Dies ist der Tag, den Gott gemacht Und wieder ist's zur Weihnachtszeit. Durch meine Seele schleicht ein Traum von wundersamer Herrlichkeit, vom goldumstrahlten Lichterbaum. Der Kindheit Zauber spinnt mich ein, mit seiner Töne süßer Pracht umflutet mich das Jubellied: »Dies ist der Tag, den Gott gemacht!« »Den Gott gemacht« –: ein Glockenton durchirrt die Lüfte weich und lieb – »Den Gott gemacht« –: ein Sturmwind pfeift durch Winternacht wie Schwerterhieb. »Den Gott gemacht« –: ein Lachen gellt durch all die Lust und schluchzt und weint . . . aus einer Hütte komm ich her, in die kein Strahl der Gnade scheint. Eisblumen blühn am Fensterglas, die Wände glitzernd, feucht, berußt; auf dürftigem Stroh ein sieches Weib, das Kind an abgezehrter Brust; der Mann auf harter Ofenbank mit stierem Blick, mit dumpfen Sinn . . . die Liebe, die sie einst verband, im Elend starb sie längst dahin. Im Elend starb sie, wie das Paar von Menschenknospen, jung und frisch, das Mädel, braun und tannenschlank, der Knabe, blond und träumerisch, wie jauchzten sie zur Sommerzeit! Wie senkten sie die Köpflein müd, als in des Winters harter Not ihr Lebensflämmchen matt verglüht . . . Und gestern trug man sie hinaus im schwarzen Sarg aufs weiße Feld; kein Strahl der Liebe leuchtet mehr in dieses Jammers enge Welt. – Und drüben blitzt im Herrenschloß das Lichtmeer auf, die Weihnachtspracht, und brausend klingt das Jubellied: »Dies ist der Tag, den Gott gemacht!« Zwei Rosenknospen welkten hin und starben in des Winters Bann, die dritte seufzt nach Lust und Licht, daß sie zum Lenz erblühen kann. Der neue Heiland geht und weint und findet keiner Krippe Raum . . . Wann graust du, Tag, den Gott gemacht? Wann wirst du, Wahrheit, Weihnachtstraum?