Adolph Müllner König Yngurd Trauerspiel in fünf Akten [Widmung] Seiner Majestät dem König von Sachsen, Friedrich August dem Gerechten. Mein König! So wag' ich es Ew. Majestät anzureden in der Sprache eines dankbaren Herzens, welches die kalten Formeln der Gewohnheit verschmäht. Unter Ihrem Scepter ward ich geboren; Ihren Lehrschulen verdank' ich, was ich an Bildung besitzen mag; Ihrer väterlich milden Herrschaft bin ich als Mensch und Bürger, als Gatte und Vater für die Wohlthat desjenigen Lebensglückes verpflichtet, welches dem genügsamen Unterthan der ruhige Laus des Staatsschiffes auf gewohnter Bahn, und die gleichförmige Bewegung seines Ruderschlags gewährt. Diese Erinnerungen leben in meinem Gemüth; diese Gefühle heben meine Brust, wenn ich Sachsen mein Geburtsland nenne: und einzig zu dem Ausdruck derselben will ich die Gunst benutzen, Ew. Königl. Majestät diese Blätter widmen zu dürfen. Ihr tragischer Inhalt ist entstanden in den letzten Monden einer heroisch-tragischen Geschichtsepoche. Die Einbildungskraft des Sängers zersprengte die Bande der trüben Ahnungen, welche sein Gemüth umstrickten, und in dem freien, unermeßlichen Reiche der Dichtkunst entrann er dem herandringenden Schmerz, die freundliche Heimath seiner staatsbürgerlichen Verhältnisse um sich her verschwinden, und den einfachen Bau seiner Zufriedenheit von fremden Wogen umrauscht zu sehen. Was von jenen Ahnungen aus dem unlautern Quell selbstsüchtiger Befürchtungen mag geflossen seyn, ist nicht in Erfüllung gegangen. In einem minder gewohnten, doch mir nicht minder freundlichen Element des staatsgesellschaftlichen Lebens bin ich aus meinen Träumen erwacht; weit über ihre Würdigkeit sind meine späten Bestrebungen, die dem ideellen Freistaate der Wissenschaften und Künste galten, von dem Staate geehrt worden, dem ich jetzt angehöre: und frei von jeder Regung, welche die Neigung mit der Pflicht entzweien könnte, schau ich aus den wichtigen Zeitpunkt meines Lebens zurück, wo ein männlich empfundenes Leid mit der kindlichen Lust am poetischen Schaffen wundersam in meinem Gemüth sich vermischte. So hangt das heilige Andenken an Ew. Königl. Majestät und an mein Vaterland innig mit meinem Bewußtseyn zusammen, der Urheber dieser Dichtung zu seyn. So ist se vielleicht mit allen ihren Mängeln nicht ganz unwürdig, Ihren Namen an der Stirn zu tragen. So übergeb' ich sie ruhig dem Strome der Zeit in welchem früher oder später die Helden und Königreiche der Einbildungskraft, wie die wirklichen, versinken. Wie nah' auch immer der Untergang des kaum gebauten Fahrzeuges sei; so weit es kommt, lass es die altehrwürdig Fahne seiner Heimath sehen, und nenne sich nach deren königlichem Herrn, der mehr als ein halbes Jahrhundert, tugendhaft auf einem Throne durchlebt, in die Richterwage der Nachwelt zu legen hat. Ew. Königl. Majestät. Weißenfels an der Saale, am 15. März 1817. unterwürfiger Verehrer Müllner. Vorerinnerung Vorerinnerung zur zweiten Auflage. Der französische Akademiker, Herr Vanderbourg, welcher im Journal des savans, Octobre 1817. p. 626., über diesen meinen Versuch gesprochen hat, billigt zwar mehr als ich selbst den Inhalt der fünften Scene des dritten Aktes zwischen Yngurd und Irma; aber er tadelt ihren Ort durch den Beisatz: si elle ne venoit se placer au milieu d'une bataille – au moment le plus décisif. Einen ähnlichen Einwand hat mir mein verehrter Freund Böttiger gemacht. Ich kann ihn an sich nicht für gegründet halten; muß aber glauben, daß ich aller Bemühungen ungeachtet nicht deutlich genug in der Exposition des fraglichen Momentes gewesen bin. Es giebt in dem Augenblicke, wo Yngurd auf der Bühne erscheint, um die Ausreißer vom Reichsvolk aufzuhalten, keine Schlacht mehr. Der König hat sie bereits verloren, er ist im Rückzug vor einem Feind, dessen Ueberlegenheit an Zahl er klar erkannt hat, und seine Hoffnung ist jetzt, am Abend des sieglosen Tages, einzig noch darauf beschränkt, mit dem Kern seiner Schaaren sich in dem natürlich-festen Felsenpasse zu behaupten. In dieser Stellung, die er bereits genommen hat, will er den Angriff erwarten, der nicht erfolgen kann, so lange noch Graf Egrösund, dem er eben Verstärkung durch Nös gesandt hat, gegen die nachdringenden Völker Brunhildens kämpft. Mithin ist in seiner Lage nichts, was ihn abhalten könnte, dicht hinter seinem Heer der Königin Gehör zu geben, die ihm unerwartet nachgefolgt ist, und von welcher er Wichtiges zu hören erwarten muß. Dieser Zustand der Dinge schien mir um so unverkennbarer angedeutet, da Yngurd selbst gegen Marduff erklärt, daß er gegen den unzählbaren Schwarm des Feindes mit seinem Heer das Feld nicht halten könne. Er ist darauf gefaßt, sogar den Hauptort des Reichs für jetzt in die Hände der Dänen fallen zu sehen, und drückt die Hoffnung eines geschickten Feldherrn, den Feind durch einen klugen Rückzug nach und nach zu überwinden, in den Worten aus: Norweg ist lang, ich will ihn schon ermüden, Und eh' er's denkt, ist Auslo wieder mein. Um inzwischen jede Dunkelheit zu heben, die noch vorhanden seyn könne, hab' ich die Stelle benutzt, wo Yngurd den Erichson zu seinen Schaaren sendet. Ich hab' ihm hier die Worte in den Mund gelegt: Weis't sie zur Geduld, Bald zahlt der Sieg dem Muthe seine Schuld, Ermüden nur die Heldin von der Spindel Soll vorn im Feld der Flachs von Reichsgesindel. Spinnt sie ihn fleißig auf vor Nacht, wohlan, So mag sie diesem Steingethürme nahn! Im Felsenthor von Norweg auf das Beste Empfangen wir die ungeladnen Gäste. Bewacht des Feindes Thun u.s.w. Die übrigen Einwendungen des ausländischen Kunstrichters hab' ich nicht berücksichtigen können, weil sie auf den Lehren einer Schule ruhen, welche dem Geschmack meiner Nation fremd ist. Ich ehre die Regeln derselben. Herr Vanderbourg gesteht mir zu, daß ich in meinem früheren Versuche, die Schuld, mich ihnen nach Möglichkeit angenähert habe. Wenn es hier weniger geschah; so liegt der Grund im Stoff, welcher die größere Freiheit der englischen Bühne in Anspruch nahm. Uebrigens hab' ich seinen Tadel mit Vergnügen gelesen. Ein zusammenhängendes System von Regeln der tragischen Kunst, wenn auch nicht das meinige, ist dessen Basis. Wie viel angenehmer liest sich das, als solch' eine gequirlte Aesthetik, solch' eine zerfahrne Suppe kunstphilosophischer Halbbegiffe sich genießt, wie sie in der Leipziger Literatur Leitung bei Gelegenheit des Yngurd der Herr Professor Clodius angerichtet hat. Es ist in solchen Fällen nicht der Tadel, welcher mir wehthut, sondern das Lob: denn jener schadet im unglücklichsten Falle nur mir; dieses hingegen der Kunst. Weißenfels, im December 1818. Müllner. An die Leser An die Leser. Bemüht euch nicht, im Buche der Geschichte Der Quelle meines Liedes nachzuspüren. Die Wirklichkeit taugt selten zum Gedichte; Nach Wahrheit rang ich, euern Sinn zu rühren, Nach jener Wahrheit, die im Traumgesichte Die Musen vor des Geistes Auge führen. Auf ihrer Bahn nur ist ein sicher Schreiten: Was niemals war, das ist zu allen Zeiten. Personen Personen. Yngurd, König der Normannen. Irma, seine Gemahlin, Tochter des verstorbenen Normannenkönigs Ottfried. Asla, Yngurds und Irma's Tochter. Alf, König der Dänen, Sohn des verstorbenen Königs Ubo. Brunhilde, Schwester Alfs, Wittwe des verstorbenen Normannenkönigs Ottfried, Stiefmutter der Königin Irma. Oskar, Sohn Brunhildens, Posthumus (Nachkind) von Ottfried, Halbbruder der Königin Irma. Erichson, Jarl, , Ritter aus Yngurds Heer. Ein Trabant von Yngurds Burgwacht. Egrösund, Biörneland, Nös, Ourdal, , Normännische Grafen und Reichsherren. Droll, Knaut, , Normännische Küstenfischer. Marduff, Yngurds Leibdiener. Kurl, ein Knapp aus dem Normännischen Reichsheer. Gyldenbrog, Kanzler des Dänenkönigs Alf. Ein dänischer Ritter. Ein Knapp, Ein anderer Krieger, , aus Alfs Heer. Ein Krieger vom Heer des Herzogs von Ostland. Normännische Ritter, Knappen, Trabanten und Heerhaufen. Dänische Ritter und Knappen. Normännisches Volk. Burggesinde und Frauen der Königin Irma. 1. Akt 1. Szene Erste Scene. Saal in König Yngurds Burg. Sturm und Wetterleuchten von außen. Ritter Erichson schlummert in einem Sessel, der Helm liegt neben ihm auf einem Tisch. Ritter Jarl steht ihm gegenüber am geschlossenen Fenster und sieht in das Wetter hinaus. Der Saal ist durch eine in der Mitte hängende Ampel matt erleuchtet. halb nach Erichson gewandt, den er wachend glaubt. Das ist, Gott steh' mir bei, des Teufels Wetter! Mich wundert, daß der Dachstuhl widerhält. Ich hab' mich umgetrieben in der Welt, Wie vor dem Wind die abgefallnen Blätter; Doch solch' ein wunderlich Gemisch von Zeit – Ich will verdammt seyn, sah ich's je wie heut. Den Flocken nach, die in den Lüften toben Wie tolle Weiber, daß man schier nicht weiß, Ob sie von unten kommen oder oben, Sollt' man's für Winter halten; aber heiß Mischt sich der Sommer drein mit seinen Blitzen, Und wirft sie nach der Thürme Eisenspitzen. 