Lieder der Griechen Die Griechen an die Freunde ihres Alterthums Sie haben viel geschrieben, gesungen und gesagt, Gepriesen und bewundert, beneidet und beklagt. Die Namen unsrer Väter, sie sind von schönem Klang, Sie passen allen Völkern in ihren Lobgesang; Und wer erglühen wollte für Freiheit, Ehr' und Ruhm, Der holte sich das Feuer aus unserm Alterthum, Das Feuer, welches schlummernd in Aschenhaufen ruht, Die einst getrunken haben hellenisch Heldenblut. Was hat euch nun, ihr Völker, so scheu und bang' gemacht? Der Geist, den ihr beschworen, er steigt aus tiefer Nacht Empor in alter Größe, und beut euch seine Hand – Erkennt ihr es nicht wieder, das freie Griechenland? Die Funken in der Asche, in der ihr oft gewühlt, Die Funken, deren Gluthen ihr oft in euch gefühlt, Sie schlagen lustig lodernd zu hohen Flammen aus – Kleinmüthige, ihr seht es – und euch erfaßt ein Graus! O weh, so habt ihr, Freunde, mit Namen nur gespielt! Habt in die leeren Lüfte mit stolzem Pfeil gezielt! Die Zeit ist abgelaufen, es ist genug gesagt, Gepriesen und bewundert, beneidet und beklagt. Was schwärmt ihr in den Fernen der grauen Heldenzeit? Kehrt heim, ihr Hochentzückten! – der Weg ist gar zu weit. Das Alt' ist neu geworden, die Fern' ist euch so nah, Was ihr erträumt so lange, leibhaftig steht es da, Es klopft an eure Pforte – ihr schließt ihm euer Haus – Sieht es denn gar so anders, als ihr es träumtet, aus? Der Phanariot Meinen Vater, meine Mutter haben sie in's Meer ersäuft, Haben ihre heil'gen Leichen durch die Straßen hingeschleift; Meine schöne Schwester haben aus der Kammer sie gejagt, Haben auf dem freien Markte sie verkauft als eine Magd. Hör' ich eine Woge rauschen, ist es mir, als ob's mich ruft, Ja, mich rufen meine Eltern aus der tiefen, weiten Gruft, Rufen Rache – und ich schleudre Türkenköpfe in die Fluth, Bis gesättigt ist die Rache, bis die wilde Woge ruht. Aber wenn die Abendlüfte kühl um meine Schläfe wehn, Ach, sie seufzen in die Ohren mir wie leises, banges Flehn. Ach, es sind der Schwester Seufzer in der Schmach der Sklaverei: Bruder, mache deine Schwester aus den schnöden Banden frei! Ach, daß ich ein Adler wäre, könnte schweben in den Höhn, Und mit schnellen, scharfen Blicken durch die Städt' und Lande spähn, Bis ich meine Schwester fände, und sie aus der Feinde Hand Frei in meinem Schnabel trüge nach dem freien Griechenland! Die Jungfrau von Athen Rosensträuche thät ich pflanzen unter meinem Fensterlein, Und sie blühen und sie duften in die Kammer mir herein; Und die Nachtigallen singen in den Zweigen Lieb' und Lust – Schweigt, ihr Vöglein, noch ein Weilchen! – Ist es euch denn nicht bewußt, Daß mein Liebster ist gezogen in das Feld mit Lanz' und Schwert, Für das heil'ge Kreuz zu kämpfen und für einen freien Herd? Saht ihr nicht, wie ich vom Halse meine Perlenschnüre band, Und sie gab dem heil'gen Priester für das liebe Vaterland? Saht ihr nicht, daß meine Haare ich seit Monden nicht geschmückt? Saht ihr wohl, daß eine Rose ich so lange hier gepflückt? Schweigt, ihr Vöglein, noch ein Weilchen, bis der Liebste wiederkehrt, Und uns neue, schöne Weisen zu der Freiheit Preise lehrt. Blüht, ihr Rosen, noch ein Weilchen, und ich bind' euch mir zum Kranz, Wann den Siegern wir entgegen ziehn mit Sang und Spiel und Tanz! Ach, und kehrtest du, mein Liebster, mit den Andern nicht zurück, Ach, wo sollt' ich mich verbergen vor der Freude, vor dem Glück? Bei den Rosensträuchen säß' ich, bände Dornenkränze hier, Und ein Vöglein aus dem Schwarme blieb' und klagte wohl mit mir. Die Mainottin Ich habe sieben Söhne aus meiner Brust gesäugt, Ich habe sieben Söhnen das heil'ge Schwert gereicht, Das Schwert für unsern Glauben, für Freiheit, Ehr' und Recht – Heil mir, von meinen Söhnen ist Keiner mehr ein Knecht! Sie sind zur Schlacht gezogen mit freudig wildem Muth – Heil mir, in ihren Adern fließt noch spartanisch Blut! Und als sie von mir schieden, das Herz ward mir nicht schwer, Ich sprach: Frei kehrt ihr wieder, frei oder nimmermehr! Ihr Mütter der Mainotten, kommt, laßt uns suchen gehn, Ob nicht von Sparta's Trümmern wir eine Spur erspähn; Da woll'n wir Steine sammeln, für unsre Hand gerecht, Mit hartem Gruß zu grüßen den ersten feigen Knecht, Der ohne Blut und Wunde besiegt nach Hause kehrt, Und keinen Kranz gewonnen für seiner Mutter Herd! Der Greis auf Hydra Ich stand auf hohem Felsen, tief unter mir die Fluth: Da schwang sich meine Seele empor in freiem Muth. Ich ließ die Blicke schweifen weit über Land und Meer: So weit, so weit sie reichen, klirrt keine Kette mehr. So weit, so weit sie reichen, kein halber Mond zu sehn, Auf Bergen, Thürmen, Masten, die heil'gen Kreuze wehn. So weit, so weit sie reichen, es hebt sich jede Brust In eines Glaubens Flamme, in einer Lieb' und Lust; Und Alles was uns fesselt, und Alles was uns drückt, Was Einen nur bekümmert, was Einen nur entzückt, Wir werfen's in das Feuer, wir senken's in die Fluth, Die wogt durch alle Herzen in einer heil'gen Gluth. Ich sehe Schiffe fahren – die stolze Woge braust – Ist es der Sturm der Freiheit, der in die Segel saust? Heil euch und eurer Reise! Heil eurer schönen Last! Heil eurem ganzen Baue vom Kiele bis zum Mast! Ihr steuert durch die Fluthen nach einem edlen Gut, Ihr holt des Sieges Blume, die wächst in Heldenblut. Es donnert aus der Ferne – ist es der Gruß der Schlacht? Ist es der Wogen Brandung, die an die Felsen kracht? Das Herz will mir zerspringen bei dieses Donners Ton – Ich bin zu alt zum Kampfe und habe keinen Sohn. Die heilige Schaar Eine Geisterstimme Freundes Herz an Freundes Herzen, Freundes Hand in Freundes Hand, Unverrückt in Glied und Reihe, hielten wir dem Tode Stand, Liegen alle auf dem Rücken, himmelwärts den Blick gekehrt, In der Brust die Todeswunden, in der Faust das rothe Schwert. Nennt uns nicht die letzten Griechen – Sollen wir die letzten sein? Die dem Vaterlande freudig Blut und Leib und Leben weihn? Nennt uns nicht die letzten Griechen – Reißender als Stahl und Erz Dringt der schnöde Ehrentitel ein in unser wundes Herz. Nennt uns nicht die letzten Griechen – Weh euch, macht ihr uns dazu! Nimmer fänden unsre Leiber unter Sklavenerde Ruh'. Brüder, wollt ihr uns im Grabe ehren, wie es uns gefällt? Keine Lobschrift ausgesonnen! Keine Säulen aufgestellt! Fechtet, so wie wir gefochten, grüßt mit festem Blick den Tod – Und es färbt mit unserm Blute sich der Freiheit Morgenroth! Die Griechen an den Österreichischen Beobachter Du nanntest uns Empörer – So nenn' uns immerfort! Empor! Empor! so heißt es, der Griechen Losungswort. Empor zu deinem Gotte, empor zu deinem Recht, Empor zu deinen Vätern, entwürdigtes Geschlecht! Empor aus Sklavenketten, aus dumpfem Kerkerduft, Empor mit vollen Schwingen in freie Lebensluft! Empor, empor, ihr Schläfer, aus tiefer Todesnacht! Der Auferstehungsmorgen ist rosenroth erwacht. Du nanntest uns Empörer – So nenn' uns immerfort! Empor, so heiß' es ewig, der Griechen Losungswort! Dir aber töne nimmer in's Herz der hohe Klang: Beobacht' aus dem Staube die Welt dein Lebelang! Die Geister der alten Helden am Tage der Auferstehung Wir haben tief geschlafen, wir haben schwer geträumt – O Tag der Auferstehung, wie lang' du hast gesäumt! Wir haben schwer geträumet von Joch und Kett' und Band; Da haben unsre Wunden uns bis in's Herz gebrannt. Wir sahn die Burgen fallen, die Tempel untergehn, Wir sahen fremde Fahnen auf ihren Trümmern wehn; Barbarentritt zerstampfte den Rasen unsrer Gruft, Die Klänge unsrer Sprache verhallten in die Luft; Und was auf unsren Hügeln beschwur des Jünglings Herz, Was uns die Jungfrau klagte von ihrem heißen Schmerz, Wir konnten's nicht verstehen – doch zu vernehmlich drang Durch unsre Erdendecke der Sklavenketten Klang. Heil uns! Es ist vorüber. Heil uns! Wir träumten nur: Der Freiheit Lieder schallen hell über Berg und Flur; Bekränzt sind unsre Hügel, die Erd' ist federleicht, Des Schlafes wirrer Nebel vor unsren Blicken weicht; Die Wunden sind geheilet, die Glieder sind beschwingt – Auf, Brüder, auf zum Kampfe! Die Schlachttrompete klingt. Die Ruinen von Athen an England Laß dir unsern Dank gefallen, Hort der Freiheit, Engeland! Hast zum Herrn der hohen Pforte einen edlen Lord gesandt, Daß er sich für uns verwende; und er that es ritterlich – Griechen, hört, was er errungen hat mit scharfem Federstrich! Wenn der jungen Freiheit Blume wird getreten in den Staub, Wenn die heil'ge Stadt Athene's wird des rohen Heiden Raub, Dann, auch dann, – begreift es, Griechen, – sollen wir doch unversehrt Stehn, beschirmt im Sturm der Waffen durch des wilden Feindes Schwert. Laß dir unsern Dank gefallen, Hort der Freiheit, Engeland! Schade, schade, hast vergebens deinen edlen Lord gesandt. Keine Bittschrift kann uns retten – die Ruinen von Athen Werden mit den freien Griechen wanken, stürzen, untergehn. Lange haben wir gestanden unter Schmach und Schimpf und Leid, Mochten kaum uns aufrecht halten in der jammervollen Zeit. Fremde kamen hergewandert, staunten uns verwundert an, Und wir ließen es geschehen, aber's lag uns wenig dran; Ließen messen sie und malen – Keiner malt und mißt den Geist – Und sie geben sich zufrieden, wissen sie, wie Jedes heißt. Auch ein großer Lord ist kommen, hat von unserm morschen Haupt Im Entzücken der Bewunderung uns der Bilder Schmuck