Friedrich Matthisson In der Fremde (Schweiz und Frankreich) (1787–1794) Der Abend am Zürchersee An Heinrich Füßli. Auf des friedlichen Sees wallender Klarheit schwebt Sanft der Fittig der Ruh; Lüfte des Abends wehn, Mild wie Hauche der Liebe, Durch der Reben bethautes Grün. Goldner Schimmer entströmt herrlich des sinkenden Tages sterbender Gluth, funkelt im See, und gießt Auf der Alpen beschneite Gipfel flammenden Purpurglanz! So ergießt sich, o Freund, neigt sich dein Abend einst, Gottes Friede, wie Licht, über dein greises Haupt! So umglänzt dich der Schimmer Edler Thaten am Grabe noch! Aber spät erst, so fleht mit mir dein Vaterland, Flehn die Edlen mit mir, welche, wie einst, im Lenz Deiner Tage, die schöne Seele Winkelmanns dich geliebt, Nun dich lieben, o spät, bis dir ein Enkelsohn, Gut und weise, wie du, trauernd den Aschenkrug Mit Zipressen umwindet, Füßli, neige dein Abend sich! Freundschaft, Lieb' und Natur leiten, wie Grazien, Dich mit göttlicher Huld ihren geweihten Pfad, Reich an Blumen der Freude, Die noch über den Sternen blühn! Elysium Hain! der von der Götter Frieden, Wie von Thau die Rose, träuft, Wo die Frucht der Hesperiden Zwischen Silberblüten reift; Den ein rosenfarbner Aether Ewig unbewölkt umfleußt, Der den Klageton verschmähter Zärtlichkeit verstummen heißt: Freudigschauernd in der Fülle Hoher Götterseligkeit, Grüßt, entflohn der Erdenhülle, Psyche deine Dunkelheit, Wonne! wo kein Nebelschleyer Ihres Urstoffs Reine trübt, Wo sie geistiger und freyer Den entbundnen Fittig übt. Ha! schon eilt auf Rosenwegen, In verklärter Lichtgestalt, Sie dem Schattenthal entgegen, Wo die heil'ge Lethe wallt; Fühlt sich magisch hingezogen, Wie von leiser Geisterhand, Schaut entzückt die Silberwogen Und des Ufers Blumenrand; Kniet voll süsser Ahndung nieder, Schöpfet, und ihr zitternd Bild Leuchtet aus dem Strome wieder, Der der Menschheit Jammer stillt, Wie auf sanfter Meeresfläche Die entwölkte Luna schwimmt, Oder im Kristall der Bäche Hespers goldne Fackel glimmt. Psyche trinkt, und nicht vergebens! Plötzlich in der Fluthen Grab Sinkt das Nachtstück ihres Lebens Wie ein Traumgesicht hinab. Glänzender, auf kühnern Flügeln, Schwebt sie aus des Thales Nacht Zu den goldbeblümten Hügeln, Wo ein ew'ger Frühling lacht. Welch ein feyerliches Schweigen! Leise nur, wie Zephyrs Hauch, Säuselt's in den Lorbeerzweigen, Bebt's im Amaranthenstrauch! So in heil'ger Stille ruhten Luft und Wogen, also schwieg Die Natur, da aus den Fluthen Anadyomene stieg. Welch ein ungewohnter Schimmer! Erde! dieses Zauberlicht Flammte selbst im Lenze nimmer Von Aurorens Angesicht! Sieh! des glatten Epheus Ranken Tauchen sich in Purpurglanz! Blumen, die den Quell umwanken, Funkeln wie ein Sternenkranz! So begann's im Hain zu tagen, Als die keusche Cynthia, Hoch vom stolzen Drachenwagen, Den geliebten Schläfer sah; Als die Fluren sich verschönten, Und, mit holdem Zauberton, Göttermelodieen tönten: Seliger Endymion! Die Kindheit Wann die Abendröthe Dorf und Hain umwallt, Und die Weidenflöte Hell zum Reigen schallt: Deine Lenzgefühle Wähn' ich dann erneut, Du, der Knabenspiele Süsse Blumenzeit! Wie der Mond aus grauer Nebeldämmrung Flor, Hebt aus öder Trauer Sich mein Geist empor, Wann, mit Spiel und Tanze Mir dein Maigefild Sich im Rosenglanze Zauberisch enthüllt. Ach! mit welchem Reize Dämmert das Revier Stiller Todtenkreuze, Kindheit, neben dir! Deine Nacht voll Sorgen Dunkelt schon von fern: Der Vollendung Morgen Folgt kein Abendstern. Adelaide Einsam wandelt dein Freund im Frühlingsgarten, Mild vom lieblichen Zauberlicht umflossen, Das durch wankende Blüthenzweige zittert, Adelaide! In der spiegelnden Fluth, im Schnee der Alpen, In des sinkenden Tages Goldgewölken, Im Gefilde der Sterne stralt dein Bildniß, Adelaide! Abendlüftchen im zarten Laube flüstern, Silberglöckchen des Mais im Grase säuseln, Wellen rauschen und Nachtigallen flöten: Adelaide. Einst, o Wunder! entblüht, auf meinem Grabe, Eine Blume der Asche meines Herzens; Deutlich schimmert auf jedem Purpurblättchen: Adelaide. Opferlied Die Flamme lodert, milder Schein Durchglänzt den düstern Eichenhain, Und Weihrauchdüfte wallen. O neig' ein gnädig Ohr zu mir, Und laß des Jünglings Opfer dir, Du Höchster, wohlgefallen! Sey stets der Freyheit Wehr und Schild! Dein Lebensgeist durchathme mild Luft, Erde, Feu'r und Fluthen! Gieb mir, als Jüngling und als Greis, Am väterlichen Heerd', o Zeus, Das Schöne zu dem Guten! Der Genfersee Ille terrarum mihi praeter omnes Angulus ridet. Hor. An deinen Ufern, wo am frohen Heerd Des Winzers, wie in stolzen Marmorhallen, Der Ueberfluß sein goldnes Füllhorn leert So weit der Freiheit Jubelhymnen schallen; Wo mir die Freude stets, sokratisch mild, Die wolkenfreie Stirn mit Epheu kränzte, Seitdem, o See! des Montblancs Riesenbild Zum erstenmal in deiner Fluth mir glänzte; Wo Bonnet, der nicht früher als sein Ruhm, Nicht früher als der Erdball sterben sollte, In seines Tempels lichtem Heiligthum Das grosse Buch der Wahrheit mir entrollte; Wo er mir zurief: Ueber Grab und Zeit Schwingt sich der Geist; sein dunkler Schleier modert! Beglückt! wem Glaube der Unsterblichkeit, Wie Vestas Feu'r, in reinem Herzen lodert; Wo Agathon, den Grazien vertraut, Der Musen Stolz, bewundert im Pallaste, Des Volkes Lust bis wo der Jura blaut, Wie seinen Gray, mit Liebe mich umfaßte; Wo einsam oft, auf einer Klippe Rand, Am Strom der brausend dir entgegenschäumte, Mein Geist, an Xenophons und Platons Hand, Sich des Illissus Mirthenhaine träumte; Wo meine Blicke, der Natur geweiht, An ihr, wie Bienen an der Blüthe, hiengen: O See! schwebt mein Gesang in jene Zeit Da menschenleere Wüsten dich umfiengen. Da wälzte, wo im Abendlichte dort, Geneva, deine Zinnen sich erheben, Der Rhodan seine Wogen trauernd fort, Von schauervoller Haine Nacht umgeben. Da hörte deine Paradiesesflur, Du stilles Thal, voll blühender Gehäge, Die grossen Harmonie'n der Wildniß nur, Orkan und Thiergeheul und Donnerschläge. Kein Lustgesang der Traubenleserin, Kein Erndtejubel, keines Hirten Flöte, Kein schmetternd Horn aus reicher Wälder Grün, Begrüßte da den Stern der Abendröthe. Kein Rundetanz im sanften Vollmondschein! Kein Freudenmahl vor Tells verehrtem Bilde! Kein Gang der Liebenden im Frühlingshain, An Veilchen reich wie Attikas Gefilde! Die Oede schwieg; wenn auf verwachsnem Pfad, Wo nur der Bär in Felsenklüften hauste, Nicht etwa noch des Sees gewohntem Bad Ein Uhr mit wilder Lust entgegenbrauste. Als senkte sich sein zweifelhafter Schein Auf eines Weltballs ausgebrannte Trümmer, So goß der Mond auf diese Wüstenei'n, Voll trüber Nebeldämmrung, seine Schimmer. Da hieß aus dieses Chaos alter Nacht, Der Herr, so weit des Lemans Fluthen wallten, Voll sanfter Anmuth, voll erhabner Pracht, Sich zauberisch dies Paradies entfalten. Dies stolzumthürmte Land, gleich Tempes Flur, Mit jedem Reitz der Schöpfung übergossen! Dies Wunderwerk der göttlichen Natur, Von Schönheit, wie von Glanz die Sonn', umflossen! Wo er, um dessen heil'gen Aschenkrug Ein edles Weib den schönsten Kranz gewunden, Die Bahn zum unerreichten Adlerflug In Heloisens Zauberwelt gefunden. O Clarens! friedlich am Gestad' erhöht, Dein Name wird im Buch der Zeiten leben. O Meillerie! voll rauher Majestät, Dein Ruhm wird zu den Sternen sich erheben. Zu deinen Felsen, die den Einsturz dräu'n, In deren Schlund, wo nie die Dämm'rung tagte, Um Julien, mit Sapphos wilder Pein, Mit Orpheus Thränen der Verbannte klagte; Zu deinen Gipfeln, wo der Adler schwebt, Und aus Gewölk erzürnte Ströme fallen, Wird oft, von süssen Schauern tief durchbebt, An der Geliebten Arm, der Fremdling wallen. Und wär' ich auch, mit Hallers Wissenschaft, Von Grönlands Eis bis zu Taytis Wogen, Mit Geßners Blick, mit Ansons Heldenkraft, Mit Claude Lorrains Kunst die Erd' umflogen: Doch weiht' ich ewig, im Erinnrungstraum, Nur dir der Sehnsucht und des Dankes Thränen; Doch würd' ich mich in jedem Schöpfungsraum, O See! verbannt aus deinen Himmeln wähnen. Schön ists, von Aetnas Haupt des Meeres Plan, Voll grüner Eiland', und die Fabelauen Siziliens und Strombolis Volkan Beglänzt von Phöbus erstem Stral zu schauen: Doch schöner, wenn der Sommertag sich neigt, Den Zaubersee, hoch von der Dole Rücken, Wie Lunas Silberhörner sanft gebeugt, Umragt von Riesengipfeln, zu erblicken. Süß ist's, am Wogensturz in Tiburs Hain, Wo Flakkus oft, entflohn den Schattenchören, Im Mondlicht wandelt, bey Albanerwein, Den Genius der Vorwelt zu beschwören: Doch süsser noch, in Prangins Götterwald, Wenn seine Laubgewölbe sich erneuern, Und weitumher der Vögel Mailied schallt, Erhabner Freundschaft Bundestag zu feyern. Entzückend ists, wenn donnernd himmelan Des Feuerberges Wogen sich erheben, Auf Napels Golf, bey Nacht, im leichten Kahn, In magischer Beleuchtung hinzuschweben: Mit höh'rer Lust sieht auf des Lemans Fluth, Wenn Thal und Hügel schon in Dämmrung sinken, Der hohen Eiswelt reine Purpurgluth Mein Aug' aus dunkler Klarheit wiederblinken. Auf Hellas Höh'n erblickt der Wandrer nur, Von Resten alter Herrlichkeit umgeben, Der Tirannei tiefeingedrückte Spur, So reizend auch sich Meer und Land verweben: Hier segn' ich froh Helveziens Geschick, Hier wo die Flur des Fleisses Lohn verkündet, Hier theilt mein Herz des freyen Volkes Glück, Auf Menschenrecht und auf Vernunft gegründet. Am Strand der Seine tobt Gewittersturm; Denn Gallien erwacht mit Löwengrimme! Die Kette fällt; des Elends Riesenthurm, O Freyheit, stürzt vor deiner Donnerstimme. Am Leman weht des Friedens Palmenzweig! In Stadt und Dorf erschallt das Lied der Freude; Zufrieden, wähnt der ärmste Hirt sich reich, Und Eintracht schützt der Freyheit Felsgebäude. Der deutschen Ströme König bist du, Rhein! Wie herrlich Mainz, umkränzt von Nektarhügeln, Und Bacharach und Bingens Moosgestein In deinem grünlichen Kristall sich spiegeln! Bey Bonnets Tempel nur, auf Genthods Höh', Muß deine Pracht der Alpenlandschaft weichen; Hier scheint, im engern Bett', Genevas See Dem mächt'gen Orellana selbst zu gleichen. Ein Diadem, von Amors Hand gewebt, Umstralt, seit ihrer dichterischen Wiese, Mit Schwanenflug, Petrarkas Lied entschwebt, Die ernste Stirn der Nymphe von Vauklüse: Begeistrung wallt in deiner Dunkelheit, Erwählter Lustort reingestimmter Seelen, Divonnens Quell! dem zur Unsterblichkeit Blandusias nur Flackus Hymnen fehlen. An diesem Hain, vom Erlenbach durchtanzt, Ein Gärtchen nur vor einer kleinen Hütte, Mit schlanken Pappeln malerisch umpflanzt, Ist alles was ich vom Geschick erbitte. Hier würde mir die Weisheit Rosen streun, Des Himmels Friede meinen Geist umfliessen, Und einst, o goldnes Bild! im Abendschein, Die Freundschaft mir die Augen weinend schliessen. Hell würde sich des reinsten Glückes Spur Mir dann entwölken, fern vom Weltgetümmel. Wo Liebe, Freundschaft, Weisheit und Natur In frommer Eintracht wohnen, ist der Himmel. Auf jenem Vorland, von der Wog' umrauscht, Wo die Betrachtung gern, auf grünen Matten, Die leisen Tritte der Natur belauscht, Erhübe sich mein Grab im Eichenschatten. Kein Marmorbild, kein thatenreicher Stein, Vor dem erröthend sich die Wahrheit wendet, Entehrte des Entschlummerten Gebein, Den eitler Grösse Schimmer nie geblendet. Die Rose nur würd' über meinen Staub Des zarten Mooses Wohlgeruch verhauchen, Der Thränenweide niederhangend Laub Mit leisem Flüstern in die Fluth sich tauchen; Die Nachtigall, vom Lenzgesträuch umblüht, Um ihren Freund dort in der Dämmrung klagen, Und Daphne mir, von Zärtlichkeit durchglüht, Das Opfer einer Thräne nicht versagen. Auch würd' im Dorfe bald die Sage gehn, Daß dort gedämpft, wie ferne Bienenchöre, Sanft, wie am Blüthenbaum des Frühlings Wehn, Der Hirt in stiller Mondnacht Lieder höre. Andenken 1788. Blüht im Kranz, o Mädchen, dir noch die Rose, Wenn du, gleich Sylfiden, bei'm Abendreigen Hinschwebst, oder deckte sie