's geht doch dem Wetter, wie dem Menschen: eh' Sich das entschließt zum Bösen oder Guten, Giebt's einen Krieg, wie zwischen Feu'r und Fluten, Und mit den Wolken mischet sich die See. 's kann einer sterben dran, daß er nicht weiß, Ob er mag kalt seyn eben, oder heiß, Und – gebt nur Acht – die Welt geht einmal unter, Weil die Natur im Zweifel sich verliert, Ob's Zeit ist, daß ihr schwitzet oder friert. Da Erichson nicht antwortet, tritt er ihm näher. Ich glaub', er schläft! – He! Ritter! seid doch munter! fährt empor. Was giebt's? Wer stört die Ruh' der Königin? Ich hab' die Wacht. lacht. Brav, Ritter Erichson! Ihr seid ein Lehnmann von getreuem Sinn, Habt ihr die Wacht, so träumt ihr auch davon. Was wollt ihr denn? Ein wenig mit euch kosen. Ich lieb' die Still' im öden Saale nicht, Wenn's draußen stürmt, daß schier der Balken bricht, Und Drach' und Hexe durch den Rauchfang tosen. Glaubt ihr daran? Mitunter. Ihr doch auch? Behüt' mich Gott! Wo denkt ihr hin? Man denket An Feuer gern, erblickt man ichtwo Rauch. Krieg ist ein Wagen, den der Teufel lenket, Wer drinnen sitzt, weiß nicht, wohin er fährt, Nicht, ob in fremde, ob in eigne Saaten. Ihr macht mir bang. Habt ihr etwas gehört? Ist schon der König an den Feind gerathen? Nein, doch die Hitze liegt dem Frost im Haar; Es schneit und blitzt. Was hat das zu bedeuten? So Gott will, nichts. Es trifft sich wohl zu leiten. War's nicht gerad' so in dem Unglücksjahr, Wo König Ottfried starb? Ja, das ist wahr. Nun seht, wenn ein Komet mit seinem Schweif Den Sternenhimmel kehrt, als wär's ein Zimmer – Ich acht' es nicht; allein ich denk' doch immer: 's bedeutet was, nur ist es noch nicht reif. Kommt nun ein Nordschein, hoch und immer höher, Gleich einem Strom von Glut und Blut gewallt; So denk' ich: Schau, der Himmel giebt's schon näher, Zeigt's Unheil an, so kommt das Unheil bald. Ihr seid nicht klug, Nordlicht bringt kaltes Wetter. Im Frankenland, wo ich mein Schwert geweiht, Ist von der Zeit das Wetter Namensvetter: Schlimm Wetter nennen sie dort schlimme Zeit. Das fällt mir immer ein in schlimmen Zeiten. – Nun hört einmal, wie es im Schlosse saust, Daß auf dem Kopf das Haar sich einem kraust! Kann das dem Lande Gutes wohl bedeuten? Was Possen! Laßt das Wetter Wetter seyn, 's bedeutet nichts. Nun, wenn's auch nichts bedeutet, Daß Blitz mit Schnee und Frost im Sturm sich streitet, So trag' ich die Bedeutung mir hinein. Der Dänenkönig Alf, der kalte Mann, Der langsam geht, und sicher überwindet, Das ist der Frost, der Bäch' und Ströme bindet. Kommt er, so sendet er den Schnee voran, Der weich und weiß, wie das Gewand der Schwäne, Sich kindlich schmieget an des Landes Brust. Der Schnee ist Oskar, welcher unbewußt In's Herz sich schleicht, gleich einer Kindesthräne; Den Yngurd, der Normannen Oberhaupt, 'nen Bastard schilt – vielleicht auch selber glaubt – Indeß ihn Alf, der Dänen fürst, erkennet Für Ottfrieds Sohn und Norwegs rechten Herrn, Weil er die Wittwe Ottfrieds Mutter nennet Die Mutter nun – kein Normann nennt sie gern – Die Dänentochter, die eilf Monden lang Dem König Ottfried Haus und Herz beengte, Und zwischen Vater sich und Tochter drängte, Bis der Natur gewaltig Band zersprang – Die Mutter einer Zwietracht, die nicht endet, Das ist der Sturm, der Schnee und Frost uns sendet. Der Blitz ist König Yngurd, dessen Schwert Wie Wetterleuchten auf die Schädel fährt – fällt lebhaft ein. Da sprecht ihr wahr! Er ist des Himmels Flamme; Wer mit ihm focht, der kennt die Furcht nicht mehr. Sein ist das Reich, er ist geborner Herr, Entsprang er gleich nicht königlichem Stamme. Da eben sitzt's, wenn's anders wär, wär's besser. 's ist gar was Großes um 'ne Unze Blut Von Königsart; man glaubt nicht, was sie thut, Wird gleich die Wange, der sie fehlt, nicht blässer. warm. Wie? Ihr könnt zweifeln an des Königs Recht? Pfui, Ritter Jarl, pfui, schämt euch! das ist schlecht! Wenn wir nicht auf der Wacht zusammen wären, Bewies' ich's euch mit meinem guten Schwert. So thät ich auch, wenn ihr der Zweifler wärt; Allein beweist's 'mal mit der Zunge, laßt 'mal hören! Das Kronen recht hängt gar an feinen Fäden. Er hat es nun; was nutzt das leere Reden? Wer waren seine Eltern? Bauers leute, Die friedlich auf der Insel Lessö lebten, Dem Danland just so nah, wie'm Norderland; Ich war lang dort, und habe sie gekannt. Die guten Leute zitterten und bebten, Wenn man von Fürsten sprach und Fürstenstreite; Der Yngurd aber, für den Pflug geboren, Verschlang die Sylben gierig mit den Ohren. Er bemerkt, daß Erichson sich wieder gesetzt hat, und in Gedanken versunken ist. Ihr thut das nicht; gleichviel, ich schwatze gerne. Genug, den Eltern fiel's im Traum nicht bei, Daß in dem Sohn ein Ritter stecken könnte, Den einst der Normann seinen König nennte. Doch daß er nicht zum Bauer tauglich sei, Das sahn sie ein, und, daß er etwas lerne, Beschlossen sie – sie hatten's dran zu wenden – Ihn nach der Schul' auf's feste Land zu senden. Sie konnten's hier, sie konnten's dorthin thun; Allein das Schicksal – mag's der Teufel wissen, Was es damit für ein Bewenden hat: Es sät für sich, und mäht, und frißt die Saat, Und Menschenwill' ist doch wohl nur ein Müssen – Genug, der Yngurd – ja, wo blieb ich nun? Ihr stört mich stets! lächelnd. Habt ihr ein Wort gehört? ungeduldig. Ihr hört mich nicht, das ist es, was mich stört; Kein Mensch spricht gut, wenn keiner darauf merket. Nun, ich will hören, wenn's den Geist euch stärket. noch ärgerlich. G'nug, schiffte damals Yngurd nicht nach Norden, So wär' er auch nicht Ottfrieds Liebling worden, Nicht König! – Nun sagt an: Giebt das ein Recht zum Thron? Schifft ihr, wohin ihr wollt, ihr bleibt Herr Erichson. Wie ihr, Herr Jarl. – Ich denke doch, ihr kennt Ottfrieds, des Helden, förmlich Testament, Das Yngurd als des Reiches Erben nennt? Will euch beweisen, daß das nichts beweist: Es ist zerrissen, weil's in Rechten heißt, Daß Leibeserb' das Pergament zerreißt. Ist Yngurd Erbe nicht durch das Papier, So ist er König durch die Wahl der Stände; Denn noch bei Ottfrieds Leben schwuren wir Die Huldigung in seines Eidams Hände. Der Bauern stand – erinnert ihr euch noch? Der Bauernstand gab seine Stimm' entgegen. Er sprach, es tauge nicht, der Abkunft wegen; Obgleich ein Held, sei Yngurd Bauer doch, Und wie die Saat werd' er die Völker mähen. Nun sagt 'mal an: Ist's nicht also geschehen? steht rasch auf. Ihr macht mich bös. Wollt ihr den Löwen schelten, Der sich die Bremsen schüttelt von der Mähne? Den Eber, der, wenn Doggen ihn umstellten, Sich ihrer weht, kraft seiner guten Zähne? Es war das Reich nicht, sondern Irma's Hand, Um die der Jüngling dient' in Ottfrieds Heeren. Hm! wer 'ne einz'ge Königstochter fand, Der denkt: der Himmel wird auch's Reich bescheeren. Wenn er's gedacht, was habt ihr dran zu falten? Gewohnheit wehrt dem weiblichen Geschlecht Des Königsstamms, auf Norwegs Thron zu schalten; Im Vater herzen wohnt ein andres Recht. Ubo, der Dän', gedachte, kraft der alten, Schier fabelhaften, Einigung de Kronen, Von Ottfrieds Grab auf Ottfrieds Thron zu steigen. Darum gab Ottfried ihn dem Helden eigen, Der Irma's Farbe trug beim Waffenspiel, Und Irma's Namen rief im Schlachtgewühl: Die Tochter sollt' im Vater hause wohnen. Das gab den ersten Krieg, vor achtzehn Jahren. Gott wog das Recht, und Norwegs Schaale fiel. Ottfrieds und Yngurds gute Schwerter trieben In Danlands Mitte Ubo's Heer zu Paaren. Ja, ja! doch Ottfried ließ, mit grauen Haaren, Sich's beigehn, Ubo' Töchterlein