geraubt. Mag er ziehen mit der Beute! – Heil uns, daß wir fest noch stehn, Um der Freiheit Morgenröthe nach so langer Nacht zu sehn! Statt der Götterbilder tragen wir das Banner in die Luft, Das zum Kampf mit den Barbaren Hellas tapfre Söhne ruft. Ach, wenn diese unterliegen, wozu sollen wir denn stehn? Habt sie ja in euren Büchern, die Ruinen von Athen. Mit der Freiheit letztem Schlage stürzen unsre Mauern ein, Und auf jedes Helden Hügel werfen wir noch einen Stein. Griechenlands Hoffnung Brüder, schaut nicht in die Ferne nach der Fremden Schutz hinaus, Schaut, wenn ihr wollt sicher schauen, nur in euer Herz und Haus. Findet ihr für eure Freiheit da nicht heilige Gewähr, Nun und nimmer, Brüder, nimmer kömmt sie euch von außen her. Selber hast du aufgeladen dir der Knechtschaft schweres Joch, Selber hast du es getragen, und du trügst es heute noch, Hättest du darauf gewartet, hochgelobtes Griechenland, Daß es dir vom Nacken sollte heben eine fremde Hand. Selber mußt du für dich kämpfen, wie du selber dich befreit, Dein die Schuld und dein die Buße, dein die Palme nach dem Streit. Viele werden dich beklagen, Viele dir Gebete weihn, Viele sich für dich verwenden, Viele deine Rather sein – Hoffst du mehr? Bau' aus die Hoffnung deiner Freiheit Veste nicht, Daß der Grund, auf dem sie ruhet, nicht den Bau zu Trümmern bricht. Deiner alten Freiheit Ehre ist der neuen Welt gerecht, Denn der Freie schläft im Grabe so geduldig, wie der Knecht. Lege reuig deine Waffen nieder vor des Türken Thron, Beuge friedlich deinen Nacken zu dem alten Sklavenfrohn: Dann, dann magst du sicher bauen auf die Macht der Christenheit, Dann, dann magst du sicher hoffen, daß der Türke dir verzeiht. Ruh' und Friede will Europa – Warum hast du sie gestört? Warum mit dem Wahn der Freiheit eigenmächtig dich bethört? Hoff' auf keines Herren Hülfe gegen eines Herren Frohn, Auch des Türkenkaisers Polster nennt Europa einen Thron. Hellas, wohin schaut dein Auge? – Sohn, ich schau' empor zu Gott – Gott, mein Trost in Schuld und Buße, Gott, mein Hort in Kampf und Tod! Lieder der Griechen Zweites Heft 1822. Die Pforte Hohe Pforte, hohe Pforte! Zu dem Schatten deiner Gnade 1 Rufst zurück du die Verirrten von der Freiheit wildem Pfade. Heil den Griechen! Heil den Christen! Wirf nur einen großen Schatten Über nackte Trümmerfelder, über blutgetränkte Matten, Daß wir alle Platz gewinnen in dem schönen Zufluchtsorte, In dem kühlen Abendschatten deiner Gnade, hohe Pforte! Unsrer Brüder rothe Häupter, aufgesteckt auf deine Zinnen, Rufen laut mit dir vereinigt: Eilt, den Schatten zu gewinnen! Hohe Pforte, hohe Pforte! Rufe nur und schmiede Ketten, Schicht' empor die Scheiterhaufen, deiner Gnade warme Betten, Für die Armen, Nackten, Müden, die in deinen Schatten fliehen, Flehend, in dem Sklavenjoche wieder friedlich hinzuziehen! Rufe nur – zur Antwort schlagen unsre Waffen wir zusammen, Lassen unsre Kreuzfahne blitzend durch die Lüfte flammen! 2 Gott mit uns! auf unsrer Fahne – Gott mit uns! in unsrem Herzen. Wir mit Gott in Siegesjubel – wir mit Gott in Todesschmerzen! Selig, die mit Gott gefallen! Zu der Pforte seiner Gnade Ruft er heim die müden Streiter von des Lebens wirrem Pfade: In der Pforte kühlem Schatten ruhn die Herren und die Knechte, Auf dem Dornenbett der Sünder, und in Blumen der Gerechte. Brüder, nach der Pforte wollen wir mit festem Blicke schauen, Ihrem Gnadenworte dürfen bis zum letzten Hauch wir trauen. Seht die Häupter unsrer Brüder dort mit Martyrkronen glänzen! Seht, Gregor, 3 der Protomartyr, harrt auf uns mit Siegeskränzen! Zu der Pforte laßt uns muthig mit gezücktem Schwerte wallen – Selig, die mit Gott gestritten! Selig, die mit Gott gefallen! Fußnoten 1 Dieser bildliche Ausdruck ist aus der türkischen Amnestie-Proklamation genommen (Gs). 2 Das Labarum, mit dem Kreuze, aus dem Blitze fahren (Gs). 3 Der Patriarch von Constantinopel, eines der ersten Opfer [22. April 1821] für die griechische Freiheit (Gs). Der Verbannte von Ithaka Britten, streicht aus euren Listen meinen Namen nur heraus, Bannet mich aus eurem Schutze, laßt verkaufen auch mein Haus! Selber will ich mich beschützen, Gottes Himmel ist mein Dach, Und der Freiheit Fahne folg' ich freudig bis zum Tode nach. Hab' in ihre Werberolle schon mit meinem eignen Blut Meinen Namen eingeschrieben, und ein Schwert ist all mein Gut. Britten, hohe Protektoren, fragt ihr nach der Freiheit Sold? Zuckt ihr zweifelnd eure Achseln, zeigt ihr prahlend euer Gold? – Ach, die Freiheit ist auf Erden freilich nur ein armes Weib, Hat wohl kaum genug, zu kleiden ihren abgezehrten Leib; Wundenmale, statt der Orden, halten ihre Brust bedeckt, Manchen schnöden Achtbrief haben ihr Satrapen angesteckt. Also kam sie aus der Ferne, weiß nicht recht, woher, verbannt, Und zum Sterben müde sank sie hin an des Ilissus Rand. Da, da fanden wir sie liegen, und sie schien bekannt uns noch, Und wir sahen unsre Ketten, und wir fühlten unser Joch. Flugs erwachte sie vom Schlummer, schwang sich in die Luft empor, Und in Götterjugend strahlend stand sie vor Minervens Thor. Wie so froh sie auf die alten Narben ihres Leibes wies! Wie so stolz ihr Auge suchte Marathon und Salamis! Da zerrissen wir die Ketten, brachen jedes Joch entzwei, Und sie sprach: Seid werth der Freiheit, und ihr seid auf ewig frei, Frei wie in Thessaliens Pässen 1 Sparta's auserwählte Schaar, Frei wie über Erdennebel kreist im Sonnenstrahl der Aar. Fußnoten 1 Thermopylä (Gs). Alexander Ypsilanti aus Munkacs Alexander Ypsilanti saß in Munkacs 1 hohem Thurm, An den morschen Fenstergittern rüttelte der wilde Sturm, Schwarze Wolkenzüge flogen über Mond und Sterne hin – Und der Griechenfürst erseufzte: Ach, daß ich gefangen bin! An des Mittags Horizonte hing sein Auge unverwandt: Läg' ich doch in deiner Erde, mein geliebtes Vaterland! Und er öffnete das Fenster, sah in's öde Land hinein; Krähen schwärmten in den Gründen, Adler um das Felsgestein. Wieder fing er an zu seufzen: Bringt mir Keiner Botschaft her Aus dem Lande meiner Väter? – Und die Wimper ward ihm schwer – War's von Thränen? war's von Schlummer? und sein Haupt sank in die Hand. Seht, sein Antlitz wird so helle – Träumt er von dem Vaterland? Also saß er, und zum Schläfer trat ein schlichter Heldenmann, Sah mit freudig ernstem Blicke lange den Betrübten an: Alexander Ypsilanti, sei gegrüßt und fasse Muth! In dem engen Felsenpasse, wo geflossen ist mein Blut, Wo in einem Grab die Asche von dreihundert Spartern liegt, Haben über die Barbaren freie Griechen heut' gesiegt Diese Botschaft dir zu bringen ward mein Geist herabgesandt. Alexander Ypsilanti, frei wird Hellas heil'ges Land! Da erwacht der Fürst vom Schlummer, ruft entzückt: Leonidas! Und er fühlt, von Freudenthränen sind ihm Aug' und Wange naß. Horch, es rauscht ob seinem Haupte, und ein Königsadler fliegt Aus dem Fenster, und die Schwingen in dem Mondenstrahl er wiegt. Fußnoten 1 Bergfestung in Ungarn (Gs). Die Einschiffung der Athener (Als Athen von den Türken wieder eingenommen wurde.) Freies Element der Wogen, sei der Freiheit Kindern hold! Willst hinab du Opfer schlingen, schlinge Sklaven, schlinge Gold! Nicht des Wuchers Dämon treibt uns in das schwanke Bretterhaus, Nicht nach Menschenraube schiffen in die Fluthen wir hinaus; Nach der Freiheit Hafen haben wir die Segel ausgespannt – Heil uns, wenn dereinst wir rufen: Land! Land! Freies Griechenland! Was uns drückte, was uns engte, ließen wir am Strande stehn, Nicht nach Städten, nicht nach Burgen wollen wir zurücke sehn; Vorwärts schweifen unsre Blicke in die weite See hinaus, Und sie grüßt der Freiheit Flagge hoch mit donnerndem Gebraus. Freies Element der Wogen, unbegrenzte Meeresfluth! Mag der Krämer falsch dich nennen, zitternd für sein eitles Gut – Hellas kennt aus alten Tagen deine feste Treue noch: Als Athen, die Burg der Freiheit, unterlag dem Sklavenjoch, Als die Felsenwälle brachen, als die Thürme sanken ein, Da, da wolltest du der Freiheit letzter Hort und Heiland sein; Und empor auf deinem Rücken ein Athen auf Brettern stieg, Und du trugst es fort zum Kampfe, und du trugst es hin zum Sieg. Freies Element der Wogen, sei den späten Enkeln treu, Wie du es den Vätern warest! Sieh, die alte Zeit wird neu! Sieh, Athen, die Burg der Freiheit, ist in der Barbaren Hand! Sieh, in deinen Fluthen spiegelt roth sich ihrer Tempel Brand! Nehmt uns ein, Ihr Brettermauern! Hebt vom Ufer euch geschwind! Auf, die Segel! Nach der Insel Salamis weht frischer Wind. Die Sklavin in Asien Schwestern, weint mit mir! Ich weine über meine Ketten nicht. Sollt' es mich denn gleich zerdrücken, dieses eiserne Gewicht, Das so lange hat getragen unser edles Vaterland, Und es konnt' ihm doch nicht lähmen seine alte Heldenhand? Schwestern, weint mit mir! Ich weine nicht um unsrer Arbeit Schweiß. Keiner soll des Polsters pflegen, der den Leib zu rühren weiß, Wenn das Vaterland in Nöthen laut nach seinen Kindern schreit – Wer nicht wehren kann und stürmen, sei zu leiden doch bereit. Schwestern, weint mit mir! Ich weine nicht um meiner Brüder Tod. Ihre sel'gen Geister schweben oft um mich im Abendroth, Wehn mit ihren Siegeskränzen kühlen Trost von fern mir zu – Sollt' ich denn durch eitle Thränen stören ihre Grabesruh'? Schwestern, weint mit mir! Ich weine auch um meinen