Herrin! Was geht die Tochter Boas' mich an? Fort! Boas' Tochter? Hin Mit ihr zum Tod, mit Boas' ganzem Haus! Herrin, rett' Judas Weib! Aus Königstöchtern Wählt Juda sich sein Weib. Willst du den Zorn Des Herrn verew'gen? Wer, wenn zu Gericht Er geht mit seinen Feinden, hindert ihn? Nun auf, ihr Fraun von Israel, zum Reihn, Zum Siegesreihn mit Zimbeln und mit Pauken! Sie nimmt einer von den Frauen die Zimbeln, setzt sich an die Spitze des Zuges und führt ihn zimbelschlagend linksum über die Bühne. indem sie fortgerissen wird. Ich bin des Juda Weib! Um Judas willen! Die Menschen hören nichts; hör' du mich, Herr! hat die Simeiten auf die Knie' gerissen, hält die Hände über sie. Nieder! Ihr Blut über ihr Haupt! Sie haben Den Herrn gelästert! Sie laufen zurück, um Steine zu holen. knieend. Halt! ebenso. Ein Bote! Hört Den Boten erst! kommt aus dem Thore. Weh' Israel! – Ha, Rettung! den Zug aufhaltend. Ein Bote? Ihm entgegen. Welchen neuen Sieg kommst du Zu melden? Keine Taube mit dem Ölblatt! Ein Hiobsbote! Weh' dir, Israel! Antiochus zieht auf Jerusalem! nimmt eine Spange von ihrem Gewand. Da, nimm das Kleinod hier für deinen Scherz Und gieb uns seinen Kern! Welch neuer Sieg Lieh deinen Atem? Ist's ein Scherz, so ist's Ein blut'ger, den nur Wahnsinn kann belachen. Antiochus – Wenn du nicht scherzest, lügst du, Doch viel zu ungeschickt, um uns zu täuschen, Sagst du, die Toten ziehen in das Feld! Der Junge ist's, der Alte nicht; er zieht – Noch besser! Thor, du weißt nicht, daß der Junge Israels Freund ist? Nun, so kommt er denn, Bekehrt von Eleazar zu den Unsern, Um Juda zu begrüßen. Feindlich kommt er, Sein Liebling Ajax, ein Abtrünniger Aus Israel, ist seines Zuges Seele. Er hat den König uns zum Feind gemacht. Schon zieht er auf Jerusalem. Er komme! Dort bei Ammaus steht der starke Juda; Er mag nur kommen; er wird wieder gehn! Dort bei Ammaus steht kein Juda mehr – Unaufgehalten zieht Antiochus Mit seinem Volke nach Jerusalem; Dort herrscht der Hunger und die Pest! es kann Sich keinen Tag lang halten gegen ihn. aus der Stadt. Heil Israel! zu Nathan. Hörst du? Du bist gerettet! Nun scherze weiter. Juda – Hat gesiegt – Den Frevler schlug der Herr – Den Syrier. Den Juda. Gott verwarf ihn! Hörst du's nun? Sie rasen – Den Verruchten, der das Volk Am Tag des heil'gen Sabbaths kämpfen hieß. Doch Jojakim schuf, daß sie wehrlos starben. Wahnsinniger! Er hat das Volk verderbt Und rühmt sich noch der That. Zum Tod mit ihm! Niemand gehorcht; das Volk verläßt einer um den andern Lea. Du hast's verderbt. Verfluchter noch als Kain, Hat dieses Weib sein ganzes Volk erschlagen! Was steht ihr bleich? Verloren ist noch nichts, Hinausgerückt nur ist das Ziel, damit sich Des Herren Wort erfülle. Noch ist nichts Verloren, noch lebt Eleazar! Ajax – Verflucht er und sein ganzes Haus! In Martern Müss' ihn die Mutter sterben sehn! – Halt ein – Fluche nur zu! Nenn' mir ihn nicht. Noch lebt Ein Richter ihm, und nun ist seine Zeit, Der Tag, an dem er fragt: Ist Juda größer? Ihn und nicht Juda krönte das Gesicht. Nun wird er auferstehen, wie die Sonne wird Er auferstehen, wie die Sonne wird er wandeln In seiner Thaten Glanz. Juda war nur, Der vor ihm herging, nur ein Stern der Nacht, Doch Eleazar wird die Sonne sein! Er wird ihn fassen, den Abtrünnigen! auflachend. Den Ajax Eleazar? Ihn und dich. Weh' mir und dir, daß so des Vaters Wort Zur Wahrheit wird! Was willst du, Thor? Welch Wort? Du selber müßtest einst dem Liebling fluchen. Du rasest – Ajax ist dein Eleazar. Alles weicht entsetzt einen Schritt zurück. Bei meiner Brüder Leben! selber sah Ich ihn in Jericho, da ich verkleidet Als Späher dort verweilt. steht ganz verlassen. Weh'! – Wer ruft Weh' Hier, wo die Sieger jubeln? Steht ihr bleich? Ist's Sitte, bleich sein, wenn ein Rabe krächzt? Auf, Töchter Israels, zum Siegesreih'n! Sie thut einige Schritte; der Zug bleibt vor Entsetzen stehen; sie selbst, wie sie sich auf den Gesichtern orientiert, wie erstarrend. Weh' mir, und weh' dem Tag, an dem ich ward! Sie zerreißt ihr Gewand. Er sollte König sein; nun ist er's. Schreckt Dich deines Hochmutstraums Erfüllung nun? So wär' des Herren Wort? – zweideutig Heil Vorspiegelnd, doch Verderben – Nein, er hält Sein Wort; ob uns zum Lohn, ob uns zur Strafe, Gibt er in unsre eigne Hand. lachend gen Himmel. Ich hab' Noch Kinder! reißt ihr Joarim von den Händen und führt ihn nach links, wo er gleich festgehalten und abgeführt wird. Nun nicht mehr. stürzt auf ihn zu, als Amri auch Benjamin nehmen will. Verruchter, fort Die Hand – Auch du kommst mit. Ergreift ihn, Männer Sie thun's. Und jenen! Johannes, auf den er zeigt, wird gepackt. Nun reißt er selbst auch Benjamin von ihrer Seite und eilt mit ihm ab. will nach, die noch zurückgebliebenen Männer halten sie zurück. Meine Kinder! im Abeilen. Hol' sie dir Beim König! Mit seiner Partei und den Gefangenen ab. Meine Kinder! Will nach; indem sie erschöpft zu Boden sinkt und die Jungfrauen sich um sie bemühen. Meine Kinder! Vorhang fällt. Ende des dritten Akts. 4. Akt Vierter Akt. Auf dem Wege von Modin nach Jerusalem. Mehrere Felswege kreuzen sich unter Sykomoren und Granaten. Schroffe Felswände zu beiden Seiten. Vorn rechts eine große Sykomore; links ein Granatenbusch. Hinten Jerusalem. Es dämmert. Aaron und Gefolge mit dem gefangenen Johannes. Hier haltet einen Augenblick, bis Amri Uns mit den Kleinen eingeholt. Amri und Gefolge, in dessen