zu lieben. Den Frieden schloß die sündige Natur, Und diese Braunhild, die der Höll' entfuhr, Damit's hier nicht am Muster fehlen sollte Zu 'ner Stiefmutter, wie sie Satan wollte, Ward Königin, und Irma ihre Schnur. Der alte Held fiel in des Bösen Stricke; Er hat gebüßt, ihm brach das Herz vor Gram. War auch zur Unzeit. Bloß zu Yngurds Glücke Verschied er, eh' der Leibeserbe kam. Das gab den zweiten Krieg: das Ungeheuer Von Bürgerkrieg um ungelegte Eier, Den eigentlich zwei schwangre Weiber führten, Weil sie Gelust nach Normannsblut verspürten. auffahrend. Ihr lästert Irma? Jarl, verwahrt den Mund! Ich pflege mit den Knauf vom Schwert zu siegeln. Hoho! Man kann ja wohl bei müß'ger Stund' Ein wenig über das Vergangne klügeln. Nun sagt 'mal an, ob's nicht gescheidter war, Daß jede zusah erst, was sie gebar? Das kam Brunhilden zu. War es kein Sohn, Was Ottfried hinterließ in ihrem Schooße; So blieb ihr nichts zu suchen auf dem Thron. Sie traute nicht des Zufalls blindem Loose, Und rief die Neider Yngurds zu den Waffen, Dem ungebornen Kinde Recht zu schaffen. Nun, 's war ihr Kind, geboren oder nicht. Ihr Kind! So nannt' es höhnisch das Gerücht, Das halbe Land schalt es das Vaterlose; Dennoch focht Yngurd nur um's Zwischenreich. Selbst nach dem Sieg noch bot er ihr Vergleich; Sie floh, und schrie, daß Yngurd sie verstoße. In ihres Vaters trügerischem Haus, Das wußte sie, blieb ihr der Sohn nicht aus; Und, kaum gelandet an der Heimath Küsten, Zeigt sie dem Volk sich, Oskarn an den Brüsten, Und Ubo muß sich für den Enkel rüsten. Dazu ließ er sich schwerlich lange bitten, Genug, es gab'nen neuen Krieg, den dritten. Gott wog das Recht, und Oskars Schaale stieg. Sie stieg und fiel zehn Jahre lang, und doch – Beschaut man's recht, so schwankt die Wage noch. Nun sagt 'mal an: Was ist herausgekommen, Daß wir den Bauersmann zum Herrn genommen? Krieg! Krieg! und – warm. Schweigt! Will Yngurd denn den Krieg? Ei nein, den will er nicht, er will den Sieg, Er braucht den Ruhm, weil's ihm am Rechte fehlt: Denn etwas will das Volk, woran sich's hält. Genug, der Bauer – Schweigt! hab' ich gesagt, Ich duld' es nicht, daß ihr am König nagt. Er wollte nicht den Krieg, er mußte wählen, Ob er ihn nah wollt' haben, oder fern. Nicht jedem Ritter konnt' er das erzählen. Wißt ihr was Gutes, warum wollt ihr's hehlen? Verteidigt ihn, ich hör' es ja recht gern. Ubo, Gott sei's gedankt, ist todt; Brunhilde, Das glaub' ich wohl, ist nach wie vor die wilde: Allein ihr Bruder, Alf, der Frost – ich wette, Er liebt das nicht, was ewig glühend ist. Wir hatten Ruh, wie Müdigkeit im Bette. Nun sagt 'mal an: Was kümmert uns der Zwist, Der zwischen Alf und Ostlands Herzog waltet? Was er uns kümmert? Wenn's beim Nachbar brennt, Ist's da nicht Zeit, daß ihr zu Hülfe rennt, Und euch vom Leib die nahe Flamme haltet? Der Däne mißt die Mittel nach den Zwecken. Gält's Arimbald; wozu warb Alf ein Heer, Wovon die Zahl de Helme gnüglich wär, Die Häuser Ostlands all' mit Stahl zu decken? Den Kopf zu waschen braucht' es keinen Strom. Doch König Alf ist Bastard Oskars Ohm, Und wenn er Ostlands Herzog hat geschlagen; So zwingt er wider Yngurd ihn zum Bunde, Und bringt den Krieg in unser Land getragen. Schaut! sprecht ihr nicht mit meinem eignen Munde? Das sag' ich ja! Oskar, der Posthumus Von Ottfried – Bastard meinetwegen – ist Ein funfzehn, sechzehn Jahr zu dieser Frist, Und, was ein jeder von ihm rühmen muß, Der ihn gesehn, ein Wunderhold von Knaben. Bringt Alf – der Frost – den zarten Schnee in's Land; So fürcht' ich, wird er viele Freunde haben: Ein weicher Herr behagt, das ist bekannt. Yngurd – der Blitz – fährt dann mit Macht dazwischen; Doch sagt 'mal an: Was kann der Blitz? Wie? – Zischen, Und hier und dort 'nen Thurm zu Boden schmettern. Der Schnee bleibt weiß; der Frost behält die Macht: Mit einem Wort, daß es zu Zeiten kracht, Das ist das Best' an unsern Donnerwettern. Ein heftiger Blitz, der den Saal von allen Seiten erleuchtet, von einem schmetternden, nachhallenden Donnerschlage begleitet. Jarl steht einen Augenblick betäubt. Gott steh' uns bei! Das wirft die Welt zu Trümmern! – Das war ein mörderlicher Schlag, Herr Ritter. Ja, daß es kracht, ist's Beste beim Gewitter. JARL Spaßt nicht! Mir bangt, daß was im Schloß geschehn. Was meint ihr, wenn wir gingen, nachzusehn? Was ficht euch an? Wir haben vor den Zimmern Der Königin und ihrer Tochter Wacht: Begiebt sich was, so wird's uns übermacht Vom Posten, wo – Ein Trabant tritt ein, Erichson geht ihm einige Schritt entgegen. Sieh da! Was giebt's, Trabant? Ein Wetterstrahl schlug in die Todtenhallen – Ein mächtiger glührother Feuerballen! Mir war, als hätt's die Wimper mir verbrannt. Hat es gezündet? Kann's nicht sagen, Herr. Jetzt geht, Herr Jarl, und seht nach Licht und Feuer. Jarl geht mit dem Trabanten ab. Erichson setzt den Helm auf und schnallt ihn fest. Einige Sekunden herrscht tiefe Stille. Erichson horcht auf, nach der rechten Seite hin. Regt sich nicht was? – Ist's etwa nicht geheuer? Die Königin ist wach – sie eilt hieher. 2. Szene Zweite Scene. Irma, schmucklos gekleidet, kommt rasch und angstbewegt aus der Gallerie rechter Hand. Erichson nah am Haupteingange in der Stellung eines Wacht haltenden Ritters. Wo ist das Feuer? Nirgends, hoffen wir. Ihr irrt! Dort war's, wo Asla ruht! und ihr – Ihr eilt nicht hin? Nur war der Bote hier: Die Hallen hat der Wetterstrahl getroffen, Doch hat es nicht gezündet, will ich hoffen. befremdet. Der Wetterstrahl? – Ihr seid doch wohl – gesund? sieht sie mit besorgtem Blick an. Gott tröst' uns, Herrin, wenn ihr's nicht vernommen; Es borst ja schier des Felsenschlosses Grund. sich besinnend. Wie Sturmes Tosen ist mir's vorgekommen, Was mich erweckt. War es ein Donnerschlag? Frauen und Diener kommen von beiden Seiten aus den Gallerien, und eilen durch den Haupteingang. Ein mächtiger; er wandelt Nacht in Tag – Die Burg ist wach – auch Asla seh' ich nahen. 3. Szene Dritte Scene Asla, schmucklos wie Irma gekleidet, kommt aus der Gallerie links. Irma. Erichson. wirft sich in heftiger Bewegung in Irma's Arme. Oh, meine Mutter! – Hochgelobt sei Gott, Daß meine Augen nur ein Blendwerk sahen! Was ist dir, Asla? Bleich kamst du geflogen, Und plötzlich wird dein Antlitz wieder roth, Wie von der Glut des Nordlichts überzogen. Es sind des Blutes frei gewordne Wogen, Die Schreck und Angst gebannt hielt in der Brust. So war es dennoch, was ich, unbewußt, Ob's in mir oder außer mir geschähe, Zu sehen glaubte? – Ritter, ist das Wacht, Die Flammen nicht gewahrt in solcher Nähe? Was schiltst du ihn? Steht es in seiner Macht, In meinen Adern Ruhe zu gebieten, Wie in den Gängen dieser Burg? – zur Nacht Vor bösen Dünsten mein Gehirn zu hüten, Und meinen Schlaf zu schirmen vor dem Traum? betroffen. Ein Traum? Auch du? – Ein fieberhaftes Brennen, Bald Qual, bald Lust. Noch weiß ich selber kaum, Ob ich es Traum soll, ob Erscheinung, nennen. Wie seltsam! So, genau so ist's auch mir. Erzähl' den Traum! Verlang' es nicht – nicht hier; Des Dritten Ohr macht deine Asla blöde. Entfernt euch, Ritter! Erichson geht ab. Schildre dein Gesicht! nachdem sie einige Augenblicke sich gesammelt hat. Erwart' es nicht in kindlich klarer Rede, Wie du gewohnt von deiner Tochter bist. Das ist vorbei! die Klarheit meiner Seele – Mich dünkt, du nanntest sie sonst Kindersinn – Floh mit der Ruhe dieser Nacht dahin, Und kehrt nicht wieder! Welche Wort' ich wähle; Glaub' nimmer, daß ihr Inhalt Wahrheit ist, Rein, wie vorhin! Wieviel ich dir erzähle; Wiss' im Voraus, daß ich dir mehr verhehle! – Ich kann nicht anders, wie ich mich auch quäle. Der Felsenquelle spiegelnder Kristall Ist über seines Beckens Rand gestiegen, Und rings umher berührt er überall Naschhaft die Blumen, die ihm nahe liegen – Und wie im Winde seine Wellen spielen, Und er sich hebt zu ihrer Kelche Kuß, Leckt er den dürren Sand von ihren Stielen, Und kommt getrübt vom flüchtigen Genuß. Es ist vorbei! darfst Asla nicht mehr trauen, Kannst nicht den Grund mehr ihres Busens schauen! Wie seltsam find' ich dich gestimmt – gesinnt Möcht' ich nicht sagen! – Sammle dich, mein Kind. Dein Kind? – Nenn' mich nicht mehr mit diesem Namen! Ich bin