Liebling nicht. Lebt er, o so weiß ich, daß er, als ein Held – für mich auch ficht; Sank er, will ich Lorbeerbäume pflanzen über sein Gebein, Und die Stätte wird ein Tempel für die freie Hellas sein. Schwestern, weint mit mir! Ich weine, weine, daß ich bin kein Mann – Daß ich nicht ein Roß besteigen, keine Lanze schwingen kann, Daß ich nicht kann Eisen sprengen, schwimmen durch die wilde Fluth – Drüben in dem freien Lande frei verspritzen freies Blut! Der kleine Hydriot Ich war ein kleiner Knabe, stand fest kaum auf dem Bein, Da nahm mich schon mein Vater mit in das Meer hinein, Und lehrte leicht mich schwimmen an seiner sichern Hand, Und in die Fluthen tauchen bis nieder auf den Sand. Ein Silberstückchen warf er dreimal in's Meer hinab, Und dreimal mußt' ich's holen, eh' er's zum Lohn mir gab. Dann reicht' er mir ein Ruder, hieß in ein Boot mich gehn, Er selber blieb zur Seite mir unverdrossen stehn, Wies mir, wie man die Woge mit scharfem Schlage bricht, Wie man die Wirbel meidet und mit der Brandung ficht. Und von dem kleinen Kahne ging's flugs in's große Schiff, Es trieben uns die Stürme um manches Felsenriff. Ich saß auf hohem Maste, schaut' über Meer und Land, Es schwebten Berg' und Thürme vorüber mit dem Strand. Der Vater hieß mich merken auf jedes Vogels Flug, Auf aller Winde Wehen, auf aller Wolken Zug; Und bogen dann die Stürme den Mast bis in die Fluth, Und spritzten dann die Wogen hoch über meinen Hut, Da sah der Vater prüfend mir in das Angesicht – Ich saß in meinem Korbe und rüttelte mich nicht – Da sprach er, und die Wange ward ihm, wie Blut, so roth: Glück zu, auf deinem Maste, du kleiner Hydriot! – Und heute gab der Vater ein Schwert mir in die Hand, Und weihte mich zum Kämpfer für Gott und Vaterland. Er maß mich mit den Blicken vom Kopf bis zu den Zehn, Mir war's, als thät' sein Auge hinab in's Herz mir sehn. Ich hielt mein Schwert gen Himmel, und schaut' ihn sicher an, Und däuchte mich zur Stunde nicht schlechter, als ein Mann. Da sprach er, und die Wange ward ihm, wie Blut, so roth: Glück zu, mit deinem Schwerte, du kleiner Hydriot! Der Mainottin Unterricht Viele weiße Schwäne schwimmen still auf des Eurotas Wogen, Viele schwarze Raben kommen kreischend durch die Luft gezogen. Weiße Schwäne, woher schwimmt ihr? Wißt ihr Kunde nicht zu sagen, Ob mein Sohn sich wie ein Sparter in dem flachen Land geschlagen? Schwarze Raben, woher fliegt ihr? – Saht ihr nicht auf euren Zügen Viele blut'ge Türkenschädel in den Siegesfeldern liegen? In den grünen Lorbeersträuchen, die zum Flusse niederschauen, Wo die Schwäne ihre Nester unter dichtem Laube bauen, Hängen viele weiße Federn, die will ich zusammenraffen, Und daraus für meinen Knaben schneiden spitze Köcherwaffen; Will dann oben in den Lüften zeigen ihm die schwarzen Raben, Sag' ihm: Das sind Türken, die den Vater dir gemordet haben! Die Eule Vogel der Weisheit Ward ich genannt; Ich saß auf Minervens Altare, Ihr heiliges Feuer hütend. Nun liegt er in Trümmern, Der Tempel der Göttin Auf Cecrops Burg, Erloschen und verweht Von ihrem Hochaltare Die letzten Opferfunken. Da hab' ich der Nacht mich ergeben, Und schlafe den langen Tag; Und wann die Menschen träumen, Dann schau' ich mit blitzenden Augen Über die dunkle Erde Und schreie Wehe! Wehe! Über die Thorheit des hellen Tages! Aber die Menschen verstehn mich nicht; Sie zittern, wenn sie mich hören, Nennen mich Weheverkünderin, Und ich verkünde doch Wahrheit nur. Über Hellas flog ich hin Um Mitternacht; Am Himmel war kein Stern zu sehn, Und blutigroth in Nebelwolken Schwamm des Mondes Sichel hin. Aber von flammenden Städten, Aber von rauchenden Hütten, Aber von glühenden Scheiterhaufen War es weit und breit so hell, Hell wie der Tag, Und ich rief Wehe! Wehe! Über den Schimmer des hellen Tages. Ich hörte blutende Säuglinge winseln An gemordeter Mütter Brüsten, Sah aus den Klausen heilige Jungfraun Schleifen zur Schlachtbank rasender Lust, Sahe die Tempel des Kreuzes Niedergerissen in Trümmern liegen, Und die zerstückten Gebeine Ihrer Priester dazwischen Über die Steine gestreut. Da drückt' ich die blitzenden Augen zu Und unter mir hört' ich noch lange Ein Heulen, ein Jammern, ein Wimmern, Ein Jauchzen, ein Fluchen, ein Knirschen – Dann ward es still. Und ich schlug die blitzenden Augen auf, Da standen an eines Flusses Ufer Heere des Kreuzes zu Roß und zu Fuß; Ich konnte sie nicht absehen, So hoch ich mich mochte schwingen. Und Waffen trugen sie in den Händen, Und ihre Blicke glühten, Wie ihre Lanzenspitzen, Nach Blut. Da rief ich Wehe! Wehe! Da rief ich Rache! Rache! Da rief ich Hülfe! Hülfe! Und lange hätt' ich noch geschrien, Da ward's im Morgen helle, Und in die Augen flimmerte Verblendend mir das Tageslicht. Und ein Schwarm von höhnischem Luftgesindel Flog schnarrend und pfeifend mir um das Haupt, Mein Schreien übertäubend. Da rief ich Wehe! Wehe! Über die Thorheit des hellen Tages! Neue Lieder der Griechen Anmerkung zum zweiten Liede Die Sage von der Gründung der Stadt Parga erzählt Pouqueville ( Voyage dans la Grèce. Tome I. p. 494 ) aus neugriechischen Quellen, wie folgt: La vieille Parga ( Palaio Parga ) existait longtemps avant la prise de Constantinople par les Mahométans. Mais lorsque ces barbares ayant envahi la capitale de l'empire d'Orient, s'étendirent dans les provinces qu'ils couvraient de ruines et de carnage, les prêtres de Parga, qui prévoyaient une catastrophe inévitable, songèrent à préparer aux habitants un dernier asyle voisin de la mer, dans lequel ils pouvaient se défendre ou fuir dans une terre hospitalière, en cas d'attaquer et de revers. Il était difficile d'engager un peuple attaché à ses foyers à les quitter; des considérations ordinaires auraient été peu déterminantes; ils firent parler le Ciel. Un chévrier découvrit dans une caverne du cap Chimarium une image de la Sainte Vierge, qu'on fit transporter en cérémonie au bourg de Parga. Malgré les hommages qu'on lui rendait, comme elle retournait d'elle-même dans son antre, il fallut se décider à l'y suivre; et ce fut autour de ce palladium miraculeux que s'éleva la nouvelle Parga. Der Mainotte Nie, nie hat ein Sklavenjoch meinen starken Hals gebogen, Nie hab' ich an meinem Arm eine Kettenlast gewogen. Frei, wie meiner Berge Strom, wie der Adler in den Lüften, Stürz' ich brausend in die Fläche, wo die Freiheit liegt in Grüften, Neben altem Heldenstaube, unter grauen Mauertrümmern, Und mir ist, als hört' ich sie unter mir vernehmlich wimmern. Räuber heiß' ich bei dem Wicht, der den Räuber nennt Gebieter, Jenen Räuber, der ihm hat dich geraubt, du Gut der Güter, Freiheit, Freiheit, Lebensluft, Leibesmark und Seelenschwinge, Der gehört mein Herz, mein Arm, meine Büchs' und meine Klinge, Der ich wache, der ich kämpfe, der ich lebe, der ich sterbe, Die ich meinen Kindern lasse als mein einig eignes Erde. Räuber nennt mich immerhin! Rauben will ich und verheeren Herrengut und Sklavenland, und kein Pascha wird es wehren. Aber hört, ihr Feldbewohner, hört, der Räuber kann auch geben Mehr, mehr als ihr habt besessen all' in eurem ganzen Leben. Wollt ihr eure Freiheit wieder? Kommt herauf mit scharfen Klingen! Von den Bergen wollen wir sie vereint herunter bringen. Der Pargioten Abschied von den Engländern Brüder, laßt und fürder ziehen aus dem schnöden Inselland! Laßt uns eilig unsre Segel richten nach dem schönen Strand, Wo aus langen schweren Banden Hellas ihre Arme ringt Und die kettenwunde Rechte gegen die Tyrannen schwingt. Britten, ohne Dank und Segen scheiden wir aus eurem Schutz, Wählen einen andern Herren, und derselbe heißet Trutz; Der will uns hinüber führen ohne euren sichern Paß, Wo wir Päss' uns selber schreiben mit des Blutes rotem Naß. Unsre Mauern, unsre Thürme, unsre ganze liebe Stadt, So die heil'ge Mutter Gottes selber sich ersehen hat, Daß sie von der Felsenspitze auf dem letzten Uferrand Tröstend überschauen möchte das gebeugte Griechenland: Diese Stadt habt ihr verhandelt, Britten, die ihr schützen wollt, Britten, habt sie losgeschlagen für des alten Paschen Gold. Hättet wohl auch unsre Häupter gern gegeben in den Kauf? Und der grimme Heide wetzte schon sein Henkerbeil darauf. Britten, Britten, an den Händen klebt es röther euch, als Blut! Britten, Britten, das ist jenes Sündengoldes Höllengluth! Und ein hoher Scheiterhaufen stieg auf unsrem Mark empor, Und mit Schaufeln und mit Hacken zogen wir aus jedem Thor: Jeder grub sich die Gebeine seiner Lieben aus der Gruft, Und in freien Flammen lodernd flog der Staub in freie Luft. Ach, wohl hätten wir uns selber gern gestürzt in seine Gluth, Doch der Weiber und der Kinder Jammer brach der Männer Muth; Und so zogen wir von dannen bei der Leichenflammen Schein, Und die Brittenschiffe nahmen unsres Elends Lasten ein. Haben nun zwei Jahr' gesessen hier auf Korfu's Inselland, Haben nun zwei Jahr' geschauet sehnlich nach der Heimath Strand. Britten, habt uns Schutz gegeben, und noch Ketten auch dabei: Euren Schutz und eure Ketten brechen heute wir entzwei. Brüder, laßt uns fürder ziehen! Drüben liegt ja unsre Stadt, So die heil'ge Mutter Gottes selber sich ersehen hat, Daß sie von der Felsenspitze auf dem ersten Uferrand Segnend überschauen möchte das erwachte Griechenland. Brüder, dahin laßt uns ziehen, eh' der hohe Schutzpatron, Uns statt