Lied eines Leipziger Magisters 1772. Ein jedes Ding hat seine Zeit, So auch das Liedersingen; Drum will ich euch, ihr Musen, heut Mein letztes Opfer bringen. Das Glück, mit dem ihr uns beschenkt, Ist flatterhaft und eitel; Ich leb' in Niedrigkeit versenkt Und ohne Geld im Beutel. Was half es jede Messe mir, Zwölf Bogen anzufüllen? Ich schrieb, in Theokrits Manier, Die lieblichsten Idyllen: Sang in Horazens hohem Ton Bald Oden, bald Satiren, Und wußte, wie Anakreon, Das Barbyton zu rühren: Hatt' eine Epopö' gemacht, Und übertraf Homeren; Ließ mich nicht minder Tag und Nacht Bei Gellerts Grabe hören. Umsonst, es ließ mich jedermann In stillem Kummer schmachten, Und Rezensenten singen an, Mich gröblich zu verachten. Wohl! undankbares Vaterland! Das ich zu zärtlich liebte; Sieh! Hier vergehen sie im Brand, Die teuren Manuskripte. Du wolltest sie aus Blindheit nicht, Wie sie verdienten, lesen; Nun sieh mit weinendem Gesicht, Den teuren Schmuck verwesen. Der edlen Übersetzungskunst Will ich mich nun ergeben. Mehr kann sie, als der Musen Gunst, Sie kann uns Nahrung geben. O, möcht' ich eure Sprache doch, Ihr Britten, schon verstehen! Man sollte diese Messe noch Von mir ein Pröbchen sehen.