Lied einer Kostgängerin, an eine Nonne 1773. Du wurdest Mutter mir, als ich Die Teure sah erblassen; Nun soll ich, ach, auf ewig dich, Und diesen Ort verlassen! Aus einer Welt, wo Trug und Tand Sein wildes Reich verbreitet, Ward ich, an eines Engels Hand, Zu dir hieher geleitet. Da lehrtest du mein Herz allein Nach Jesu Liebe trachten, Und aller Erde goldnen Schein Für eiteln Flitter achten. O, wie so oft die Seele mir In heißer Flamme glühte, Wenn ich in stiller Nacht mit dir Vor Seinem Kreuze kniete! Von Lieb' und Inbrunst angefüllt, Vernahm ich deine Lehren, Und sah sich Seiner Mutter Bild Im deinigen verklären. Es kam zu mir im Traum, es glich An Milde deinen Mienen; Wies auf ein Kreuz, und warnte mich, Nicht mehr der Welt zu dienen! Und, ach! ich soll die Warnung nicht Der Hochgelobten hören; Soll, wider meinen Gott und Pflicht, Aus dieser Zelle kehren! Soll in die Welt, auf deren Pfad So leicht die Tugend gleitet, Wo nicht dein Beispiel, nicht dein Rat Mich, als ein Engel, leitet! O bitte du für mich! Du bist An ihn als Braut vermählet; Bitt ihn, daß mein er nicht vergißt, Wenn ihn mein Herz verfehlt!