Mitte Joarim und Benjamin. Wo ist Mein Oheim? Herr, voraus. Hier laßt uns rasten! zu Joarim. Dort kommt die Mutter. Wer ist's, der sie führt? Sie wankt' und fiel und rafft' sich wieder auf Und fiel von neuem – Welch ein Anblick! Da Erbarmte sich ein ährenlesend Mädchen Und lief herzu und hob sie auf. O seht! Zerrissen das Gewand; wie ein Gewölk' Vom Wind gepeitscht das Haar um ihre Schläfe, Vom öftern Stürzen auf den Felsenkanten Das Antlitz blutig und voll Staub! Ach, Mutter! Du arme Mutter! erst noch in der Szene. Weile, blut'ger Amri! Still, Brut, wenn sie am Leben bleiben soll. Bei Simei! der Schwur ist heilig. Fort! Er winkt; Amris und ein Teil von Aarons Gefolge mit den Kindern ab. So ächzt der Kiebitz hinter seiner Brut. Erst macht es Spaß mir, doch nun Langeweile. Schnell fort, daß sie zurückbleibt! Bleibt stehen und packt Aaron. Daß der Herr Dich treffe, Knecht! wo hast den Simon du, Den Ältesten? Du bist nicht wütender Als ich, und ich nicht schuldiger als du. Nicht schuldiger, tilg' ich mit diesem Messer Die Schulden dir! Erst höre, wie's geschah Dort, wo der steilste Fels aus schmalstem Weg Uns Mann nach Mann zu gehen zwang, dort sprang er Wo die Gazelle nicht zu springen wagt – Und keiner hielt ihn? Doch. Assarja, Der Nächste hinter ihm; ihn riß er mit Und – lebt er? ist er tot? Ich weiß es nicht. tritt auf, von einem Mädchen geführt. Häuf' nicht des Rächers Grimm! gib mir die Kinder, Daß er dich schone! Machst auch du den Kopf Mir warm? Wo seid ihr? Hörst du? Bleib' zurück! Johannes! Benjamin! Hört ihr? Ich will Mir Ruhe schaffen. Bindet mir das Weib Dort an die Sykomore! Binden? Mich, Die schon die Schwäche bindet? Schnell! Hierher! Sie wird ergriffen; das Mädchen flieht. Thu's nicht! Thu's nicht! Der Herr wird es nicht dulden, Daß du es thust. – Läßt du die Luft doch mitgehn; Sieh, die Gedanken könntst du mir nicht binden, Daß sie nicht folgten deinem Schritt, und sieh, So still wie ein Gedanke will ich sein. Nicht einmal bitten will ich mehr! zeigt an die vordere Seite des Stammes der Sykomore. Hierher. Vorwärts! Zu einem. Nicht weinen sollst du, binden, Schurke! während sie hingeschleppt und gebunden wird. Unmenschen, ein ohnmächtig Weib zu binden! Nein, nicht Unmenschen! denn ihr könnt's ja nicht. Seht, hier sind meine Hände; wie ein Kind Laß ich mich binden; denn ihr könnt's ja nicht. Und hättet ihr's gethan, ihr fluchtet euch Vor Mitleid selbst und schnittet wieder auf – Lernt Hochmut selber betteln? Sieh, wie ruhig Dein Schmähn ich trage. Schwäche ist geduldig. Mann, weine nicht, wenn du um mich weinst, was Soll ich dann um die Kinder thun? Wenn du Nur seufzest, müßt ich untergehn in Thränen. Uns siedst du nicht in Thränen weich; versuch's Nun mit dem Strang! Vielleicht reißt er aus Mitleid. Amri, Aaron und Gefolge gehen. Naemi tritt mit dem Mädchen auf, das auf Lea zeigt. Ich weiß, ihr könnt nicht gehn, nicht so mich lassen – So ist's! ich danke dir. Mädchen geht. O, welch ein Anblick! Weh' mir! was ist's so still? Sie sind gegangen, Und ich – was folg' ich nicht? Elendes Seil, Willst du die Mutter von den Kindern trennen? Sieh, was die Mutterliebe kann; so reiß' Ich dich in Stücken! Vergebliche Anstrengung; es wird Nacht. Weh' mir! So allein Im wilden Felsenthal muß ich verschmachten, Und meine Kinder sterben fern von mir! Ich knüpf' sie los. O Hände, zittert nicht! Wer spricht hier? Wem gehört die Helferhand? Wer knüpft mich los? Auf meinen Händen fühl' Ich Thränen; weiche Locken fallen drauf. O, das sind Haare, so wie Joarims, Ein Veilchenatem, so wie Benjamins. O, wer du bist, wenn du kein Engel bist, Laß deine Mutter nicht! laß dich nicht stehlen! Sieh, auf den Knien, wär' ich frei, läg' ich Vor dir: o Kind, gehorch ihr, ist sie doch Die Brust nur, und du bist das Herz darin, Doch redet sie von Größe, hör' sie nicht! Ist ihr der Thron zu niedrig, Größe selbst Nicht groß genug für dich, hör's nicht; jed' Wort Zuckt tausend Schwerter einst auf dich und sie. Und rief der Herr dich selbst, o hör' es nicht! Wir müssen thun nach unserm Wort; er thut, Was ihm gefällt; wer rechtet mit dem Herrn? Er zieht den Vorhang seiner Wolken zu, So wie die Mächtigen der Welt es thun; Stürm' deine Klage hin, du Leidender; Schrei' auf um Unrecht, das sie dir gethan; Sie lächeln ihrer Macht und hören's nicht! Ein Arm ist frei. O Kinder! meine Kinder! Ihr solltet Helden, solltet Kön'ge sein; – O wärt ihr Bettler, doch ich hätt' euch hier, Wär't ihr verachtet, doch in meinen Armen, Wär't ihr verabscheut, doch an meiner Brust! Sie ist losgebunden. Herr, was strafst du die Kinder? Strafe mich! Such' meine Schuld, Herr, an mir selber heim! Was schläft dein Donner? Herr, ruf' deinem Blitz! Laß deine Winde rasen, dein Geschoß, Den Hagel wirf nach mir; sieh, selber bahn' Ich deinen Fluten einen Weg zu mir! Sie reißt ihr Obergewand ab. Fort, Spangen! Fluch, was glänzt und was verlockt! Verflucht sei Größe, außen strahlenblendend, Innen voll Dornen! Ruhm, verflucht seist du, Ein Treiber ohn' Erbarmen! Winde, peitscht Sie reißt die Haare los. Mit meinen eignen Haaren mich! – O still: Ein Hamster schleicht zu seinem Nest; er hat Die Backen vollgefüllt für seine Kinder. Der Vogel auf dem Zweig schrickt aus dem Schlaf, Ein Habicht hat die Kinder ihm geraubt, So träumt er, und er rafft sich auf, der Schwache, Vom Starken sie zu retten. Seht mich, Mütter In Feld und Wald, am Himmel und auf Erden, Hier, eine