12. Der Schwur des Bundes Fragment aus einem ungedruckten Manuscripte. Der Tempel winkt zur heil'gen Bundesfeier Auf dem Altare flammtgeweihtes Licht. Es webt die Nacht geheimnißvoll den Schleier, Erwartung glüh't auf jedem Angesicht; Es tönen ernst die Saiten goldner Leier, Die ahndungsvoll zu dem Gefühle spricht: »Und was der Geist im Herzen kann ergründen Soll jetzt der Mund dem Bunde laut verkünden.« Hoch strebt der Wunsch; im rauschenden Gewühle Des Lebens hat nie echtes Glück geblüht, Stumm flieht die Zeit nach ihrem ew'gen Ziele, Schnell ist der Jugend goldner Traum verglüh't; Der huldigt ewig nur des Zufalls Spiele, Dem aus dem Herzen nicht das Leben sprüht; Doch ein Gesetz lebt für des Busen Triebe. Auf! Huldigt ihm, schwör't Hoffnung, Glaube, Liebe! In ewiger junger Frühlingspracht verkündet Sich laut und rein des Welt-Alls Harmonie, Den Sternkreis, wie das Menschenherz, umwindet Die Liebe mit dem Band der Sympathie, Was lebt und blüht, im Zeitenstrom verschwindet, Nur was die Liebe heiligt, altet nie; Nur sie strahlt Licht des Lebens Labyrinthen, Drum lerne früh dein Herz im fremden finden. Was hellet uns der Zukunft düstre Träume, Was hat den Muth der Kämpfenden gestählt? Fest blickt der Glaube in des Jenseits Räume, Das Herz hat sich Unsterblichkeit gewählt, Der Glaube schützt des Edlen zarte Keime, Dem Guten wird das Schöne einst vermählt, Und was die Liebe zauberisch verbunden, Wird treu und wahr durch Ewigkeit erfunden. Dem schönsten Glück schlägt schnell die Trenungsstunde, In Nacht verlischt der Freude Zauberschein; Was gibt dem Herzen aus der Ferne Kunde Zum Siegel für den heiligen Verein? Die Hoffnung flößt mit ihrem Rosenmunde Dem Sehnenden den süßen Nectar ein: Sie reicht dem Sinkenden die Strahlen-Rechte, Und flammet Morgenroth durch Grabes-Nächte.