3. In den Bergen Schutzgeister 1 Nahe wieder sah ich glänzen Meiner Firne scharfe Grenzen, Meiner Alpen weiße Bünde, Wurzelnd tief im Kern der Schweiz; Wieder bin ich dort gegangen, Wo die graden Wände hangen In des Sees geheime Gründe Mit dem dunkelgrünen Reiz. Nimmer war der Tag so helle, Niemals reiner meine Augen, Erd und Himmel einzusaugen, Meine Schritte gingen sacht; Schauend pilgert ich und lauschte, Weil ein guter Weggeselle Heimlich Worte mit mir tauschte Von der Berge Herzensmacht. Traulich fühlt ich seine Nähe Und mir ward, ob ich ihn sähe, Und er sprach: »Vor manchen Jahren Bin ich rüstig hier gereist, Hier geschritten, dort gefahren!« Und er lobte Land und Leute, Daß sich meine Seele freute An dem liebevollen Geist. Und er wies auf ein Gelände: »Hier an einem lichten Tage Fand ich eure schönste Sage Und ich nahm sie mit mir fort. Wandernd hab ich dran gesonnen; Was zu bilden ich begonnen, Legt in Schillers edle Hände Nieder ich als reichen Hort.« Da er seinen Bruder nannte Und mir drob das Herz entbrannte, War's, als schlügen weite Flügel Sausend über mir die Luft, Schwingen, die den Raum besiegen, Wie sie nicht um niedre Hügel Flattern, Schwingen, die sich wiegen, Herrschend über Berg und Kluft. Selig war ich mit den beiden, Dämmerung verwob die Weiden Und ich sah zwei treue Sterne Über meiner Heimat gehn. Leben wird mein Volk und dauern Zwischen seinen Felsenmauern, Wenn die Dioskuren gerne Segnend ihm zu Haupte stehn. Fußnoten 1 Goethe-Jahrbuch 1887.