Der Knabe von Budapest »Arbeit gebt uns und gebt uns Brot! wir leiden Kälte, wir leiden Not: wir haben ein Recht aufs Leben – das Recht nur sollt ihr uns geben!« Ein Heer von abertausend Mann, mit dröhnenden Schritten rückt es an, zur Seite ihm Gier und Schrecken – der Sturm rast um die Ecken. Der Schneesturm pfeift. Aus dem warmen Haus lugen Tschako und Helm heraus; im kalten Schneelicht blitzen goldene Knöpfe und Litzen. – »Zurück! wir gaben euch Holz und Brot, wir hatten Erbarmen mit eurer Not; doch ein Recht auf Arbeit und Leben, wer hat euch das gegeben? –« Und lähmende Stille. Ein Wetterschlag fuhr aus dem Himmel am kältesten Tag. Dann – dröhnend wie Donnergrollen: »Wir haben es, wenn wir wollen!« Und hämmernd das Blut in den Schläfen braust, an dem Türgriff rüttelt die Schwielenfaust, auf dem Estrich krachen die Sohlen: »Wir werden das Recht uns holen!« – »Zurück! – Gewalt denn wider Gewalt!« – Und der Säbel klirrt und die Büchse knallt. »Zurück!« – und die Stürmenden weichen über Wunde zurück und Leichen. Aufbrüllt die Menge vor Scham und Wut – und mitten in tosender Kämpferflut mit blonden, flatternden Haaren ein Knabe von dreizehn Jahren! Der hebt die wehrende Hand – ein Schrei! – ein Stauen und Stampfen . . . nun ist's vorbei: im Straßengewühl zertreten! Und fluchende Lippen beten . . . »Und wenn das Recht von Gottes Hand genagelt wär' an des Himmels Wand, so wüchsen uns Geierschwingen – wir werden das Recht erringen! Zurück – für heute!! – was heulst du, Weib? Auf diesem zuckenden Kinderleib soll unser Recht auf das Leben, ein blutendes Mal, sich heben! –« Des Führers Wort grollt hart und heiß; und still wird es und leer im Kreis. Er kniet im fegenden Winde bei seinem toten Kinde. In wehenden Wirbeln treibt der Schnee und kühlt die Wunden und löscht das Weh, und hüllt in schützende Decken die blutige Saat der Schrecken.