Mutter, unnatürlich, wie Sonst keine! Sieben Söhne, wie sie nie Ein Mutterauge schöner sah, hat sie Sie selbst verderbt! Helft mir der Tig'rin fluchen! O, keine Tig'rin hätte das gethan! – Der am einsamen Bett der Hindin steht, – Ihr aushilft in der Stunde der Geburt, Wenn ihre Seele zagt, Herr, sich verblutend Ein Mutterherz aus sieben Todeswunden, Das ganze Weib ein brechend Mutterherz, Und sprich: Es ist genug! Sie sinkt zusammen. sie haltend. Herrin, du sinkst, Erquicke dich an diesem Quell. matt. Wer spricht? Die Ährenleserin, die heut mich aufhob Und führte? Geh' und sei gesegnet; ist's Auch nur der Segen eines armen Weibes. Geh' heim; ich bleibe hier; ich will hier sterben. Von ihrem Schmerz erfüllt, kennt sie mich nicht. Trink', Herrin! Deine Stimme thut mir weh. Geh, Mädchen! Mädchen? Nein, du bist kein Mensch! Die Mutter trinken, wenn die Kinder schmachten? Um deiner Kinder willen stärke dich, Daß du sie rettest! wie erschreckt. Rettest? Was sagst du? Sie rettest? Ist der König doch ein Mensch; Er wird die Kinder deinem Fleh'n nicht weigern. Er wird – bist du ein Engel? wird er? ja! Er wird! Kenntest du meinen Benjamin; Sähst du ihn lächeln, o, du müßtest sagen: Er kann den Kindern nichts zuleide thun! Fort! Weh' mir! Nun ich retten könnte, bin ich Gelähmt. Hier trinke, daß dein Geist zurückkehrt Zu dir. Ich führe dich und, wirst du matter, So trag' ich dich – Gib! Gib den Trank. Vergebt Mir, Kinder, daß ich trinke! Sie trinkt. Trink' ich doch Nur, euch zu retten. – Sieh, nun bin ich stark. Doch wohin führt der Weg zum Syrier nun? Schon such' ich ihn. Hörst du die fernen Klänge? Ein Bußpsalm – dorther kommt er, wo das Licht Der Nacht den milden Silberduft sich selbst Voranschickt und den breiten, dunkeln Hügel Abzeichnet, hinter dem's heraufkommt. Dort Der Hügel muß der Ölberg sein, dort liegt Jerusalem – Die Stimme! Das ist nicht Die Ährenleserin – Und dort im Thal Seh' ich des Königs Zelte schimmern. Komm Den Weg hier; schon wird's hell. Der Mond geht über Jerusalem auf. Du bist Naemi! Was willst du dort? Die Kinder retten. Du? Fort! sei barmherzig! – Du, die ich gehaßt? Die ich verfolgt? Du mußtest mich verfolgen, Damit du endlich meine Treue säh'st. Dem Glücke folg'; ich hab' nichts mehr zu geben. Zu deinem Vater geh', zu seinen Göttern! Ich geh' mit dir, wohin dein Fuß dich führt. Dein Gott ist mein Gott; wo du stirbst, da sterb' Ich auch; da will ich auch begraben sein. Kehr' dich nicht weg. So wahr der Herr lebt, nur Der Tod soll mich von Judas Mutter scheiden. Lea sinkt vor ihr auf die Knie. Was thust du, Herrin? Laß mich! Du bist besser Als ich. Vergib mir, und dann segne mich, Damit ich gehe! Ohne mich? Wohin Ging ich von nun, daß du nicht mit mir gingest Als meiner Seele bessrer Teil? O sieh, Schon hab' ich meiner armen Kinder Erbe An dich gegeben, meine letzten Thränen. – Soll dich, das schöne, junge Weib, das Aug' Der rohen Krieger sehn? Nein, bleibe hier Und warte mein; bald kehr' ich mit den Kindern. Gehorsam deinem Worte bleibt Naemi, Und es geleiten dich des Herren Engel! Sie führt sie ab. Von der andern Seite kommen Juda, Usiel und einige Krieger. zu den Kriegern im Auftreten. Schnell fort und ruft's durchs ganze Israel; Ich schleiche nach Jerusalem mich durch. Dort herrscht der Hunger und die Pest; doch hat Die Herzen nur die Not noch nicht gelähmt, Und kann ich's halten, bis ihr Hilfe bringt, Dann, Syrier, sitz' fest auf deinem Thron, Sonst schüttelt Juda dich wie reifes Obst! Die Krieger gehen; Naemi kommt zurück. Hier im Granatenbusch will ich mich setzen, Doch schlafen nicht; sonst säh' ich sie nicht kehren. einige Schritt nach hinten. Wie Sicherheit hier mit bequemem Flügel Dies Lager brütet. Kein Verhau! Kein Graben! Ist Juda tot? Ist er ein Thor geworden, Daß man ihn höhnen darf? Geduld, bis dir Die ausgefallnen Schwingen wieder wachsen; Dann zahl' die neue Schuld ihm mit der alten. Nun nach Jerusalem! aufschreckend. Es nahen Männer! Die Stimme – ja, er ist's! Sprachlos zu seinen Füßen. Was will dies Weib? Mein Herr! überrascht, er hebt sie auf. Röslein von Saron! Lilie Im Garten Salomo! weinend. Voll Staub und Blut – Nichts; nur mein Bett hat abgefärbt. Du schliefst Auf Stein, mein armer Herr? und ohne Polster? Wie mancher schlief die Nacht gar ohne Kopf. lachend. Daß ich dich wieder habe, lieber Herr! sie an sich drückend. Blüh' auf, mein Röschen, blüh'; hier ist dein Boden. So schlug die Nachtigall, wie du zuerst Hierher mich pflanztest, und so wob der Mond Um sie und den Granatbusch all sein Gold. Und doch, mein Röschen, deine Nachtigall Um einen Mund voll Brot, all deinen Mondschein Um einen Becher Wein, und wär' er sauer! Du Armer hungerst, und ich habe nichts! Hör', Usiel, ein Rätsel. Sprich, was ist's? Der Männer hunderttausend sprengen's nicht. Doch füllt ein einzig flüsternd Weib es aus. – Doch wie kommst du hierher? Was macht meine Mutter? Was meine Brüder? Deine Brüder sind – Beim Syrier. Mehr als ich fürchtete. Und meine Mutter? wo, als bei den Kindern? Wie? ja, ich traf's? Sie hofft – Sie hofft –? Kein Weib War weiser, keine Mutter thörichter! Zu Usiel. Ich eile nach Jerusalem; hörst du Uns aus den Thoren brechen, wirf dein Häuflein Vom Fels in ihre Sicherheit. Vom Syrier Hoffst du die Kinder, Mutter? Selbst ein Kind In deinem Wahn. Der Syrier wird sie geben Nicht deinem Fleh'n, doch deines Juda Schwert! Will gehn, bleibt. Und wenn – nein – bleib' – hinunter, Herz; ich kann Nicht helfen, Mutter! Mit Jerusalem Ist Israel verloren. Nein; ich darf Das Spiel nicht wagen. Hier verblute, Mensch In Juda; wohn' von hier in dir allein, Errettung Israels, des Juda Seele! Ich lasse dich im Schutze Usiels, Mein Weib. Leb' wohl! Vielleicht sehn wir uns wieder. Nie, wenn du mit Vielleicht Naemi tötest! Herr, wer giebt dir das Recht, allein zu sterben? Ich geh' mit dir; mein Leben ist in deinem. Nicht sterben, leben will ich! Geh'! Leb' wohl! Er geht einige Schritt nach hinten, Usiel und Naemi nach der Seite; er bleibt stehen und wendet sich unwillkürlich noch einmal nach Naemi; er schämt sich, den wahren Grund seines Umwendens merken zu lassen, und ruft. Usiel! indem er und Naemi sich wenden. Ja, Herr; was willst du? Nichts; es kam Mir ein Gedanke nur, doch nahm ich ihn Zurück. Naemi sprachlos in seinen Armen. Röslein von Saron – Er bezwingt sich. Geh'! Leb' wohl! Er macht sich los und geht rasch nach hinten, Usiel und Naemi nach der Seite ab. Verwandlung. Eine Straße in Jerusalem mit Aussicht nach dem Tempel; Mondschein, Gewitterwolken am Himmel. Hungernde und Kranke vor den Thüren, vorn ein Weib mit einem Kinde und ein Greis. Simon von der einen, Jonathan von der andern Seite, sehn sich, wenden sich traurig ab, dann fallen sie sich schluchzend in die Arme. O daß ich nie entrann den Händen Amris! O Simon! Jonathan! Alles verloren! Durch Zions Gassen rief ich auf zur Wehr – Keine Antwort, kaum ein Blick, der matt sich hob, Als wollt' er fragen: Wer stört mich im Sterben? Und schwach zurückfiel, eh' er mich erreicht. Kein lebend Menschenaug' sah, was das meine Den kurzen Weg durch Akras Straßen sah. Hier tot ein junges Weib, das Kind verschmachtend An ihrer Brust, und über sie hinweg Lacht wild der Wahnsinn ans dem Aug' des Gatten. Ich sah, wie Sterbende sich niederlegten Gleichgiltig so, als wär's zum Schlaf, und Leichen Zum Polster nahmen für ihr Haupt, um andern Denselben Dienst zu leisten. Hunger dient Der Pest, und die dem Tod, schrecklich wetteifernd In ihres Dienstes Hast; und wo nicht Tod, Da schaut Verzweigung aus den stieren Augen. Sie haben keinen Fluch mehr, keine Thränen. Der Feind pocht an das Thor; sie hören's nicht. Kein Ruf weckt die lebend'gen Leichen mehr. zu Jonathan, sein Gewand fassend. O, einen Bissen nur! Sieh, Herr, mein Kind Verschmachtet. Einen Bissen nur, und wär' er So, daß dein Hund ihn ekelnd liegen ließ! reißt sich los, schmerzlich. Unglückliche, wer giebt mir, euch zu geben? Wollt' ich von meinem eignen Fleisch dir geben, Nicht so viel ließ mir Hunger, dich zu sätt'gen. Um deines Bruders Juda willen, Herr! Meine Mutter, Herr, und meine sieben Brüder, Sie hofften bis zum letzten Augenblick: Käm' Juda nur, dann wären wir gerettet. Sie starben alle, und kein Juda kam. Unglückliche, hier hilft kein Juda mehr! ohne sich zu bewegen. Kommt Juda? Hörst du, Herr? er hörte uns Den Juda nennen. Mein, mein armer Vater! Was ist das? Hörst du? Fernes Schrei'n – Das ist Der Syrier, der unsre Schwäche nutzt. Auf, Volk Jerusalems! der Syrier stürmt! Auf! zu den Mauern, Krieger! Ruf' die Steine: Sie hören dich; doch diese Leichen nicht. Schon naht der Lärm; er ist schon in den Mauern. Herr, was beginnen? Frag' die Weisen hier; Beredt ist ihre stumme Antwort: Sterben! Doch das ist weder Kriegsgeschrei noch Wehruf! 's ist Jubel – Näher kommt's. Sie rufen – erst noch in der Szene ganz fern. Juda! Deutlich hör' ich den Ruf: er ist's! Er ist's! halb aufgerichtet. Der Juda? zum Greise. Hörst du, Vater? Juda kommt! Der Juda – Er stirbt. Herr, er stirbt! Weh' mir, er stirbt Und hat den Juda nicht gesehn! näher jubelnd. Er ist's! Die Herumliegenden sitzen voll Spannung, manche raffen sich auf. Aufrafft sich, was halbtot schon lag; nur einer Ist aus der Welt, der das vermag. näher. Der Juda! Der Vater! Ja, er ist's! sich aufraffend. Er ist's! zu ihrem Kinde, das sie hoch hebt. Schau, Joel, Mein Knäblein, Juda, unser aller Vater! Sieh, wie sie seine Knie umfassen. Kaum Kann er den Fuß erheben. Lachend, schluchzend Wie Kinder zu dem lang vermißten Vater, Dursten sie auf zu seinem Heldenantlitz Und trinken Mut aus ihm. Sieh, wie dies Weib Mit ausgezehrtem Arm ihr Kind erhebt, Daß es ihn seh'! Todkranke Greise schleppen Sich mit der letzten Kraft in seinen Weg, Nur um des Helden Kleider zu berühren. O Schauspiel sondergleichen! Wunderanblick! So wie ein Adler seine Kinder trägt, So trägt er Israel auf seinen Schwingen. Wie hinter Scherzen er sein Mitleid birgt, Der Mann, der seine Tugenden verhüllt, Daß unsre Armut nicht an sich verzweifle! Willkommen, großes Herz von Israel! Laß uns entgegen, wenn es möglich ist, Dies Volksmeer zu durchschwimmen! Beide ab. hereindringend, durcheinander. Die Frauen ihre Schleier schwingend. Hosianna! Hosianna in der Höh'! Juda, der Vater! Juda tritt auf mit Simon und Jonathan. Das Volk kämpft darum, an seinem Weg knieend, seine Kleider zu berühren. Mein Volk – wie vorhin. Still, Juda spricht! Tod, wer ihn stört! ist aufgeregt und bezwingt gewaltsam seine Rührung. Ihr hungert, Kinder? Desto besser wird's Euch schmecken, wenn der Syrier heimgejagt An trocknen Rinden kauen muß. Und bald Jag' ich ihn heim. Nur noch zehn Tage haltet Jerusalem, dann zieht ein Heer von Brüdern Heran, euch zu befrein. Zehn Tage, Herr Und Bruder? – Kaum drei Tage reicht der Vorrat, Das Leben ärmlich uns zu fristen, nur Daß wir nicht sterben. Steht