seiner zu beschützen, rufe seinen Kerkerfrohn. Brüder, dahin laßt uns ziehen, weil wir noch in unsrer Hand Unsre guten Schwerter halten, Schwerter für das Vaterland! Der Bund mit Gott Kein König und kein Kaiser auf dieser Erde Rund Will uns die Rechte reichen, zu schließen einen Bund. Sie haben ihre Heere gesandt bis an den Pruth, Es segeln ihre Flotten durch unsre Meeresfluth, Sie sehn die Wogen glühen von unsres Blutes Roth, Sie schauen unsre Thaten und hören unsre Noth; Doch tauber, als die Woge, die ihre Schiffe trägt, Doch härter, als die Klippe, die Kiel und Mast zerschlägt, Sind sie vorbeigesegelt, als Chios grauser Brand Des Meeres Ungeheuer aufschreckt' im tiefsten Sand, Wo sie der Ruhe pflogen nach ihrem Paschenschmaus Von süßem Säuglingsfleische. Sie stierten wild heraus Aus feuerhellen Wogen, und um sie hin und her Da schwammen frische Leichen und reizten sie nicht mehr. Sie sind vorbeigesegelt. Der Herr hat es gesehn. Da sandt' er Feuerströme herab aus seinen Höhn – Wohin zielt seine Rechte? Wen meint der Flammenstrahl? Des Würgers stolze Flotte fliegt auf in Blitz und Knall, Daß donnernd wiederhallen die Berge rund umher, Und aus den tiefsten Höhlen aufbraust das weite Meer. Seht, und den Würger schleudert ein höllenrother Brand Von seinem weichen Polster hinüber an den Strand, Wo nicht so viel des Bodens von Blut geblieben rein, Um ihm im letzten Röcheln ein trocknes Bett zu sein. So segelt denn vorüber und danket Gott dem Herrn, Und was ihr habt gesehen, das meldet nah und fern, Und machet euren Herrschern die Wunderbotschaft kund: Gott hat mit Hellas Söhnen geschlossen einen Bund, Den heil'gen Bund der Liebe auf Leben und auf Tod, Dem Höll' und Welt vergebens mit Gold und Eisen droht. Der heil'ge Bund wird halten, ob alle untergehn, Wird mit uns triumphirend einst aus dem Grab erstehn. Die Zweihundert und der Eine Preiset die Zweihundert nicht, preiset, Brüder, nur den Einen, Der Zweihundert kann so fest in der Liebe Gluth vereinen, So zu einer Todesfreude, so zu einer Racheflamme, Alle Nerven, alle Sehnen so zu eines Leibes Stamme. Preiset die Zweihundert nicht, preiset, Brüder, nur den Einen, Der vierhundert Arme kann so zu einem Schlag vereinen, Einem Schlage seines Blitzes, den er gab in unsre Hände, Daß er des Gerichtes Feuer in des Würgers Flotte sende. Preiset die Zweihundert nicht, preiset, Brüder, nur den Einen, Der sich glorreich offenbart in Zweihunderten der Seinen, Als sie durch der Heiden Segel schifften mit der Kreuzesfahne, Und die hohen Masten bebten vor dem kleinen Wunderkahne. Preiset die Zweihundert nicht, preiset, Brüder, nur den Einen, Der ein gaukelnd Wolkenbild ließ dem Heidenheer erscheinen, Also daß es, wie geblendet, uns in festlich wildem Drange Grüße bot von nah und ferne mit betäubendem Gesange. Preiset die Zweihundert nicht, preiset, Brüder, nur den Einen, Dem Zweihundert hier im Staub ihres Dankes Thränen weinen, Daß er ihre Blitzgeschosse hat gelenkt zum rechten Ziele Und des Würgers Haupt getroffen auf dem blutgetränkten Pfühle. Preiset die Zweihundert nicht, preiset, Brüder, nur den Einen, Der sein schreckliches Gericht ließ dem Heidenvolk erscheinen, Also daß sie seine Wunder predigten in den Moscheen; Denn sie sahn die Todesengel leiblich in den Wolken stehen. Preiset die Zweihundert nicht, preiset, Brüder, nur den Einen, Der Zweihundert kann so fest in der Liebe Gluth vereinen. Unsre trocknen Waffen legen wir am Hochaltare nieder. Herr, ist dein Gericht vollendet? – Winke, und wir segeln wieder! Der Chier Ich hatt' ein schönes Schloß mit hohen, blanken Zinnen, Und mancherlei Geschirr von Gold und Silber drinnen; Und wenn ich von dem Dach hinab mein Auge schickte, War alles meine Flur, was es rundum erblickte. Ich hatt' ein edles Weib, die Flamme meiner Jugend, Die Herrin jeder Huld, das Abbild aller Tugend. Drei Söhne hatt' ich auch in rother Knabenblüthe, In deren klarem Blick ein Hoffnungsmorgen glühte, Der einen Tag verhieß von reiner, steter Sonne. Ich hatt' ein Töchterlein, der Mutter bange Wonne, Halb Jungfrau und halb Kind, ein Röslein, das die Schale Der Knospe scheu und froh durchblickt zum ersten Male. – Nun hab' ich nichts, als mich und eine scharfe Klinge, Und wenn ich meinen Stahl auf die Barbaren schwinge, Fühl' ich mich wunderreich. Bald hab' ich alles wieder, Wann um mich weit und breit zerstückte Türkenglieder, Zu Bergen aufgehäuft, als Rachemahle prangen. Dann ist es satt getränkt, das brünstige Verlangen Nach meinem edlen Gut, und über meinen Schätzen Lieg' ich dahingestreckt, nicht todt daran zu letzen. Thermopylä Heil! Heil! Nie wird Thermopylä den Sieg der Sklaven sehn. Heil! Ewig wird Thermopylä, ein Hort der Freiheit, stehn. Da kreist er mit dem Flammenschwert als Wächter um den Paß, Den er mit seinem Blut gefeit, der Held Leonidas, Und hinter ihm die ganze Schaar der Treuen bis zum Tod, Mit grünen Kränzen auf dem Haupt, die Brust ganz purpurroth. Nun rottet euch zusammen nur, ihr Sklaven und ihr Herrn! Ihr Söldnerhorden, zieht heran, heran von nah und fern! Wir stehen bei Thermopylä; wir stehen Mann für Mann, Zu zeigen euch, was Freiheit ist, was Freiheit will und kann. Leonidas, ein Blick auf uns, ein Blick auf sie hinab! Und nun laß uns im Kampf allein – wir stehn auf deinem Grab, Da stehen wir, da fallen wir, da scharren sie uns ein; Mit unsern Leichen wollen wir des Grabes Decke sein, Daß nimmer deinen heil'gen Staub berühr' ein Sklavenfuß; Er trete lieber doch auf uns, wenn er hier treten muß. Heil! Heil! Nie wird Thermopylä den Sieg der Sklaven sehn. Heil! Ewig wird Thermopylä, ein Hort der Freiheit, stehn. Schon einmal sprang der Türkenstahl an diesem Felsgestein, Schon einmal sank der halbe Mond hier in den Staub hinein, Schon manche neue Schatten auch sind über uns zu sehn, Die mit der alten Heldenschaar umschweben diese Höhn. Wir kennen euch, wir folgen euch getreu in Sieg und Tod, Wir färben unsre Brust, wie ihr, mit schönem Purpur roth. Heran, ihr Sklaven, nur heran! wir haben unser Mahl Genossen schon im Morgenroth, geleert ist der Pokal. Wir kränzen unsre Stirn zum Fest, wir kränzen unser Schwert Zum Siegesfest, zum Todesfest – was uns der Herr gewährt; Nur sei des Todes werth der Sieg, des Sieges werth der Tod! Vor Sparta's Leichen bebte hier der medische Despot, Und fühlte sich besiegt im Sieg, und sah es selber an Mit finstrem Blick, was Freiheit ist, was Freiheit will und kann. Heran, ihr Sklaven, nur heran! Auch ihr, ihr sollt es sehn! Heil! Ewig wird Thermopylä, ein Hort der Freiheit, stehn. Bozzari Freiheit! war sein letzter Hauch. Freiheit hat e nun gefunden. Frei flog seine Heldenseele aus des Busens offnen Wunden In das Reich der Freiheit auf. Oder will sie noch verweilen Unter uns und jeden Kampf mit den Erdenbrüdern theilen? O so sei gegrüßt im Streite, sei gegrüßt beim Siegesmahle! Wollen dir die ersten Tropfen aus dem schäumenden Pokale Auf den Grabeshügel schütten, und die ersten Lorbeerzweige Auf den nassen Rasen legen. Freier, sel'ger Geist, dann neige Segnend dich herab und fache hell in uns empor die Gluthen, Die auch mit des Heldenblutes letztem Tropfen nicht verbluten, Die noch heut' im Staube brennen unter Pylä's heil'gen Grüften, Die auf Marathons Gefilden ewig wehen in den Lüften, Die wir alle in uns trinken recht in vollen, heißen Zügen, Wenn Bozzari's Nam' ertönt und uns ruft zu neuen Siegen. Neue Lieder der Griechen Zweites Heft Hydra Hoher, steiler, fester Felsen, darauf Hellas Freiheit ruht! Seh' ich deine Wolkengipfel, steigt mein Herz, und wallt mein Blut. Hoher, steiler, fester Felsen, den des Meeres Wog' umbraust, Über dessen kahlem Scheitel wild die Donnerwolke saust! Aber in das Ungewitter streckst du kühn dein Haupt empor, Und es wankt nicht von dem Schlage, dessen Schall betäubt das Ohr; Und aus seinen tiefsten Höhlen schleudert das erboste Meer Wogenberg' an deine Füße, doch sie stehen stark und hehr, Schwanken nicht, so viel die Tanne schwankt im linden Abendhauch, Und die Wogenungeheuer brechen sich zu Schaum und Rauch. Hoher, steiler, fester Felsen, darauf Hellas Freiheit ruht! Hydra, hör' ich deinen Namen, steigt mein Herz, und wallt mein Blut; Und mit deiner Segel Fluge schwebt in's weite Meer mein Geist, Wo der Wind, wo jede Welle jubelnd deine Siege preist. Ist Athen in Schutt zerfallen, liegt in Staub Amphions Stadt, Weiß kein Enkel mehr zu sagen, wo das Haus gestanden hat, Dessen Ziegel nach dem feigen Sohne warf der Mutter Hand, Als er ohne Kranz und Wunde vor der Thür der Heldin stand: Laßt die Thürm' und Mauern stürzen; was ihr baut, muß untergehn: Ewig wird der Freiheit Felsen in dem freien Meere stehn! Bobolina Bobolina, Bobolina, Königin der Meeresfluth! Wie erglühen rings die Wogen um dich her so roth von Blut! Wie dein schwarzer Witwenschleier stolz als Kriegsflagge weht, Und mit tausend Argusaugen auf dem Mast die Rache steht! Um sich späht sie durch die Meere, durch die Inseln, durch das Land, Und es weint ihr jedes Auge, das noch keine Beute fand. Bobolina, Bobolina! Durstig ist die Meeresfluth, Durstig sind des Schiffes Balken, durstig sind wir all' nach Blut. Horch, und aus der Wogen Grunde hallt ein dumpfer Geisterlaut: Schütte Blut mir in die Tiefe, Bobolina, meine Braut! Einen Bach für jeden Tropfen, der aus meinem Herzen