nicht Kind mehr; auch das deine nicht – Das fühl' ich in mir, wie des Todes Samen! In einer einz'gen, schwülen Nacht zerbricht Der mächt'ge Trieb im Korn sein schmal Gehäuse, Und üppig schießt er auf in Halm und Aehre, Daß ihn die Sichel von der Wurzel reiße, Und weg vom Boden ihn der Rechen kehre. So ist's mit mir! Verscheucht ist Asla's Frieden! Vom Kinde hat das Mädchen sich geschieden, Ich bin dir nichts mehr – gar nichts! Gieb mich auf! Asla! Unschuldig Wesen! Dich verwirret Des raschen Blutes ungewohnter Lauf. Es ist dein Herz nicht, das sich hat verirret; Es ist der Geist, der noch das Herz nicht kennt. Wenn dich auch Kind noch meine Lippe nennt, Der Jungfrau wird sie leicht das Räthsel lösen. Sprich es nur aus, gern seh' ich dich – erröthen; Und wenn ich je dir Mutter bin gewesen, Jetzt bin ich's mehr, du hast sie mehr vonnöthen. Wenn du mich liebst, fühlst du in deiner Brust Die Möglichkeit, je davon abzulassen? Mich weniger zu lieben? gar nicht? mich – zu hassen? Du fragst, wie ich's noch nie von dir vernommen. Ich kann es nicht, dein Herz ist sich's bewußt. Nun sieh, ich kann's. Mir ist die Macht gekommen, Die schreckliche, das heilige Gefühl Der Kindesliebe von mir abzustreifen, Wie ein Gewand, das mich beengt im Spiel, Und meinen Fuß umstrickt mit seinen Schleifen. Ich fühl' in mir ein seltsam fremdes Walten, Die Ahnung einer nie gekannten Lust Hat schnell und tief mein Innerstes gespalten. Ein drittes Wesen lebt in meiner Brust, Um das ich euch – dich und den Vater -hassen, Euch fluchen könnt', und euch im Tod verlassen. lächelnd. Dein Nachtgesicht lehrt mich das meine deuten. Von Feuersgluten wähnt' ich dich umfangen; Es war die Rede nicht von künft'gen Zeiten In meinem Traum, er ist schon ausgegangen. Die Flamm' ist da, sie brennt auf deinen Wangen; Doch sey getrost, sie senget dir kein Haar. Ihr milder Nam' ist – jungfräulich Verlangen, Es ist die Zeit, du zählest sechzehn Jahr. An mir und Yngurd hat dein Herz gehangen Mit einzigem und ungeteiltem Streben; Jetzt zieht der zweite Pol es mächtig an, Es fühlt bestürzt sich in der Mitte schweben, Und glaubt sein Glük verloren gegen Wahn. Wohl ist's ein Wahn, doch mehr werth, als das Leben! Wie mich einst, Asla, mög' er dich beglücken! Er kann dich führen auf verschlungne Bahn; Doch du bist gut, die Kindesliebe kann Er nimmermehr in deiner Brust ersticken. Er kann es nicht? – Er hat's im Traum gethan. Ich weiß es wohl, daß Träume nicht enthüllen, Was künftig ist; doch was du fühlst im Traum, Lieb' oder Haß, hat dir im Busen Raum, Und was du träumend willst, das schläft in deinem Willen. Nach kurzer Pause. Ein junger Ritter, glänzend wie der Tag, Zog her von Osten mit bewehrten Schaaren. Er zog vorüber, und mein Blick ihm nach, Ihm nach der Wunsch: Entrinne den Gefahren! Ein andres Heer von stahlbedeckten Leuten Zog her von Westen, dunkel wie die Nacht, Und fing sich an im Blachfeld auszubreiten, Und sich zu ordnen, wie zur blut'gen Schlacht. Vernichte sie! rief ich empor zum blauen Gewölb' des Tags: Gieb Sieg des Ritters Speer! – Da trieb mich's, achtsam wieder hinzuschauen, Und ich erkannte – König Yngurds Heer. Und ich erkannt' auf schaumbedecktem Pferde Des Vaters Federstraus und Helm und Schild, Und wirbelnd hob der Staub sich von der Erde, Und Schlachtgewühl bedeckte das Gefild. Da war's, als faßt' es mich mit rauhen Händen, Und wollte theilen die beklommne Brust; Doch immer nach dem Ritter sich zu wenden, Zwang meinen Blick ein schauerlich Gelust. Und siegreich sah ich seine Fahnen wallen, Und freudig rasch flog mir das Blut durch's Herz: Des Königs Banner sah ich niederfallen, Der Normann floh – ich fühlte keinen Schmerz. Doch plötzlich stand die Flucht. Ich hört' ein Fluchen Von Yngurds Stimme; sah ihn löwengleich Sich wenden, und den zarten Ritter suchen, Und meine Wangen fühlt' ich kalt und bleich. Der steile Fels, von dessen Spitz' ich schaute – Als sollt' ich nicht erblicken, was geschäh – Wuchs in die Wolken, daß mir schwindelnd graute; Doch nieder zog mich's aus der stillen Höh. Und tiefer stets, halb fallend, halb getragen, Sank ich herab. – Oed' war das Kampfgefild. Der Ritter lag – – der Ritter lag erschlagen, Zerschmettert! und weit von ihm lag sein Schild. Und seitwärts sah ich, nach des Waldes Nächten, Den König fliehn, sein Haar des Sturmes Spiel. Das meine riß ich wild aus seinen Flechten, Und rauft' es mir, und stürzt' auf den, der fiel – Und Buchte dem, der floh vom blut'gen Werke – Ich wußt' es wohl, daß es mein Vater war – Und dennoch – in höchster innerer Bewegung. Oh, hör' auf! Des Mannes Stärke Hält das nicht aus – mir sträubet sich das Haar! So auch im Schlaf war's; so erschienst du mir, Ein starrer Schmerz, ein leichenhaft Entsetzen. Von des Erschlagnen Locken festgehalten, Und rings umschlungen, wie von Jägernetzen, Fühlt' ich den Schweiß auf meiner Stirn' erkalten, Und wollte los, und konnte nicht zu dir; Und sah dich ängstlich, sterbend nach mir winken, Und sah's um mich, wie Wetterleuchten, blinken, Und hört' es tosen, wie wenn Donner sich Dem Sturm vermählt! – Und endlich rafft' es mich Empor, und – zweifeln könnt' ich noch, ob ich Erwacht sei, säh' ich nicht von der Geschichte Den düstern Eindruck stehn auf deinem Angesichte. mit sichtbarer Anstrengung, sich zu fassen. Ein Traum ist nichts – bedeutet nichts, fürwahr! Bewegtes Blut wirft seinen Schaum auf, wie Bewegtes Wasser. Darin ist kein Sinn, Ob er sich so gestaltet, oder so. – Ich bin Ergriffen, ja! Wie sollt' ich nicht? Noch nie Hast du so stark geschildert und so klar, Was du gefühlt. – Ich hab' in bösen Stunden, Die längst vorbei sind, Aehnliches empfunden. Ich war ein glücklich Kind – ein glücklich Weib – Zu früh zwar schied der Mutter Geist vom Leib; Doch innig, wie die Pflanz' am Boden, hing Mein Herz am Vater. Seine Lieb' umfing Mein ganzes Leben. Selbst der Königssinn, Der ungern sich mit niederm Blut verbindet, Schmolz an dem Feuer, das mein Herz entzündet: Er gab die Tochter seinem Ritter hin, Und in der Einigkeit der schönsten Triebe Fühlt' ich dein Keimen, Frucht beglückter Liebe. Da ward ich frech vom Boden ausgerissen – Vom Vaterherzen! Mit unaufhaltsam ausbrechendem Schmerz. Die Geschichte bricht Mein Herz noch, wie sie seines hat gebrochen. Siehst du es wohl? Ich hätte schweigen müssen; Doch hast du nie von diesem Schmerz gesprochen. sich fassend. Es taugt dir nicht, so Quälendes zu wissen. Auch ohnedieß hätt' ich dein Nachtgesicht Nicht unbewegt gehört. Wer träumt, der lebt, Ist glücklich und unglücklich – er empfindet; Und wenn er wachend uns den Traum verkündet, Regt sich das Mitgefühl. – Nur Aberglaube webt Aus Träumen Stoff sich zu Bekümmernissen. Vergiß das, Kind! Vergiß den klaren Ritter, Bis er erscheint, und selbst dir Bürge wird, Daß ihn der König nicht im Kampf getödtet. 4. Szene Vierte Scene. Irma. Asla. Erichson. Später Frauen der Königin. Zuletzt Jarl. Vergönnt ihr, Herrin, zu berichten? Redet! Was ist geschehn? Eu'r Auge scheint verwirrt. Ich komm' aus den Gruft-Hallen; das Gewitter Hat Unheil angerichtet – Hat der Strahl Gezündet? Brennt die Burg? Nein, aber allzumal Die Köpfe d'rinn, der Männer wie der Frauen, Der Diener wie der Knappen: alle hat Ein Wahn ergriffen, und ein furchtsam Grauen. Ist's ihnen neu, des Blitzes Spur zu schauen An heil'ger Stelle? Herrin, in der That, Man kann's nicht ohn' ein wenig – Frost erblicken. Ein Blitz ist denn doch nur ein Wurf der Luft, Der zünden kann, und einen Stein verrücken; Der aber hat das schwere Eisenthor, Das liegende, der königlichen Gruft Gerissen aus den rost'gen Angeln, und Hinabgeschleudert, daß des Todes Mund Weit offen steht, als hungr' ihn; und ein Duft Von Moder ziehet aus der Tief' empor. mit innerer Bewegung kämpfend. Ein Zufall – schauerlich, und weiter nichts! Doch der metallnen Särge sammtne Decken Sind brennbar – steigt hinab. Ich that's. – Wahrt euch vor Schrecken! Ich sah bei'm rothen Schein des Fackellichts Die Leiche König Ottfrieds – Raset ihr? Der nachgedrungne Haufe sah's mit mir. Zerschmolzen hat der wunderbare Strahl Des Eichensarges silbernes Gehäuse, Zu Staub des Deckels Holz zermalmt, und offen, Wie man dem Volk nach hergebrachter Weise Die