es so? – Dann hat Der Herr uns auf uns selbst gestellt, zu zeigen, Was er vermag. – So bringt, was ihr noch habt, Zu einer Mahlzeit in des Tempels Vorhof; Daß Kraft den schwachen Gliedern wiederkehre; Dann in des Wetters Schutz, und wenn der Mond Vom Himmel wich, mit leisem Tritte schleichen Wir in des Syriers Lager uns, die Priester Mit den Posaunen auf die Berge rings Umher; und wenn die letzten unsrer Krieger Im Lager, dann weckt ihr Posaunenruf Den unsern und ringsum den Ruf der Höhn Und die Verwirrung in dem Syrierlager, Die, sich bedrängt von allen Seiten meinend, Dem Tod im Innern selbst entgegenfliehn, Es wetterleuchtet. Was zagen? Lebt der alte Gott nicht mehr? Zieht er nicht selber seinem Volk zu Hülfe? Dort in der Wetterwolk' steht er gelagert Mit allem Himmelsheer. Seht ihr das Glühn Der Helm'? der Schwerter Glanz? der Speere Blitzen? In seinen Händen hält er seine Donner; Die Sterne streiten mit auf ihrer Bahn, Wie da Deborah einst und Barak siegten. Nun laßt umarmt uns sitzen bei dem Mahl, Von dem Gesetz des Herren uns erzählend, Wie oft dem Volke half sein Helfergott! Wer einen Feind hat unter seinen Brüdern, Der such' ihn auf, mit ihm sich zu versöhnen, Umschling' ihn mit dem Arm, der ihn umschlingt, Und küss' den Friedenskuß auf seine Stirne, Daß wir ein heilig Heer sind vor dem Herrn. Zu dem Weibe, indem er das Kind ihr von den Armen nimmt. Läßt du dein Kind? – und soll der Herr uns lassen? Sein Kind? Sein Knäblein Jeschirun? Er nimmt's auf den Arm und schwingt's in die Höhe. So wird Er's heben mit den Armen seiner Macht; So wird er lächeln, wie dies Kindlein lächelt. Er gibt das Kind wieder. Auf, Brüder, nun zum Mahl, und dann zum Sieg! Er geht ab, Simon und Jonathan umschlingend. indem es ihm, begeistert umarmt, folgt, durcheinander. Ein heilig Heer des Herrn zum Mahl! zum Sieg! Alle nach hinten. Vorhang fällt. Ende des vierten Akts. 5. Akt Fünfter Akt. Im Zelte Antiochus'. Ein Thronsessel mit Baldachin; das Zelt aus prächtigen Stoffen durch von der Decke herabhängende Ampeln erleuchtet. Wenn die Hinterwand sich öffnet, Aussicht über das übrige Lager auf das hoch liegende Jerusalem, erst vom Monde beschienen, der dann von Gewitterwolken verdeckt wird und später untergeht. Antiochus, Eleazar, Nikanor eben eintretend. Ein Hauptmann als Ordonnanz am Eingang. beugt die Knie vor dem sitzenden Antiochus. Herr, alles ist gethan, was du gebotst. Des Marterofens Flamme leuchtet weit, Ein glüh'nder Warnungsfinger, um den Unsinn Zu schrecken aus des Wahnes altem Trotz. Und noch kein Bote von Jerusalem? Ein Schritt naht eilend. Ist's der Bote endlich? Jerusalem ergibt sich? der durch den Eingang gesehn. Hoher Herr, 's ist Gorgias. Den erst ich heimgesandt? Was wendet den Vermessenen zurück? eilend herein, beugt die Knie. Herr, zürn' der Botschaft, doch dem Boten nicht. Was ist? Du glaubtest auf dem Wege mich. Schon war ich's, als auf schaumbedecktem Rosse Mir Lysias entgegenkam. Den ich Auf meinen Stuhl hieß sitzen, bis ich kehrte? Was treibt ihn treulos weg von seiner Pflicht? Er war ihr treu; drum mußt' er sie verlassen. Ha, Aufruhr? Eil' und Sorge warf ihn nieder. Sein Wort an dich heißt: Unzufriedenheit Mit diesem Judenkrieg, durchs Siegerbeispiel Der Juden kühn gemacht, trägt frech den Aufruhr Durch deine Lande. Kehr', Herr, um zu steuern! Was mehr? In deinen Heeren Meuterei. Drum rechne nur auf das, so mit dir ist, Auf dies auch rechne, Herr, nicht zu gewiß! Führ' sie zurück, dann bürg' ich ihre Treue, Doch gegen Juden – Die sie erst besiegt? Ich habe manches Sieges stählenden Einfluß gesehn auf Siegerheere wirken Und weiß, daß Sieg den Sieg gebiert. Allein Der bei Ammaus über Waffenlose, Die selbst dem Schwert die unbewehrte Brust Entgegenboten, Herr, das war kein Sieg, Wie er Besiegte schwächt und Sieger stärkt. Die Krieger überfiel ein Grau'n im Schlachten, Sie fühlten sich nicht Krieger mehr, nur Mörder. Die Wut des Feindes weckt die eigne Wut Und scheucht den Sinn der Menschlichkeit von dannen; Doch kalt zu morden, das ist grauenhaft. So kam's, daß die Empfindungslosigkeit, Mit der die Sterbenden den Tod begrüßten, Indem sie lächelten und lächelnd starben, Das Lächeln von der Sieger Wange pflückte Und bleiche Reu' drauf säte und Besorgnis, Wie sonst man im Gesicht Besiegter liest. »Mit solchem Feind zu kämpfen, den solch furchtbar Gewalt'ger Gott erfüllt, daß er, was menschlich Im Menschen ist, den Sinn für Schmerz verzehrt? Sie lachen unsrer Streiche, und wir werden Die ihren doppelt fühlen, wenn ihr Gott, Der sie beseelt, es will!« Das und noch Schlimmres Sagt' ihre Blässe und ihr trüber Blick. Wenn das erfahrne Auge dasmal nicht Im fremden las, was in ihm selbst nur stand. Vollende, denn die Wolk' auf deiner Stirn' Birgt mehr noch. Philipp, dem dein Vater sterbend Auftrug, daß er zum König dich ernenne, Braucht diesen Vorwand treulos, die Regierung Des Reichs sich anzumaßen. Kehrst du nicht, So geht er weiter. Thu' es, Herr! Eh' daß Der Juden Unterwerfung du vollendet? Noch mehr; der Sohn von deines Vaters Bruder, Demetrius, erhebt den alten Anspruch Auf deinen Thron. Gelandet ist er schon An deinem Strand und naht der Hauptstadt eilend, Und alles fällt ihm zu, wohin er kommt, Denn er verspricht den Frieden mit dem Juda, Der großen Scheuche von ganz Syrien. Kehr' eilend – Den Triumph des Feinds im Rücken, Der den Rebellen laut zurufen wird: »Harrt aus wie wir, wie wir, dann müßt ihr siegen?