Hymne an die Hofnung An Gotthardt Grafen von Mannteuffell. Wie der Schimmer des Mondes Durch die Schatten der Haine blinkt, Auf umnachteter Woge leuchtet: Also glänzt, mit Sternenklarheit, Durch der Wehmuth Nebelschleier, Durch des Kummers Nacht dein Lächeln, Freundin der Engel und Menschen, o Hofnung! Wie der steigenden Sonne Die purpurne Frühe voranfleugt: Also fleugst du, auf stralenden Flügeln, Dem Tage des Lohns am errungenen Ziele, Dem Tage der ewigen Wonne voran, Trösterin aller Verlaßnen, o Hofnung! Wie dem Kuße der Lenzluft Sich die Blume des Thals enthüllt, Sich die Knospe des Hains entfaltet: Also schleußt dir meine Seele sich auf, Freundliche Tochter des Himmels, o Hofnung! Wann du mit holdem Engelgruß, Auf öden Felsenpfaden mir erscheinst: O dann vergoldet sich des Lebens Horizont Mit mildem Glanz aus bessern Welten; O dann schweben, heilverkündend, Lächelnde Ahndungsgestalten, Gleich der Flammensäule des erwählten Volks, In lichten Schaaren vor mir her und streuen Leitende Schimmer auf meine Bahn. O Hofnung! Hofnung! tröstend wie Frühlingshauch Nach Winterstürmen! freundlich wie Morgenroth! Entzückend wie die Sommermondnacht! Lieblich wie auf Mädchenwangen Des ersten Kußes keusche Röthe: Wenn alles um mich her verblüht und stirbt, Wenn alles fällt und sinkt und untergeht: O Hofnung! Hofnung! dann verlaß mich nicht! Umströme ganz mit hoher Himmelsahndung, Mit Vorempfindung der Unsterblichkeit, Mit Freuden Gottes mir die müde Seele, Und hebe des Verlaßnen Geist empor Zu lichten Höh'n und zeig in heil'ger Ferne Ihm seiner Wallfahrt palmumkränztes Ziel, Wo an des Urlichts unerschaffnem Quell Das Halleluja der Vollendung tönt; Ach! wo die bessern, gleichgeschaffnen Seelen Des Wiederfindens unaussprechliches Entzücken, Des ewigen Vereinens sanftre Wonne In Strömen trinken, unter Engelchören Dem Thron des Allvollkommnen näher wallen, Mit süsser Sehnsucht ihrer Zukunft Loos Im Seraph ahnden und es ganz empfinden, Daß Lieb' auf Erden trübe Dämmrung nur, Daß Lieb' im Himmel Sonnenaufgang ist!