Elegie auf einen Schneidergesellen, der in der Isar ertrank. 1819. Ach, er ist dahin geschwunden, Nimmermehr sein Athem weht; Der so manchen Zwirn gewunden, Manches Knopfloch ausgenäht. Der in Oestreichs fernen Landen Linz und Breslau hat bereist, Und in Arbeit dort gestanden, Wie das Wanderbuch beweist. Der im Fechten, wenn er reiste, Und die Noth ihn je bewog, Dann mit schlauem Schneidergeiste Oft die Polizei betrog. Der mit seiner Nadelspitze Ach! so manche Wunde schlug, Wenn er oft mit Schneiderhitze Kämpfte mit dem gröbsten Tuch. Der im Tanzen so erfahren, Daß sich freute Jedermann; Dessen Sprünge einzig waren, Wie sie nur ein Schneider kann. An der Isar kühlem Strande, Wo er oftmals Abends saß, Und beglückt in seinem Stande Seinen Streichkäs ruhig aß, Dort lockt ihn des Tages Schwüle In der Isar falsche Mitt', Und er wagte sich in's kühle Wasser mit so sicher'm Tritt'. Ach er wagte sich noch ferner, Schwamm bald dorten, schwamm bald da, Daß man nichts als Kopf und Hörner Des gewandten Schwimmers sah. Und die Brüder auf dem Grase Mäckerten ihm Bravo zu; Doch die Bremse auf der Nase Ließ dem Schneider keine Ruh'. Aber er, gewohnt zu siegen, Duldete den Frevel nicht, Fuhr mit wahrem Mordvergnügen Mit dem Finger zum Gesicht. Doch nun packt ihn das Gewässer, Dreht ihn wirbelnd in dem Kreis, Seine Lippen werden blässer, Seine Stirn' deckt kalter Schweiß. Noch ein Bocksschrei aus der Tiefe, Und der Gute war nicht mehr, Und die Brüder – um das Ufer Standen sie berathend her. Und man stritt sich in der Runde, Wer den Bruder retten soll, Bis nach einer halben Stunde Folgender Beschluß erscholl: Einer soll zur Herberg, sammeln Alle Schneider um sich her Und dann auszuforschen suchen, Wer ein guter Schwimmer wär'. Dies geschah. Nach dritthalb Stunden Kam das ganze Schneidercorps, Und es trat aus ihrer Mitte Sauft und keck der Retter vor. Und der stürzt sich in die Wellen, Emsig suchend seinen Freund! Doch dem guten Nebeng'sellen War die Rettung nicht vermeint; Denn am Abend kam gegangen Von Schönbrunn ein Fischersmann, Der in seinem Netz gefangen Den ertrunk'nen Schneidersmann. Traurig hallt das Grabgeläute, Langsam nähert sich der Zug, Und der Böcke war'n ein Dutzend, Das den Freund zu Grabe trug. Und die Scheere und die Elle Schmückten seine Todtenbahr'; Auch ein Bock die Klage führte, Weil aus seiner Zunft er war. Und die Geise und die Böcke Mäckerten ihm Klagen nach, Eingehüllt in schwarze Röcke, Doch der wurde nimmer wach. Schlumm're sanft, Du guter Bruder, Frei von jeder Erdenqual! Dort bekommst Du beß'res Futter, Dort harrt Dein ein beß'rer Stall. Dorten ist nicht so verachtet Uns're tief bedrängte Zunft; Dorten bist Du hochgeachtet Bis zu uns'rer Ueberkunft.