« Herr, zieht dein Zögern diesen Aufruhr groß, Rankt sich an seinem Siegerstab die Hoffnung Der Juden neu empor, und zwischen Feinden Wirst du erdrückt. Schickst du den Ruf vom Siege Voran, besiegst den Arm du durch das Ohr. Ein Tag beendet alles! der Gorgias mit dem abgegangenen und wieder eingetretenen Hauptmann reden sieht. Ist's der Bote? Die Wache bringt ein Weib. Für Judas Mutter Gibt sie sich aus, die dich zu sprechen fleht. für sich, erschreckend. Meine Mutter? Jetzt? Weh' mir! Was bringt sie her? Des Juda Mutter? Geh' und heiß' sie kommen! Der Hauptmann ab. Und muß ich's töten, um's zu unterwerfen, Will ich auf dieses Volkes Leichnam stehn. Lea wird vom Hauptmann hereingeführt, sie kniet am Eingang des Zeltes nieder. Nikanor führt sie auf den König zu; sie wirft sich schweigend vor dem König nieder; währenddes: Sie ist's! O welch ein Anblick, Tiger zähmend! O Mutter! Mutter! Kaum noch halt' ich mich, Dein heilig Knie in Staub gebeugt zu sehn! Sturm Gottes, wie du dieses Prachtgefäß Zerschlugst, von Menschenhoheit überfüllt, Du konntest seinen Inhalt nicht verschütten; Noch predigt jede Scherbe Majestät. – Klag' ich das Schicksal an um meine That? Still, Eleazar! Dort liegt Grau'n und Schwindel. Was ich gethan, hätt' ich umsonst gethan. Verbirg dein Mitleid, schling's zurück in dich; Ihr hälf' es nicht und dich würd' es verderben! nachdem Lea eine Weile vor ihm gelegen. Wer bist du? Herr, ein Weib, verarmt an allem Und selbst an Thränen; eine Mutter, Herr, Die deine Majestät zu flehen kommt: Herr, bist du Gottes Bild an Macht und Größe, Sei's auch an Gnade, gieb mir meine Kinder! Sind sie in meiner Hand? der mit dem Hauptmann gesprochen. Drei Brüder, Herr, Des Juda, von dem Hause Simei Als Zeichen seiner Treue dir gebracht. Sie harren deines Spruchs. für sich. Auch meine Brüder? Aus allen Adern strömt mein Leben fort. Um deinen Eleazar! gib sie mir. Sieht um und bleibt auf Eleazar haften, der sich abwendet. für sich. Nacht, sei mitleidig! birg mich ihren Augen! O meiner Seele Kind, noch ungeboren Begnadigt schon mit göttlicher Verheißung, Mußt du nun so der Mutter Auge fliehn? Und weh mir! durch der Mutter eigne Schuld? Herr, sieh ihn an; wie angenagt vom Wurm Die süße Blüte welkt; gieb mir auch ihn; Wenn du ihn liebst – und, Herr, ich weiß, du liebst ihn –, Willst du nicht seinen Tod und giebst ihn mir. Neig' deinen Scepter, Herr, und sieh, wie schön Sich Majestät in Dankesthränen spiegelt. für sich. Halt', Eleazar, dich! Du darfst nicht reden. Du flehst um deiner Kinder Leben? Um Ihr nacktes Leben. Tod und Leben liegt In ihrer eignen Wahl. erschreckend. Wie meinst du das? Bekehrung heißt ihr Leben, Weig'rung Tod. Das wolltest du? Herr! Herr! was sprichst du da? So will es das Gesetz Antiochus'. Nein, Herr! Sprich: Das Gesetz, das ich gemacht, Kann ich vernichten. Bald, das schwör' ich dir, Soll es euch heil'ger sein als das von Moses. Zu Nikanor. Führ' sie zum Marterofen; thu' mit ihnen, Wie das Gesetz gebeut! So thu' ich, Herr. Will gehn. hält ihn. Nein, bleibe noch! Wirft sich wieder nieder vor Antiochus. Herr, höre mich; laß mich Nur erst der Schreckensworte Sinn verstehn! Ihr ungeahnter Klang hat mich erschreckt. Sieh, meine Sinne schwindeln von dem Schlag. Abfallen oder sterben? – Zu Nikanor. Bleib' noch! – Sterben? Du kalter Laut, du lügst Gleichgültigkeit. Wer hört die Angst der Kreatur dir an, Alles zu lassen, was das Auge sieht, Das Auge selbst? Und selber was wir hassen, Wird lieb uns, wenn's es lassen gilt. Wie klein Der Sprung, und doch liegt eine Welt von Sträuben, Anklammern angstvoll zwischen seinen Ufern. Sie hält Nikanor wieder auf, der gehn will. O alles! alles! Nur nicht Tod! nicht Tod! Und doch – Herr, bleib noch! Kann ich sie erst sehn? Wie sind sie? Lassen sie von ihrem Gott? Sie sind voll Trotz. Voll Trotz? Ich will ihn brechen. Er winkt, Nikanor will gehen. hält ihn wieder. Sie sind voll Trotz? O freilich! Strenge wirkt Nur Trotz. Mit Drohn verlangten's fremde Männer, Da bäumt sich in dem Kinde schon der Mann; Doch wenn die Mutter fleht, da wird der Mann Zum Kind und läßt sich lenken. Herr, vergönne Die Frage mir: Darf ich die Kinder sprechen? Wenn du zu ihrem Heile reden willst – Wie sonst? Wie anders soll die Mutter reden? Darf ich allein sie sprechen? Laß dir g'nügen – Wie du willst, Herr; ich meinte nur, sprech' ich Vor deinem Angesicht, sie würden glauben, Ich rede deine Rede. Sei's darum! Antiochus winkt; der Hauptmann bringt Johannes, Joarim und Benjamin. für sich. Antiocha, schütz' du mich, süßes Bild! Lea erblickend und auf sie zulaufend. Die Mutter! Joarim, da ist die Mutter! O Mutter! Mutter! umfaßt ihre Knie. Herrin! alle umarmend. Kinder! Kinder! Zur Sache! Ja, mein Herr; so thu' ich schon, Dorthin seht. Jener Mann dort ist der König; Er will euch leben lassen, wenn ihr euch Von euerm Gott zu seinen Göttern wendet – Wir haben ihm ja nichts zuleid gethan; Weshalb sollt' er uns töten? Doch er wird's. So laß ihn, Mutter. Er ist nur ein Mensch, Wie du und ich und meine Brüder sind. Wir wollen Gott gehorchen, nicht den Menschen. Mein Heldenkind! – Vergib mir, Herr; es ist Ja so natürlich, daß die Mutter freut, Wenn ihr die Kinder nachgeartet sind. Von ihrer Mutter haben sie den Trotz. Kommt her, du böser Joarim, und du, Mein Benjamin und mein Johannes; legt Die Hände mir aufs Haupt, schwört mir, zu thun, Was ich euch sagen werde! Doch nichts