Königsleichen zeigt im Krönungssaal, Liegt euer Vater da; doch ungetroffen, Als ob Zerstörung nichts am Tod vermöchte. Irma wankt. zu ihr eilend. Gott! meine Mutter! zu einer von Irma's Frauen, die eben eintritt. Springt der Fürstin bei! in Asla's und der Dienerin Armen langsam sich erholend. Wenn ich nur träume, oh, so weckt mich auf! Das ist, Natur, nicht dein gemeiner Lauf, Es faßt mein Haus der Arm der obern Mächte! besorgt. Ich bitt' euch, Herrin, schweigt, wie es auch sei. außer sich. Laßt mich hinab! Ich will den Vater schauen. Er starb – ich sah ihn nicht – laßt mich hinab! Um meinetwillen borst sein festes Grab – Ich will ihn sehn. Mehrere Frauen treten eilig durch die Hauptthür ein. Nein, Königin, für jetzt Steht ab davon! – Zurück, geschwätz'ge Frauen, Auf eure Zimmer! Eure Thorheit setzt Die Wacht in Angst, und füllt die Burg mit Grauen. Die Frauen entfernen sich. Ich bitt' euch, Herrin, sammlet eure Geister! Schon ist der Wahn des Burggesindes Meister, Doch nur zur Hälfte kennet ihr den Grund. Was auch geschah im stillen Reich der Leichen, Das der Lebendigen bringt schlimm're Zeichen. Die Grafen und die Herr'n von Egrösund, Von Biörneland, und Nös, und Ourdal halten Gewappnet vor der Burg. Zur Mitternacht? Was wollen sie? Sie sind, nach ihrer Rede, Als Kronvasallen, und als Reichsgewalten, Durch Briefe, die Eilboten überbracht, Vom König hergebannt zu Rath und Fehde. Von Yngurd? Laßt sie kommen. Hohe Frau, Mit eurer Gunst, das fordert Ueberlegung. Das Burgvolk ist in fiebrischer Bewegung, Wie schon gesagt. Ich muß gestehn, ich trau' In solchen Augenblicken niemand mehr. Die Knappen faseln von geschlagnem Heer – Von König Yngurds Fall – Gott! Ritter, tödtet Nicht langsam mich! Empfingt ihr Kunde? Redet! Die Silbe, Herrin, die ich weiß, und euch Verschweige, mag die Hirnschaal' mir zersprengen. Allein ihr wißt, wie manche noch im Reich An Ottfrieds sogenanntem Sohne hängen, Zumal die Reichsherrn. – Vorsicht ist das Beste. Ich hab' den Ritter Jarl hinabgesandt, Bei Fackelschein zu schaun die neuen Gäste, Und ihre Briefe von des Königs Hand. Sind diese richtig; so – mit den Schriften eintretend. Sie sind's. Die Herren Vertrauten sie mir ohne Widerstreben, Und hießen mich in eure Hand sie geben. Irma empfängt dieselben und liest. Ihr ließt sie ein? Von wenig Reisigen Sind sie begleitet, und vor Wenigen Braucht die bewehrte Burg sich nicht zu sperren. Ich will sie sehen. Jarl ab. – Wird denn nimmer Ruh In diesem Reich des Haders? Zu Asla, welche diese Zeit über, in sich versunken, mit Arm und Haupt auf dem Piedestal einer Säule ruhte. Asla! du Bist nicht bei mir – Sei wach! Nimm Theil! Ich fühle, Daß Dinge nah'n, die Mitgefühl begehren. mit dem Ausdruck des Selbstvorwurfs. Ich sagt' es dir: ich kann's nicht mehr gewähren; Was dich bestürzt, lockt mich, wie süße Spiele. Sie nimmt die vorige Stellung, in welcher sie bleibt bis an das Ende der folgenden Scene. 5. Szene Fünfte Scene. Irma. Asla. Erichson. Nös. Egrösund. Biörneland. Ourdal. Hinter den Ankommenden Jarl. Dem Herrn in Norweg Gut und Blut und Leib, Der Tochter Ottfrieds Gruß und Ritterdienste. Dank euch, erlauchte Herr'n, für Mann und Weib. Stets rechn' ich, euch zu sehn, mir zum Gewinnste, Empfang' euch gern, wär's auch zur Geisterstunde. anzüglich. War's möglich, kamen wir am Morgen an; Doch ist die Zeit nicht Yngurds Unterthan, Und Weg und Wetter nicht mit ihm im Bunde. mit vermehrter Würde. Was bringt ihr mir von eurem Herrn für Kunde? Wir kommen, sie zu holen. Wie? ihr kenntet Die Ursach nicht von diesen Briefen? Nein. Es wär' uns lieb, wenn ihr sie bald uns nenntet. Es muß dem Reich verborgnes Unheil dräun, Daß man so schnell vom West- und Süderstrande, Wo wir gewacht, daß nicht der Däne lande, Uns nach der Burg beschied mit Roß und Mannen. befremdet. Wie, Grafen? Ihr erscheint mit Heeresmacht? Ja. zu Jarl. Sperrt die Burg! Verdoppelt Wehr und Wacht! Laßt niemand ein, und niemand auch von dannen! Jarl ab. lacht. Seid ihr bei Trost, Herr Erichson? Was macht Ihr für Geschrei, als wär' der Feind vor'm Thor? Ich bin der Burghort, Herr; man sieht sich vor. Wenn euch die Furcht vor unsern Fahnen plagt, So könnt ihr sterben d'ran, eh' ihr sie sehet. Wir sind voraus; bevor's nicht hell getagt, Kommt nichts, was nicht in Meilenstiefeln gehet. Steht's in dem Brief, das ihr so kommen sollt? Ja! so verstanden wir's: »Zu Rath und Fehde –« Zum Rathe nur genügt Gedank' und Rede. Kann seyn, und nicht. Was einer hat gewollt Mit Wort und Schrift, erklärt er selbst am besten. Bis Botschaft kommt von Yngurd, wird man euch Begegnen, wie des Hauses liebsten Gästen. Die man nicht fortläßt, wenigstens nicht gleich. stolz. Ich nehm' es ernstlich, daß ihr uns verdächtigt. Uns festzuhalten – wer hat euch ermächtigt? Ihr seid der Burghort, wir die Reiches horte. Der Krone Norwegs sind wir zugethan Kraft alter Urphed' uns'rer freien Orte; Der König selbst empfängt den Lehenmann Von Biörneland an seines Saales Pforte. besänftigend. Bewaffnet Volk nur darf der Burg nit nah'n, Das meint der Ritter, weiter nichts. Um Worte, Ich bitt' euch höchlich, fangt nicht Hader an. mit edler Haltung in Gestalt und Ton. Der Stände Worte, Herrin, hatten Wucht In König Ottfrieds, eures Vaters, Ohren, Und – Ottfried war als Norwegs Herr geboren. Doch Yngurd der erkorne Herrscher, sucht Die Reichsgewalt bisweilen zu entbehren. Er hält ein eignes Heer, das, stets gerüstet, Im Frieden sich in's Haus des Bauern nistet, Und, giebt es Krieg, um Sold und Beute ficht. So war's bei Ottfried, eurem Vater, nicht. Graf Nös! Ihr thätet gut, ihn anzuhören. Der König ist ein großer, tapfrer Mann, Sein Name hebt des Normanns stolze Brust – Des edlen Willens ist er sich bewußt; Doch scheint's – er will zu Zeiten, weil er kann. So war er nicht, als er das Reich gewann. Was wollt ihr mir? Soll ich des Königs Rechte Entgegen seinen Unterthan vertreten? nähert sich ihr, faßt ihre Hand und küßt sie mit gebognem Knie. Ihn sanft zu leiten, darum seid gebeten. tief bewegt. Ihr trefft mein Herz, – Oh, daß ich es vermöchte, Des edlen Leuen rasche Kraft zu zügeln! Graf Nös, ich acht' euch hoch – kenn' euch durch eure Gemahlin Bera, meiner Jugend theure Gespielin. Seid mein Freund! Ihr seht die Wände In eurer Fürstin nassem Blick sich spiegeln – Nehmt meines Yngurd Sach' in eure Hände! Es ist hier niemand, der ihr abhold wär. Das machet mich nicht ruhiger. Vom Heer – Als wär's verschlungen von der Erde Klüften – Hab' ich seit sieben Tagen keine Mähr! Der König lebt, das bürgen diese Schriften. Die Briefe, Nös, sind älter, als mein Kummer, Sie mehren ihn – sie deuten auf Gefahr, Und Angstgebilde scheuchen mir den Schlummer; Selbst die Natur – Ihr ängstigt euch, fürwahr, Um Dinge, die vom Kriege nicht zu trennen. Der Weg ist weit, das Wetter rauh geworden, Die Schluchten durch das Hochgebirg' im Norden Sind voll von Schnee, der von den Gipfeln rollt – Da hört das beste Rennthier auf, zu rennen, Und später kommt der Bot', als er gesollt. gutmeinend. Laßt euch das lieb seyn. Kann er nicht herüber, Der Bote; nun, so ist das Heer hinüber, Und man kann sagen: Wir sind über'n Berg. Wird auch einmal so'n Bote d'rinn begraben; 's ist besser, als ging's ganze Heer zu Grund, Wie wir die traurigen Exempel haben. geängstiget. Ourdal! Ja, ja! Das ist nicht so ein Zwerg Von einem Berge, wie sie einzeln, und Gleich Buckeln auf dem Schilde, hier sich finden; 'ne Felskett' ist's mit düstern Schluchtgewinden, Und hat der Feind die Päss' und Gipfel innen, So steckt ein Heer, wie Fisch' im Netz, darinnen – Von oben kommen Föhrenstämm' und Felsenstücke, Und brechen haufenweise die Genicke Ohn' Ansehn der Person – und Mähr' und Mann, Feldherr und Knapp' kommt um; nicht einer kann Dem bittern Tod als Todesbot' entrinnen. wendet sich von ihm. Asla! Wach' auf! Hilf diese Qual nur tragen! Yngurd ist todt! Du starrst mich an? so wild? Es ist nicht wahr! – Der Ritter liegt erschlagen – Zerschmettert! und weit von ihm liegt sein Schild. 