Heilige Nacht Eh der Stern von Bethlehem noch im dunklen Tal erschienen, lösten, Sklaven zu bedienen, Fürsten schon ihr Diadem; ahnend eine höhre Macht, grüßten sie die heil'ge Nacht. Eh das Licht der Welt genaht, flammten schon in tiefer, scheuer Waldesnacht die Sonnwendfeuer himmelwärts; vom Bergesgrat lohte talwärts ihre Pracht, grüßend die geweihte Nacht. Hoben Geisterhände nicht in der Vorzeit heil'ger Feier den geheimnisvollen Schleier von der Zukunft Angesicht? Ahnte deiner Wunder Macht schon die Welt, geweihte Nacht? – Nicht auf einen kurzen Tag ward die Freiheit dir erschlossen – jauchze mit den Festgenossen, Sklave, deine Kette brach! Liebe hat dich frei gemacht – beug dein Knie in heil'ger Nacht! Nicht im unwirtbaren Raum flammt die Glut der Sonnenwende, unsrer Kinder zarte Hände schmücken heut den Tannenbaum. Schimmernd strahlt der Kerzen Pracht – sei gegrüßt, geweihte Nacht! Und durch klares Schneegefild, schwebend auf des Mondlichts Wogen, kommt ein Glockenton gezogen, der die tiefste Sehnsucht stillt – lenzhauchmild durch Winterpracht klingt der Gruß der Weihenacht: »Aller Menschheit, ruhelos, schmerzbefangen, wahnverloren, ward der Friede heut geboren aus der ew'gen Liebe Schoß! – Die der Welt das Heil gebracht, sei gegrüßt, geweihte Nacht!