schon dein Grabmaal Sterbend mit Purpur? Jahre schwanden: aber dein Bild erscheint mir, Wo durch Alpenschlünde der Bergstrom donnert, Und wo Nachtigallen am Quell auf Myrten Flötend sich wiegen. Wiedersehn der Liebenden, wo der Heimath Goldne Sterne funkeln, o du der armen Psyche, die gebunden im Grabthal schmachtet, Heiligste Sehnsucht! Blume des Andenkens Blüht im Frühlingskranze dir noch die Rose, Wenn du, beim geflügelten Abendreigen, Leichter wie Sylphiden auf Blumen hinschwebst, Liebliches Mädchen? Oder krönt sie trauernd, als Todtenopfer, Das der Sehnsucht Genius fromm dir weihte, Schon dein Grabmal? Wandelt dein freier Geist schon Ueber den Sternen? Jahre schwanden: aber dein Bild erscheint mir, Wo durch Alpenschlünde der Waldstrom donnert, Und wo Nachtigallen am Quell auf Mirten Flötend sich wiegen! Wunsch An Salis. Noch einmal möcht' ich, eh' in die Schattenwelt Elysiums mein seliger Geist sich senkt, Die Flur begrüssen, wo der Kindheit Himmlische Träume mein Haupt umschwebten. Der Strauch der Heimath, welcher des Hänflings Nest Mit Kühlung deckte, säuselt doch lieblicher, O Freund, als alle Lorbeerwälder Ueber der Asche der Weltbezwinger. Der Bach der Blumenwiese, wo ich als Kind Violen pflückte, murmelt melodischer, Durch Erlen die mein Vater pflanzte, Als die blandusische Silberquelle. Der Hügel, wo der jauchzende Knabenreihn Sich um den Stamm der blühenden Linde schwang, Entzückt mich höher als der Alpen Blendende Gipfel im Rosenschimmer. Drum möcht' ich einmal, eh' in die Schattenwelt Elysiums mein seliger Geist sich senkt, Die Flur noch segnen, wo der Kindheit Himmlische Träume mein Haupt umschwebten. Dann mag des Todes lächelnder Genius Die Fackel plözlich löschen; ich eile froh Zu Xenophons und Platons Weisheit Und zu Anakreons Mirthenlaube. An Agathon Dein Leben, welch ein seliger Göttertraum! Im Mirthenhain, wo Psyche und Amor sich Umarmen, opferst du, von Hebens Blumen umduftet, den Huldgöttinnen. Gleich Pästums Rosen duftet und blüht der Kranz Der deine Stirn beschattet; doch Hebe flieht, Und ihre Zauberblumen sterben Lange vor Hesperus mildem Glanze. Apollons Lorbeern grünen wenn alles welkt! Drum brich den Sprößling, welchen die Muse dir Erzog, die seit der Vorwelt Sängern Wenigen holder als dir gelächelt. Wie einst an Orpheus heiliger Urne, klagt, Wann spät, o Freund, der Seligen Inseln dich Empfangen, dann bei deinem Grabe Länger und zärtlicher Philomele. Die Befreiung Mit Jubelton begrüß' ich Feld und Himmel, Gebirg' und See Und Wies' und Hain, entronnen dem Getümmel Der Assemblee. Wo ich, so zürnt' Apollon mir! geplagter Als Yoricks Staar, Im Kreise junger Stuzer und betagter Koketten war. Dort wölkt sich dünstend, bei des Fächers Wehen, Pomadenduft; Hier strömt der Hauch beblüteter Alleen In reiner Luft. Die Kunst erschuf dort ganze Blumenbeete Aus Seid' und Flor; Hier hebt der Mohn, in frischer Jugendröthe, Sein Haupt empor. Dort färbt Karmin die längstverblichne Wange Der gnädgen Frau; Hier röthet sich beim Sonnenuntergange Des Himmels Blau. Vom schwarzen Fittig thaut der Langenweile Dort Schläfrigkeit; Hier fleucht, beflügelt mit des Sturmwinds Eile, Die goldne Zeit. Hier, Freiheit, blüht dein mütterlicher Boden, Hier weilest du! Hier wohnt Zufriedenheit! hier weht der Oden Der Seelenruh! Hier träuft ein steter Himmelsthau von Freuden Auf Hain und Flur! So lang' ich bin, soll nichts von dir mich scheiden, Natur! Natur! Faunenlied Wann schläfrig die Lippen Beim Göttermahl nippen, Umtanzen wir Faunen Im Walde den Schlauch Nach altem Gebrauch, Mit Blonden und Braunen. Wir tauchen die Sorgen Von gestern und morgen In schäumende Becher, Bacchantisch das Haupt Mit Eppich umlaubt, Dem Lorbeer der Zecher. Wir schlummern in Grotten, Umkräuselt von Zotten Sicilischer Vliesse; Gar treffend und schön Sagt Vater Silen: Entbehr' und geniesse! Wir wissen in Chören, Dir, Bacchus! zu Ehren, Arkadisch zu pfeifen. Das geht bis ins Mark! Nur Pan ist so stark In Trillern und Läufen. Die Fäunlinge sonnen, Bei ledigen Tonnen, Sich krauend auf Rasen, Und üben sich schon, Mit schnarrendem Ton Ein Stückchen zu blasen. Eur Wünschen entfliege Nie jenseit der Krüge, Nach menschlicher Weise! O Schlauch, unsre Welt, Bist du nur geschwellt, Ist alles im Gleise! Die Ohren zu recken, Wo Nymphen im Becken Der Quelle sich waschen, Und rüstig bergauf, Bergnieder im Lauf Die Spröden zu haschen; Das ziemet in Wäldern, In Grotten und Feldern, Dem wähligen Volke, Bocksöhrig und leicht! Gelegenheit fleucht, Wie Wasser und Wolke! Das Feenland Mit Rosen umweben Der Sterblichen Leben Die gütigen Feen; Sie wandeln und walten In tausend Gestalten, Bald häßlich, bald schön. Da wo sie gebieten Lacht alles, mit Blüten Und Grün emaillirt; Ihr Schloß von Topasen Ist herrlich mit Vasen Von Demant geziert. Von Zeilons Gedüfte Sind ewig die Lüfte Der Gärten durchweht; Die Gänge, statt Sandes, Nach Weise des Landes, Mit Perlen besät. Ambrosiatische Sind hier in der Frische Der Grotten versteckt; Dort blasen im Grünen Kristallne Delfinen Tokaier und Sekt. Den Blüten entflimmert, Von Früchten umschimmert, Der Kolibri Schmelz, Und Nachtigallkehlen Vom Leman beseelen Das Badegehölz. Da flattert, im Scheine Des Mondes, der kleine Geflügelte Wicht, Schlau, wie die Annalen Cytherens ihn malen, Mit sanftem Gesicht. Aus dämmerndem Grunde Steigt eine Rotunde Von Jaspis empor, Die Wände wie Spiegel, Von Golde die Riegel Am ehernen Thor. Da sprudelt im Dunkel, Erhellt von Karfunkel, So alt wie die Zeit, Ein Quell, dessen Tugend Die Blume der Jugend Und Schönheit erneut. Seit Salomo nahte Dem luftigen Staate Kein Aeronaut. Dies hat mir, nach Schriften In Mumiengrüften, Ein Sylphe vertraut. Noch kann ich zu wenig Von dem, was der König Der Geister gekonnt; Sonst wäre zur Stunde, Zusamt der Rotunde, Der Quell in Pyrmont. Das Todtenopfer Die Berge stehn so düster, Von Nebeldunst umflort; Durch banges Rohrgeflüster Rinnt schwach das Bächlein fort; Ein fernes Hirtenfeuer, Am grauen Fichtenhain, Hellt matt der Dämmrung Schleyer, Wie Leichenfackel-Schein. Aus Warten und aus Klüften Fleugt scheu die Eul' empor; Es gehn aus ihren Grüften Die Geister leis' hervor; Still tanzen, in Ruinen, Die Gnomen und die Fey'n, Vom Glühwurm bleich beschienen, Den abendlichen Reih'n. Am Seegestad' erlöschen Des Dorfes Lämpchen schon; Des Klosters dunklen Eschen Entlispelt Klageton; Die Sterne blinken traurig Vom Herbstgewölk umgraut; Die Winde seufzen schaurig Im hohen Farrenkraut. Des Traurenden Gedanken Entschweifen bang dem Schooß Der Alpenwelt, und wanken Um ferner Gräber Moos. Tief ist die Ruh' der Grüfte; Der Morgensonne Licht, Das Wehn der Frühlingslüfte, Weckt ihre Schlumm'rer nicht. O Freunde! deren holde Gestalten, mildumstralt Von blassem Abendgolde, Mir die Erinnrung malt: Fünf Kränze von Platanen Bringt, hier am Felsaltar, Die Sehnsucht euren Manen Zum Todtenopfer dar. Mondscheinlied Der Vollmond schwebt in Osten; Am alten Geisterthurm Flimmt bläulich im bemoosten Gestein der Feuerwurm. Der Linde schöner Sylphe Streift scheu in Lunens Glanz, Im dunklen Uferschilfe Webt leichter Irrwischtanz. Die Kirchenfenster schimmern; In Silber wallt das Korn; Bewegte Sternchen flimmern Auf Teich und Wiesenborn; Im Lichte wehn die Ranken Der öden Felsenkluft; Den Berg, wo Tannen wanken, Umschleiert weisser Duft. Wie schön der Mond die Wellen Des Erlenbachs besäumt, Der hier durch Binsenstellen, Dort unter Blumen schäumt, Als lodernde Kaskade Des Dorfes Mühle treibt, Und wild vom lauten Rade In Silberfunken stäubt. Die Pappelweide zittert, Nun dämmernd, nun umblinkt, Wo von Jesmin umgittert Die Sommerlaube winkt, Und mit geflochtnem Pförtchen, Das auf den Weiher sieht, Ein ländlich stilles Gärtchen Die Fischerhütt’ umblüht. Durch Fichten senkt der Schimmer, So bleich und schauerlich, Auf die bebüschten Trümmer Der Wasserleitung sich, Bestralt die düstern Eiben Der kleinen Meierei, Und hellt die bunten Scheiben Der gothischen Abtei. Wie sanft verschmilzt der blassen Beleuchtung Zauberschein Die ungeheuren Massen Gezackter Felsenreih'n, Dort wo, in milder Helle, Von Immergrün umwebt, Die Eremitenzelle An grauer Klippe schwebt. Der Elfen Heere schweifen Durch Feld und Wiesenplan, Es deuten Silberstreifen Dem Schäfer ihre Bahn; Er weiß am Purpurkreise, Vom Wollenvieh verschmäht, In welchem Blumengleise Ihr Abendreih'n sich dreht. Bald bergen, bald entfalten, In lieblicher Magie, Sich wechselnd die Gestalten Der regen Phantasie. Die zarten Blüten keimen, O Mond! an deinem Licht, Die sie, in Feenträumen, Um unsre Schläfe flicht. Abendlandschaft Goldner Schein Deckt den Hain, Mild beleuchtet Zauberschimmer Der umbüschten Waldburg Trümmer. Still und hehr Stralt das Meer; Heimwärts gleiten, sanft wie Schwäne, Fern am Eiland Fischerkähne. Silbersand Blinkt am Strand; Röther schweben hier, dort blässer, Wolkenbilder im Gewässer. Rauschend kränzt Goldbeglänzt Wankend Ried des Vorlands Hügel, Wildumschwärmt vom Seegeflügel. Malerisch Im Gebüsch Winkt, mit Gärtchen, Laub' und Quelle, Die bemooste Klausnerzelle. Pappeln wehn Auf den Höhn, Eichen glühn am Felsenstrome Dichtverschränkt zum Schattendome. Schleierlos Tanzt auf Moos Gnom und Elfe, dort wo Rüstern Am Druidenaltar flüstern. Auf der Fluth Stirbt die Gluth, Schon erblaßt der Abendschimmer An der hohen Waldburg Trümmer. Vollmondschein Deckt den Hain; Geisterlispel wehn im Thale Um versunkne Heldenmale. Die Einsamkeit Amat nemus et fugit urbes. Hor. Wie blinkt mir der Himmel Im Grünen so hehr. Der Städte Getümmel Ist rauschend und leer. Drum sei meiner Thränen Vertraute die Flur, Drum höre mein Sehnen Die Einsamkeit nur. Ihr liebt' ich, im Lenze Des Lebens, im Hain Schon Veilchen in Kränze Zum Opfer zu reihn. Ihr späht' ich, beim Hauche Der Mailuft, am Bach Im Nachtigallstrauche Wohl Stundenlang nach. Ihr seufzt' ich, vom Spiele Der Jünglinge fern, Die Erstlingsgefühle Der Liebe so gern! Ihr war, beim Geflimmer Der Sterne, mein Leid Und jeglicher Schimmer Der Freude geweiht. Mir sei bis zum Grabe Gefährtin und Braut Die, der ich als Knabe Mein Innres vertraut. Nur sie hat die Zähren Der Trennung gestillt, Und himmlische Sphären Voll Glanz mir enthüllt. Sie meidet die Pfade, Flieht Park und Alleen, Und weilt am Gestade Romantischer Seen, Wo Vögel nur schmettern, Das Eichhorn nur lauscht, Und etwa den Blättern Ein Täubchen entrauscht. Nur ihr sind, vom wilden Granitfels umdräut, An Gletschergefilden Die Thäler geweiht, Wo Adler nur streifen Am Lerchenbaumwald, Und fernher das Pfeifen Der Gemsen erschallt. Sie freut sich der Schlünde Volkanischer Gluth, Des Sausens der Winde, Der zürnenden Fluth. Sie wohnt unter Spalten, Nur mondlich erhellt, In Gräbern der alten Gebieter der Welt; Am Sturz der Gewässer, Im öden Gestein Umwaldeter Schlösser Und wüster Abtein, In Grotten und Klüften Von Tannen umkränzt, An Urnen und Grüften Vom Vollmond beglänzt. Der Welt zu vergessen, Empfangt mich, ihr Höhn, Wo dunkle Zipressen Ein Grabmal umwehn; Wo, tief zwischen Ranken Der Wildniß versteckt, Kein menschliches Wanken Den Träumenden weckt. Der Schmetterling Schöne Sylphide, schweb' in Frühlingsäther! Fleug' von Rose zu Rose! schau im Bache Fröhlich deine Blumengestalt vom zarten Sprößling der Mirthe! Heiter sei deines Daseyns Maitag! nimmer Müß' ein Bienchen dich schrecken wo du Nektar Trinkst, und schonend fliege dir stets Cytherens Vogel vorüber. Wann dich der Orkus aufnimmt, ruh' im Kranze Platons, welcher, wie du der armen Menschheit Wonne, die Entschleyerung Psyches lehrte, Schöne Sylphide! Grabschrift einer Nachtigall Still im Lorbeergebüsch ruht Philomelens Leichter Schleier. Die Liebesgötter klagten Als ihr zärtlicher Maigesang verstummte. Aber selig und frei entflog ihr Schatten Zum elysischen Hain; dort neben Sapphos Und Anakreons Amaranthenlaube Wohnt in ewiger Jugend nun die holde Frühlingssängerin. Wirf