6. Szene Sechste Scene. Die Vorigen. Jarl. Bald darauf Yngurd in einfacher, dunkler Rittertracht. lebhaft. Botschaft vom Heer! Wie lautet sie? Geschwind! Fast wunderlich, wie jetzt die Zeiten sind: Der König naht. Der König? Wie ich sage. Er selbst? Was will das – Oh, Graf Nös, ich zage Vor'm nächsten Augenblick. – Wer sagt es an? Geschloßnen Helms ein edler Nordermann Beruhigt euch; er lebt doch, wenn er kommt. Glaubt ihr, daß dem ein ruhmlos Leben frommt? Yngurd ist todt, ward er zur Flucht gezwungen. Wär's erste Mal. Yngurd tritt ein mit geschloßnem Visir. Der Ritter, hohe Frau. mühsam gefaßt. Was bringet ihr von uns'rem Herrn? durchläuft den Kreis der Anwesenden mit dem Blick und nimmt den Helm ab. Genau, Was einer von sich selbst vermag zu senden. wirft sich an seine Brust. Yngurd! erschüttert. Mein Vater! Sie will zu ihm, bleibt aber zweifelnd stehen, tritt dann an ihren vorigen Platz und versinkt wieder in sich selbst ohne alle Spur von Theilnahme. Oh, wie wird das enden? – Du kommst allein, in schlichter Rittertracht – Allein vom Heer – in dieser wilden Nacht? Zum Boten hat mich – König Alf gedungen, Sich zu den Rittern wendend. In seinem Namen red' ich zu den Ständen. betroffen. Mag Gott vom König alles Unheil wenden! Eu'r König – so spricht Alf, de Fürst der Dänen, Durch mich, Yngurd von Lessö, Bauers mann, Den unverdient Held Ottfried liebgewann – Eu'r König ist Oskar, Brunhildens Sohn! Den Bauer stoß herab von Norwegs Thron, Und – lacht zu Irma's, lacht zu Asla's Thränen. Herr, wenn ihr scherzt, so ist's ein wenig bitter; Die hier euch hören, sind getreue Ritter. Getreu? Der Sturm zerreißet Ankertaue, Und was ist gegen Ankertau' ein Eid? Mit Füßen tritt ihn Ostlands Fürst – ihr seid Schlicht Ritter volk, und wollt, daß ich euch traue? Der Sturm ist nah, den mürben Strang zu reißen; Alf hat mit Ostland Bündniß, und sein Schwert, Zu Land und See, ist wider mich gekehrt; Ich rath' euch: Geht, willkommen ihn zu heißen. Mein theurer König! Warum häufst du Schmach Auf uns'rer Ahnen tadelfreie Schilder? Ich tadl' euch nicht. Oskar, der Knab', ist milder, Als Yngurd. Freundlich, wie ein Frühlingstag, Geht er dem Normann auf. Der Stern der Nacht – Mit blut'gem Schweif – hat seinen Lauf vollbracht. Das Heldenthum – glaubt mir, daß ich es fühle – Beglückt kaum Einen; Ruh und Frieden viele – Ich geb' es auf. Er hält einen Augenblick inne; da niemand antwortet, fährt er weicher fort. Mir ist auf Lessö noch Vom väterlichen Erb' – ein Feld geblieben, Ein enges Haus und d'rinn ein kleiner Herd – Kein Königreich, doch meinem Herzen werth, Wie die Erinnerung an seine Lieben. Dort will ich hin! – ein seltner Schritt und doch, Ihr werdet's sehn: die werden mich begleiten! Die Tochter Ottfrieds – seine Enkelin – Ihr werdet's sehn, daß sie mit stillem Sinn Dem Pflüger Yngurd Bett und Mahl bereiten, Die Sichel führen mit geübtem Schwunge, Beim Garbenbinden nicht die Hände schonen, Und Erndtekränze tragen statt der Kronen. fällt tief ergriffen vor dem König nieder. Herr! Willst du mich vernichten mit der Zunge? Reiß mir die Brust auf, wenn du sehen willst, Für wen sie schlägt! So thu' auch mir! Und mir! die Hand auf der Brust. Wie Flammen brennen deine Worte hier, Sprich deutlich aus, was du darin verhüllst. Ich hab's gethan. Als kommt, für Oskars Rechte Die alten Kämpfe blutig zu erneun. aufspringend. Er komme! Kommen eines Welttheils Mächte! Mein eignes Heer ist tapfer, doch zu klein Für solchen Feind; und ob ich's auch vermöchte, Zu widerstehn – es kostet Normanns blut. Den legten Tropfen für der Reichsgewalten Erwähltes Haupt! Dein Recht allein ist gut Du schwurst, wie wir; wie wir auch mußt du halten. nach kurzer Stille. Ihr mahnt mich daran? – Wenn ihr übel thut, Euch meßt es bei. Ich will den Eid nicht brechen. Folgt mir, geheim vom Kommenden zu sprechen. Er geht in die Gallerie rechts ab, die Reichsherren nebst Erichson und Jarl folgen ihm. Asla, du träumest! Fühlst du nicht die Macht, Die grausend waltet über dieser Nacht? Wohl fühl' ich sie; nur weiß ich's nicht zu sagen, Verworren in mir schwimmet Bild in Bild – Nur Ein's ist klar: Der Ritter liegt erschlagen – Zerschmettert! und weit von ihm liegt sein Schild. Indem beide gehen, fällt der Vorhang. 2. Akt 1. Szene Erste Scene. Gegend am Meer, auf beiden Seiten von Felsen begränzt, welche im Hintergrunde eine schmale Aussicht auf die See offen lassen. Sonnenaufgang. Droll und Knaut vor ihnen, zu beiden Seiten sichtbaren Hütten, mit Fischergeräthschaften beschäftigt. Das war 'ne Nacht! – als ob der Beelzebub Selbst in die Welt hineinbließ – Schub auf Schub! Sie wär geplatzt, wie 'ne Fischblase platzt, Wenn Platz da war. Ei daß dich doch, so schwatzt! Dafür ist Wind im Menschen, daß er rede. – Nun kommt die liebe Sonn', und hat 'nen Mantel um Von rothem Tuch, als ob sie's Wetter scheute. Mich soll nur wundern, ob die Schiffe vor der Rhede Das abgehalten – wie? – Die Dänen rings herum Stehn unter'n Waffen, wißt ihr, Vetter Knaut, Die Ursach nicht? Was kümmert's uns! Nu, schaut, Ich weiß die Ursach: ausgeschifft wird heute, So Gott will. Oder auch der Teufel! Nu, warum? Der oder jener! Fischfang bleibt doch immer. 2. Szene Zweite Scene. Droll. Knaut. Ein dänischer Ritter von zwei Knappen begleitet. Ist hier die Bucht, wo Boote können landen? Ja, Herr. Seid ihr seekund'ge Lootsen? Nu, Ich lob' mich nicht, indeß man hat sie dümmer. Ein dänisch Schiff scheint in Gefahr, zu stranden, Es setzt die Boot' aus – wollt ihr helfen? Du! Was meinst du, Knaut? Die See geht noch zu hoch. Es ist das Hauptschiff. Oh, deßhalb kann's doch Zu Grund gehn, wie ein andres. 's prasselt besser, Das ist der Unterschied. Ein Geldsack, größer Als ihr, ist zu verdienen hier. Die Königin Brunhild', und Oskar, euer rechter König, Befinden sich am Bord. Knaut, woll'n wir hin? Dergleichen Fische hat die See hier wenig. Möcht' sie behalten; Einer ist zuviel, Wo's irgend zwei im Lande giebt. Indessen – 's ist mit den Klippen hier kein Kinderspiel, Und Fische sollen keine Kön'ge fressen. Will da 'mal 'rauf sehn, thut es ernstlich Noth, So rudr' ich hin, und steur' es her, das Boot. Er legt sein Geräth bei Seite, und steigt gemächlich auf einen der Felsen im Hintergrunde. Sagt 'mal, Herr Dän', ihr seid ja wohl zu Lande In's Land gekommen? Ja, von Ostland her. Macht' euch das Yngurd nicht ein wenig schwer? Er ist geflohn mit seinem Söldnerheer, Wir zogen links und sind nun Herr'n vom Strande. Geflohn? Der Yngurd? Seht 'mal an; das wär! Sonst nicht sein Fach. Er mußte wohl; wir sind Ihm zwiefach überlegen, und Brunhilde Bringt auf den Schiffen noch zehntausend Schilde Die meistens schon auf's Trockne sind gebracht Die führt die Flotte? Schaut! Ja, die ist von der Gilde, Wer's recht kann, schilt im Sieb, und reitet auf dem Wind. Wann wird's denn losgehn? Was? Ei nu, die Schlacht. Wird keine geben. Schaut 'mal! Hätt' gedacht, Wenn ihr gewinnen wollt, so müßt ihr doch auch setzen? Der Bauerkönig ist in uns'ren Netzen, Wir sind schon näher seinem Sitz, als er, Und wenn seit gestern Abend nicht das Meer So bärbös war, daß man nicht konnte landen, So war Brunhilde dort, eh Irma aufgestanden. ruft von der Höhe. Hört 'mal, da unten! 's steht nicht gut um's Schiff. Was giebt's? Der Kiel sitzt fest auf einem Riff. zu Einem der Knappen. Eil', sag's dem Alf! – Was siehst du von der Höhe? Nothzeichen, allerlei, die ohne Noth Die Angst macht. Ohne Noth? Will so viel sagen, Daß man die Noth auch ohne eichen sähe. Das wimmelt, drängt und springt und stürzt in's Boot, Daß man die Beine sieht gen Himmel ragen. Droll ist inzwischen, mit einem Horn versehen, auf den zweiten Felsen gestiegen und bläst Rothlärm, während Knaut von der Höhe verschwindet. Was blast ihr denn, als wolltet ihr den Wölfen Im Wald weiß machen, hier sei ihres Gleichen? Ist für die Fischleut' hier herum ein Zeichen, Daß was passirt, wobei sie sollen helfen. Er bläst stärker. Gut! – aber gräßlich klingt's, wie Feuerlärm. 's ist Wasser lärm. Er bläst noch stärker in abgesetzten Stößen. Andere Rothhörner antworten aus der Ferne. Hört ihr? 's thut seine Dinge Die Küst' entlang. So'n Ton dringt in's Gedärm. Wart, Knaut, ich fahre mit! – Wenn ich was bringe, So bleibt' beim Geldsack. Er verschwindet von der Höhe. Das Blasen dauert noch während der folgenden Scene fort, und verliert sich endlich in der Ferne. zu dem zweiten Knappen. Steige dort hinan, Und gieb Bericht, ich seh den König nahn. Der Knappe besteigt den Felsen. 