wider Den Herrn! Ich schwör' euch zu für euern Schwur, Zu euerm Heil nur fordr' ich diesen Schwur. BENJAMIN, JOARIM, JOHANNES die Hände auf Leas Haupt. Wir schwören, Mutter! Und nun sprich! bewältigt sich, daß er ihnen nicht laut zuruft. Schwört nicht! Zeigt ihr den Marterofen, eh' sie spricht! Die hintere Zeltwand fällt; Aussicht auf das Lager, über dem hinten Jerusalem mit dem Tempel, vom Monde erleuchtet; der Himmel übrigens bewölkt; von der Seite fällt ein Feuerschein auf die Bühne; Wetterleuchten. vor dem Feuerschein entsetzt zurückwankend. Gott Israels! Kniend. Herr, sei ein Mensch! Du hattest Eine Mutter, und du weintest, wie sie starb, – Gewiß! Du weintest! Herr, du selbst hast Kinder Und liebst sie, Herr! Gewiß! Du liebst sie, Herr! Gehorch' ich dir, gehorch' ich nicht – ich muß, Ich selbst, die Mutter ihre Kinder töten. O, denke deiner Mutter, deiner Kinder Und sprich: Es ist genug; lebt euerm Gott! Nun komm zum Ende! Ja, zum Ende komm' ich, Zu meinem Ende! – Nur so lange, Herr, Laß mir den Atem, bis ich sie gerettet Nicht vor des Königs, nur vor deinem Zorn! Mein Fluch auf den, der brechen wird den Schwur! Nun hört, was ihr geschworen: Bleibt getreu Dem Gott der Väter; er allein ist Gott! Und du nun, Herr, nicht mehr um Gnade fleh' ich: Sei nur gerecht! Sie können nun nicht anders; Nur mich laß sterben; ich allein bin schuldig! Nur du sollst leben! Meinen Schwur an deinen! So fremd sei mir Barmherzigkeit, als dir Die Mutterliebe ist. – Führt sie zur Marter, Den Ältesten zuerst, zuletzt den Jüngsten! Von hier an ferner, allmählich näher kommender Donner. Du bist ein Henker, kennst das Mutterherz; Ein feiger Henker, der sich schmähen läßt! Wärst du ein Mann, ich lebte schon nicht mehr, Um dich zu schmähn! Antiochus winkt Nikanor; dieser will die Kinder abführen. hält Nikanor auf, ununterbrochen sprechend. Was ras' ich, Herr? Hör' nicht, Was Wahnsinn aus mir redet. Bei dem Gott Des Himmels und der Erde! sei ein Mensch! Nur diesmal sei ein Mensch! Was flehst du mich? Ihr Tod und Leben steht in deiner Hand. Du hörtst, ich schwur. Wendet sich zu gehen. kleine Pause des Kampfes. So schwurst du dein Gericht – Denn diese wird der Herr, ihr Gott, erwecken, Wenn du ein Schatten bist im Totenreich. Thor, der du meinst, die Kinder zu verderben, Und bist das Werkzeug nur, sie zu erhöhn! Denn über ihrer Marter wird der Herr Von seinem Volke wenden seinen Zorn. Solang' ein Odem weht, wird er sie preisen, Doch du wirst ewiglich verworfen sein! für sich. Sie reißt mich fort so wie auf Adlerschwingen. Da Antiochus wieder winkt, stürzt er vor ihm auf die Kniee; Nikanor bleibt noch erwartend. Herr, laß sie leben! Herr. laß sie! um mich, Herr, laß sie leben, ihrem Gotte leben. Herr, sieh: ich bin ihr Bruder; sieh, ihr Volk Ist mein Volk; sieh, ihr Gott mein Gott; ich muß Ihr Schicksal teilen, welches auch es sei. Wirfst du zu früh die Larve hin, Verräter? aufschreiend. Verräter? Ich, der alles dir geopfert, Volk, Vater, Mutter, Brüder, Gott und mich? Dem sollt' ich trauen, der sein Volk verriet? auflachend. Das Herz gerissen aus der Brust und dir Geopfert und nun weggeworfen wie Ein totes Werkzeug, das man nicht mehr braucht! Du bist gerecht, furchtbarer Gott, du strafst Verräter durch Verräter. Zittre drum, Tyrann, auch dein Verrat wird sich bestrafen. Vor deinem Diener zittre, der dir treu ist, Und zwing' durch Mißtrau'n selbst ihn zum Verrat. Aus meinen Augen! Strafst du so, Tyrann? Aus deinem Aug'? Das heißt: aus Nacht und Tod Ins Leben, in das Licht und in die Freiheit! Wirft sich den Seinen in die Arme. Ich hab' euch wieder! Zweimal mir Geborner, Doppelt mein Kind! Ich hab' euch wieder, Mutter, Euch, Brüder! Aus des dunkeln Thales Irrweg Gerettet, steh' ich an des Vaters Thür. Sieh, wie sich dir des Herrn Gesicht erfüllt; Wir alle tragen Kronen jetzt, sind Fürsten Des Duldens, du der Schmerzen Königin. – Daß der Tyrann nicht meine, seine Ohnmacht Füll' uns mit Bangen! – Juda grüß mir noch. Sag' ihm: ein Königreich warf Eleazar Von sich – und sag' ihm, daß ich ihn geliebt Wie – Nun leb' wohl! Sieh her, Tyrann, der du Dich Sieger meinst, sieh her: wir sind die Sieger! Wir höhnen deiner Qual und deiner Götter, Denn mit uns ist der ewig einz'ge Gott. Er umschlingt Johannes und Joarim und eilt mit ihnen ab, indem er anstimmt und die beiden einstimmen: Wen er behütet, der kann lachen, Denn wer ist herrlich so wie er? Der Herr ist mächtig in den Schwachen, Schickt seinen Sieg vor ihnen her. Halleluja! Nikanor und Gorgias folgen. Die folgenden Reden begleitet der Psalm, bald schwächer, bald stärker, melodramatisch; Donner immer stärker und in kürzeren Zwischenräumen. Der Sturm reißt am Zelte und verlöscht eine Ampel nach der andern; das Mondlicht immer düsterer unter den Gewitterwolken. unwillkürlich nach. So laßt die Mutter ihr? ohn' eine Thräne, Ohn' einen Kuß, eh' noch das Mutterherz – Weh mir! Was thu' ich? Falsche Thräne, fort! Wollt ihr dem Henker feile Helfer sein? Wenn jetzt du weinst, hast du sie nie geliebt. Zu stählen gilt es jetzt, nicht zu erweichen! – Geht hin, zu kämpfen, wie ein Löwe kämpft, Geht hin, zu sterben so, wie Lämmer sterben. Hörst du, mein Kind? Nach dem Himmel zeigend. Jehovahs Stimme donnert, In Wolken donnert hoch der große Gott. Er ist euch nah'; der Herr sieht, wie ihr leidet, In seines Atems Sturm ist er euch nah', In seinem Donner redet er zu euch, Daß über euerm Haupt er wenden