Kosmogonie Ewiges Firmament, mit den feurigen Spielen deiner Gestirne, wie bist du entstanden? Du blauer Sammet! Welch fleißige Göttin hat sich auf dir mit goldnen und silbernen Kreuzstichmustern verewigt? Wie! oder wären die Sterne Perlen, tagesüber in Wolkenmuscheln gebettet: Aber des Nachts tuen die Schalen sich auf, und aus den schwarzen, angelspottenden Tiefen empor lachen und funkeln die schimmernden Schätze des Meers Unendlichkeit? Oft auch ist mir, ein mächtig gewölbter kristallener Spiegel sei dieser Himmel, und was wir staunend Gestirne nennen, das seien Millionen andächtiger Augen, die strahlend in seinem Dunkel sich spiegeln. Oder wölbt eines Kerkers bläuliche Finsternis feindlich sich über uns? Von ungezählten Gedankenpfeilen durchbohrt, die von empörter Sehne der suchende Menschengeist rings um sich gestreut: Das Licht der Erkenntnis aber, die Sonne der Freiheit, quillt leuchtend durch die zerschossenen Wände. Nein, nein! ... Mit spottenden Augen blinzt die Unendlichkeit auf den sterblichen Rätselrater ... Und dennoch rat ich das tiefe Geheimnis! Denn bei Phanta ist nichts unmöglich. – – – – – – – – – – – – – – – In der leeren, dröhnenden Halle des Alls rauschte der Gott der Finsternis mit schwarzen, schleppenden Fittichen grollend dahin. So flügelschlug der düstere Dämon schon seit Äonen: An seiner Seele fraß das Nichts. Umsonst griffen die Pranken seines wühlenden Schaffenswahnsinns hinaus in die unsägliche Leere. Vom eigenen Leibe mußte er nehmen, wollte er schaffen –: das hatte ihn jüngst quälend durchzuckt. Und nun rang und rang er gegen sich selber, der einsame Weltgeist, daß er sich selbst verstümmle. Bis sein Wollen, ein Löwe, in seiner Seele aufstand und ihm die Hand ans Auge zwang, daß sie es ausriß mit rasendem Ruck. Ströme Blutes schossen nach. Der brüllende Gott aber krampfte in sinnloser Qual die Faust um das Auge, daß es zwischen den Fingern perlend herausquoll. Den glänzenden Tropfenregen rissen die fallenden Schleier des Bluts in wirrem Wirbeltanze hinab, hinaus in die eisigen Nächte des unausgründlichen Raums. Und die perlenbesäten blutigen Schleier kamen in ewigem Kreislauf wieder, schlangen erstickend sich um des flüchtenden Gottes Haupt, zerrten ihn mit sich, warfen ihn aus, ein regelloses, tobendes Chaos. Tiefer noch zürnte der gramvolle Gott. Nicht Schöpfer und Herrscher, Spielball war er geworden, weil er, vom Schmerz bewältigt, den heiligen Lebensstoff, statt ihn zu formen, zerstört. Äonen hindurch trug er die Marter der glühenden Schleier, litt er in seiner eigenen Hölle. Dann aber stand zum anderen Male sein Wollen, ein Löwe, in seiner Seele auf. Sieben Kreisläufe des Chaos rang er und rang er noch, und dann gab er den Arm dem Wollen frei. Und er nahm sich auch noch das andere Auge aus dem unsterblichen Gotteshaupt und warf die blutüberströmte, unversehrte Kugel mitten hinein ins unendliche All. Da stand sie, glühend, in unermeßlicher Purpurründung, und sammelte um sich die tanzenden Blutnebel, daß sie, ein einziger Riesenring von Flammenschleiern, um den gemeinsamen Kern sich wanden und kreisten. Der blinde Gott aber saß und lauschte dem Sausen der Glut. Äonen kreiste der Ring: Dann zerriß er. Und um die glasigen Perlen des zerkrampften Auges ballten sich Bälle kochenden Bluts, glühende, leuchtende Blutsonnen, und andere Bälle, die unter roten Dampfhüllen langsam gerannen. Durch die Unendlichkeit schwangen sich zahllose Reigen zahlloser Welten in tönender Ordnung um das geopferte, heile Auge. Der blinde Gott aber lauschte dem Klang der Sphären, die seinen Preis jauchzten, den Preis des Schaffenden, und flog tastend mit seinen schwarzen, schleppenden Fittichen durch seine Schöpfung, ein Schrecken den Menschlein auf allen Gestirnen, der große Lucifer.