ein Lorbeerblättchen Auf ihr Grabmal, o Wandrer! ihren Manen Opfr' ein liebendes Weib die erste Rose. Die Nachtigall Unter dem Ahorn, an der Felsenquelle, Horcht' ich sinnend der Nachtigall; elysisch Hallten, gleich Harmonikatönen, ihre Silberakkorde. Feyerlich schwiegen die entzückten Wipfel; Leiser strömte der Born; in Lieb' und Wohlklang Hinzuschmelzen schien die Natur; Diana Senkte den Wagen. Sängerin, fragt' ich, hat der Sohn Cytherens, Mit dem Pfeile dir Götterspeise reichend, In die süsse Kehle dir seines Nektars Zauber geträufelt? Amor erzog mich nicht! im Alpenthale, Nah' dem Baume der meine Wieg' umblühte, Sang ein Hirt, in orphischen Tönen, Liebe, Frühling und Unschuld. Schüchtern begann ich seine Himmelslaute Nachzuflöten; da lächelte die Wehmuth; Hofnung hellte rosig des düstern Grames Fliehende Nebel. Also die Sängerin; mir flossen Thränen. Salis! rauschten die Wind' im Frühlingslaube; Salis! seufzte traurig der Wiesenhalme Leises Geflüster. Nänie Lugete, Veneres Cupidinesque. Catull. Medor starb! Amandas Thränen rinnen! Ach! ihr Staar, ihr Liebling ist dahin! Weint, ihr Amorn und ihr Huldgöttinnen! Anadyomene, wein' um ihn! Medor starb, ein Raub der Morgenröthe! Kurz war seines Daseyns leichter Traum; Ach! den Zweig, der seine Wieg' umwehte, Malte des Novembers Purpur kaum. Seid' und Gold war seiner Tage Faden, Einer Göttin Liebe zog ihn groß; Wie den Trauten ihre Thränen baden! Thränen wie einst Lesbia vergoß. Unbekränzt ergießt um sein Gefieder Sich das Haar der schönen Dulderin; Traurig tönt der Harfe Nachhall wieder: Medor, mein Entzücken, ist dahin! Phantasie! mit deinem Rosenglanze Helle zauberisch der Wehmuth Flor, Und am nächtlichen Zypressenkranze Sproß' ein blühend Mirthenreis empor. Schlummr', o Medor, im Platanenhaine Wo der Wiesenbach vom Felsen schäumt; Dein gedenk' Amanda noch und weine Wann der Gruft schon dunkles Moos entkeimt. Die so früh zu Lethes Ufern schweben Sahn die Flur nie öd' und blumenleer: Glücklicher! im Lenz begann dein Leben, Da der Winter naht bist du nicht mehr. Die Kinderjahre 1790. Die Pappelweide zittert Vom Abendschein durchblinkt, Wo, von Schasmin umgittert, Die Laube traulich winkt, Und mit geflochtnem Pförtchen, Das auf den Weiher sieht, Ein ländlichstilles Gärtchen Die Halmenhütt' umblüht. Vom Opfer des Atriden Im goldnen Opernsaal Eilt' ich zu deinem Frieden, Umbüschtes Rhonethal! Nach Einsamkeit nur schmachtend Wähl' ich die Gartenthür, Der Landschaft Reiz betrachtend, Zur Opernloge mir. Dies Dach mit dunklem Moose, Dies frische Rebengrün, Dies Beet wo Malv' und Rose Und Nachtviole blühn; Die unbeschorne Hecke, Der Hopfenranke Wehn, Der Hof wo Bienenstöcke Im Fliederschatten stehn; Der Brunnenröhre Rauschen, Die Scheur' am Haselzaun, Wo Täubchen Küsse tauschen Und treue Schwalben baun: Dies alles zaubert, milder Als Abendsonnenblick, Die rosenfarbnen Bilder Der Kindheit mir zurück. Du, deren goldnem Stabe Die Nebelsäule weicht, Die aus dem dunklen Grabe Geschiedner Jahre steigt, O Phantasie! erhelle Der ersten Pfade Spur Und jede Blumenstelle Der väterlichen Flur. Ich seh' des Dorfes Weiden, Des Wiesenbaches Rand, Wo ich die ersten Freuden, Den ersten Schmerz empfand; Den Plaz, wo, unter Maien, Auf weißbeblümtem Plan, Beim Jubel der Schallmeien, Der Mondscheintanz begann; Den Hag, wo Nachbars Lotte Zur Veilchenlese kam, Den Teich, wo meine Flotte Von Tannenborke schwamm; Die alten Eichenstümpfe Am schilfumrauschten Moor, Die blaue Wassernymphe Gewiegt am schlanken Rohr; Die Au', wo ich, am Bache, Mir Zweigpalläste wob, Wo der papierne Drache Sich in die Lüft' erhob; Des Meierhofes Hügel Im stillen Fruchtbaumhain, Der Mühle rasche Flügel Am saatengrünen Rain; Die Sträuche, wo die Schlinge Den Zeisig oft betrog, Wo nach dem Schmetterlinge Mein leichter Strohhut flog; Das Rohrdach dessen Nester Ich ritterlich verfocht, Die Bank wo meine Schwester Cyanenkränze flocht; Das Beet, wo, frisch wie Hebe, Im weissen Lenzgewand, Sie an bemalte Stäbe Levkoj' und Nelke band; Die Schule, dumpf und düster, Umrankt von Wintergrün, Wo uns der ernste Küster Ein Weltgebieter schien. Ich seh' des Kirchhofs Bäume, Der Gräber hohes Gras, Wo ich so oft die Reime Der Leichensteine las; Das Flittergold im Kranze An junger Bräute Gruft, Im bleichen Vollmondsglanze Ein Spiel der Sommerluft; Den Steintisch, wo der Krieger, Ein Held bei Sorr und Prag, Von Roßbachs grossem Sieger, Von Kleist und Ziethen sprach; Die Tenne, wo der Schnitter Sein braunes Mädchen schwang Wenn froh des Bergmanns Zitter Zum Erntereih'n erklang; Den Brettersiz am Weiher, Seit grauer Väterzeit Dem Spiel der rothen Eier Am Ostertag geweiht; Die Laube von Hollunder, Wo, auf der Rasenbank, Ich einsam in die Wunder Der Feenwelt versank. Da glaubt' ich grüne Zwerge Mit diamantnem Speer Und vom Magnetenberge Die schauerliche Mähr; Die Hütte ward zum Schlosse, Der Teich zum Silbersee, Mein Steckenpferd zum Rosse, Die Nachtigall zur Fee. Da spottet' ich der Nebel Von Grillenfang und Gram, Selbst wenn im Kampf den Säbel Der stolze Feind mir nahm; Wenn ich der Schwester Freude, Den Hänfling, sterbend fand, Und, ach! das Roth am Kleide Der Bleisoldaten schwand. Da war, im Abendscheine, Ein stilles Veilchenthal Am Nachtigallenhaine Mir Ball- und Opernsaal! Der Seifenblase Schimmer Entzückte königlich, Wie nie die Demantflimmer Der Maskentänze, mich. Da fühlt' ich von Verlangen, Sah' ich am Himmelszelt Die goldnen Lampen prangen, Mein ahndend Herz geschwellt: Doch mehr denn Stern' und Sonne War in des Mondes Rund Der Jäger meine Wonne Mit Dornenbusch und Hund. Da schien der Geisterweihe Gefürchtetes Revier, Des Brockens ferne Bläue, Des Weltalls Grenze mir; Ich wußte von den Kreisen Der Erd' und ihrem Gleis Was ich vom Stein der Weisen Und von Heraldik weiß. Da floß mir keine Zähre, Neapels Götterau'n, Verklärung, Belvedere Und Kapitol zu schaun; Es war die Tufsteinhöle Zum Kunstsaal mir genug, Und meine Raphaele Fand ich im Ritterbuch. Da wurde, von den Flocken Des Januars umstürmt, Mit jubelndem Frohlocken Der Schneemann aufgethürmt! Den Kirchenhügel glitten, Gelenkt vom Eisenstab, Im zephyrleichten Schlitten Wir pfeilgeschwind hinab. Im öden Weltgewühle Hebt Wehmuth meine Brust, Denk' ich der Knabenspiele Und ihrer Götterlust! Zu schnell verrauschte Jahre Der Unbefangenheit, Was, zwischen Wieg' und Bahre, Gleicht eurer Seligkeit? O väterliche Fluren! Welch Tempe, welche Schweiz Trägt eurer Wonnespuren Unsäglich holden Reiz? Hoch auf beschneiten Gipfeln Und auf erzürntem Meer Weht sanft aus euren Wipfeln Erquickung zu mir her! Wenn mondlos mich die Hülle Der Mitternacht umwallt Und durch die Todtenstille Nur meine Klage schallt: Lacht mir von euren Gränzen Ein Stral von Seelenruh', Wie abendliches Glänzen Nach Ungewittern, zu. Durchsegle kühn die Meere Wie Cook und Magellan; Erfleug das Ziel der Ehre Auf nie beflogner Bahn; Erblick, ein Stolz der Musen, Dein Bild in Erz und Stein; Ruh' an Cytherens Busen In Amors Mirthenhain; Gieb Königen Geseze; Sei Herr von Perus Gold; Gebeut im Reich der Schäze Die uns Golkonda zollt; Vereine was auf Thronen Der Erdball staunend preist Und beide Lorbeerkronen Wie Friederich und Kleist: Umsonst! der Sorgen Heere Durchschwärmen, ohne Rast, Den Glanz am Ziel der Ehre, Den Goldsaal im Pallast! Bei Todis Zauberkehle Bleibst du in Gram verhüllt, Du strebst nach Ruh' der Seele Und greifst ein Schattenbild! Entflohn dem Kriegsgetümmel Trübt Unmuth deinen Blick; Umglänzt vom Alpenhimmel Verklagst du dein Geschick; Du spähst auf fernem Boden Des Friedens dunkle Spur: Betrogner, ach! sein Oden Umweht die Kindheit nur. Sie sieht im Frühlingshaine All' ihre Freuden blühn! Es wallt in Rosenscheine Ihr Blumenleben hin! Nie hat der Gott der Zeiten, Der Unschuld ewig hold, Das Buch der Möglichkeiten Vor ihrem Blick entrollt! Ach! bis zu Charons Kahne Schweift unsrer Wünsche Noth; Der Kindheit leichte Plane Begrenzt das Abendroth! Wir ahnden Sturm und Klippen Bei frühlingsheitrer Fahrt: Sie hängt mit Bienenlippen Nur an der Gegenwart! Milesisches Mährchen Χαλεπον το μη φιλησαι. Χαλεπον δε χαι φιλησαι. Αναχρ. Ein milesisches Mährchen, Adonide! Unter heiligen Lorbeerwipfeln glänzte Hoch auf rauschendem Vorgebirg' ein Tempel. Aus den Fluthen erhub, vom Pan gesegnet, Im Gedüfte der Ferne sich ein Eiland. Oft, in mondlicher Dämmrung, schwebt' ein Nachen Vom Gestade des heerdenreichen Eilands Zur umwaldeten Bucht, wo sich ein Steinpfad Zwischen Mirthen zum Tempelhain emporwand. Dort, im Rosengebüsch, der Huldgöttinnen Marmorgruppe geheiligt, fleht' oft einsam Eine Priesterin, reizend wie Appelles Seine Grazien malt, zum Sohn Cytherens, Ihren Kallias freundlich zu umschweben Und durch Wogen und Dunkel ihn zu leiten, Bis der nächtliche Schiffer, wonneschauernd, An den Busen ihr sank. Ein schöner Jüngling! Werth Endymions Göttertraum zu träumen. Liebe säuselte Zephyr; Liebe stralte Luna durch die Platanen; Philomele Sang, in Tönen der Nachtigall von Lesbos, Auf den Mirthen ein Brautlied; Amorn woben Einen magischen Flor um die Vermählten. Veilchen blühten und starben; an der Quelle Schlossen Rosen sich auf; im Aehrenkranze Grüßte Ceres die goldne Flur, und immer Kam und kehrte der Nachen. Den Beglückten, Gleich den seligen Herrschern des Olympus, Fern vom Künftigen und Vergangnen, strömte Der Entzückungen Fülle. Arethusa Wallt im Scheine des Morgenroths nicht heller Als die Stunden der Liebe; doch sie rauschen, Adonide! wie Pfeile von Apollons Silberbogen dahin. Olympiaden Schwinden Amors Geweihten mit dem Eilflug Eines Tages im Lenzhain, wenn den Chortanz Lied und Flöte begeistern und mit Epheu Holde Mädchen den Kelch von Thasos krönen. Agerochos der alte Zaub'rer brannte Für die Priesterin, und zu ihren Füssen Schmolz sein ehernes Herz in wilder Flamme. Doch sie spottete sein, wie des Cyklopen Galatea die Nymph', und ihr Gedanke Flog zur seligen Insel, wo der Nachen, Wenn die Sonne meeruntergieng, dem Ufer Auf gerötheter Spiegelfluth entrauschte, Von Tritonen umschwärmt und Nereiden. Bläulich schimmert' auch oft (ein schaurig Wunder!) Wenn sie festlichbekränzt den Opferhymnus Am Altare begann, durch Weihrauchswolken, Am Gewölbe des Heiligthums die Gluthschrift: "Lieb', o Schöne, den Zaub'rer Agerochos! Seit Deukalions Fluth gebeut der Zepter Seiner Göttergewalt den Elementen, Hüllt die Scheibe des Monds in Rabenschwärze, Hemmt den brausenden Stromfall, heißt Palläste Von Rubinen und Gold der Erd' entschimmern, Winkt die Geister der Todten aus versunknen Sarkophagen empor, verwandelt Menschen Bald in Blumen der Flur und Haingestäude, Bald in schuppichte Wasserungeheuer, Bald in flammenbeschweifte Nachtphantome. Herrsch' auf stralendem Thron im Schooß der Bergkluft! Lieb', o Schöne, den Zaub'rer Agerochos!" Eine wächserne Tafel an der Felswand, Wo des Tempels Gebüsch an wilde Spalten Und volkanische Bergruinen grenzte, Gab dem schrecklichen Freyer drauf zur Antwort: "Wenn die Fichten der Oede von der Goldfrucht Der hesperischen Wundergärten schimmern, Wenn gesprenkelte Pardel mit Delphinen Und des wipfelumrauschten Aetnas Gluthen Mit kaukasischem Eise sich vermählen, Wird dem Herrscher der Bergkluft und Glyceren Hymens Fackel am goldnen Torus lodern." Wuth entfunkelte drob des Unholds Nachtblick. Einst als Kallias, in des Zaubermondes Lauer Dämmerung an Glycerens Busen Traulich kos'te, da scholl's, wie dumpfes Donnern In den Tiefen des Aetna, eh' der Gluthstrom Seine Wogen emporwälzt, aus den öden Felsenschlünden der hohen Berggehölze: Wetterwolken umlagerten den Vollmond; Durch die sausenden Lorbeerwipfel zuckten Blaue Leuchtungen und es rauscht' urplözlich, An zersplitternden Zweigen, ein umflammter Drachenwagen herab. Glycera bleicher Als penthelischer Marmor, und den Jüngling, Wie die Rebe den Ulmbaum, fest umschlingend, Glaubt' in stygisches Dunkel