3. Szene Dritte Scene. Alf mit Gefolge von Rittern, unter ihnen Gyldenbrog in schwarzer Kleidung. Der vorige Ritter. Der Knapp auf der Höhe. Was ist geschehn? Was will das Horngeheul? Der Sturmwind, Herr, der in verwichner Nacht Vom Land her blies, zwang eure Schiff', in Eil Die See zu suchen. Wir, am Strand auf Wacht, Sahn einen Dreimast dieser Bucht sich nahn. Er führte, wenn wir anders richtig sahn, Die Königs fahne. Wie? Die Fischer sagen, Er sei gestrandet. erschrickt, dann laut. Ruft die Schwimmer auf Im ganzen Heer, und alles, was den Kahn Versteht zu lenken! Für das kühnste Wagen, Sagt ihnen, sei des Königs Gunst zu Kauf! Einige aus dem Gefolge eilen ab. Alf geht unruhig einige Schritte. Ha! wenn es so begönne! So das Ende Den Anfang übereilte! Herr, das wende Der Himmel, der gerechte Sache schützt! Gerecht? Sie ist's nach meinem Zweck; doch ihr, Dem jedes Mittel recht ist, welches nützt, Ich fürchte, Kanzler, ihr verdarbt sie mir. Gerechte Sache meidet Hinterlist. Verzeihet, Herr, um Blut zu schonen, ist Das, was man List nennt – Die gemeine Rede Im Rath der Fürsten. Redlich offne Fehde Wär besser. Seit ich steh' auf Norwegs Grunde, Gemahnt es mich, als sei's zur bösen Stunde, Als rief' mir Danlands Küste: Komm zurück! Nicht Yngurd fürcht' ich, aber Yngurds Glück; Von seiner Wieg' an ist's mit ihm im Bunde. hinter der Scene. Wo ist der König? An der Felsenbucht. Wer frägt? 4. Szene Vierte Scene. Die Vorigen. Ein Ostländischer Krieger, unbewaffnet, eilig und verlegen. Vom Herzog Ostlands bring' ich Kunde, Der mit dem Heer in König Yngurds Rücken Gelagert war – Mög' euch der Sieg beglücken, Wie ihn! Der Sieg? Dein Athem rauscht wie Flucht. So nennt's der Feind, der mit Verzweiflung sich Um seinen Heimweg schlug; doch – Ostland wich Nicht eine Spanne breit – bis – Spar' den Wind In deiner müden Lunge, Siegesbote: Der Herzog ist geschlagen! Herr, wir sind – Da ihr's denn einmal wißt – wie Spreu zerstoben! Doch Yngurd ließ Verwundete und Todte Wie Sand am Meer zurück. Ich muß dich loben; Du giebst zum Vorgericht des Leid's die Freude, Und bringst den Trost als Nachkost auf den Tisch. – Wie steht's um Arimbald? achselzuckend. Stumm, wie 'nen Fisch, Verließ ich ihn. Gerade mit der Schneide, Und just am Hals – sonst wär's nicht Redens werth – Traf im Getümmel ihn ein Norderschwert; Doch sind, Gottlob, die Schmerzen schon vorüber. Todt? Hein, der Arzt, spart' ihm Verband und Fieber. zu Gyldenbrog. Habt ihr's gehört? Sein Blut komm' über euch, Der listig zum Verrath ihn hat bewogen! Ich gab den Rath, Herr – Ich hab' ihn vollzogen, Doch nicht gebilligt; Alf ist nicht das Reich. – Wohin zog Yngurd? Er entfloh nach Haus. Wie stark ist noch sein Heer? 'ne Hand voll Leute, Der Müh' nicht werth. Indessen hört' ich heute, Er schrieb den Heerbann an die Reichsherrn aus. Sie werden kommen? Einer meinte, ja; Ein andrer, nein. Doch hab' ich auch vernommen Von einem, der von Auslo wollte kommen – Er log – allein er schwur, sie wären da, Und stark, wie ihr, würd Yngurd euch begegnen. Nun, Gott sei Dank! so sind wir fertig mit Verrath und List, und es wird Streiche regnen! Ich bin bestürzt, Herr, daß sich's zugetragen – Ich hoch erfreut, daß es euch fehlgeschlagen. Ihr hängt euch staatsklug an des Königs Schritt; Der Feldherr Alf darf thun nach inn'rer Stimme. Ihr wolltet mir den starken Löwen fangen; Ich find' ihn frei, und in mir das Verlangen, Zu messen meinen Muth mit seinem Grimme. Jetzt fürcht' ich nichts – nicht Yngurd, nicht das Meer. Ich schäme mich des blinden Schreckes, der In raschem Anfall meine Brust erschüttert. auf der Höhe. Nennt ihn nicht blind, Herr! es ist in der That Das Hauptschiff, das – ganz nah – gestrandet hat, Und das der Wogen wilde Macht zersplittert. Wie? – Dennoch! – Siehst du nicht, daß Hülfe naht? Die ganze Flotte setzet Boot' in See. – Auch dürft ihr um die Königin nicht sorgen – Um Oskar nicht: ein leichter Fischerkahn Hat beid' am Bord – er naht – sie sind geborgen. Sind sie's? und beide? Siehst du recht? Ich seh' Das Weiß' im Auge, Herr, in solcher Näh'. Der Nachen tanzt zur Bucht – bald – jetzt – jetzt legt er an. Thut es den Schaaren kund, die uns umgeben. Zu Gyldenbrog. Ihr – leitet sie, daß wir sie hier empfangen. Gyldenbrog verliert sich zwischen den Felsen im Hintergrunde; ein Theil des Gefolges zerstreut sich nach beiden Seiten. 5. Szene Fünfte Scene. Alf mit dem Rest des Gefolges. Droll und Knaut. Brunhilde. Oskar. Gyldenbrog. Hinter ihnen Fischer und anderes Normännisches Volk. hinter der Scene. Juchheisa! Land, Land, Land! und Geld mit Haufen! Nur mir nach, junger Fisch! hab' euch gefangen, Und weiß den Markt, wo ich euch will verkaufen. außerhalb. Dem König Oskar Heil und langes Leben! minder zahlreich. Brunhilde lebe! sehr stark. Alf und Oskar Heil! Kriegerisch begrüßende Musik begleitet den dreimaligen Ruf. unmittelbar vor Oskar auftretend. Platz! Platz da! Platz! Jch hab' 'nen Delphin feil. entgegen gehend. Seid mir gegrüßt auf Norweg, junger Aar! ihn umarmend. Oheim! Seid mir in eurem Horst willkommen! wirft sich an Alfs Brust. Mein Bruder! Faßt euch; ihr seid schwer beklommen. Mit Müh' noch trenn' ich das, was ist und war. Der See Geheul, des Schiffes wildes Schwanken, Dröhnt nach in mir, und wirbelt die Gedanken. – Doch fühl' ich Land – Land unter meinen Füßen; Ich seh die Felsen – rauh, doch minder hart, Als ihr, Normannen, eurer Fürstin wart – Und knieend will ich, küssend, sie begrüßen. Sie wirft sich am Fuße der nächsten Anhöhe auf die Knie. tritt zu Oskar, welcher mit dem Ausdruck des Trübsinns im Vordergrunde steht. Erholt euch, Neffe; zeigt dem Volk, dem Heer, Ein Antlitz, hell, wie Muth und frohe Mähr! Wie könnt' ich, Ohm? – Mich zogen diese Küsten Mit unsichtbaren, sanften Banden an. Wie Kinder träumen an der Mutter Brüsten, Träumt' ich von Norweg, seit ich denken kann. – Wie anders find' ich's! Mit verworrnem Sinn Betret' ich der ersehnten Heimath Boden, Und kann der Ahnung nimmer mich entschlagen, Daß ich in Norweg nicht willkommen bin. Es ist ein Nachklang von gerechtem Zagen; Ihr saht die Pforten von dem Reich der Todten. Das Aerg're sah ich, Ohm. Ich sah das Leben So ungeheu'r im Preise steigen, und so tief Im Werthe fallen, daß dem Tod ich rief, In seinen Armen Freistatt mir zu geben. Ich sah zerreißen aller Ordnung Bande, Das Mitleid sterben in der Brust; zu Bären Die Menschen werden um ein schmales Bret, Und Söhne Vätern Kahn und Balken wehren. Mir ist nicht wohl mehr, wo ein Athem weht Von Menschenlipp', und Mensch seyn, dünkt mich Schande. Was ihr gesehn, ist eine gute Lehre Für Könige. Bewahrt das Volk vor Noth, Sonst wird das Reich ein scheiternd Schiff im Meere, Wo niemand wird gefürchtet, als der Tod. Beglückt das Volk, und, wie der Feind auch droht Ihr seid geborgen vor des Neides Rache. der sich nach und nach genähert. Das heißt geredt! Herr, ihr versteht die Sache. Wer bist du, Freund? Ein armer Küstenmann, Der die da mit gerettet auf dem Kahn. Nenn' deinen Lohn. den Blick fest auf Oskars Gesicht gerichtet. Gebt meinem Vetter Droll Soviel ihr denkt, wir theilen uns dann wohl. auf Droll deutend. Zufrieden will ich diesen Fischer wissen. Gyldenbrog spricht leise mit einem aus dem Gefolge, welcher mit Droll sich entfernt. wie vorhin. Dem Knaut vergönnt, des Ottfried Hand küssen. Sein Nam' ist Oskar. Ottfrieds das Gesicht! Meint ihr, der Knaut sah König Ottfried nicht? Ich war dabei, als er vor funfzig Jahren Den Kroneid that vor'm Volk in Auslo's Burg. So sah er aus, wie der da, grade so – Nur war die Miene damals anders – froh! Und Norwegs Fürstenband in seinen Haaren. So wie ich den sah, fuhr mir's durch und durch. Droll, sagt' ich, soll der Schwarze mir das Maul Mit Pech versiegeln, und 'nen Schwefelknaul Aus meinen Därmen machen, ist das nicht Des alten Königs junges Angesicht. Brunhilde ist aufgestanden, und nähert sich mit steigendem Antheil. Der Vetter Droll hat Ottfried nicht gekannt; Doch traf sich's just, daß er des Herrleins Hand Ergriff, und in und aus dem Kahn ihm half. – Die Ehre möcht' ich denn doch auch – ihn umarmend. Empfange Des Dankes Kuß auf der gebräunten Wange. Ach