will Den Zorn von seinem Volk. Er will euch rächen Und euch erwecken wieder von dem Tod. Vergebens birgst du unter deinem Lächeln Der Seele Angst, die deine Blässe plaudert! Wo willst du hinfliehn? wo, Tyrann, wenn er Herniederfährt im Sturm, um dich zu richten? Der Sturm verlöscht zwei Ampeln. So wie er deine Lampen jetzt verlöscht, So wird er dich verlöschen! – Benjamin, Hörst du Schaddais Ruf? Hast keinen Henker, Tyrann, du mehr für Benjamin? Welch Weib! Und welch ein Kind! – Im Schein der letzten Ampel Steht er so wie mein Perseus vor mir da. Soll's heißen: seine Heere schlug ein Mann, Ihn selbst ein sterbend Weib mit ihrem Knaben? Schenk' seinen Schwur ihm, Weib; gehorch' und rett' ihn! Eine einzige Lampe flackert noch, der Mond ist unter. Rette dich selbst! Und er soll groß – Er ist Größer als du. Gib ihn dem Leben. Leben Wird er, wenn dich des Todes Nacht umfängt. Auf deiner Seele last' er denn. Sprich selber Sein Urteil ihm. Er sterbe. Nehmt ihn hin! Sie hält ihn, bei ihm knieend, unwillkürlich fest. Geh'! – Seid barmherzig! Nehmt ihn mir! Matt, indem sie ihn mit Gewalt fortstößt. Geh'! Geh'! Benjamin geht, die Hände erhoben, in den Gesang einstimmend ab. Lea kniet; sie stemmt mit Anstrengung sich auf eine Hand, um nicht zu sinken; ohne zu hören, was gesprochen wird, sieht sie Benjamin starr und atemlos nach. Gorgias kommt eilend zurück. Gehorchen sie? Für solche Menschen, Herr, Gibt's keine Marter. Sieh und hör' sie selbst. Ein solch Verachten aller Qual sah ich An keinem Wesen noch. Nikanor eilend herein. Herr, laß es enden! Die Krieger stehn entsetzt. Von Brust zu Brust, Von Zelt zu Zelt schleicht die Entmutigung. Die Meuterei hebt schon ihr Schlangenhaupt, Die Schar, die die Gefangnen soll bewachen, Befreit sie selber. Aus der Brüder Qual Weissagen sie das Ende Syriens. Die Simeiten, die sie dir gebracht, Zerrissen sie im Zorn; ich konnt's nicht hindern, »Fort,« hört ich einen rufen, »eh' das Weib, Das riesige, den Himmel niederbetet, Uns zu erdrücken!« Andre schwuren drauf, Judas Posaunen klängen durch die Donner. Herr, laß dein Schauspiel enden. nach kleiner Pause. Macht ein Ende. Der Hauptmann ab. Zum Aufbruch blast! Zurück nach Syrien! Noch ein aufjubelndes Halleluja, dann schweigt der Psalm plötzlich. zusammenbrechend. Gelobt sei Gott, der Herr! es ist vollbracht. Nun – end' – dein Werk an mir – sonst trügt, dir untreu, Dein – Scherge Tod – dich um – die Marterlust. Die letzte Ampel verlöscht. Von allen Seiten Posaunen in den Donner. Posaunen? Sind's die unsern? Erstes Frührot; das Gewitter verzieht sich. Judas Gefolge erst noch in der Szene. Schwert des Herrn Und Juda! Ein Überfall! Ein Überfall! Von der einen Seite kommt Juda mit Gefolge; von der andern Syrier, alle mit bloßen Schwertern. Birg, Syrierkönig, dich im Kern der Erde, Der Juda gräbt sich nach! – Du bist's; sonst lügt Dein stolzes Angesicht. Steh meinem Schwert! Den König schützt! Die Syrier scharen sich um Antiochus, sie stehn bis in die Coulissen hinein, sodaß man an ihre Menge gegen Judas Häuflein glauben kann. Halt' ein! Bist Juda du, Scheuch an die Seit' zurück der Deinen Schwerter Und hör' mich reden. Nicht aus Furcht – sieh her, Unübersehbar folgen meine Treuen. Ihr seid vom Hunger abgezehrt, die Meinen Sind stark; was irgend Sieg verspricht, das steht Auf meiner Seite. Wer den Sieg verspricht, Ist unser Gott, der Herr, der uns beseelt. Bist deines Schwerts du so gewiß, was ziehst du Die Zunge? Zieh' dein Schwert! Wollt' ich's bekränzt Vom Siege sehn, so zög' ich's; doch den Frieden Zu reichen genügt die unbewehrte Hand. Ich will euch nicht vertilgen. Lebt fortan Und sterbet euerm Gott; bei meinen Göttern Und euerm Gott schwör' ich's. Gib mir die Mutter, Die Brüder, die Gefangnen meines Volkes, Und zieh' in Frieden. Deine Brüder kann Kein Gott dir wiedergeben. wütend, will auf ihn ein. Kindermörder! Die Seinen folgen, die Syrier setzen sich zur Wehr; da erhebt sich Lea zwischen beiden mit dem Aufwand der letzten Kraft. Zurück, Sohn Mattathias'! laß ihn ziehn! Im Namen des, der war und ist und sein wird! Er spricht durch mich: Zieh', Syrier, hin in Frieden! Die Syrier ziehen ab; Lea hält Juda zurück. Und du – setz' nicht der Brüder Sieg aufs Spiel, Den sterbend sie ersiegten. – Hier hat Gott Geweilt; – bet an! Sie sinkt; Juda hält sie. Wie wird dir? immer schwächer. Meine Leiche Und deiner Brüder bring zu Mattathias In unser Erbbegräbnis nach Modin. Dann nach Jerusalem und reinige Sein Haus vom Heidengreul und weih's ihm neu. Noch nach Jahrtausenden wird unser Volk Das Fest von Judas Tempelweihe feiern. Wie Moses das gelobte Land, so zeigst Du meinem letzten Blick die Herrlichkeit, Die neue deines Volks, und so – wie Mose – Sterb ich – dich – preisend – Sie stirbt; Juda läßt sie nieder und kniet bei ihr. Jonathan, Simon, jüdische Krieger, Priester und Volk. Sonnenaufgang, der Himmel ist rein; ein ferner Donner verhallt leise bis zum Ende des Stücks. KRIEGER, PRIESTER, VOLK. Fort ist der Tyrann! Juda sei König! Juda sei's, der Retter! halb für sich. Er braucht den Starken nicht; er haucht die Schwäche Mit seinem Odem an, und sie wird Sieger; Es überhebe keiner sich vor Gott. – Nehmt auf den toten Leib! Es geschieht; er steht auf. Sein Priester will Ich sein, doch König ist allein der Herr! Er erhebt den Speer; indem man sich zum Abzug ordnet, einige Posaunenaccorde; der Vorhang fällt schnell. Ende des Stückes.