Der zeitunglesende Faun Auf einem Eichenstrunk, die Ziegenbeine behaglich überschlagen, sitzt ein Faun und liest in einem alten Zeitungsblatt, das er im Walde irgendwo gefunden. Ein Feuilleton »Die Presse, ihre Macht und heilige Mission« beschäftigt ihn. »Die Presse« liest er »ist das Fundament der heutigen Kultur, der stärkste Hebel geistigen Fortschritts, höherer Gesittung. Sie ist die Lehrerin, Erzieherin und Richterin der Völker! Nichts entzieht sich der Allmacht ihrer Kritiker: Sie prüft, beleuchtet alles, was du denkst und tust, sie ist die vornehmste, stets wachsame und drum so wichtige Vertreterin der öffentlichen Meinung. Papst und Kaiser umbuhlen sie. Und bis herab zum Bettler sieht alle Stände, alle Klassen man ihr unterworfen und gezwungen, sie zu respektieren. Und noch mehr, noch mehr! Sie ist das unentbehrlich-wichtigste Verkehrs- und Bildungsmittel unsrer Zeit: Bezieht ein großer Teil der Menschheit doch heut sein gesamtes Wissen aus der Zeitung! Denn mehr und mehr verdrängt die Tagespresse der langen Bücher zweifelhaften Wert: Der Menschen Kraft, Bedürfnis nehmen heut die Zeitungen und Zeitschriften in Anspruch, sodaß der Sammlung fordernden Lektüre kein Raum mehr bleibt. Die für den Tag geschriebnen und mit dem Tag vergehnden Zeitungen, sie wirken eben rascher als die dicken, gedankenschweren Bücher, ja noch mehr! In ihren Händen liegt das Schicksal aller schriftstellerisch- und dichterischen Werke!« Mit breitem Grinsen liest es der Panisk, und seine Flöte an die Lippen langend, erhebt er sich und trabt vergnügt waldein. Ein Wiesel raschelt unterm Stamm hervor; die hohen Eichen flüstern hell im Wind; und das Papierchen tanzt in eine Pfütze.