Deutsche Ostern 1895 Wieder weht ein Frühlingshauch rings aus Busch und Bäumen, und die wintermüde Welt liegt in Osterträumen; doch kein Auferstehungslied will die Mär uns deuten – durch die dumpfen Lüfte zieht Sterbeglockenläuten. Lastend wie Karfreitagsweh hängt die Wetterwolke tränenreich und blitzeschwer über unserm Volke. Was da sproßt im Sonnenschein, will ihr Zorn begraben – durch die deutsche Frühlingsflur flattern schwarze Raben. Sprengt kein Gott des Grabes Tor, uns vor Schmach zu retten? Deutschen Geistes Herrlichkeit schlagen sie in Ketten; Kerkermauern bauen sie uns zur Frühlingsfeier, und der Schönheit reines Bild decken Nonnenschleier. Mörder des lebendgen Worts, Pharisäerscharen, richten sie den freien Geist, wie vor tausend Jahren. Wieder soll der Scheite Qualm lichtumdüsternd steigen, und das Kreuz von Golgatha grüßt in ernstem Schweigen. Mörder des lebendgen Worts, wie vor tausend Jahren wird es doch aus Grabeskluft siegreich aufwärts fahren? Nimmer hat Gewalt und Tod noch das Wort bezwungen, das vom Geist empfangen ist und aus Gott entsprungen. Laß, mein Volk, die Finsternis deinen Fuß nicht irren: einmal muß des Lichtes Pfeil durch die Wolke schwirren – und ein Auferstehungslied sollst du freudig singen, wenn im freien deutschen Land Osterglocken klingen!