Görlitzer Brief Oh, das war schön, Herzbruder, lieber Freund, als wir die kalte, klare Weihenacht ausfuhren übers eingeschneite Land! Durchs Astgewirr der Pappelbäume brach der stillen Felder meilenweites Weiß; die Erde ward uns wieder einmal rund, und unser Geist ein Vogel über ihr. Die Pferde dampften, und mit ihrem Trab im Takte scholl das traute Schellenzeug; des Kutschers Riesenmantel flatterte und holte seine Sensen-Geißel aus, so war es Kronos selber, der uns fuhr. So saßen wir nachdenklich Seit' an Seit', mit seiner jungen Hoffnung jeder still, und jeder still mit seiner jungen Not. Da plötzlich, als der Blick sich grenzenlos auf Äcker öffnete – ein weißer Blitz – ein blendend Meteor! – und wieder Nacht. (Mir hat einmal ein Weib aus meiner Hand den Lebenslauf des Meteors gesagt.) Die Kälte schnitt, und knirschend sang der Schnee. Wir wandten um, und als die alte Stadt nun wieder näher kam, da glänzte hier und glänzte dort ein baum-erhelltes Haus: Es war mir wie ein tiefes, fernes Lied von Erdenkinder Hoffen und Geduld –: Ein bißchen Lieb' und Licht, – und schon ein Fest! – Doch freilich, wie viel Häuser lagen schwarz! – Nun schlief die Ebne wieder hinter uns mit ihrem ungeheuren Firmament, – noch seh ich, wie die Sterne funkelten! Oh, das war schön, Herzbruder, lieber Freund!