zu versinken; Denn mit Grausen erkannte sie im schwarzen Drachenlenker den Zaub'rer Agerochos. Als, umwunden vom Schwanenarm der Schönen, Die Adonisgestalt sich ihm enthüllte, Da, im Krampfe des Zorns, berührt' er beide Mit dem Zepter der Rache. Donnerwolken Bargen mystisch die Scene. Blize flammten Furchtbar über des Meeres grausem Abgrund. Bald verstummte der Nachtorkan; die düstern Wolkenheere verflogen und der Vollmond Schwebt' in freundlicher Herrlichkeit am Himmel. Doch er leuchtete nicht wie sonst dem holden Paar im Rosengebüsch; der Plaz war öde. Beide grünten als Mirthen, dicht am Wäldchen Wo der Grazien Marmorgruppe glänzte. Amor heiligte die verschränkten Zweige, Wo die Nachtigall gern, im Rosenmonde, In der Dämmerung sang, zum Laub der Liebe. Ein ephesischer Priester, der zu Kuma Mir dies Wunder erzählte, sah' als Knabe Oft, mit heiligem Grau'n, des weitberühmten Tempels prächtige Trümmer und die Waldbucht Wo der Nachen des kühnen Jünglings ruhte. Die Insel – Insularum Ocelle.Catull. Die umschlingende Fluth scheidet vom Weltgeräusch! Darum lockte mich stets deiner Gestade Ruh' Und die Dämmrung, o Insel, Deines duftenden Erlengangs. Hier im Ufergebüsch, wo, von der Eich' umwölbt, Sich durch Zacken von Tuff schäumend die Quell' ergießt, Ruh' am Abend ich einsam Auf der Klippe bemoostem Rand. Nachen rudern am Dorf, blinkender Barsche Tanz Deckt mit Kreisen die Fluth, daß der umschilften Burg Helles Zaubergemälde Oft in grünlicher Wallung bebt. Hier nur fühl' ich mich frei! hier nur entwölkt mein Blick Sich am Wogengeräusch! freundlich im Dämmerlicht Goldner Weiden begegnen Hofnung mir und Erinnerung; Malt mir diese den See, duftig im Abendstral, Unter Juliens Dorf oder bei Meillerie; Zaubert reizender jene Mir am Ufer ein Sorgenfrei. Pappeln grünen umher, häusliche Schwalben baun Unterm Strohdach, ein Quell sprudelt im Fruchtbaumhain, Heimlich dunkelt ein Gröttchen Hinter wankendem Epheulaub. Vögel schlagen am Teich, schwärmendes Wollenvieh Grast im Nachtigallbusch, wo dem gedämpften Klang Meiner ländlichen Leier Oft der schweigende Vollmond lauscht. Der Traum Stets im freundlichen Traum zaubert mein Genius Mir ein Hüttchen am See, unter der Dämmerung Deiner Felsengestade Wildromantisches Meillerie! Pappeln grünen umher, häusliche Schwalben baun Unterm Strohdach, ein Quell sprudelt im Fruchtbaumwald, Heimlich dunkelt ein Gröttchen Hinter wankendem Efeulaub. Vögel schlagen am Teich, schwärmendes Wollenvieh Grast im Nachtigallbusch, wo der gedämpfte Klang Meiner ländlichen Leier Oft im Schimmer des Mondes bebt. Die Insel Die umschlingende Fluth scheidet vom Weltgeräusch! Darum lockte mich stets deiner Gestade Ruh' Und die Dämmrung, o Insel, Deines duftenden Erlengangs. Wo, durch zackigen Tuff, unter der Eiche Schirm, Die Najade des Quells brausende Fülle strömt, Weil' am Abend ich einsam Auf der Klippe bemoostem Bord. Hier nur fühl' ich mich frei! Siehe! der Gram entschläft Mit verschleiertem Haupt. Freundlich, wie Cynthia Nach Gewittern, begegnen Hoffnung mir und Erinnerung. Malt mir diese den See, duftig im Abendstral, Unter Juliens Dorf oder bei Meillerie, Zaubert reitzender jene Mir am Ufer ein Sorgenfrei. Rosen kränzen den Hag, sonnige Traubenhöhn Steigen über des Thals Baumlabyrinth empor, Heimlich dunkelt ein Gröttchen Hinter wankendem Immergrün. Saaten wogen umher, schwärmendes Wollenvieh Gras't am Nachtigallbusch, wo der gedämpfte Klang Meiner ländlichen Leier Oft im Schimmer des Mondes bebt. Die Grazien An Salis. Glücklich ist der und hochgesinnt wie Götter, Der den Grazien opfert! seine Tage Fliessen hell wie Tage des Blütenmondes, Lieblicher Sänger! Unser Pokal, geweiht von Mädchenlippen, Unsre Leier, bekränzt von Mädchenhänden, Bleibe, bis Elysium winkt, den keuschen Göttinnen heilig. Wehe dem Manne dem sie zürnen! traurig Schweifen seine Gedanken erdwärts; Amor Und Lyäus senden ihm oft des ganzen Tartarus Qualen. Vestris Drei der gleichzeitigen Großen nennt Klio vor allen mit Ehrfurcht: Ferneys poetischen Greis, Brandenburgs Friedrich und mich. Ja, mein unsterblicher Fuß hat lange den Erdball bezaubert! Pudre mit Asche dein Haupt, Gallien! ach! er wird alt. Der jüngere Vestris in Lyon Luftig aus Aether gewoben, wenn du den Kulissen entschwebtest, Lieblicher Jüngling erschien mir deine Sylphengestalt. Nicht so der schönen Laide, die heut' in der Loge mit Bleistift Dir ein Entreebillet schrieb, zeigbar dem Kammermerkur. An die Grille Unter des Seethals Ulmen wandl' ich einsam. Feiernd schweigt die Natur, kein Lüftchen athmet; Nur dein leiser Abendgesang, o Grille, Tönt in den Blüthen. Als ich ein Knabe war, horcht' ich mit Wonne Deinem ländlichen Liede! Jahre schwanden, Meine Freunde sanken ins Grab, die Schöpfung Wurde mir öde. Wann ich gestorben bin, tön' aus der Moosgruft Rosen, opfert am hohen Waldgestade Salis meinem Schatten bethränte Kränze, Wonne der Wehmuth. Der Alpenwanderer Scandit inaccessos brumali sidere montes, Nec meminit lethi, nimbosve aut frigora curat. Claudian. Des Wand'rers Tritte wanken, Auf schmaler Kieselbahn, Durch wildverschlungne Ranken, Den Fichtenberg hinan. Wie bebt des Waldstroms Brücke, Der tosend sich ergeußt, Und Bäum' und Felsenstücke Jach in die Tiefe reißt! Jezt flieht die Nacht der Wipfel; Verklärt vom Sonnenstral, Gränzt an beschneite Gipfel Ein grünes Zauberthal. Hier bliebe, wonnebebend, Selbst Hallers Muse stumm. Wie groß, wie seelenhebend! Hier ist Elysium! Hier wo ein rein'rer Aether Um Götterhaine fließt, Aurorens Licht sich röther Auf hell'res Grün ergießt; Wo Freiheit in den Hütten Bei frommer Einfalt wohnt, Und Kraftgefühl die Sitten Des goldnen Alters lohnt; Hier wo die Heerde läutend Im Blumengrase geht, Und, Wohlgeruch verbreitend, Die Bergluft milder weht; Wo, von der Enziane Und Anemon' umblüht, Auf seidnem Rasenplane Die Alpenrose glüht; Hier wo die Seele stärker Des Fittigs Hülle dehnt, Hoch über Erd' und Kerker Emporzuschweben wähnt, Geläuterter und freier Der Sinnenwelt entflieht, Und schon, im Aetherschleier, An Lethes Ufern kniet. Doch, ach! der Zauber schwindet, Des Traumgotts Bildern gleich; Der enge Steinpfad windet Sich zwischen Felsgesträuch; Wild starren, matt vom Schimmer Der Abendsonn' erhellt, Gestürzter Berge Trümmer, Wie Trümmer einer Welt. Im hohen Raum der Blize Wälzt die Lawine sich, Es kreischt im Wolkensize Der Adler fürchterlich; Dumpfdonnernd, wie die Hölle In Aetnas Tiefen ras't, Kracht an des Bergstroms Quelle Des Gletschers Eispallast. Hier dämmern schwarze Gründe Wo nie ein Blümchen lacht, Dort bergen grause Schlünde Des Chaos alte Nacht; Und wilder, immer wilder Schwingt sich der Pfad empor; Bleich wallen Todesbilder Aus jeder Kluft hervor. Kalt wehn des Grabes Schrecken, Wo dräuend der Granit, In kühngethürmten Blöcken, Den Abgrund übersieht. Erzürnte Fluthen brausen Tief unter morschem Steg, Und Grönlands Lüfte sausen Am hochbeschneiten Weg. Der Wand'rer starr't von Eise, Sein Odem friert zu Schnee; Ein Glöckchen, dumpf und leise, Tönt fern am Alpensee; Der Hohlweg senkt sich tiefer; Durch Felsenzacken blickt Des Klosters dunkler Schiefer, Mit weissem Kreuz geschmückt. Erinnerung am Genfersee Die Sonne sinkt; ein purpurfarbner Duft Schwimmt um Savoyens dunkle Tannenhügel; Der Alpen Schnee entglüht in hoher Luft; Geneva malt sich in der Fluthen Spiegel. In Gold verfließt der Berggehölze Saum; Die Wiesenflur, beschneit von Blütenflocken, Haucht Wohlgerüche; Zephyr athmet kaum; Vom Jura schallt der Klang der Heerdenglocken. Der Fischer singt im Kahne, der gemach, Im rothen Wiederschein, zum Ufer gleitet, Wo der bemoosten Eiche Schattendach Die nezumhang'ne Wohnung überbreitet. Am Hügel, der die Fluthen weit umschaut, Schwebt die Erinn'rung lächelnd zu mir nieder, Und, gleich des Waldes erstem Frühlingslaut, Ertönt die lang' vergess'ne Leier wieder. So glänzte der Gefilde Maigewand, So glühte fern der Schnee, so friedlich hallte Der Heerde Läuten, als an Salis Hand Ich dort am Weidenbusch auf Blumen wallte. So lächelte die Fluth, so rosig schien Der Abendhimmel durch bewegte Zweige, So freundlich stralte durch Platanengrün Der Stern der Dämmrung, unsres Bundes Zeuge. Sein Lied erklang, die Wipfel neigten sich! Im Uferschilf sah' man den Seegott lauschen: Da schlug die Stunde! Trennung fernte mich, Und nur Zypressen hört' ich einsam rauschen. So weht den Schmetterling, der, kaum enthüllt, Am Halm der Klippe festgeklammert bebte, Der Sturm ins Meer, eh' noch im Lenzgefild Zum Rosenhain der Blumensylphe schwebte. Psyche Che altro ch'un sospir breve è la morte? Petrarca. Nur wo der Kindheit Rosenpfade dämmern Und im Dunkel des Todes wohnt der Friede! Darum dehnt, mit strebendem Flügel, Psyche Aengstlich den Schleier. Ahndend erhebt vom Grabthal zu den Räumen Des unsterblichen Lebens ihr Gedanke Auf entbundnen Fittigen sich; erbleichend Schwindet die Erde! Also entzückt ein süsser Traum den Schiffer In die heimische Flur, indeß Orkane Dräun und Blize fürchterlich schon den grausen Abgrund beleuchten. Die Nonne 1790. Der unbewölkten Luna Silberschein Wallt lieblich durch der Kirchhofbäume Laub, Und Blüthen, wie zum Todtenopfer, streun, Cäcilia, die Wind' auf deinen Staub! Dir lacht kein Mai, dir glänzt vom Sternenraum In lauer Sommernacht kein Vollmond mehr: Doch, wohl, Befreite, wohl dir, ach! dein Traum Im Lande der Entsagung war so schwer! Der Wahrheit Sonnenschimmer starben hier, Wie eine Flamm' in Grüften matt sich senkt; Auf Heiligenlegenden und Brevier Blieb deiner Kenntniß enger Kreis beschränkt. Dir hat die Zähmerin des Mißgeschicks, Die Tonkunst, ihre Zauber nicht enthüllt; Dein ganzer Hausrath war ein Kruzifix, Ein Todtenkopf und ein Madonnenbild. Am Fenster, welches Rebengrün umzog, Verlor sich oft ins weite Meer dein Blick, Und bebte, wann ein Schiff vorüberflog, Bethränter in des Kerkers Graun zurück. Bei Filomelens Abendlied umfloß Der Schwermuth Wolke dunkler dein Gesicht; Nur mit dem Hall der Sterbeglocken goß In deines Daseyns Nacht sich Morgenlicht. Ihr Himmelsboten, die ihr unsichtbar Der Menschheit hingesunkne Blumen hebt, Und um des Aberglaubens Weihaltar Im Säuseln hoher Friedensahnung schwebt: Ihr hörtet an des offnen Grabes Rand' Aus ihrer Brust den ersten Wonnelaut; Ihr saht, wie auf des Todes kalte Hand Sie Thränen, freudig schaudernd, hingethaut. Sie schlummert in der Espen Dämmrung dort, Wo fromm den Wandrer, der betrachtend steht, Ein Kreuz mit Namen, Jahr und Heimatsort, Um ein Gebet und eine Zähre fleht. Die neue Heilige Ich grub, da schon der Purpursaum Der Abendwolke blich, Ein Bild in den erwählten Baum Das deinem Bilde glich. Doch wars wohl nur ein Zauberspiel Der goldnen Fantasie, Was dem verzeichneten Profil Des Urbilds Züge lieh. Ich ahnte, wie Pygmalion, Des Blickes Feuergeist, Und eines Göttermundes Ton, Der Steine wandeln heißt. Da säuselte des Rasens Grün, Wie wenn, behend und leicht, Im Tanz die Elfenkönigin Die zarten Halme beugt. Ich fühlte, wie bei Geistergruß, Ein wundersames Wehn; Drauf hab' ich an des Baumes Fuß Ein Flämmchen wanken sehn; Das glitt am dunkeln Stamm hinan, Auf Oberons Geheiß, Und schlang sich um dein Bildniß dann, Ein silberheller Kreis; Sanft, wie der Schein um Rafaels Madonnenbilder stralt Und im Krystall des Wiesenquells Der stille Mond sich malt. An Thomann Dissolve frigus, ligna super foco Large reponens. Hor. Stürme sausen im Eichwald; seine Pfade Deckt des rauschenden Laubes brauner Teppich; Einsam trauren die Pfeiler der zerstörten Schattengewölbe. Wenig kümmert am Heerd, bey Hochheims Nektar, Uns der heulende Nord, wiewohl er Flocken Stürmt, die Quelle bepanzert und des Hainthals Tempe verödet. Sind des kehrenden Lenzes wir doch sicher, Der die Fluren verjüngt, den Hain beblütet Und aus himmlischer Urne des Entzückens Fülle vergeudet. Thomann! aber wie wenn sein linder Odem Statt, im Nachtigallbusch, uns