An den West 1772. Bald wirst du junger West nicht mehr, Die Wangen mir zu kühlen, Am stillen Abend um mich her Mit leisem Fittich spielen. Ich liebte Daphnen; mein Geschick War, einsam mich zu quälen, Und, was ich fühlte, vor dem Blick Des Mädchens zu verhehlen. Nicht Gold und Silber schmückten mich, Doch Redlichkeit im Busen, Ein Herz, das keinem Laster wich, Und eure Gunst, ihr Musen! Zu wenig nur für diese Welt, Sich Liebe zu erlangen! Ach, euren Blick, ihr Mädchen, hält Nur Außenglanz gefangen! Zwar dich, o Daphne, nicht! Doch giebt Ein Vater dir Gesetze, Der deine Ruhe minder liebt, Als Unverdienst und Schätze. Oft sah mein Auge seitwärts hin Nach dem geliebten deinen, Da sah ich Zärtlichkeit darin, Und dich verstohlen weinen. O Daphne, laß nur einmal noch Mich den Gedanken denken: Du würdest, frei vom harten Joch, Mir deine Seele schenken! Bald wird mir der Gedank' allein Den Todestrank versüßen, Und einen Tropfen Trost darein, Wann ich ihn trinke, gießen. Dann soll mich hier, wo schon, der Wut Des Mißgeschicks entrissen, Ein Liebling meiner Seele ruht, Ein Grab mit ihm verschließen. Laß deinen leisen Fittich dann, O Zephyr, sanfter wehen, Und Tausendschön und Thymian Auf meinem Grab entstehen! Ich sang, ihr Blümchen, eure Zier Hienieden mit Entzücken, Und willig also werdet ihr Des Dichters Hügel schmücken! Oft wird mein Damon stumm und bleich Sich auf den Hügel setzen, Und mit der Liebe Thränen euch Im Mondenschein benetzen. Vielleicht kömmt dann auch Daphne her, Die mich im stillen liebte, Und klagt im öden Feld umher, Wie sie mein Tod betrübte. Sie drückt vielleicht, mit bangem Schmerz Und wehmutsvollen Tönen, Euch an ihr unbescholtnes Herz, Und netzet euch mit Thränen. Gelinde flattre dann, o West, Das Mädchen zu erfrischen, Und Thränen, die der Gram erpreßt, Ihr vom Gesicht zu wischen! Ich aber singe dann aus dir, Geliebte Philomele, Und gieße milde Tröstung ihr In die betrübte Seele.