Göttliche Reminiszenz Παντα δι αυτου εγενετο. Ev. Joh. 1, 3 Vorlängst sah ich ein wundersames Bild gemalt, Im Kloster der Kartäuser, das ich oft besucht. Heut, da ich im Gebirge droben einsam ging, Umstarrt von wild zerstreuter Felsentrümmersaat, Trat es mit frischen Farben vor die Seele mir. An jäher Steinkluft, deren dünn begraster Saum, Von zweien Palmen überschattet, magre Kost Den Ziegen beut, den steilauf weidenden am Hang, Sieht man den Knaben Jesus sitzend auf Gestein; Ein weißes Vlies als Polster ist ihm unterlegt. Nicht allzu kindlich deuchte mir das schöne Kind; Der heiße Sommer, sicherlich sein fünfter schon, Hat seine Glieder, welche bis zum Knie herab Das gelbe Röckchen decket mit dem Purpursaum, Hat die gesunden, zarten Wangen sanft gebräunt; Aus schwarzen Augen leuchtet stille Feuerkraft, Den Mund jedoch umfremdet unnennbarer Reiz. Ein alter Hirte, freundlich zu dem Kind gebeugt, Gab ihm soeben ein versteinert Meergewächs, Seltsam gestaltet, in die Hand zum Zeitvertreib. Der Knabe hat das Wunderding beschaut, und jetzt, Gleichsam betroffen, spannet sich der weite Blick, Entgegen dir, doch wirklich ohne Gegenstand, Durchdringend ewge Zeitenfernen, grenzenlos: Als wittre durch die überwölkte Stirn ein Blitz Der Gottheit, ein Erinnern, das im gleichen Nu Erloschen sein wird; und das welterschaffende, Das Wort von Anfang, als ein spielend Erdenkind Mit Lächeln zeigt's unwissend dir sein eigen Werk.