Lied einer Nonne 1773. Ach, du lieber Mond! wie helle Scheinest du in diese Zelle, Wo, auf ewig eingemaurt, Gottes Anverlobte traurt! Aber leiser, meine Klage! Daß kein Laut das Glück verjage, So in Träumen mild und süß, Sich zu Schwestern niederließ. Schlummert, o geliebte Seelen! Ich will mich alleine quälen; Will, im stillen, meiner Pein Jammernde Vertraute sein. Schlummert ihr auch, deren Härte Mich in diesen Kerker sperrte! Vater! Mutter! schlummert ein! Jesus will, ich soll verzeihn. Aber fromme, sanfte Klagen Kann mir Jesus nicht versagen; Schuf er meine Seele doch Nicht für dieses schwere Joch! Jeder Vogel darf im Freien Sich mit seinesgleichen freuen; Jedes Würmchen, noch so zart, Spielt mit Würmchen seiner Art. Noch im späten Mondenglanze Drehen Mücken sich im Tanze; Alles freuet inniglich Dein, o süße Freiheit, sich! Nur uns armen, guten Seelen Soll dein Glück auf ewig fehlen; Allen Freuden unbekannt, Hat uns Wahn hieher gebannt! An den heiligen Altären Mußt' ich jeder Lust entschwören; Mutter Gottes! Ach, ich schwur! Und ich brach, ich brach den Schwur! Diese Seufzer, diese Blicke Schmachten nach der Welt zurücke; Sehnen wiederum von hier, O Clarissa, sich zu dir! Du, an meiner Brust erzogen, Ach, ich bin, ich bin betrogen! Was man mir so schön gemalt, Ist des Jammers Aufenthalt. Weine, Freundin! Ach vergebens Freut' ich mich mit dir des Lebens; Und der Welt, die voller Pracht Allen, nur nicht mir, gelacht! Rosen pflanzt' ich; eh' sie blühen, Werd' ich diesen Jammer fliehen. Pflücke sie vom Strauch herab, Und bestreue mir mein Grab! Weine Freundin! Diese Blicke Schmachten nach der Welt zurücke. Mutter Gottes! ach, ich schwur! Und ich brach, ich brach den Schwur!