Blütenblätter In die Gläser zu streun, auf unsrer Grüfte Rasen sie wehte? Heute duftet der Becher, heute röthet Uns die Glut der Gesundheit! spende Salben, Spende Mirthen zum Kranz, dem Heerd' entlodre Knatternd die Flamme! Rasch im Fluge die Freud' umarmen, leise Nur den Mund ihr berühren, wie die Biene Nektarblumen berührt, o Freund, versezt uns Unter die Götter. Lied eines Seefahrers Mein Schiff ruht endlich wieder! Du, meiner Väter Land; Ich fall' aufs Antliz nieder, Und küsse deinen Strand! Froh werd' ich die Altäre Der heimatlichen Höhn, Und froh die Wonnezähre Der Jugendfreunde sehn! Und Sie, die schon im Lenze Der goldnen Kinderzeit Sich bis zur dunkeln Grenze Des Lebens mir geweiht, Zum Kampf in Silbertönen Des Nachruhms mich beseelt, Und früh mein Herz dem Schönen Und Göttlichen vermählt! Wie oft, mit Sapphos Feuer, Nach Memphis Tempeln schwang Sich durch die Nebelschleier Der Trennung ihr Gesang! Mir wehte Frühlingsmilde, Wann am geliebten Ring Mit ihrem Onyxbilde Mein Aug' in Stürmen hieng. Einst schwebt' auf Wogenspizen Im Nachtsturm unser Schiff, Und, bleich erhellt von Blizen, Droht' ein Korallenriff: Psycharion! ich küßte Dein holdes Zauberbild; Schnell war die Wasserwüste Mit Götterglanz erfüllt. Nach Quell und Fruchtbaum schweiften Wir am verlaßnen Strand; Nur wilde Beeren reiften An heisser Kreidewand; Kein Zelt, kein Moosdach rauchte, Wo kaum ein Ränkchen schlich; In Sandgefilde tauchte Die Sonn' am Abend sich. Da war auf Ried und Moose, An rauher Felsenbank, Mein Zeitvertreib die Rose, Die deine Zähren trank, Als, durch der Mondnacht Schweigen, Zum Lorbeerhain du kamst, Und Erd' und Meer zu Zeugen Beym Schwur der Treue nahmst. Gedacht' ich dein, erglänzte Der Fluten düstres Blau, Und Blumengrün umkränzte Der Klippen ödes Grau; In jeder Woge malte Sich deine Lichtgestalt; Dein süsser Name stralte Vom Sternenchor umwallt. Wie lacht am Tempelhaine, Bespühlt von leiser Flut, Im goldnen Morgenscheine Mein väterliches Gut! Da theil' ich Herz und Habe Mit dir, Psycharion! Und lächle noch am Grabe Froh, wie Anakreon. Da bau' ich, leite Gräben, Bepflanze rings die Höhn, Seh Reblaub hier an Stäben, Dort an der Ulme wehn, Und weih' auf meinen Fluren Euch Rettern aus Gefahr Ein Feld, o Dioskuren! Mit Wäldchen und Altar. Stimmen am Genfersee 1. Der Genfersee 1790. Ihr, die zur Wonne der Götter und Menschen mein Alter verherrlicht, Zinnen des Ufers! o gönnt mir ein erheiterndes Wort. Lange schon raubt mir die Geissel der grollenden Bise den Schlummer, Auch hat mich Frankreichs Kourier ganz hypochondrisch gemacht. 2. Genf Horch! Millionen untadlicher Uhren, vom Strande Torneos Bis zu den Palmen des Kaps picken der Meisterin Lob. Nur mein politischer Seiger geht immer, seit Frankreich ihn stellte, Heute zwölf Stunden zu früh, morgen zwölf Stunden zu spät. 3. Genthod Dörflich erschein' ich dem Auge des Wanderers: aber seit Bonnet Hier ein Sabinum bewohnt, hab' ich mit London den Rang. Nah' dich dem Greise voll Andacht, o Fremdling! der göttlich zu leben Und was die Vorsicht verhängt, still zu erwarten dich lehrt. 4. Versoy Choiseul baute mir Straßen, doch wurden die Häuser nicht fertig Und an den Rissen zum Port nagt schon seit Jahren der Wurm. Hätt' ich nicht noch die Fabrik der berühmten Argandischen Lampen, Sicherlich spräche von mir unter der Sonne kein Mensch. 5. Kopet Selten erfreut' ich mich lange des Eigners im zierlichen Schlosse. Mancher Geweihte Merkurs wurde durch mich zum Baron. Jetzt bin ich Neckers: doch der hat Frankreichs Gebrechen zu heilen, Darum bescheid' ich mich gern, wenn er die meinen vergißt. 6. Nyon Sieben Konditorn gewähr' ich seit Jahren den blühendsten Wohlstand, Aber beim Bücherverkehr sänk' ich in Armuth und Schmach. Jetzo regiert mich, als Bernischer Landvogt, ein Liebling der Musen; So wird nun auf dem Parnaß endlich auch meiner gedacht. 7. Rolle Chandler erkohr mich zum Wohnsitz, der Britte, den Griechenlands Himmel Von der Akropolis einst bis nach Miletus umglänzt. Gibbon besuchte mich oft, auch jubelt im Roguinschen Saale, Eben ein deutscher Poet faunisch beim Blindekuhspiel. 8. Aubonne Daß ich Taverniers Palme verdiente, durch Landschaft und Umsicht, Hat auf dem Bougy-Signal mancher Ulysses bezeugt. Aber ich selbst präsentire dem Reisenden einzig mit Vortheil Mich in der Ferne, wie Maynz, Konstantinopel und Kölln. 9. Lausanne Seit auch ein Modenkalender die Wunder der Traubenkur feiert, Welche doch Tissot, mein Sohn, längst als Apostel verhieß, Bin ich ein Mekka geworden für preßhafte Standespersonen; Eng' in Gemächern des Dachs hausen die Meinen mit Noth. 10. Vevey Zärtliche Seelen die lange nach Frieden vergebens geschmachtet, Finden den Talisman hier oder im Dunkel der Gruft. Stille des Herzens und süßes Vergessen erduldeter Qualen Hab' ich schon manchem St. Preux freundlich nach Stürmen gewährt. 11. Schloß Hauteville Kennst du Paris und Lyon, so bist du hier völlig zu Hause, Galliens Urbanität ward mein beneidetes Loos. Sieh! meine Damen sind geistvoll und schön und mein edler Gebieter, Aehnlich dem Ritter Bayard, ist ohne Tadel und Furcht. 12. Clarens »Wo war des Kusses Bosket? Elysiums Rosenhain? Wolmars Feenschloß? Ach! und wo ruht Juliens heiliger Staub?« Jüngling! o forsche nicht weiter. Du siehst, wie die Fackel der Wahrheit Hier auch dem Sylfen des Wahns grausam die Flügel versengt. 13. Villeneuve Grafen und Lords und Marquis gehn vornehm und kalt mir vorüber, Und nur im Nothfall gedenkt meiner ein Reiseroman. Still, um des Himmels Vergeltung, gewähr' ich der pilgernden Armuth Wirthlich in meinem Spital, Obdach, Erquickung und Rast. 14. Roche Haller der Große hier weiht' er den Musen sechs glückliche Jahre. Siehst du das Laubkabinet unter den Linden am Teich? Dort hat, beim Schimmer des Mondes, Alpina die göttliche Nymphe, Dankbar dem Liebling die Stirn mit Immortellen bekränzt. 15. Meillerie Trotz meiner Hungerbaracken, bewohnt nur von Söhnen der Hoffnung Welche das täuschende Netz täuschenden Fluthen vertraun, Weicht mir an Glorie selbst Vauklüsas unsterblicher Name Seit mich des Genius Hand weihend im Fluge berührt. 16. Evian Nichts hätt' ich Aermste vor dieser erlauchten Versammlung zu sagen, Strömte nicht segnend ein Born hier mineralisches Heil. Meinen durchlöcherten Leibrock, umflattert vom cynischen Mantel, Hält man, als Landeskostum, mir Savoyardin zu gut. Bonnet Wolken erheben sich nie bis zur Stirn dieses heiligen Greises, Und in Aurorens Gestalt winkt ihm der lächelnde Tod. So wie der Hirt auf den Alpen in sonniger Heitre den Donner Hört aus umnachtetem Thal, hört er der Leidenschaft Sturm. Die Gemme Des Pyrgoteles Gemme liegt in Trümmer! Lang' am Nektarpokal der Huldgöttinnen Selbst den Musen ein Wunder schien Homeros Apotheose. Diesen köstlichen Stein, o Künstler, senden Dir die Grazien, eine Tempelrunde Auf geschlifnem Azur dem Kelch zur neuen Zierde zu bilden. Auf jonischen Säulen laß die Kuppel Ruhn; am Blumenaltar erheb' ein Brustbild, Das mit heiligem Laub' Apoll und Paphos Herrscherin kränzen. Dieser Adern Gewebe müß' als Lorbeer Des Unsterblichen Denkmal überbreiten; Bildwerk schmücke den Fries, den Altar Wielands Ewiger Name. Der Wald – me gelidum nemus Secernit populo. Horat. Herrlich ists im Grünen! Mehr als Opernbühnen Ist mir Abends unser Wald, Wenn das Dorfgeläute Dumpfig aus der Weite Durch der Wipfel Dämmrung hallt. Hoch aus mildem Glanze Streut im leichten Tanze Mir das Eichhorn Laub und Moos; Fink' und Amsel rauschen Durch die Zweig' und lauschen Rings im jungen Maigesproß. Fern am Ellernholze Grast in Ruh' der stolze Kronhirsch längs dem Weidendamm; Ueberhüllt von Laube Girrt die Ringeltaube Im Gerank am Eichenstamm. In der Abendhelle Funkelt die Libelle, Sanft am Farrenkraut gewiegt; Mückenschwärm' erheben Sich aus Binsengräben Und der braune Schröter fliegt. Iris und Ranunkel Blühn im Weidendunkel, Wo durch Tuf die Quelle schäumt, Die mit Spiegelglätte Dort im Rasenbette Wies' und Birkenthal umsäumt. Ob dem Felsenpfade Schimmert die Kaskade, Wie ein flatternd Silberband. Hell durch Laubgewimmel Blinkt der Frühlingshimmel, Und der Berge Schneegewand. Zauberisch erneuen Sich die Phantaseyen Meiner Kindheit hier so licht! Rosenfarbig schweben Duftgebild', und weben Ein elysisch Traumgesicht. Abendgemälde Durch Birkenlabyrinthe Malt abendliche Glut Mit warmer Zaubertinte Des Rohrbachs leise Flut; Bepurpurt fliehn die Wellen Hinab zum Gartenteich, Umhegt von Steinkornellen Und glattem Nußgesträuch. Gebirg und Hain verschmelzen Im rötlichen Gedüft; Der Mühle Flügel wälzen Sich an umzäunter Trift; Aus dunkler Fichtengruppe Wallt am beschilften Moor In dichtgedrängtem Truppe Das leichte Wild hervor. Die alte Ritterveste Hebt kühn im goldnen Glanz Des Thurms bemooste Reste Aus finstrer Ulmen Kranz; Matt glüht, im bleichern Strale, Von Eppich halb verhüllt, Am gothischen Portale Der graue Wappenschild. Wann Feyn und Geister walten, Erstehn, wie Nebelduft Im Mondlicht, die Gestalten Der Helden aus der Gruft. Die Dunstgebilde wallen, In düstrer Majestät, Im öden Raum der Hallen, Vom hohen Gras umweht. Fern ob dem blauen Strome, Am Felsen wild und schrof, Winkt, unterm Schattendome Der Eich', ein Fischerhof. Die Quell' entschäumt der Klippe, Mit Funken blaß bestreut, Vom alten Baumgerippe Romantisch überdräut. Umgrenzt von Hain und Matten, Wie Yoriks Meierei, Blikt aus Platanenschatten Ein ländlich Sorgenfrei. Hier grünen Thyrsusstäbe Bey Wies' und Gartenland; Dort ringelt ihr Gewebe Die Bohn' an weisser Wand. Am Fenster glüht die Nelke, Um Rosen schwärmt der West; In Ruh baut am Gebälke Die treue Schwalb' ihr Nest; Dumpf schwirrt am Brunnentroge Der kleine Bienenstaat; Des Aehrenfelds Gewoge Rauscht leis' am Hügelpfad. O selig, wer sein Leben Der Selbstgenügsamkeit, Umgrünt von eignen Reben, Am Vaterheerde weiht! Auch mir, auch mir, vom Schwarme Der Narrenbühne fern, Blinkt einst am Freundesarme Der Dämmrung schöner Stern. Dann mag in Spiegelsälen Der Maskenball sich drehn, Auf trüben Lustkanälen Die Gondelflagge wehn, An starren Taxuswänden Des Indus Flora blühn, Und matt aus Marmorblenden Der Quelle Silber sprühn. Mich lokt zum Wiesenplane Der Mädchen Abendreihn; Mich reizt im leichten Kahne Des Vollmonds milder Schein; Mich labt der Weste Fächeln Am Hainquell; mich entzückt Ein Veilchen, das mit Lächeln Adelaide pflückt. Trinklied Selig beim funkelnden Nektar vergessen Traurer des dunkelnden Grabes Zipressen, Locken und Becher von Rosen umglüht. Auf! eh' die moosigen Hügel uns winken Wonne von rosigen Lippen zu trinken; Huldigung Allem was jugendlich blüht! Alpenreise An Friederike Brun, geb. Münter. 