Einladung zur Freude An die Stadtmädchen. 1773. Noch blühen uns zu Kränzen Die Blumen auf der Flur; Noch locken uns zu Tänzen Die Sänger der Natur. Noch rieselt uns gelinde Der kleine Schmerlenbach, Und die belaubte Linde Wölbt uns ein Schattendach. Da stellen sich am Feste Die jungen Bauren ein Und schmücken sich aufs beste, Dem Liebchen wert zu sein. Sie tanzen, bis ins Trübe Die Abendröte sinkt, Und blaß, wie bange Liebe, Der Mond am Himmel blinkt. Wohlauf, ihr Städterinnen! Laßt einen Reihentanz Mit ihnen uns beginnen, Pflückt euren Blumenkranz! Und ziert mit roten Bändern Das weiße Schäferkleid! Denn bald wird sich verändern Die wonnigliche Zeit. Bald locket uns zur Linde Kein kühler Schatten mehr; Bald streifen rauhe Winde Die Zweige blätterleer; Die jungen Blumen sinken Bald unter Reif und Schnee, Und Perlentropfen blinken Nicht mehr am weißen Klee. Bald rauschen uns die Bäche Nicht mehr, im Gras versteckt, Wenn ihre Spiegelfläche Verwelktes Laub bedeckt. Die Vogel all verstummen, Der Hain wird liederleer, Und kleine Bienen summen Nicht mehr im Gras' umher. Dann eilen nicht mit Kränzen Von Bux und Rosmarin Zu frohen deutschen Tänzen Die Dörferinnen hin. Um ihre Hütte stürmet Der rauhe Winter nur, Und Schneegestöber türmet Sich auf der nackten Flur. O kommt! auf euren Wangen Ist in Aurorens Pracht Die Jugend aufgegangen, Und euer Auge lacht. Schön, wie der junge Morgen, Ist euer Angesicht, Und kennt des Alters Sorgen Und seine Runzeln nicht. Doch, liebe Städterinnen, Der Sommer eilt dahin; Bald wird der Herbst beginnen, Und jede Freud' entfliehn. Sein kalter Odem scheuchet Die Freuden weg, und ach! Mit schweren Schritten keuchet Der alte Winter nach. Dann seufzen wir vergebens Uns jeden Augenblick Des ungenoßnen Lebens Mit bangem Ach zurück. Drum folget mir und weihet Euch jetzt der Fröhlichkeit! Und dann, im Winter, freuet Euch der genoßnen Zeit.