sprang, Als der Dolch der Henkersknechte des Tyrannen es durchdrang. Bobolina, Bobolina, führ' uns in den Kampf hinein! Hörst du nicht vom hohen Maste jubelnd schon die Rache schrein? Sausend schwellen deine Segel, und das schwarze Schleiertuch Flattert rauschend durch die Lüfte, wie des Leichenvogels Flug. Bobolina, Bobolina, gieb das Zeichen zu dem Streit. Warte nicht auf andre Boten! – Türkensegel sind nicht weit. Der Mainottenknabe Mutter, meinen Pfeil und Bogen werf' ich vor die Füße dir! Nach den Scheiben und den Puppen noch zu schießen, ekelt mir. Laß den Vater Türkenköpfe doch mir schicken aus dem Feld, Dann, dann, Mutter, sollst du sehen, daß ich bin ein Schützenheld! Hat vielleicht mein edler Vater zu dem Schicken keine Zeit, Ei, so geh' ich selbst hinunter, wo er steht im heißen Streit, Schneide mir mit meinem Messer selber ab den besten Kopf, Und herauf nach unsern Bergen trag' ich ihn an seinem Schopf. Das soll eine Freude werden! Alle Kinder ruf' ich her, Alle spannen ihren Bogen, alle laden ihr Gewehr. Wenn ich dann das Ziel nicht treffe, Mütterchen, so sperr' mich ein, Und laß lange Weiberröcke meine Sonntagskleider sein! Die Suliotin Ich hab' die Spindel lang' gedreht, hab' manche Winternacht Gewebt am Stuhl, und froh dabei an's neue Kleid gedacht. Ich hab' die Heerden auf den Höhn gehütet manchen Tag, Und bin geklettert ohne Noth den jungen Ziegen nach; Ich habe meinen Kleinen auch manch Kinderspiel gezeigt, Und Sprung und Lauf und Schuß und Wurf ward mir mit ihnen leicht. Jetzt schleif' ich einen Stahl für mich und drehe Sennen mir – Mein Herr, mein Hort, mein Herz, o nimm mich in den Kampf mit dir! Ich kenne jeden Felsenpfad auf Suli's steilen Höhn, Und wo die flinke Gemse zagt, da kann ich sicher stehn. Hast du noch nicht gesehn, was ich vermag im Sprung und Lauf, Wohlan, so gieb ein Probestück mir mit den Männern auf! Und eine Klippe zeige mir auf Suli weit und breit, Die ich dir nicht erklettern kann zu aller Frauen Neid. Den Vogel treff' ich in der Lust, wo's gilt nur einen Scherz – Meinst du, verfehlen könnt' ich ja des großen Feindes Herz? Mein Herr, mein Hort, mein Herz, o nimm mich in den Kampf mit dir! Mein Töchterchen kann spinnen schon. – Was sitz' ich länger hier? Mein jüngster Knabe steht allein. – Was ist mein Arm ihm werth? Mein ältester geht auf die Jagd. – Was sorg' ich für den Herd? Mit dir, mit dir will ich ins Feld! da hab' ich meinen Stand, Bei dir, bei dir, da, Brust an Brust, da, Liebster, Hand in Hand! Und sollt' ich fallen, sieh nicht hin, und denke nicht an mich, Denk an den Feind, denk an den Kampf, und denke, Herz an dich, An unsre Kinder, an dein Haus, an Suli's heil'ge Höhn, An unsres Gottes Tempel, die auf ihren Gipfeln stehn, An deiner Heldenväter Staub, und dann an eine Gruft Für mich, für dich, in freier Erd' und unter freier Luft! Lied vor der Schlacht Wer für die Freiheit kämpft und fällt, deß Ruhm wird blühend stehn, So lange frei die Winde noch durch freie Lüfte wehn, So lange frei der Bäume Laub noch rauscht im grünen Wald, So lang' des Stromes Woge noch frei nach dem Meere wallt, So lang' des Adlers Fittig frei noch durch die Wolken fleugt, So lang' ein freier Odem noch aus freiem Herzen steigt. Wer für die Freiheit kämpft und fällt, deß Ruhm wird blühend stehn, So lange freie Geister noch durch Erd' und Himmel gehn. Durch Erd' und Himmel schwebt er noch, der Helden Schattenreihn, Und rauscht um uns in stiller Nacht, in hellem Sonnenschein, Im Sturm, der stolze Tannen bricht, und in dem Lüftchen auch, Das durch das Gras auf Gräbern spielt mit seinem leisen Hauch. In ferner Enkel Hause noch um alle Wiegen kreist Auf Hellas heldenreicher Flur der freien Ahnen Geist; Der haucht in Wunderträumen schon den zarten Säugling an, Und weiht in seinem ersten Schlaf das Kind zu einem Mann. Den Jüngling lockt sein Ruf hinaus mit nie gefühlter Lust Zur Stätte, wo ein Freier fiel, da greift er in die Brust Dem Zitternden, und Schauer ziehn ihm durch das tiefe Herz: Er weiß nicht, ob es Wonne sei, ob es der erste Schmerz. Herab, du heil'ge Geisterschaar, schwell' unsre Fahnen auf, Beflügle unsrer Herzen Schlag und unsrer Füße Lauf! Wir ziehen nach der Freiheit aus, die Waffen in der Hand, Wir ziehen aus auf Kampf und Tod für Gott, für's Vaterland. Ihr seid mit uns, ihr rauscht um uns, eur Geisterodem zieht Mit zauberischen Tönen hin durch unser Jubellied. Ihr seid mit uns, ihr schwebt daher, ihr aus Thermopylä, Ihr aus dem grünen Marathon, ihr von der blauen See Am Wolkenfelsen Mykale, am Salaminerstrand, Ihr all' aus Wald, Feld, Berg und Thal im weiten Griechenland! Wer für die Freiheit kämpft uns fällt, deß Ruhm wird blühend stehn, So lange frei die Winde noch durch freie Lüfte wehn, So lange frei der Bäume Laub noch rauscht im grünen Wald, So lang' des Stromes Woge noch frei nach dem Meere wallt, So lang' des Adlers Fittig frei noch durch die Wolken fleugt, So lang' ein freier Odem noch aus freiem Herzen steigt. Die Könige und der König Die auf der Erde Thronen mit Schwert und Zepter stehn, Sie winken: fort von dannen! sobald sie uns ersehn. Sie wollen uns verschließen die Häfen und das Land, Sie wollen uns verschließen Ohr, Auge, Herz und Hand. Der auf des Himmels Throne mit Kreuz und Palme steht, Er winkt und ruft: Mir nahet, die ihr in Thränen geht! zu mir kommt, ihr Betrübten! Ich bin an Troste reich, Ich habe Augen, Ohren, hab' Wunden auch für euch. Heil uns! Wir schauen fürder nicht mehr nach Nord und West; Ob uns in West und Norden die Christenheit verläßt, Christus will bei uns bleiben, und Christus ist uns nah: Er winkt, und seine Heere sind schon zum Siege da. Sie ziehn aus fernen Landen nicht her in trägem Zug, Vom hohen Himmel stürzen sie mit des Blitzes Flug. Dahin laßt uns denn schauen! Die Wolken wehren's nicht: Durch Nacht und Dunst und Nebel des Glaubens Auge bricht. Dahin laßt uns denn richten Herz, Aug', Ohr, Mund und Hand, Dahin sei unser Jammer und unser Dank gesandt, Dahin laßt Opfer steigen, und fehlt's an Weihrauchduft, So fliegt des Feindes Flotte hoch dampfend in die Luft! Lied des Trostes Mit uns, mit uns ist Gott, der Herr! Drum Brüder, zaget nicht, Wenn über unsern Häuptern auch die Wetterwolke bricht, Die Donnerpfeile niederschießt und rothe Flammen speit! Mit uns, mit uns ist Gott, der Herr! Zum Zagen ist nicht Zeit. Ob unter solchen Schlägen auch der Heide niederfällt, Die Faust geballt, das Haar gesträubt, allein auf weiter Welt, Ob er den Boden wühlt und stampft, und in den Rasen beißt, Und, seinen Blick zur Gruft gekehrt, verflucht den Lügengeist, Der ihm Triumph und Heil verhieß im Kampfe für den Mond, Und nun mit Wunden, Schmach und Tod den Gläubigen belohnt: Wir Christen haben andern Brauch: sind auch die Hände wund, Wir falten sie zusammen doch in unsrer letzten Stund', Und sinken wir zur Erde hin, wir sinken auf die Knie', Und brechen unsre Augen auch, gen Himmel brechen sie. Mit uns, mit uns ist Gott, der Herr! Wir küssen fromm die Hand, Die Wonn' und Sieg, die Pein und Tod auf uns herab gesandt. Aus Noth und Tod in's Morgenroth! sei unser Feldgeschrei. Ist es nicht ehr, dort werden wir ja Alle, Alle frei. Alte und neue Tempel Laßt die alten Tempel stürzen! Klaget um den Marmor nicht, Wenn die Hand des blinden Heiden seine schöne Form zerbricht! Nicht in Steinen, nicht in Asche wohnt der Geist der alten Welt, In den Herzen der Hellenen steht sein königliches Zelt; Darin hat er lang' geschlafen, hat an Gestern stets gedacht Und des Morgens ganz vergessen in dem Traum der langen Nacht. Und vom Vater zu dem Sohne, und zum Enkel von dem Sohn Ging aus Brust in Brust der Schläfer und bewahrte seinen Thron. Mancher hat wohl kaum geahnet, wen er in dem Herzen trug, Auch als der Herr der Herren sprach das große Wort: Erwacht! Und von Hellas Bergesgipfeln in der heil'gen Osternacht Seiner Engel Schaaren bliesen die Posaunen durch das Land, Da, da hat der alte Schläfer jauchzend sich in uns ermannt, Ist gefahren durch die Glieder, in das Haupt und in die Hand, Ja, bis in die Lanzenspitze, ja, bis in des Schwertes Knauf Zuckt er, wenn des Kriegers Rechte schwingt die freien Waffen auf. Laßt die alten Tempel stürzen! In uns ist der alte Geist, Der uns einen neuen Tempel, einen ewigen verheißt, Einen Tempel des Erhalters, der den Schläfer hat bewacht, Einen Tempel des Erweckers in der heil'gen Osternacht! Neue Lieder der Griechen Drittes Heft 1823. Crucifigite eum! Welch ein Pharisäertroß tobet durch die vollen Gassen? Wollt ihr Christum noch einmal an das Kreuzholz schlagen lassen? Kreuzigt ihn! so hör' ich sie alle triumphirend rufen, Und sie stürmen, wild gedrängt, des Palastes hohe Stufen. Kreuzigt ihn! so rufen sie, und ich seh' sie Kreuze schlagen, Über ihre Brust, auf der sie viel bunte Kreuze tragen. »Was ihr dem Geringsten thut aus der Zahl der lieben Meinen, Dieses thut ihr mir und ihm, der mich hieß der Welt erscheinen.