1791. Süß athmen die Blüten am stürzenden Bach, Hoch lächelt am Hügel manch friedliches Dach, Umkreist von grünen Gehegen, Dem Wandrer entgegen. Die Lüfte wehn reiner, die Unterwelt flieht, Die Pfade sind schattig, der Cytisus blüht. Wie mild ergeußt sich die Frische Der Balsamgebüsche! Wie schimmert das Grün der arkadischen Flur! Wie glänzen die Thäler von Gold und Azur! Wie blinkt im wolligen Kleide Die silberne Weide! Wie funkelt der Bäche mäandrische Flut! Wie dämmern die Hügel von Heerden umruht! Wie glühn, in blendender Reihe, Die Berg' in der Bläue! Dem Tempe des Friedens von Heerden bewallt, Entwinden die steinigen Pfade sich bald, Der Schlund am Felsen wird enger, Die Düsternis bänger. Nun sterben die Laute beseelter Natur; Dumpftosend umschäumen Gewässer mich nur, Die hoch an schwarzen Gehölzen Dem Gletscher entschmelzen. Wo Felsen den wütenden Stromfall umdräun, Da wandl' ich im Schauer der Wildniß allein, Und seh' mit traurigem Sinnen Die Fluten verrinnen. Hier wandelte nimmer der Odem des Mais; Hier wiegt sich kein Vogel auf duftendem Reis; Nur Moos' und Flechten entgrünen Den wilden Ruinen. Wie Hesper vom Purpur des Abends umwallt, O Freundin, so lächelt mir deine Gestalt, Und hellt mit mondlicher Milde Des Todes Gefilde. O Freundin! ich denke mit Lust und mit Weh Des Hügels, wo wir, unter Eichen, am See, Im Geist' all unsern Vertrauten Ein Hüttchen erbauten. Noch tönet, wie leiser Harmonikaklang, Mir tief in der Seele dein süsser Gesang. Du rührst im Grazienschleier Die lesbische Leier. Hell schwebt noch, im abendlich duftigen Flor, Das Eiland der friedlichen Saone mir vor, Wo jüngst wir unter Syringen Im Dämmerlicht gingen. Noch wähn' ich die Thäler im Blütengewand, Noch wähn' ich, die Wälder am Nachtigallstrand Des Sees und Agathons Hallen Mit dir zu durchwallen. Das Zaubergemälde der Täuschung zerrinnt, Wie Nebelgestalten im sausenden Wind; Kalt sprühn um wehende Locken Mir schneiende Flocken. Jezt neigt sich allmählich von eisigem Plan An steiler Granitwand hinunter die Bahn. Wie dräun, halb dunstig umflossen, Die Felsenkolossen! Oft reissen hoch aus der Umwölkungen Schooß Mit Donnergetöse die Blöcke sich los, Daß rings in langen Gewittern Die Gipfel erzittern. Tief schlummert hier unter dem Trümmergestein Am einsamen Kreuz der Erschlagnen Gebein. Der Wandrer meidet mit Schauer Die Stäte der Trauer. Ruht sanft, o ihr Todten, im Wolkenrevier. Der Odem des Ewigen wandelt auch hier. Empfangt, statt Lorbeer und Rose, Dies Opfer von Moose. Dort senkt sich, so schaurig und still wie die Gruft, Ein Pfad über Schiefer aus nächtlicher Kluft, Wo Todesahndungen walten Um gräßliche Spalten. Ihn wandelt der Jäger der Gemsen, im Graun Der feuchtenden Wolke, mit kühnem Vertraun, Und späht, im treuen Geleite Der Hunde, nach Beute. Oft dringt er im Lauf der herkulischen Jagd Durch kaltes Geträufel und Schlünde voll Nacht Hinunter zu der Kristalle Cimmerischer Halle. Ich folge dem Starken; im Kampf mit Gefahr Erhebt sich, wie machtvoll zur Sonne der Aar, Der Geist aus kerkernden Schranken Zu Göttergedanken. Bald endet am schwankenden Stege die Kluft. Wie lieblich sich unten aus magischem Duft Die Pyramidengestalten Der Tannen entfalten! So lächelt, nach Wogengetümmel und Sturm, Dem nächtlichen Schiffer der leuchtende Thurm Durch Nebel, welche die Auen Der Heimat umgrauen. In Herrlichkeit ragen, am Westhorizont, Die Riesen der Alpen, schon röther besonnt. Wie sanft sich östlich mit Bäumen Die Triften besäumen! Die Schneewelt umschleiert ein weißliches Grau; Fern glänzen die Blumengefilde vom Blau Der Soldanelle verkündet; Die Wüste verschwindet. Schon senkt sich der Abend. Im röthlichen Schein Winkt, unter den Felsen am Lerchenbaumhain, Die Eremitenkapelle Mit moosiger Zelle. An Salis Durch der Alpengewälde Nacht, am Tosen Wilder Ströme der Tief', o Salis, wandelt Ueber Wolken dein Freund am grauen Bernhard Sinnend und einsam. Aus Gedanken der Schwermut weckt mich plözlich Hier am Zackengeklipp' der Sturz der Dranße; Hochauf siedet der Schaum, dumpf brüllt der Klüfte Donnernder Aufruhr. Herrlich kleidet die Felswand ob der Brücke, Von den Wogen des Abgrunds bis zum Gipfel Mit dem luftigen Kreuz, der Alpenrose Brennender Purpur. Höher streb' ich empor; mit jedem Schritte Beut die schimmernde Blumenwelt voll neuer Wunderformen im reichsten Schmelz ein schönres Zaubergemälde. Hier auf duftendem Grün, im Sonnenglanze, Wiegt, o reizendes Bild! wie auf safirner Urn', am Saume der blauen Enziane Sich der Apollo. Ziegen weiden umher; die Alpenlerche Singt ihr einsames Lied; aus fernen Thälern Schallt das Muhen der Heerd' und ihrer Glocken Dumpfes Geläute. Dein gedenk' ich, o Salis, mit der Sehnsucht Heisser Thräne! der Berge Pracht umfloren Plözlich trübende Schleier; nur dein Bildnis Dämmert im Nebel. Der Gemsenjäger 1791. Wer mit herkulischer Stärke der flüchtigen Gemse sich nachschwingt, Scheint mir in Bettlersgestalt noch ein Erkohrner des Glücks. Stürzt' ihn auch feindlich Kronion in Tiefen des Jammers: er bliebe Doch durch den eisernen Arm selbst sich ein mächtiger Gott. Die Alpenhirten Unten im Rauch' und Gerassel der Städte, wie dünkte des Hirten Patriarchalischer Stand oft so beneidenswerth mir! Und ich erklimmte die Berge den Glücklichen selber zu grüßen, Doch da zerflossen wie Dunst plötzlich die Bilder des Wahns. Wißt! auf den Triften der Alpen, treibt heerdengesegnet ein Völkchen Wünschend und fürchtend wie wir, nimmer befriedigt sein Werk. Du, der Genügsamkeit Blume! wo diesseits der Lethe dich finden? Ach! nur im Lande der Fee'n, unter dem singenden Baum. Nachtstück Schaurig flüstern die Gräber, melancholisch Blickt durch wehendes Laub der Vollmond; lichtscheu Taucht im Dunkel des Uhus Flug; im Glanze Schwärmt die Phaläne. Kühn am graulichen Kirchthurm kreucht der Efeu Bis zum Glockengebälk; nur du verdorrtest, Die den Hügel des Freundes leis' umrauschte, Weide der Thränen! Geisterlispel entwehn der Aetherwüste; Von den Sternen durchdämmert, graun im Mondstral Trübe Nebelgebild' am lichten Saume Schwarzer Gewölke. Wie so feierlich der Entschlafnen Hügel Sich im schlummernden Lichte rings erheben! Die nur sparsam begrünt, mit Ranken andre Dicht überwildert. Kreuze weihte die Armuth hier zum stillen Denkmal häuslicher Tugend, werth des Marmors Der Triumphe verherrlicht, werth der schönern Zähre der Nachwelt. Hell am alternden Beinhaus glänzt ein Grabstein; Statt heraldischen Prunks winkt eine Rose, Statt der Schriften von Gold liest mein bethräntes Auge: So war Sie! Dich, o ländlicher Jüngling, der mit roher Kunst dem Grabe der Braut dies Mal gebildet, Deckt ein Hügel zur Seite, von Zypressen Düster beschattet. Ländliches Denkmal Kreuze weihte die Armuth hier zum stillen Denkmal häuslicher Tugend, werth des Marmors Der Triumfe verherrlicht, werth der schönern Zähre der Nachwelt. An der Linde des Kirchhofs winkt ein Grabstein. Statt heraldisches Prunks, nur eine Rose! Statt der Schriften von Gold, nur schwarze Lettern: »Leser, so war Sie!« Ihn, den dörflichen Jüngling, der mit roher Kunst dem Grabe der Braut dies Mal gebildet, Deckt ein Hügel zur Seit', in deiner Dämmrung, Weide der Thränen! Das Kloster Der Westgewölke Purpursaum ergraut, Aus Tannendunkel steigt der Mond empor, Die Winde seufzen bang im Haidekraut, Der Elfen Tanz webt leis' am Weidenmoor. Des hohen Pharus trübe Leucht' entglimmt Am schroffen Vorgebirg' im Abendduft, Des Eilands weisse Klippenreih' verschwimmt, Gleich einem Nebelstreif, in Wog' und Luft. Die Thürme der verödeten Abtei Entragen schauervoll im bleichen Licht Dem wildernden Gesträuch der Felsenbai, Wo dumpfig sich die matte Woge bricht. Wo Rüstern dort ein heilig Dunkel streun, Und um des Doms Portal sich Efeu dehnt, Weilt die Melancholei im Vollmondschein, An Grabmaltrümmer sinnend hingelehnt. Durch Eiben blickt ein Beinhaus halb zerstört; Die Distel wankt am grauen Tempelthor, Das längst nicht mehr dem Flug der Eule wehrt; Im Bildwerk baut die Schwalb' am hohen Chor. Kaum deuten in der Bögen Düsternheit Geschwärzter Scheiben Reste, dort und hier Im Blei der Fenster sparsam noch verstreut, Der Glasgemälde gothischfromme Zier. Der Hochaltar, von dürrem Gras' umrauscht, Die Stufen ausgerundet vom Gebet, Zeugt noch wie oft, von Seraphim belauscht, Der Andacht Flammenseufzer hier geweht. Nun flüstern einsam nur die Wind' im Dom; Der Beichtstuhl trauert von der Spinn' umflort; Die Orgel wälzt nicht mehr der Töne Strom Durch die Gewölbe majestätisch fort. Der Hymnen Feierjubel sind verhallt; Kein Marmorbild glänzt mehr vom Opferduft Der Weihrauchwolke festlich überwallt, Und jene Beter sanken in die Gruft. In dieser Blende flimmte schwermutsvoll Die heilge Lampe, wenn der Chorgesang Der Jungfraun durch die Mitternacht erscholl, Und sich ihr Herz dem Weltgefühl entrang. Dann wähnte, seiner Nebelhüll' entflohn, Ihr Geist, hoch über Schmerz und Sinnenwahn, Im unbewölkten Glanz der Gottheit schon Die Krone der Vergeltung zu empfahn. Der Tempel schwieg, wenn dumpf die Glock' erklang; Gehemmt sank erdwärts der Gedanken Flug; Der Hallen weisse Grabsteinwänd' entlang Verschwand im Dunkel der Vestalen Zug. Noch soll der Schiffer, wenn Orkane dräun, Am alten Dom sie warnend schweben sehn; Ein matter Feuerglanz zuckt am Gestein Wo Meteoren gleich die Schleier wehn. Die Blumenkette der Geselligkeit Durchschlang, o Jungfraun, eure Pfade nicht! Euch spendete des Lebens Rosenzeit Nur welke Kränze wie der Gram sie flicht. Der Muttername, für ein zärtlich Ohr Der Stimme der Natur noch unentwöhnt, Der höchste Zauberklang im Schöpfungschor, Hat nie den Himmel euch ins Herz getönt. Vernichtung dräute schon, als euer Loos Euch zum Altar der Opferweihe rief, Dem Funken der vielleicht in euerm Schooß Zu Luthern und Timoleonen schlief. Wie mancher Heloise glühend Herz, Im Kampf mit Pflicht und Leidenschaft erkrankt, Hat bis zum lezten Schlag mit Todesschmerz Hier zwischen Abelard und Gott geschwankt! Ihr, längs dem finstern Kreuzgang hingereiht, Bemooste Zellen! vom Gesträuch umbebt, In deren Oede der Vergangenheit Gebild' erstehn und Geistersäuseln schwebt: In euern Mauern starb der Jugend Reiz Eh' seine Fülle noch der Knosp' entschwoll, Und auf der Dulderinnen Todtenkreuz Goß Liebe nie der Zähre lezten Zoll. (Die Alpenros' auf Bernhards wilden Höhn Glüht einsam oft an schwarzer Klüfte Moos Und senkt der Schönheit Purpur ungesehn, Vom Sturm entwurzelt in der Fluten Schooß.) Beim Klosterthurme schlummert ihr Gebein, Wo scheu des Uhus träger Fittig streift, Und graunvoll, statt geweihter Kerzen Schein, Am hohen Schilf des Irrlichts Flamme schweift. Die Rose, die der Unschuld Farbe trägt, Sah' jeder Lenz vor Alters hier entblühn, Und Sinngrün von der Freundschaft Hand gepflegt Verwebte sich mit Mirth' und Rosmarin. Auch bebt' es oft, wie die Legende lehrt, Gleich Engelstönen durch die Abendluft; Die Kirchhofmale glänzten wie verklärt, Und jedem Grab' entwallt' ein goldner Duft. Romanze 1791. Ein Fräulein klagt' im finstern Thurm Am Seegestad' erbaut. Es rauscht' und heulte Wog' und Sturm In ihres Jammers Laut. Rosalia von Montanvert Hieß manchem Troubadour Und einem ganzen Ritterheer Die Krone der Natur. Doch ehe noch ihr Herz die Macht Der süßen Minn' empfand, Erlag der Vater in der Schlacht Am Sarazenenstrand. Der Ohm, ein Ritter Manfry, ward Zum Schirmvogt ihr bestellt; Dem lacht' ins Herz, wie Felsen hart, Des Fräuleins Gut und Geld. Bald überall im Lande ging Die Trauerkund' umher: »Des Todes kalte Nacht umfieng Die Rose Montanvert.