Schlaf und Tod Süß und wonnesam ist der Schlaf. – In der strengen Schule des Lebens, wo gleich unverständigen Kindern wir die krausen, verworrenen Rätsel mühsam zusammenbuchstabieren aber nimmer den Sinn erforschen, wo der Schmerz mit ehernem Griffel Runen auf unsere Stirnen schreibt, dünkt der Schlaf die Erholungsstunde mir, die süße, köstliche Pause, da die verschlossene Türe aufspringt und statt dumpfigen Bücherstaubes Sonnenstrahlen und Luft wir atmen . . . süß und wonnesam ist der Schlaf. – Schlaf ist Vergessen, ist die Befreiung von all den lastenden, quälenden Sorgen um des Daseins traurige Narrheit, um der Zukunft lichtloses Dunkel, um das eine, selige Glück, das gleich silbernen Wasserwogen meines Lebens dornige Wüste noch mit blühenden Blumen schmückte, und nun haltlos wie Regentropfen mir in der zitternden Hand zerrinnt. – Süß und wonnesam ist der Schlaf, aber eines noch däucht mich süßer: nicht das Vergessen nur, – das Vergehen! Nicht das Ausruhen, – nein, die Ruhe! Sei willkommen mir, goldene Stunde, die den Schüler gereiften Sinnes aus der drückenden Mauern Enge über die Schwelle hinaus in lichte sonnendurchstrahlte Weiten führt – – Sei gesegnet, du Götterbote, der auf rauschenden Adlerschwingen meine Seele aus Nacht und Dunkel aufwärts trägt zu den fernen Höhn, wo aus goldenem Schacht des Glückes nie versiegende Quellen sprudeln! – Dreimal süßer ist Schlaf, denn Wachen, aber das Süßeste ist der Tod.