« Also sprach der Heiland einst, und die Pharisäer wissen, Wo der Spruch geschrieben steht, denn sie sind auf's Wort beflissen. Pharisäer, haltet ein! Habt ihr nicht den Spruch gefunden? Seht, es brechen blutend auf Jesu Christi tiefe Wunden! Seht, es rinnt der rothe Schweiß kalt von seinen Schläfen nieder, Und er ruft: Erbarme dich, Vater über meine Brüder! Meine Brüder, die für mich werden an das Kreuz geschlagen, Die der Heiden Joch für mich nach der Schädelstätte tragen! Wie viel Augen, die auf dich blickten, sind hier ausgestochen! Wie viel Herzen, die auf dich hofften, sind Qual gebrochen! Wie viel Zungen, die dein Lob sangen, sind hier ausgeschnitten! Wie viel Hände abgehaun, die für deine Kirche stritten! Wie viel Lämmer deiner Flur raubt' der Wolf in seinem Grimme, Ehe noch ihr Herz erkannt ihres treuen Hirten Stimme! Pharisäer, habt ihr noch Stimme, »Kreuzigt ihn!« zu rufen? Zittern eure Füße nicht nieder von den hohen Stufen? O so mög' ein Donnerschlag euch des Odems Hauch benehmen, Und ein Blitz vom Höllenpfuhl eure starren Kniee lähmen! Pontii Pilati Händewaschen O bringet doch Weihwasser her! Vom besten muß es sein; Holt es aus Rom! Das römische, das wäscht ja Alles rein. Pilatus, wasche deine Hand und wasche deinen Mund! Die Hand, sie ist von Tinte schwarz, der Mund vom Gifte wund. Nun wasch' und sprich: Ich habe nicht gestochen und gehaun, An meinen beiden Händen ist kein Tropfen Blut zu schaun; Nur Tint' und Geifer klebt mir an, damit hab' ich befleckt Was heilig, hoch, rein, stark und frei, was Männerseelen weckt Zu Wort und That, zu Kampf und Sieg, aus Kerkerschlaf und Tod, Was aus des Grabes Nächten ruft des Lebens Morgenroth. Damit hab' ich gepriesen auch, bejubelt und belacht, Was wohl aus Heidenaugen selbst die Thränen fließen macht, Was jedes Christenherz zerdrückt, zerbrennet und zerreißt, Was zarte Lämmer brüllen lehrt und Löwen wimmern heißt. O bringet doch Weihwasser her! Vom besten muß es sein. Hab' nicht gestochen und gehaun – Weihwasser wäscht mich rein. Der Minister Hört! Von Geschäften wurde toll ein christlicher Minister! – So wollen wir einmal beschaun doch sein Geschäfts-Register. Ei, gab es denn in diesem Jahr so schrecklich viel zu schaffen? Was ist geschaffen und geschafft? – Wir dürfen's auch begaffen. Die Segel auf! Gen Osten hin! Da giebt es was zu sehen. Schon leuchten uns von Chios Strand entgegen die Trophäen, Trophäen, prächtig aufgethürmt, Trophäen ohne Gleichen, Trophäen, weiß und schwarz und roth, von Schädeln, Blut und Leichen. Und Kreuze liegen oben auf, bespieen und zerschlagen – Was ist geschaffen und geschafft? – Hier laßt einmal uns fragen. Und um das hohe Leichenmahl sieht man die Wölf' und Tiger In festlich wildem Pompe ziehn, als ehrenwerthe Sieger. Viel Sklaven ziehn im Joch voraus, viel Greise, Kinder, Weiber; In Schweiß und Blut und Thränen sind gebadet ihre Leiber. So schleppen sie ihr eignes Fleisch zum Klotz der Schlächterhöhlen: Man sagt, es sollen Christen sein: ich will es nicht verhehlen. Die Segel auf! Gen Osten hin! Da giebt es was zu sehen, Daß Herz und Gall' und Aug' und Mund vom Sehen übergehen. Der muß auf hoher Höhe stehn, der ruhig hier mag gaffen: Wir wollen's ohne Streit gestehn: das Jahr gab viel zu schaffen. Griechisches Feuer Könnt' ich meine Feder doch jetzt in Griechisch Feuer tauchen, Das kein Wasser löschen kann, das im Staub nicht darf verrauchen! O und könnt' ich mit dem Kiel eure starren Busen spalten, Und ein solches Feuer spein tief in eurer Herzen Falten, Drinnen ihre Nester baun schillernde Chamäleone, Und der Ottern bunt Gezücht spielt mit Christi Dornenkrone. Dahin zielt der Muse Pfeil: diese übertünchten Grüfte Möcht' er öffnen, daß ihr Dunst ungewürzt stieg' in die Lüfte. Dahin zielt des Feuers Strahl; treiben möcht' er in die Höhe Alle Brut der Schlangennester, daß die Welt sie kriechen sähe. Pharisäer, kreuzt ihr euch, daß des glühen Pfeiles Spitze Eurer blanken Kreuze ja keines auf der Brust euch ritze? Kreuzt euch nur! Wer kann, wie ihr, kreuzen, biegen, drehn und wenden? Nein, nie trifft euch ein Geschoß, welches fliegt aus graden Händen. Die neuen Kreuzfahrer Der Herr des halben Mondes hat gestiftet einen Orden, Ein Kreuz für alle Christen, die ihm Christen helfen morden, Für alle, die der Freiheit Haupt in's Joch ihm helfen beugen, Und lehren, daß das heil'ge Kreuz soll vor dem Mond sich neigen. Hervor, ihr Ritter allzumal! Hervor aus allen Ecken! Mein Lied soll eurer Thaten Ruf mit hellem Klang erwecken. Hervor, der du mit frechem Mund die Freiheit nennst Empörung, Und der Hellenen Heldenkampf bejammerst als Bethörung! Du, der mit feiner Politik du drechselst die Beweise, Daß man die Menschheit würgen kann auf legitime Weise! Du auch, der jeden Türkensieg verkündet mit Posaunen, Und was der Griechen Schwert vollbracht, befleckt mit leisem Raunen! Ihr alle, die durch Meer und Land die blinden Heiden leiten, Und ihre Heere christlich klug mit Christen lehren streiten! Ihr, die ihr öffnet euern Arm den flüchtigen Barbaren, Und unter eurer Flagge Hut sie führt aus den Gefahren, Und die ihr dann vorüberschifft, wo an der Mutter Brüsten Der Islamit den Säugling würgt mit wilden Henkerlüsten! Hervor, ihr Ritter allzumal! – Will denn die Schaar nicht enden? Das wird einmal ein Kreuzzug sein, wenn die gen Oft sich wenden! Meine Muse »Und willst du, meine Muse, denn gar zur Megära werden? Du sangst noch jüngst im stillen Hain den Hirten und den Heerden, Und nun schwingst eine Geißel du laut durch die lauten Gassen, Und sprühest Flammen um dich her – Ich weiß dich nicht zu fassen.« Du fragst? Siehst du die Hirten nicht nach scharfen Eisen greifen? Siehst statt der Lämmer Wölfe nicht Arkadien durchstreifen? Siehst in Epirus Felsen nicht die Weiber Schwerter wetzen? 1 Siehst du auf Sparta's Fluren 2 nicht die Kinder Tiger hetzen? Da mußt' ich Hirtensängerin mein Haferrohr zerbrechen, Und, wie's die scharfe Zeit gebeut, in scharfen Tönen sprechen. Der Freiheit Tuba hab' ich hell durch Stadt und Land geblasen: Laß meine Geißel nun um's Haupt der Pharisäer rasen! Fußnoten 1 Die Suliotinnen (Gl). 2 Die Mainottenknaben (Gl). Die verpestete Freiheit Was schreit das Pharisäervolk so ängstlich durch die Länder, Die Häupter dick mit Staub bestreut, zerrissen die Gewänder? Sie schreien: Sperrt die Häfen zu, umzieht mit Quarantänen Die Grenzen und die Ufer schnell vor Schiffen und vor Kähnen! Die Pest ist unter ihrer Schaar. Da seht die Strafgerichte, Damit des Herrn gerechte Hand Empörer macht zu nichte! Die Freiheit selber, wie es heißt, ist von der Pest befallen, Und flüchtet sich nach Westen nun mit ihren Jüngern allen. O seht euch vor, daß in das Land die Freiheit euch nicht schleiche, Und der gesunden Völker Herz mit ihrem Hauch erreiche! Sie kleidet sich zu dieser Zeit in vielerlei Gestalten: Bald Weib, bald Mann, bald nur ein Kind, bald hat sie greise Falten. Drum lasset keinen Flüchtling ein, der kommt vom Griechenlande, Daß nicht die Freiheit ihre Pest bring' in die guten Lande! Neueste Lieder der Griechen Die Mainottenwitwe Sieben Wunden vor der Stirne und drei Wunden auf der Brust, In der Faust das rothe Eisen und im Auge Siegeslust – Also lag er auf dem Felde, und im Kreis eng' um ihn her Lagen seiner Feinde Waffen, Dolch und Büchse, Schwert und Speer. Aber ihrer Träger Leichen lagen ihm so nahe nicht, Abgewendet von dem Helden barg im Staub sich ihr Gesicht. Tochter, hole mir das Kränzlein, welches hängt in meinem Schrein, Aber saß' es sanft – es wird wohl dürre zum Zerbrechen sein. Damit will ich heut' mich kränzen, wie an meinem Ehrentag, Will auf diesem Felde feiern noch einmal mein Brautgelag. Schaff' auch schöne, frische Blumen für den Bräutigam herbei, Daß das Lager weich und duftig meinem edlen Schläfer sei, Einen Rosensenker steck' ich ihm in jedes offne Mal, Daß sie einst aus seinem Hügel sprießen im Eurotasthal; Und von diesen Rosen wind' ich dir den Kranz, mein Töchterlein, Wenn einmal ein Heldenknabe wird um Deine Liebe frein, Einer, der zum Werbegelde so viel Türkenschädel gab, Als blutrothe Rosenstöcke blühn auf deines Vaters Grab. Aber morgen in der Frühe, wenn mein Bräutigam nun ruht, Zieh' ich aus die Festgewänder, nehm' den Kranz von meinem Hut, Und im grauen Witwenhemde schleich' ich durch den grünen Wald, Nicht, zu lauschen, wo im Dickicht Nachtigallenschlag erschallt, Nein, um einen Baum zu suchen ohne Blüth' und ohne Blatt, Den die Turteltaubenwitwe sich zum Sitz ersehen hat, Und dabei die frische Quelle, die sie trübe macht zuvor, Eh' sie trinkt und eh' sie badet, seit sie ihren Mann verlor. Da will ich mich niederlegen, wo kein Schattendach mich kühlt, Wo der Regenguß die Thränen kalt mir von den Wangen spült, Und mit meiner Turteltaube geh' ich einen Wettstreit an, Wer am jämmerlichsten klagen, wer am frohsten sterben kann. Konstantin Kanari Konstantin Kanari heiß' ich, der ich lieg' in dieser Gruft. Zwei Osmanenflotten hab' ich fliegen lassen in die Luft, Bin auf meinem Bett gestorben in dem Herrn, als guter Christ: Nur ein Wunsch von dieser Erde noch mit mir beerdigt ist: Daß ich mit der dritten Flotte unsrer Feind' auf hohem Meer Mitten unter Blitz und Donner in den Tod geflogen wär'. Hier in freie Erde haben meinen Leib sie eingesenkt – Gieb, mein Gott, daß frei sie bleibe, bis mein Leib sie wieder sprengt! Halt fest! Halt fest, halt fest, der Freiheit Hort, o Hellas, halt ihn fest! Dein ist er! Wehe dir, wenn je du wieder von ihm läßt! Weh dir! Dir wäre besser dann, du hättest nie die Hand, Nach ihm zu greifen, losgedreht aus deinem Sklavenband! Halt fest, halt fest, wie Jener einst gethan, dein Heldensohn, 1 Als aus dem Feld von Marathon die Perserhorden flohn. Da faßte der ein volles Boot hart an des Meeres Strand, Und hielt es an dem Schnabel fest mit seiner starken Hand; Die rechte ward ihm abgehaun, da griff die linke zu, Die link' auch fiel zu Boden hin, und flugs in einem Nu Packt' er die Beute, wie ein Leu, mit seinen Zähnen an, Und biß sich ein, und wankte nicht, bis daß er sie gewann. So halte fest der Freiheit Hort mit Herz und Mund und Faust, Wenn auf dich ein der Heiden Schwarm in wilden Wogen braust! Halt fest, halt fest, und muß es sein, wirf deinen wunden Leib Ganz über ihn und blute dich zu Tod, als freies Weib! Fußnoten 1 Cynegirus, der Athenienser. S. Justin. Lib. II. c. 9 (Nst. G). Achelous und das Meer »Achelous, Achelous, sag', was toben deine Wellen? Haben Pindus weiße Gipfel dich berauscht mit jungen Quellen? Rissen wasserschwere Wolken sich an seinen scharfen Spitzen Von einander und entluden sich mit Donnern und mit Blitzen? Sag', woher der wilde Taumel, welcher häuptlings deine Wogen Stürzt in meine stillen Fluthen, die kein Wind hat überflogen?