« Ein schwarzes Todtenfähnlein wallt Hoch auf des Fräuleins Burg; Die dumpfe Leichenglocke schallt Drei Tag' und Nächt' hindurch. Auf ewig hin, auf ewig todt, O Rose Montanvert! Nun milderst du der Wittwe Noth, Der Waise Schmerz nicht mehr. So klagt' einmüthig Alt und Jung, Den Blick von Thränen schwer, Vom Frühroth bis zur Dämmerung, Die Rose Montanvert. Der Ohm in einem Thurm sie barg Erfüllt mit Moderduft. Drauf senkte man den leeren Sarg Wohl in der Väter Gruft. Das Fräulein horchte, still und bang, Der Priester Litaney'n; Trüb' in des Kerkers Gitter drang Der Fackeln rother Schein. Sie ahnte schaudernd ihr Geschick, Ihr ward so dumpf und schwer; Im Todesgraun erstarb ihr Blick, Sie sank und war nicht mehr. Des Thurms Ruinen an der See Sind heute noch zuschaun. Den Wandrer faßt in ihrer Näh' Ein wundersames Graun. Auch mancher Hirt verkündet euch, Daß er, bey Nacht, allda Oft, einer Silberwolke gleich, Das Fräulein schweben sah. Rousseaus Grotte bei Lyon 1792. Zwischen romantischen Felsen, am Ufer des friedlichen Stromes, Wölbtest du, Mutter Natur! deines Geliebten Asyl. Buchen verschränken sich über dem Epheuportal und aus Moose Riefst du ein Quellchen, ihm sanft Schlummer zu rauschen, hervor. Fleh' um das Gute zum Schönen! hier wo sich entschleiert mein Antlitz Ihm, unter Sphärengesang, neigte zu trautem Gespräch. Seit mit erhabnem Erkühnen des Mächtigen Genius waltet, Hat mich das Menschengeschlecht wieder als Mutter erkannt. Die Wallfahrtskapelle Dicht an der Wallfahrtskapelle winkt fröhlich ein gastlicher Weinkranz. Himmlisch und irdisch gestärkt steht hier der Glaube nur fest. Landwein und Kümmelbrod locken den Diener zur heiligen Messe; Billard und Spieltisch den Herrn zum literarischen Klubb. Die Wallfahrtskapelle Sieh, bei der Wallfahrtskapelle, den Rebenkranz! Unwiderstehlich Flüstert er, schwingend im West, durstigen Pilgern: Herein! Hungrigen rufen die Schilde mit Messer und Gabel: Willkommen! Irdisch und himmlisch erquickt steht ja der Glaube nur fest. Vauklüse 1792. Einsam grünender Oelbaum, der am wilden Moosgesteine sich traurend hinbeugt, athme Kühlung über den Fremdling; Sommergluten Sprühte der Maitag. Hier wohnt Stille des Herzens; goldne Bilder Steigen aus der Gewässer klarem Dunkel; Hörbar waltet am Quell der leise Fittig Segnender Geister. Fleuch, des Künftigen Traum! verwallt in Nebel, Eitle Schattengebilde des Vergangnen! Einen Tropfen der Lethe nur, und Psyche Schauert vor Wonne. Vauklüse 1792. Nebelgedüfte von Sternen durchflimmert, wie Ossians Geister, Schweben am Felsenkoloß über der brausenden Fluth. Also erschien hier den Träumen Petrarkas die Wolke des Todes Oft von den Sternen durchstralt, in der Verherrlichten Kranz. Nachruf Dein gedenken werd' ich auf der Höhe, Wo durch Birken die Ruine blickt, Dein, wenn ich des Berges Tannen sehe, Wo du mir den Strauß gepflückt! Wallst du, fern von diesem Paradiese, Heimathwärts im ernsten Abendlicht, Dann vergiß des Labequells der Wiese, Dann des Pappelwäldchens nicht! Heute schimmert uns im Alpenthale Noch durch Blüthenlaub der Berge Schnee, Heute grüßt, bei Hespers goldnem Strale, Philomel' uns noch am See: Morgen hüllt dich schon die Nebelferne Jenseits jener dunklen Fichtenhöhn. Ach! in welchem Land', auf welchem Sterne Werden wir uns wiedersehn? Der Bund Sie an Ihn. Hast du's in meinem Auge nicht gelesen, Was ungestüm dein Mund seit gestern fragt? Ich ahnd' in dir das gleichgeschaffne Wesen Und meines Daseyns öde Dämmrung tagt. In dunkler Wolke webt, mit leiser Hand, Die Sympathie geheimnißvoll ihr Band. Empfang', Ersehnter, diese Freudenzähre, Zum Dank, daß du den Himmel mir enthüllt! Der Erd' entführt ins Thal der Schattenchöre Einst Psyche nur allein dein holdes Bild: So rettete von Tauris wildem Strand Sein Heiligthum Orest ins beßre Land. Du den ich kühn aus Tausenden erwähle, O Schöpfer hoffnungsvoller Blütenzeit! In diesem Kuß nimm meine ganze Seele, In diesem Ring das Pfand der Ewigkeit. Am Sternenhimmel flammt das heilge Wort: Der Geister Einklang tönt unendlich fort. Erinnerungen Am Seegestad', in lauen Vollmondnächten, Denk' ich nur dich; Zu deines Namens goldnem Zug verflechten Die Sterne sich. Die Wildniß glänzt in ungewohnter Helle, Von dir erfüllt; Auf jedes Blatt, in jede Schattenquelle Malt sich dein Bild. Gern weil' ich, Grazie, wo du den Hügel Hinabgeschwebt, Leicht wie ein Rosenblatt auf Zefyrs Flügel Vorüberbebt. Am Hüttchen dort bekränzt ich dir umflossen Von Abendglut, Mit Immergrün und jungen Blütensprossen Den Halmenhut. Bei jedem Lichtwurm, in den Felsenstücken, Als ob die Feen Da Tänze webten, riefst du voll Entzücken: Wie schön! wie schön! Wohin ich blick' und geh', erblick' ich immer Den Wiesenplan, Wo wir der Berge Schnee mit Purpurschimmer Beleuchtet sahn. Ihr schmelzend Mailied weinte Filomele Im Uferhain; Da fleht' ich dir, im Blick die ganze Seele: Gedenke mein! Lied aus der Ferne Wann, in des Abends letztem Scheine, Dir eine lächelnde Gestalt, Am Rasensitz im Eichenhaine, Mit Wink und Gruß vorüberwallt: Das ist des Freundes treuer Geist, Der Freud' und Frieden dir verheißt. Wann in des Mondes Dämmerlichte Sich deiner Liebe Traum verschönt, Durch Cytisus und Weymutsfichte Melodisches Gesäusel tönt, Und Ahndung dir den Busen hebt: Das ist mein Geist der dich umschwebt. Fühlst du, beim seligen Verlieren In des Vergangnen Zauberland, Ein lindes, geistiges Berühren, Wie Zefyrs Kuß, an Lipp' und Hand, Und wankt der Kerze flatternd Licht: Das ist mein Geist, o zweifle nicht! Hörst du, beim Silberglanz der Sterne, Leis' im verschwiegnen Kämmerlein, Gleich Aeolsharfen aus der Ferne, Das Bundeswort: Auf ewig dein! Dann schlummre sanft; es ist mein Geist, Der Freud' und Frieden dir verheißt. Wiederhall Auf ewig dein! Wenn Berg' und Meere trennen, Wenn Stürme dräun, Wenn Weste säuseln oder Wüsten brennen: Auf ewig dein! Beim Kerzenglanz im stolzen Marmorsaale, Beim Silberschein Des Abendmonds im stillen Hirtenthale: Auf ewig dein! Senkt einst mein Genius die Fackel nieder, Mich zu befrein, Dann hallts noch im gebrochnen Herzen wieder: Auf ewig dein! Phantasie Wenn der Morgen sich röthet, wenn des Abends Goldgewölke die Fichtenhöhn beleuchten, Wenn die heiligen Sterne schimmern, denk' ich Dein, o Geliebte! Dann vernehm' ich, mit Geistesohr, die Laute Deiner Grazienlippen; sanfter hallt nicht Aeols Harfengetön' in Philomelens Wehmuthsakkorde. Dann erscheinen mir, im Erinnrungstraume, Hirtenfluren, umragt von Alpengipfeln, Wo, nach Blumen zu spähn, du in des Aufgangs Glorie wandelst. Dann beseligt mich, bei der Eiswelt Wundern, Dein Entzücken, und deiner Frühlingswange Dunkler flammende Röthe, bei des Montblancs Abendverklärung. Dann durchgleiten wir, in umschäumter Barke, Des lemanischen Halbmonds grüne Fluthen; Froher spiegelt sich Phöbus nirgends, froher Nirgends Diana. Dort bei Meillerie weihtest du dem Jüngling, Den ein feindlicher Stern aus Amors Himmel In den Tartarus öder Felsen bannte, Thränen des Mitleids. Hier, bei Juliens Dorf, am Burggemäuer, Windest glänzenden Epheu du zum Kranze, Den, mit sinnendem Ernst, wir fromm der Unschuld Genius opfern. Schon birgt hinter dem Jura sich die Sonne, Und mit bläulichem Scheine flimmt der Glühwurm; Horch! des wirthlichen Dörfchens dumpfe Glocken Mahnen zur Heimkehr. Sonnen sinken und steigen; Lenze werden Blühn und sterben: Doch keine Morgenröthe, Doch kein kehrender Frühling, ach! vereint auf Erden uns wieder. Unsre Pfade sind fern und weit geschieden! Blüthen wehn auf den einen, dürre Blätter Auf den andern herab: Doch beid', o Wonne! Leiten zum Grabe. Wenn das meine sich längst, nur von Aurorens Thränen einsam bethaut, mit Halmen deckte, Werden Mirten, o Freundin, dir der Locken Fülle noch kränzen! Dich, Vertraute der höhern Welt, beschwör' ich Beim unsterblichen Einklang edler Seelen: Laß im reinsten der Herzen dann des Freundes Bild nicht erbleichen! Lezter Trost Dumpf rauscht der See, von Nebeln übergraut, Der Glühwurm flimmt im schwarzen Burggemäuer; Die Nachtluft, bang und schwer wie Geisterlaut, Saust an der Klippe finsterm Efeuschleier. Wo schwankend hier des Abgrunds Tanne knirrt, Und graunvoll aus der Uferklüfte Schatten Des Todtenvogels träger Fittig schwirrt, Fühl' ich der Sehnsucht wilden Schmerz ermatten. Mit jedem Blick der heilgen Sterne, fällt (Wie wenn die Düsterniß der Alpenhöle Mit ungewissem Glanz der Mond erhellt) Ein Stral von Hoffnung sanft in meine Seele. Du, die sich tief in mir, ein Leben, denkt, Aus allen Sfären, Seele! tönt es nieder: Zum Staube wird was Staub ist nur versenkt, Des Himmels Funke kehrt zum Himmel wieder! Der Einsiedler An die Fürstin von Dessau. 1792. Wo der See, mit grüner Welle, Dumpf der moosbedeckten Zelle Schroffe Klippenwehr umschäumt, Hallt dein Nam', in stiller Feier, Wenn der Berge Silberschleier Sich mit Abendgold besäumt. Der Gewährung Stunde segnet Da sein Auge dir begegnet Hier ein grauer Eremit, Dessen Brust, im freien Schooße Wilder Felsen, für das Große, Schön' und Gute reiner glüht. Wann der Alpen Riesengipfel, Wann des kleinen Landhofs Wipfel Sanft gewiegt im Vollmondschein, Und des Seewalds Buchenhallen Deinem Blick vorüberwallen, Edle! dann gedenk' auch sein. Der Erinnrung soll im Gärtchen, Vor der Klause Weidenpförtchen, Ein Altar sich fromm erhöhn; Da wird einst am Flutenspiegel Ueber des Entschlafnen Hügel Einsam die Zipresse wehn. Selig, selig sey dein Leben, Selig dein Hinüberschweben Zu verwandter Geister Chor! Walle spät, im Sternenkranze, Hoher Geist, von Glanz zu Glanze, Aus dem Nebelthal empor. An eine Rosenknospe Schönste Rosenknospe dieser Flur! Unter Nachtigallgesang entblühe, Bei des goldnen Maitags leiser Frühe, Still im Schooße ländlicher Natur. Sicher, gleich dem Hesperidenhain, Ruhvoll, wie Arkadiens Gefilde, Ein Elysium an Frühlingsmilde, Müsse dein umschirmtes Gärtchen seyn. Nur von zarter Nymfen Hand berührt Prang' empor in keuscher Jugendröthe, Bis auch dich dem heimatlichen Beete Edler Blumen Loos, o Hold', entführt. Wonne dann, im reinen Götterlicht Schöner Männlichkeit, dem Erdensohne, Der, umgrünt von Amors Mirtenkrone, Dich den Grazien zum Opfer bricht! Die Gnomen Des Tagscheins Blendung drückt, Nur Finsterniß beglückt: Drum hausen wir so gern Tief in des Erdballs Kern. Dort oben, wo der Aether flammt, Ward alles was von Adam stammt Zu Licht und Glut mit Recht verdammt. Wir schmähn was Menschenlob Zum Sternenplan erhob; Des Nordpols Bärenstrand Dünkt uns ein Zauberland, Der Blumen Schmelz, die Nachtigall, Nur Augengift und Ohrenquaal Und Sieben eine grade Zahl. Der Balg des Maulwurfs war Lang' unser Prunktalar; Jetzt blähn wir uns beim Fest Im Leibrok von Asbest, Den Pux, der muntre Nachtkumpan, Dem Schooß der Steinkluft abgewann Und Erl die Wassernixe spann. Wann sich dem Gnomenstaat Die Habsucht schaufelnd naht, Am Goldgetäfel pickt So Dom und Wände schmückt: Dann löschen wir des Bergmanns Licht, Sprühn Schwefeldampf ihm ins Gesicht Und kneipen braun und blau den Wicht. Wir blinzen scharf und klar, Wie Kobolt, Elf' und Mahr, Mit Augen von Smaragd Durch schwarzer Grüfte Nacht, Wo man des Bergöls Nektar trinkt Und, grell mit Kupferglut geschminkt, Auf Erdschwammpolster niedersinkt. Wild saust, aus tiefem Schacht Vom hagern Greif bewacht, Im Sturm der Gnomen Trupp Hervor zum Hexenklubb, Indeß, wie Satans Heerhorn tönt, Des Bloksbergs Kuppe furchtbar drönt Und sich mit Geisterschaaren krönt. Uns zügelt kein Gesetz, Plagt weder Pflug noch Netz; Der Menschen Lehr' und Kunst Bleibt ewig Irrwischdunst! Kaum reitzt uns noch das Chorgequik Von Belzebubs Vokalmusik. So treibts die Gnomenrepublik. Die Elementargeister Die Sylfen entwallen Des Morgenroths Hallen. Wie lieblich, wie mild Ihr Purpurgebild Aus Aether gehaucht In Aether sich taucht! Ein Rosenblatt würde Den Schwingen zur Bürde. Ihr Sinn ist so hell, Ihr Schweben so schnell Wie Stralen der Sonne! Sie locken zur Wonne Mit Nachtigalltönen, Und bieten galant Bezauberten Schönen Die lösende Hand. Im Schloß der Ondinen, Das, glänzend auf grünen Gewölben der Fluth, Im Ozean ruht, Regiert das Gefühl Im heiligen Stil. Man läutert die Sinne Zu geistiger Minne, Ist weicher wie Wachs Und blonder wie Flachs. Als Zofen umknixen Blaulockige Nixen Die hehren Vestalen, Und wann, bei den Qualen Petrarkas, man Zähren Des Mitgefühls weint, Naht auch wohl in Ehren Ein Triton als Freund. Des Flammenreichs Meister Sind rastlose Geister. Bald schlängelt ihr Lauf Sich mondwärts hinauf, Bald flackern sie fix Hernieder zum Styx. Ihr tummelndes Wirken In Amors Bezirken Zu Frevel und Brand Ist leider bekannt. Auch droht ihre Gabe Zum Irrlichtertrabe, Bei nächtlichen Reisen Nach Hymens Altar, Selbst bärtigen Weisen Oft große Gefahr. Gleich schwarzen Fantomen Entklettern die Gnomen, In wolkiger Nacht, Dem dunstigen Schacht. Ein träges Geschlecht! Nicht Herr und nicht Knecht Spürts immer nach Nebel, Hat Beine wie Säbel; Es watschelt, es tappt Possirlich verkappt, Bald äffisch und drollig, Bald bärenhaft knollig, Trägt Pelze von Ratten Und spottet des Lichts Beim Scheine des platten Karfunkelgesichts. Todtenkranz für ein Kind Sanft wehn, im Hauch der Abendluft, Die Frühlingshalm' auf deiner Gruft, Wo Sehnsuchtsthränen fallen. Nie soll, bis uns der Tod befreit, Die Wolke der Vergessenheit Dein holdes Bild umwallen. Wohl dir, obgleich entknospet kaum, Von Erdenlust und Sinnentraum, Von Schmerz und Wahn geschieden! Du