An Karl Mayer Dem gefangenen, betrübten Manne Hinter seinen dichten Eisenstäben, Wenn ihm jemand deine holden Lieder Aufs Gesimse seines Fensters legte, Wo die liebe Sonne sich ein Stündlein Täglich einstellt, handbreit nur ein Streifchen: O wie schimmerten ihm Wald und Auen Sommerlich, die stillen Wiesengründe! O wie hastig irrten seine Schritte Durch die tausend Lieblichkeiten alle, Ohne Wahl, was er zuerst begrüße: Ob das Dörflein in der Sonntagfrühe, Wo die frische Dirne sich im Gärtchen Einen Busenstrauß zur Kirche holet; Ob die Trümmer, wo das Laub der Birke Herbstlich rieselt aufs Gestein hernieder, Drüberhin der Weih im Fluge schreiend; Und den See dort einsam in der Wildnis, Übergrünt von lichten Wasserlinsen. Wär ich, wär ich selber der Gefangne! Sperrten sie mich ein auf sieben Monde! Herzlich wollt ich dann des Schließers lachen, Wenn er dreifach meine Tür verschlösse, Mich allein mit meinem Büchlein lassend. Aber wenn doch endlich insgeheime Eine tiefe Sehnsucht mich beschliche, Daß ich trauerte um Wald und Wiesen? Ha! wie sehn ich mich, mich so zu sehnen! Reizend wär's, den Jäger zu beneiden, Der in Freiheit atmet Waldesatem, Und den Hirten, wenn er nach Mittage Ruhig am besonnten Hügel lehnet! Sieh, so seltsam sind des Herzens Wünsche, Das sich müßig fühlt im Überflusse.