« Keine junge Wasserquelle hat berauscht mich alten Zecher, 'S ward kein Wasserschlauch zerrissen von dem jähen Wolkenbrecher. Was ich taumle? Was ich stürze? Was es tobt in meinem Bette? – Vater Ozean, o daß ich warmes Blut für dich noch hätte! Warmes Blut hab' ich getrunken, warmes Blut in vollen Zügen, Warmes Blut der freien Griechen, die an meinen Ufern liegen, Hingestreckt auf Lorbeerzweigen, überweht von Siegesfahnen, Hoch umrauscht vom Geisterreigen ihrer Brüder, ihrer Ahnen. Solches Blut hab' ich getrunken heut' von den Agräer Fluren – Fragst du auch nach Sklavenblute? – In Morästen such' die Spuren Seiner Ströme; jeden lauen Tropfen hab' ich ausgespieen: Freies Griechenblut nur trank ich, kannt' es wohl an seinem Glühen. Vater Ozean, da fing ich an von alter Zeit zu träumen Und von junger Freiheitswonne brausend mich emporzubäumen, Also daß des Ufers Bande mich nicht länger konnten halten, Daß erzitterten die Ebnen und die Berge wiederschallten. Nimm mich auf, du Weltumarmer, trage meine hohen Wogen Ungemischt und ungebändigt, mit dem Blut, das sie gesogen, Fort gen Norden und gen Westen, daß sie an die Ufer schlagen, Und den Felsen und den Menschen laute Kund' aus Hellas sagen! Mark Bozzari Öffne deine hohen Thore, Missolunghi, Stadt der Ehren, Wo der Helden Leichen ruhen, die uns fröhlich sterben lehren! Öffne deine hohen Thore, öffne deine tiefen Grüste, Auf, und streue Lorbeerreiser auf den Pfad und in die Lüfte! Mark Bozzari's edlen Leib bringen wir zu dir getragen, Mark Bozzari's! Wer darf's wagen, solchen Helden zu beklagen? Willst zuerst du seine Wunden oder seine Siege zählen? Keinem Sieg wird eine Wunde, keiner Wund' ein Sieg hier fehlen. Sieh auf unsern Lanzenspitzen sich die Turbanhäupter drehen! Sieh, wie über seiner Bahre die Osmanenfahnen wehen! Sieh, o sieh die letzten Werke, die vollbracht des Helden Rechte In dem Feld von Karpinissi, wo sein Stahl in Blute zechte! In der schwarzen Geisterstunde rief er unsre Schaar zusammen, Funken sprühten unsre Augen durch die Nacht, wie Wetterflammen, Über's Knie zerbrachen wir jauchzend unsrer Schwerter Scheiden, Um mit Sensen einzumähen in die feisten Türkenweiden; Und wir drückten uns die Hände und wir strichen uns die Bärte, Und der stampfte mit dem Fuße, und der rieb an seinem Schwerte: Da erscholl Bozzari's Stimme: »Auf, in's Lager der Barbaren! Auf, mir nach! Verirrt euch nicht, Brüder, in der Feinde Schaaren! Sucht ihr mich, im Zelt des Pascha werdet ihr mich sicher finden – Auf, mit Gott! Er hilft die Feinde, hilft den Tod auch überwinden!« Auf! und die Trompete riß er hastig aus des Bläsers Händen, Und stieß selbst hinein so hell, daß es von den Felsenwänden Heller stets und heller mußte sich verdoppelnd wiederhallen; Aber heller wiederhallt' es doch in unsern Herzen allen. Wie des Herren Blitz und Donner aus der Wolkenburg der Nächte, Also traf das Schwert der Freien die Tyrannen und die Knechte; Wie die Tuba des Gerichtes wird dereinst die Sünder wecken, Also scholl durch's Türkenlager brausend dieser Ruf der Schrecken: Mark Bozzari! Mark Bozzari! Sulioten! Sulioten! Solch ein guter Morgengruß ward den Schläfern da entboten. Und sie rüttelten sich auf, und gleich hirtenlosen Schafen Rannten sie durch alle Gassen, bis sie an einander trafen, Und bethört von Todesengeln, die durch ihre Schwärme gingen, Brüder sich in blinder Wuth stürzten in der Brüder Klingen. Frag' die Nacht nach unsern Thaten! Sie hat uns im Kampf gesehen – Aber wird der Tag es glauben, was in dieser Nacht geschehen? Hundert Griechen, tausend Türken, also war die Saat zu schauen Auf dem Feld von Karpinissi, als das Licht begann zu grauen. Mark Bozzari, Mark Bozzari, und dich haben wir gefunden, Kenntlich nur an deinem Schwerte, kenntlich nur an deinen Wunden. An den Wunden, die du schlugest, und an denen, die dich trafen, Wie du es verheißen hattest, in dem Zelt des Pascha schlafen. Öffne deine hohen Thore, Missolunghi, Stadt der Ehren, Wo der Helden Leichen ruhen, die uns fröhlich sterben lehren! Öffne deine tiefen Grüfte, daß wir in den heil'gen Stätten, Neben Helden unsern Helden zu dem langen Schlafe betten! Schlafe bei dem deutschen Grafen, Grafen Normann, Fels der Ehren, 1 Bis die Stimmen des Gerichtes alle Gräber werden leeren. Fußnoten 1 Mark Bozzari wurde neben der Gruft des in Missolunghi gestorbenen Grafen Normann Ehrenfels beigesetzt (Lc). Die letzten Griechen Wir fragen nichts nach unserm Ruhm, nach unsrer Namen Preis. Was frommt's, ob Welt und Nachwelt einst von unsern Thaten weiß? Wenn Hellas sinken muß in's Grab, was soll der Leichenstein Auf unsern Hügeln? Laßt sie leer! Wir woll'n vergessen sein. Die Namen unsrer Väter gehn den Fremden durch den Mund, Sind ihnen in der Schule recht, für Alt und Jung gesund. Ach, wenn kein freier Grieche mehr euch griechisch nennen kann, Miltiades, Leonidas, was ist eur Nachruhm dann! Dann steigt ihr gern mit uns hinab in die gemeine Gruft, Auf welcher keine Sage steht und schöne Namen ruft. Barbaren, ihr versteht sie nicht! Sie klingen euch in's Ohr, Hinein zum einen und heraus alsbald zum andern Thor; Doch ewig taub wird euer Herz für Hellas Namen sein, Er sog von unsrer Väter Geist nicht einen Tropfen ein. Ein Tropfen nur in euer Herz, und Hellas wäre frei, Und umgestürzt der morsche Thurm der stolzen Tyrannei. Was habt ihr, Völker, denn gelernt von Hellas alter Kunst? Frei sein! So heißt ihr erster Spruch. Blast weg den eiteln Dunst, Den ihr euch als hellenisch preist, seid ihr so frei noch nicht, Zu helfen frei mit Wort und That, von Freiheit Ketten bricht! Wir fragen nichts nach unserm Ruhm, nach unsrer Namen Preis. Was frommt's, ob der Barbaren Schwarm von unsern Thaten weiß? Wenn Hellas sinken muß in's Grab, wir wollen keinen Stein Für unsre Gruft. Laßt ungenannt die letzten Griechen sein! Hellas und die Welt Ohne die Freiheit, was wärest du, Hellas? Ohne dich, Hellas, was wäre die Welt? Kommt, ihr Völker aller Zonen, Seht die Brüste, Die euch säugten Mit der reinen Milch der Weisheit! – Sollen Barbaren sie zerfleischen? Seht die Augen, Die euch erleuchteten Mit dem himmlischen Strahle der Schönheit! – Sollen sie Barbaren blenden? Seht die Flamme, Die euch wärmte Durch und durch im tiefen Busen, Daß ihr fühltet, Wer ihr seid, Was ihr wollt, Was ihr sollt, Eurer Menschheit hohen Adel, Eure Freiheit! – Sollen Barbaren sie ersticken? Kommt, ihr Völker aller Zonen, Kommt und helfet frei sie machen, Die euch alle frei gemacht! Ohne die Freiheit, was wärest du, Hellas? Ohne dich, Hellas, was wäre die Welt? Griechenlieder Byron My task is done, my song has ceased, my theme Has died into an echo. »Childe Harold« »Siebenunddreißig Trauerschüsse? Und wen haben sie gemeint? Sind es siebenunddreißig Siege, die er abgekämpft dem Feind? Sind es siebenunddreißig Wunden, die der Held trägt auf der Brust? Sagt, wer ist der edle Todte, der des Lebens bunte Lust Auf den Märkten und den Gassen überhüllt mit schwarzem Flor? Sagt, wer ist der edle Todte, den mein Vaterland verlor?