schläfst in Ruh'; wir wanken irr Und unstätbang' im Weltgewirr Und haben selten Frieden. Nachruf an Elisa Jung 1802. Der Hall der Sterbeglocken ruft Uns dumpf und bang zu deiner Gruft, Wo Sehnsuchtsthränen fallen. Nie soll, bis uns der Tod befreit, Die Wolke der Vergessenheit Dein holdes Bild umwallen. Wohl dir, obgleich entknospet kaum, Von Erdenlust und Sinnentraum Von Schmerz und Wahn geschieden. Der Lebenswandrung Tag ist schwül! Du bist beim Aufgang schon am Ziel' Und hast nun ewig Frieden. Wie war dir, als, mit Bruderkuß, Die Stirn der Unschuld Genius Mit lichtem Kranz dir schmückte? Und Selma, unter Seraphim, Dich mit Entzückungs-Ungestüm An ihren Busen drückte? O deine Wonne thut kein Mund Im dunklen Prüfungsthale kund, Doch ahnden wir sie leise. Ergebung spricht mit ernstem Ton: Aus Glaubensmuth keimt Himmelslohn Was Gott verhängt ist weise. Hier soll dein Bild, die Rose, blühn So bald der Lenz in frisches Grün Die Kirchhofshügel kleidet. Wir heben dann der Wehmuth Flor Und schaun zum Friedensland' empor, Wo niemand weiter scheidet. Trinklied Der Gram soll heute, Bei goldnem Wein, Des Windes Beute Wie gestern seyn! Dahinten lasse, Wer hoch sich freut, Die leichenblasse Vergangenheit! Kein roher Scythe Nah' diesem Kreis! Des Frohsinns Blüthe Liebt Mittelgleis. Wir ziehn die Segel, Wenn Taumel dräun, Nach Flaccus Regel, Bedächtig ein. Der Gram soll heute, Bei goldnem Wein, Des Windes Beute Wie gestern seyn! Mailied Paradiesisch umgestaltet Prangt die Flur in goldnem Glanz; Freude jubelt; Liebe waltet; Auf, beginnt den Maientanz! In des Forsts geheimer Dichte Girrt und flötet Minnelaut; Unterm Grün im Abendlichte, Kosen Bräutigam und Braut. Bäll' und Opern freun den Städter, Assembleen die Städterin: Uns entzückt der Frühlingsäther, Uns der Haine Baldachin! Krönt der frohen Weisheit Becher; Horcht der Wipfel Silberschall; Webt verschwiegne Blätterdächer; Ruht auf Moos' am Wasserfall! Mit des Sinngrüns blauen Klocken Schmückt der holden Jungfraun Haar; Tanzt, beweht von Blütenflocken, Wallt im Zwielicht Paar und Paar. Heute Kuß auf Kuß der Trauten, Jüngling! die sich dir ergab: Viel, ach! viel der Zähren thauten Schon auf junger Bräute Grab. Melancholie Die Nachtigall klagt bang' im Blütenschatten Wie um den Liebling die verlaßne Braut; Der Abendstern blickt auf die Veilchenmatten, Blaß wie der Schmerz auf Sarkofage schaut; Ein Trauerflor scheint ob dem See zu wallen; Der Felsen Hörner bleicht ein falbes Licht, Wie Vollmondglanz in dunkle Klosterhallen Durch trübe Scheiben bricht. Ihr Birkenhöhn, ihr Wiesengründe, lachtet Einst holder mir, als Geßners Hirtenwelt! Da glüht' am See, den Schwermut öd' umnachtet, Der Zauberschein so Lethes Blumen hellt. Gebirge, Thäler, Aun, ihr bliebt dieselben! Doch dem Verirrten von der Hofnung Spur Wird jeder Stern zur Lamp' in Sarggewölben, Zum Grabthal jede Flur. Lied der Liebe Durch Fichten am Hügel, durch Erlen am Bach, Folgt immer dein Bildniß, du Traute! mir nach. Es lächelt bald Wehmuth, es lächelt bald Ruh', Im freundlichen Schimmer des Mondes, mir zu. Den Rosengesträuchen des Gartens entwallt Im Glanze der Frühe die holde Gestalt; Sie schwebt aus der Berge bepurpurtem Flor Gleich einem elysischen Schatten hervor. Oft hab' ich, im Traum, als die schönste der Feen, Auf goldenem Throne dich stralen gesehn; Oft hab' ich, zum hohen Olympus entzückt, Als Hebe dich unter den Göttern erblickt. Mir hallt aus den Tiefen, mir hallt von den Höhn, Dein himmlischer Name wie Sphärengetön. Ich wähne den Hauch der die Blüthen umwebt Von deiner melodischen Stimme durchbebt. In heiliger Mitternachtstunde durchkreist Des Aethers Gefilde mein ahndender Geist. Geliebte! dort winkt uns ein Land, wo der Freund Auf ewig der Freundin sich wieder vereint. Die Freude sie schwindet, es dauert kein Leid; Die Jahre verrauschen im Strome der Zeit; Die Sonne wird sterben, die Erde vergehn: Doch Liebe muß ewig und ewig bestehn. Andenken Ich denke dein, Wann durch den Hain Der Nachtigallen Akkorde schallen. Wann denkst du mein? Ich denke dein, Im Dämmerschein Der Abendhelle Am Schattenquelle. Wo denkst du mein? Ich denke dein Mit süßer Pein, Mit bangem Sehnen Und heißen Thränen. Wie denkst du mein? O denke mein, Bis zum Verein Auf besserm Sterne! In jeder Ferne Denk' ich nur dein! Geisternähe Der Dämmrung Schein Durchblinkt den Hain; Hier, beim Geräusch des Wasserfalles, Denk' ich nur dich, o du mein Alles! Dein Zauberbild Erscheint, so mild Wie Hesperus im Abendgolde, Dem fernen Freund, geliebte Holde! Er sehnt wie hier Sich stets nach dir; Fest, wie den Stamm die Eppichranke, Umschlingt dich liebend sein Gedanke. Durchbebt dich auch Im Abendhauch' Des Brudergeistes leises Wehen Mit Vorgefühl vom Wiedersehen? Er ist's, der lind Dir, süßes Kind, Des Schleiers Silbernebel kräuselt Und in der Locken Fülle säuselt. Oft hörst du ihn, Wie Melodien Der Wehmuth aus gedämpften Saiten, In stiller Nacht vorübergleiten. Auch fesselfrei Wird er getreu, Dir ganz und einzig hingegeben, In allen Welten dich umschweben. Amors Zauber Wo Amors Flügel weben, Ist nie die Schöpfung todt; Der Wildniß gibt er Leben, Der Sturmnacht Morgenroth! Im Ocean entfalten Geklippe, nackt und stumm, Wenn seine Zauber walten, Sich zum Elysium! Eros Holder Knabe, du athmest! Schnell entknospet Ros' auf Ros', und es mahlt sich in verklärter Bläue wankend, im Stromkrystall die Goldfrucht Magischer Haine. Holder Knabe, du lächelst! Hehr im Frühschein Von Elysiums Maitag glühn die Nebel, Im Gefilde der Künftigkeit, und röthen Freundlich die Gräber. Seelig lächelst du mit des Aufgangs Milde! – Aber wehe dem zarten Flügel Psyche's Wenn vom Auge der niedern Herzenswildheit Flamme dir lodert. Eros Wann du lächelst, o Knabe, säumt mit Golde Sich die donnernde Wolke, ruhn Orkane, Spriessen Blumen, wo nie des lauen Zefyrs Odem gewandelt. Selig! lächelst du mit Aurorens Milde! Aber, wehe! dem zarten Flügel Psyches, Wann vom Auge der niedern Herzenswildheit Flamme dir lodert. Das Grabmal Weile, von der Hagerose Kühl, o Wandrer, überwebt, Wo dies Grab mit ernstem Moose Sich am Schattenquell erhebt. Zwei verwandte Geister warfen Hier zugleich den Schleier ab; Lieblich, wie durch Aeolsharfen, Weht die Mailuft um ihr Grab. Ihre Lichtgebilde steigen Aus der Hoffnung Heiligthum Vorbedeutend auf und zeigen Jenseits dir Elysium. Erinnerung 1793. Kein Rosenschimmer leuchtet den Tag zur Ruh; Der Abendnebel schwillt am Gestad' empor, Wo durch verdorrte Felsengräser Sterbender Lüfte Gesäusel wandelt. Nicht schwermutsvoller bebte des Herbstes Wehn Durchs todte Gras am sinkenden Rasenmal, Wo meines Jugendlieblings Asche Unter der weinenden Weide schlummert. Ihm Thränen opfern werd' ich beim Blätterfall, Ihm, wann das Mailaub wieder den Hain umrauscht, Bis du dem freien Geist, o Erde, Freundlich im Reigen der Sterne schimmerst. Die höchste Weihe Wer, als Melpomen' ihn weihte, Heilig ihr Veredlung schwur, Selbstgefühl der Götter leite Den durch Wüst' und Blumenflur. Mild und segnend, gleich Auroren, Wann der Lenz der Erde naht, Wallt die freundlichste der Horen Treu mit ihm des Daseyns Pfad. Wo Vernunft und Hochsinn wohnen Glüht sein Herz von Sympathie; Rein erklingt in allen Zonen Ihm des Weltalls Harmonie. Ihn entzückt der Meere Spiegel Und die Silberperl' am Kraut, Die Viol' am Todtenhügel Und die Ros' im Kranz der Braut. Ihm erhebt der Katarakten Donnersturz den trunknen Geist; Ihm das Bächlein so vom nackten Klippenabhang niederfleußt. Er vernimmt der Hofnung Wehen Hoch vom lichten Sternenraum, Hebt, wo Blumen auferstehen, Ihres Schleiers goldnen Saum. Trinkt auf hoher Alpenweide Mit dem Adler Himmelsglanz, Windet auf beschneiter Haide Dunkles Immergrün zum Kranz; Sieht um Platons Kelch die Rosen Heitrer Weisheit wieder glühn, Roms Ruinen sich entmoosen Und Athens Gefilde blühn. Beßrer Zukunft Bilder schweben Wo Gewölk ihn trüb' umzieht, Und, harmonisch wie sein Leben, Tönt im Volk sein hehres Lied. Stät, wie Vestas Flamme lodert, Troz der Erdenstürme Wuth, Bis die schwarze Bark' ihn fodert, Seines Geistes reine Gluth. Selbstvertrauen Dann gilts, daß er mit Selbstvertraun sich rüste Der Mann, wenn er allein im Kampfe steht, Und, als ob unverwundbar er sich wüßte, Dem Andrang der Gefahr entgegengeht; Wenn gleich, wie Abschiedswink von ferner Küste, Kaum sichtbar noch der Hoffnung Schleier weht. Umringten, wie Gigantenschaaren, In dichtgeschloßnem Phalanx, ihn Des ganzen Tartarus Gefahren, Er bliebe kalt, und fest und kühn: Denn Selbstvertraun, dieß Götterkind, entschiede Gleich dem Gorgonenhaupte der Aegide! Die Felsenquelle Tochter des Felsen, die silbern durch lachende Thäler sich windet, Immer noch forsch' ich umsonst, wie man im Lande dich nennt. Ruhmlos tränkst du bald Blumen, bald Haine der Götter mit Segen, Gleich dem bescheidnen Verdienst nur im Olympus genannt. Einsamkeit Tief in der Düstre des Waldes verhauche den Kummer der Seele, Fruchtlos nach Gegengefühl ringst du im Strudel der Welt. Lieber den Felsen verkünde dein innigstes Weh als den Menschen; Heilig bewahrt es ihr Schooß und ihr Bedauren ist stumm. Die Weinblüthe Nichts auf der Erde kann feiner, ätherischer, lieblicher duften, Blüthe des Weinstocks, als du, die noch kein Dichter besang. Wahrlich! des Holden, das noch durch Lieder kein Sterblicher ehrte, Ist, wie des Nützlichen viel, das noch kein Sterblicher that. Der Granatapfel Hoch von des Weinbergs Gemäuer winkt röthlich Proserpinas Apfel, Welcher nach Stürmen die Brust süß mit Vergessenheit labt. Süßer doch labt es, beim Lächeln Aurorens, der Stürme zu denken. Schöne, feindselige Frucht! nein, ich berühre dich nicht! An Kallias Du, mit dem kindlichen Herzen und männlichen Geiste, dein Beifall Gilt einer Muse Diplom und einer Grazie Kuß. Einst in der ländlichen Heimath verleih' seinen Lorber Apollon Und ihren himmlischen Kranz Venus-Urania dir. Lord Blockhead am Genfersee Nun, wie gefällt Ihnen Vevey? dies wahre Loretto der Liebe, Wo man mit schaudernder Lust Juliens Laren begrüßt, Und, bei der Helle des Mondes, an Meilleries Felsengestaden Oft ihre Nebelgestalt schwebend im Nachen erblickt? O die Stadt London, welch treffliches Wirthshaus! O Wein! o Forellen! Auch der Spatziergang am See hat mich unendlich ergetzt. Wäre nur Jeanneton hier, die noch in Lausanne sich aufhält! Heda! den Punschnapf herbei, Kellner! God save the King! Bundesweihe Trüb' umdämmerte Gluth war meine Seele; Eine Flamme vom Himmel, rein, wie Hespers Aetherfeuer im Spätroth, war die beßre Seele des Mädchens. Doch der Erde bewölkte Gluth verklärte Sich im Feuer des Himmels. Ewig lodern Eine Flamme wir nun, auf deinem Altar, Heilige Liebe! Die Petersinsel Wohl hat, o glückliches Eiland, ein mildes Gestirn dir gelächelt, Als deiner Wildniß der Tag heitrer Entödung erschien. Segnend bekrönte Lyäus mit Reben die sonnigen Hügel, Segnend entwinkte dem Thal Ceres ihr wallendes Gold. Wälder, gebeugt von der Fülle des Herbstes verlieh' dir Pomona Und was dem Wollenvieh frommt spendete Flora der Trift. Eichen, gigantisches Wuchses, gewährte Sylvan, der Bekränzte, Gegen des Boreas Grimm deinem Gefilde zur Wehr. Aber des Waidwerks Geschenke verweigerte Delia klüglich; Nur in den Fernen umher schmettert ihr silbernes Horn. An Luisens Geist Am 24. Sept. 1794. Bebt's wie Bienengetön mit dieses Morgens Erstem Strale dir aus der Fern' entgegen: Das sind Laute der treusten Erdenfreundschaft, Welche dir zuruft: »Schweb', erhabener Geist! empor zum Gipfel Wo in ewigem Aetherglanz die Hoffnung Des unsterblichen Seyns, ihr Götterantliz Freundlich entschleiert. Gleich dem Hirten auf hoher Alpenspize Der im Sonnenschein singt, indeß Gewitter Unten donnern: erblickst du da des Grabthals Nebelgefilde. Aber golden und rein siehst du der Heimath Sterne leuchten! O Seele! bis zum Hinflug Dir dein Genius winkt, weil' auf dem lichten Gipfel der Hoffnung.«