« Keine Siege, keine Wunden meint des Donners dumpfer Hall, Der von Missolunghi's Mauern brüllend wogt durch Berg Thal, Und als grause Weckerstimme rüttelt auf das starre Herz, Das der Schlag der Trauerkunde hat betäubt mit Schreck und Schmerz: Siebenunddreißig Jahre sind es, so die Zahl der Donner meint, Byron, Byron, deine Jahre, welche Hellas heut' beweint! Sind's die Jahre, die du lebtest? Nein, um diese wein' ich nicht: Ewig leben diese Jahre in des Ruhmes Sonnenlicht, Auf des Liedes Adlerschwingen, die mit nimmer müdem Schlag Durch die Bahn der Zeiten rauschen, rauschend große Seelen wach. Nein, ich wein' um andre Jahre, Jahre, die du nicht gelebt, Um die Jahre, die für Hellas du zu leben hast gestrebt. Solche Jahre, Monde, Tage kündet mir des Donners Hall, Welche Lieder, welche Kämpfe, welche Wunden, welchen Fall! Einen Fall im Siegestaumel auf den Mauern von Byzanz, Eine Krone dir zu Füßen, auf dem Haupt der Freiheit Kranz! Edler Kämpfer, hast gekämpfet, eines jeden Kranzes werth, Hast gekämpfet mit des Geistes doppelschneidig scharfem Schwert, Mit des Liedes ehrner Zunge, daß von Pol zu Pol es klang, Mit der Sonne von dem Aufgang kreisend bis zum Niedergang. Hast gekämpfet mit dem grimmen Tiger der Tyrannenwuth, Hast gekämpft in Lerna's Sumpfe mit der ganzen Schlangenbrut, Die in schwarzem Moder nistet und dem Licht ist also feind, Daß sie Gift und Galle sprudelt, wenn ein Strahl sie je bescheint. Hast gekämpfet für die Freiheit, für die Freiheit einer Welt, Und für Hellas junge Freiheit, wie ein todesfroher Held. Sahst in ahnenden Gesichtern sie auf unsren Bergen stehn, Als im Thal noch ihre Kinder mußten an dem Joche gehn, Hörtest schon den Lorbeer rauschen von der nahen Siegeslust, Fühltest schon in Kampfeswonne schwellen deine große Brust! Und als nun die Zeit erschienen, die prophetisch du geschaut, Bist du nicht vor ihr erschrocken; wie der Bräutigam zur Braut, Flogest du in Hellas Arme, und sie öffnete sie weit: »Ist Tyrtäos auferstanden? Ist verwunden nun mein Leid? Ob die Könige der Erde grollend auf mich niedersehn, Ihre Schranzen meiner spotten, ihre Priester mich verschmähn, Eines Sängers Kriegesflagge seh' ich fliegen durch das Meer; Tanzende Delphine kreisen um des Schiffes Seiten her, Stolz erheben sich der Wogen weiße Häupter vor dem Kiel, Und an seinen Mast gelehnet, greift er in sein Saitenspiel. Freiheit! singt er mir entgegen, Freiheit! tönt es ihm zurück, Freiheit brennt in seinen Wangen, Freiheit blitzt aus seinem Blick. Sei willkommen, Held der Leier! Sei willkommen, Lanzenheld! Auf, Tyrtäos, auf, und führe meine Söhne mir in's Feld!« Also stieg er aus dem Schiffe, warf sich nieder auf das Land, Und die Lippen drückt' er schweigend in des Ufers weichen Sand; Schweigend ging er durch die Schaaren, gleich als ging' er ganz allein, Welche jauchzend ihm entgegen wogten bis in's Meer hinein. Ach, es hat ihn wohl umschauert, als er küßte diesen Strand, Eines Todesengels Flügel, der auf unsren Wällen stand! Und der Held hatt' nicht gezittert, als er diesen Boten sah: Schärfer faßt' er ihn in's Auge: »Meinst du mich, so bin ich da! Eine Schlacht nur laß mich kämpfen, eine siegesfrohe Schlacht, Für die Freiheit der Hellenen, und in deine lange Nacht Folg' ich deinem ersten Winke ohne Sträuben, bleicher Freund! Habe längst der Erde Schauspiel durchgelacht und durchgeweint.« Arger Tod, du feiger Würger, hast die Bitt' ihm nicht gewährt! Hast ihn hinterrücks beschlichen, als er wetzt' an seinem Schwert, Hast mit seuchenschwangerm Odem um das Haupt ihn angehaucht, Und des Busens Lebensflammen aus dem Nacken ihm gesaugt. Und so ist er hingesunken ohne Sturz und ohne Schlag, Hingewelkt wie eine Eiche, die des Winters Stürme brach, Und die eine schwüle Stunde mit Gewürmen überstreut, Und des Waldes stolze Heldin einem Blumentode weiht. Also ist er hingesunken in des Lebens vollem Flor, Aufgeschürzt zu neuem Laufe harrend an der Schranken Thor, Mit dem Blick die Bahn durchmessend, mit dem Blick am Ziele schon, Das ihm heiß entgegen winkte mit dem grünen Siegeslohn. Ach, er hat ihn nicht errungen! Legt ihn auf sein bleiches Haupt! Tod, was ist dir nun gelungen? Hast den Kranz ihm nicht geraubt! Hast ihn früher ihm gegeben, als er selbst ihn hätt' erfaßt! Und der Lorbeer glänzet grüner, weil sein Antlitz ist erblaßt. »Siebenunddreißig Trauerschüsse! Donnert, donnert durch die Welt! Und ihr hohen Meereswogen, tragt durch euer ödes Feld Unsrer Donner Wiederhalle fort nach seinem Vaterland, Daß den Todten die beweinen, die den Lebenden verbannt. Was Britannia verschuldet hat an uns mit Rat und That, Dieser ist's der uns die Schulden seines Volks bezahlet hat! Über seiner Bahre reichen wir dem Britten unsre Hand: Freies Volk, schlag' ein und werde Freund und Hort von uns genannt!« Missolunghi Die Veste des Himmels Asia hat ausgespieen ihre gelbe Tigerbrut, Daß sie purpurroth sich trinke in der Griechenkinder Blut; Afrika aus ihren Wüsten stürmet über Hellas Meer Mit des Samums Todeshauche ihre Negerhorden her. Missolunghi, Stadt der Helden, laß die Kreuzesfahne wehn! Zähle nicht die Ungezählten, die vor deinen Mauern stehn! Zähle nicht des Waldes Blätter, zähle nicht den Sand am Meer, In des Himmels Feldern zähle deines Gottes Sternenheer. Ob sich deine Tonnen leeren, deine Scheuern werden licht, Wäge nicht den letzten Brocken, miß den letzten Tropfen nicht. Hat dein Heiland mit fünf Brodten nicht fünf Tausende gespeist? Bete, bis vor deinem Rufe sich des Himmels Zelt zerreißt! Manna regnet's aus den Wolken auf der Wüste dürren Sand: Gott hat Manna für euch alle – Streckt nur aus die matte Hand! Missolunghi, Stadt der Helden, wach' und bete Tag und Nacht! Sieh, in ihren tiefen Grüften sind die Todten auch erwacht. Sieh, auf deinen Wällen schreiten ihre Geister hoch daher, Flammenschwerter in den Händen, doch die Wunden leuchten mehr. Markos, Suli's Königsadler, sucht der jähen Zinne Stand, Und den deutschen Grafen führt er brüderlich an seiner Hand Aber einsam auch im Tode schleicht der Brittensänger hin, Dem des Lebens Räthsel schweben dunkel noch vor seinem Sinn. Durch die Sterne kreist sein Auge, eine Antwort zu erspähn: Herrscht der Christen Gott dort oben, und muß Hellas untergehn? Missolunghi, Stadt der Helden, Hellas Hort und Ehrenstern, Schmach der Heiden, Stolz der Christen, Missolunghi, Stadt des Herrn, Deine martyrfesten Mauern werden nimmer untergehn: Ist die Erde dein nicht würdig, wirst du einst im Himmel stehn, Als die Wächterin des Thrones, wann des Höllenfürsten Macht Wider Gott sich will empören und die Engel ruft zur Schlacht. Missolunghi's Himmelfahrt Missolunghi, du gefallen? – Nein, gefallen bist du nicht, Bist in donnerndem Triumphe auf der Blitze Flammenlicht In den Himmel aufgeflogen, Stein und Erde, Thurm und Wall, Siegeswaffen, Heldenglieder, Alles auf in einem Knall! Auch die Leichen, die du bargest in dem schwarzen Schoos der Gruft, Hast sie mit hinauf getragen in des Äthers freie Luft, Wo die Seelen, die in ihnen lebten ihres Lebens Tag, Jauchzend wieder sie umfingen, die erlösten aus der Schmach. Sieh, und auf der heil'gen Stätte, wo die Martyrveste stand, Liegt ein wüster Aschenhaufen an dem blutgetränkten Strand. Kommt, ihr hohen Christenhäupter, die ihr mit dem Schwert der Macht Habt von ferne still gestanden und an weisen Rath gedacht, Als die Todesglocken riefen: Helfet uns, so helf' euch Gott! Als die Heldenherzen brachen in des Hungers grimmer Noth, Kommt, von dieser Asche sammelt in die Purpurmäntel ein, Streuet sie auf eure Kronen über Gold und Edelstein, Und so tretet vor den Richter, der des Himmels Wage hält, Wann er euch dereinst wird rufen von den Thronen seiner Welt. An dem Tage wird er fragen: Helfer ihr, mit meinem Schwert, Warum habt ihr nicht geholfen, warum habt ihr nicht gewehrt, Als der Heiden Tigerzähne würgten meine kleine Schaar, Und mit ihrem Blut begossen meiner Kirche Hochaltar, Als sie meines Kreuzes Banner niedertraten in den Staub, Und die Zionsburg der Freiheit ward der Sklavenhorde Raub? Das neue Missolunghi Durch, ihr Brüder! Durch, ihr Brüder! Durch! Die Stunde hat geschlagen! Durch! Aus Missolunghi's Thoren laßt uns Missolunghi tragen! Von den freien Bergeshöhen winken schon die Feuerzeichen, Die uns durch die weiten Lüfte ihre Flammenhände reichen, Uns zu sich empor zu ziehen in die Burg, die Gott erbauet, In das neue Missolunghi, das er unsrer Wehr vertrauet. Durch! Aus Missolunghi's Thoren laßt uns Missolunghi tragen, Und mit unsrer heil'gen Veste durch den Heidenschwarm uns schlagen! Missolunghi in den Waffen, in den Armen, in den Herzen, Missolunghi in dem Sturme unsrer rachefrohen Schmerzen, Unsre Herzen deine Kirchen, deine Zinnen unsre Lanzen, Unsre Arme deine Mauern, unsre Brüste deine Schanzen! – Ach, und um uns her gezogen ist ein tiefer rother Graben, Blut der Weiber und der Kinder, die sie uns geschlachtet haben. Aus dem Jahre 1826 Missolunghi ist gefallen! schreit es aus in alle Welt, Daß das Wehgeschrei erschalle von dem Bosporus zum Belt! Missolunghi ist gefallen, in der tapfern Christen Blut Löscht den Christenhaß der Türken, der Ägypter schnöde Brut! Endlich siegt die Zahl; die Waffen taugen nicht mehr zum Gefecht, Und der Helden kleines Häuflein hat's und Schmerz geschwächt! Schmerz, daß Alles sie verlassen, daß kein Arm sich hülfreich hebt, Daß selbst in den nächsten Brüdern nicht der alte Geist mehr lebt! Missolunghi ist gefallen! herzzerreißend Donnerwort, Töne laut durch alle Länder und durch alle Zeiten fort! Ach, zweihundert Millionen Christen wohnen rings umher, Ihre Heere, ihre Flotten herrschen über Land und Meer! Und sie brennen, doch vergebens, ihren Brüdern beizustehn, Weil die Herrscher im Zerstörer Scio's nur den – Herrscher sehn! Es bedarf nur Eines Wortes und das Morden ist vorbei Und ein edles, hartgedrücktes Christenvolk wird kettenfrei! Ach, dies Eine Wort, – sie sprechen's nicht, und Stambul triumphirt Und mit Christen heldenköpfen wird sein stolzes Schloß geziert! In der alten Christen hauptstadt sitzt der fege Großsultan, Grinsend sieht er diese Köpfe, die er fast noch fürchtet, an; »Seht,« ruft er, »die Christen hunde fielen durch der Brüder Kunst, Und der andern Christen Herrscher buhlen doch um meine Gunst!« Missolunghi ist gefallen! o der schweren, blut'gen Schmach, Die der Tag nur, der das Kreuz in Stambul auspflanzt, tilgen mag! Tag der Rache, Tag der Ehre, Aller Christen Tag, brich an, Daß des Greises müdes Auge sich in Frieden schließen kann!