Gott in deine Höh'! – Herr König Alf! Auch das Gemüth des Ottfried, ganz und gar – Will ich des Teufels seyn mit Haut und Haar, Wenn das ein Bastard ist! Der erste Zeuge Auf diesem Strand für meines Bettes Ehre. Daß Norweg ihn, daß ihn der Welttheil höre, Und schamroth die gemeine Läst'rung schweige Vor dieser Bürgschaft aus gemeinem Munde! Normann und Dän', ihr liebt mich nicht, ich weiß. Ihr nennt es Herrschbegier, nennt's Weiberwuth, Was heiß mich macht auf König Yngurds Blut. – Du selber, Alf, bist ewig kalt, wie Eis, Für meinen Schmerz – in feierlicher Stunde Ruf' ich euch auf: Hört meines Busens Kunde: Ausdruck der Aufmerksamkeit und Neugier unter den Anwesenden. Als König Ubo überwunden war Von Ottfrieds Weisheit und von Yngurds Muthe, Entglomm ein Funk' in Ottfrieds Greisenblute, Und – Ubo bracht' ihm mich zum Opfer dar. Wohl saht ihr Dänen, daß es mich betrübte; Doch nicht das Aergste wußtet ihr: ich liebte – Und wie ich schiffte von der Heimath Strande, Stieß er das Schwert sich in die treue Brust, Und ging hinüber zu dem bessern Lande. erschüttert. Unglückliche! Das war mir nicht bewußt. Graf Egloff – mit Würde. Er ist todt. – Ihm widerfuhr, Was er verdient mit sträflichem Beginnen. Der Knecht soll nicht um Königstöchter minnen, In ihrer Brust nicht wecken die Natur, Die menschliche, der sie entsagen müssen. Mit starkem Herzen, Hartes auszustehn, Hat Gottes Huld vorsehend mich gerüstet. Nie hat nach Liebe wieder mich gelüstet, Und – Mit unsicherer Stimme. ruhig hab' ich Irma's Glück gesehn! Doch sie hat mir des Opfers Preis entrissen! Mich, und mein Kind, und ihres Vaters Bette Gelästert mit dem Wort, wie mit der That – Vom Nord- zum Südpol blüht der Lüge Saat, Und nichts ist, was Brunhildens Ehre rette; Wird diese Schrift hier: »König Ottfrieds Sohn« – So leserlich von der Natur geschrieben, Nicht ausgestellt auf König Ottfrieds Thron. O, theure Mutter, muß ich dich betrüben Mit dem, was tief in meiner Brust sich regt? In Oskar ist nicht Königssinn gelegt, Sein weiches Herz kann leiden nur, und lieben. Ihr unterwiest mich, Ohm, im Werk der Fehde, Ihr lehrtet mich der Waffen rauhes Spiel; Die Lust der Jagd auch mußt' ich mit euch theilen, Und hoch zu Roß das flücht'ge Wild ereilen: Ich that es treulich, weil's euch so gefiel. Doch tief verwundet mich die Schmeichelrede, Die von den Lippen eures Hofes quillt. Bin ich ein Ritter? Leichter ist mein Schild, Als jeder andre – leichter Schwert und Lanze – Mein Roß gezähmt – geübt im Waffentanze Von fremder Hand. Ich jage, kämpf' – und fühle Mit heißer Wange, daß ich kindisch spiele. Erwartet, Neffe, von der Jahre Lauf, Daß er die Kraft mit dem Geschick vermähle. Oh, glaubt das nicht! Das Leben meiner Seele, Das inn're Leben, zehrt mein Leben auf. Nach außen strebt in eurer Thatenwelt – Nach außen stets das gierige Beginnen; Was mir an Kraft ward, wendet sich nach innen, Und unter Skalden nur bin ich ein Held. In einem Reich von Bildern und von Tönen Ringt Geist und Herz dem Großen nach, und Schönen, Und meine Thaten sind eng un Thränen. Traut dem Gefühl, das mir im Busen schleicht: Die schwache Pflanz' aus spät gesä'tem Kern Bringt nimmer Frucht auf diesem niedern Stern. Wenn sie erschöpft sich hat in bunter Blüte, Wenn ihre Kraft in Farben still verglühte, Senkt sie das Haupt – vielleicht von selbst – vielleicht Von rauher Hand, vom Hauch des Nords berühret. D'rum bitt' ich euch, laßt alles, wie zuvor! Bin ich ein König für das Volk des Nor, Das mühsam Yngurds Löwenkraft regieret? Wollt ihr den Riesen tödten, und ein Kind In seine ungeheure Rüstung stecken? Auf hohem Berg die Ceder niederstrecken, Die kaum das Haupt beugt im Gewitterwind, Und eine Lilie pflanzen an die Stelle? Du, Mutter, hassest Yngurd – Wie die Hölle! Ich lieb' ihn nicht; doch seiner Thaten Bild Steht groß vor mir – groß, wie der goldne Schild Der Sonn' im rothen Dunst am Himmelssaume. An Odin ragt er auf in meinem Traume – Laßt mich – ihn sehn! Sehn? Ihn? Bist du von Sinnen? Ja, laßt mich zu ihm! laßt es mich beginnen, Sein Heldenherz dem Frieden zu gewinnen – Schickt eine Botschaft ihm, und laßt mich mit! Unseliger! Tod brächte dir de Schritt; Für dich, aus Yngurds Burg, wär kein Entrinnen. schwärmerisch. Doch lockt's mich hin, wie der Gesang der Schwäne, Die scheidend nach der bessern Sonne ziehn, Den Wand'rer anregt, daß er heim sich sehne. Dort – flüstert's in mir – wird die Pflanz' erblühn – Auch brechen wohl – und dennoch lockt's mich hin. Die Auslo'sburg – nie hab' ich sie gesehen, Niemand beschrieb sie mir; doch ihre Hallen stehen Vor meinem Geist in schauerlicher Pracht. Ich bin zu Haus in den Gemächern, wo Die Schwester wohnt, wo ihre Kleine – nun Wohl Jungfrau schon – mir hold entgegen lacht. Oft war ich träumend dort, und glücklich – selig-froh! Auch da, wo Vaters heil'ge Reste ruhn, Bin ich bekannt; und – noch ist ein Gemach, Ein enges, das den Busen mir beengt, Und das, nach Westen zu, hinausgebaut, Auf Felsenzacken über'm Wasser hängt. Oft hab' ich schwindelnd da hinabgeschaut – Und fiel im Traum, und ward beklommen wach. Doch eben dahin lockt's mit Schwanes Singen – Laßt mich nach Auslo Friedensbotschaft bringen! 6. Szene Sechste Scene. Die Vorigen. Ein dänischer Krieger. dringend eilig. Herr, heißt das Heer sich schnell zusammenziehn. Was ist's? Der Yngurd naht. Wer? Seid ihr trunken? Unruhige Bewegung unter den Anwesenden. Die Helme glühn im Morgenstrahl, wie Funken, Die unter'm Hammer aus dem Eisen sprühn. Er kommt von Westen, durch den Föhrenwald, Der von zwei Bergen in das Thal sich strebt, Und – wie wir meinten – unsre Seite deckt. vor sich, doch laut. Hat er denn Flügel? – Guter Freund, verschnaufe. Du sahst kein Heer, es war ein Späherhaufe. Nein, Herr, ein Heer. Wenn auch, es find' uns kalt. Kalt? Kalt, wenn Yngurd naht? Zu dem Gefolge. Sind meine Waffen Gerettet aus dem Schiff? Nein. Man soll andre schaffen, Schwert, Helm und Schild! Die ausgeschiffte Schaar Sei Reih' an Reihe meines Winks gewärtig. Mehrere gehen ab. Einer kommt sogleich mit den Waffen zurück. zu einem der Ritter. Graf, theilt das Heer! Es rege, gleich dem Aar, Die Fittige, zum Siegesfluge fertig. Ein Winkel, der, weit offen, Seit' und Seite Unübersehlich ausstreckt in die Weite, So stell' es sich dem dreisten Feinde dar. Wagt er zu nahn, soll's tödtlich ihn umarmen. setzt den Helm auf, hängt den Schild an den Arm, entblößt das Schwert und wirft die Scheide weg. Die Scheid' ist überlei. Der Stahl soll blitzen, In Weibes Hand des Feigen Muth erhitzen, Und – will's mein Stern – in seiner Brust erwarmen! 7. Szene Siebente Scene. Die Vorigen. Ein dänischer Ritter. Herr! ein Gesandter Norwegs will Geleit Zu König Alf, und Schwur der Sicherheit. feierlich. Zerbreche Henkershand mein Ritterschwert, Wird ihm ein Haar auf seinem Haupt versehrt. Wozu der Aufschub? Laß den Kampf entbrennen. Der Mann ist weibisch, der den Feind nicht hört, Bevor sie zürnend an einander rennen. Zu dem Kanzler. Herr Gyldenbrog, ihr seht ein wenig bleich. Der gute Rath, auf den ihr für uns sinnet, Macht euch die Stirn kalt, eh' die Schlacht beginnet. 8. Szene Achte Scene. Die Vorigen. Yngurd in Waffen, doch ohne die Zeichen der königlichen Würde, bloß von seinem Leibdiener begleitet. Norweg grüßt Alf, den König, und sein Reich! Durch wen? ihn in's Auge fassend, heftig erschüttert. Ha! Yngurd! Yngurd? abgewandt. Haltet, Sehnen! Erschlafft – zerreißt bei diesem Anblick nicht! Große Bewegung unter den Anwesenden. Man sieht Gyldenbrog Befehl geben, das Volk zu entfernen. Es verläuft sich. Einige von Alfs Gefolge bleiben im fernsten Hintergrunde stehen. Ist's Wahrheit? Seid ihr's? Wollt ihr uns verhöhnen? Yngurd im Lager? mitten unter Dänen? Der Bauer trauet, wo ein Fürst verspricht; Er blickt dem Gegner gern in's Angesicht, Und gehet selbst, den Nachbar zu versöhnen. Ihr hadert mit mir um die Norwegskrone; Ihr wollt ein Spielwerk eurem Schwestersohne, In dem der Jüngling ringt noch mit dem Knaben? Ist's nichts als das, sollt ihr gewonnen haben: Die Kron' ist Oskars, wenn ihr Ein's erfüllt. Wär's möglich, Yngurd? Herr, ihr wollt euch fügen? Nennt die Bedingniß! Wenn's Entschäd'gung gilt – In Ostland, Gothland, Finnland oder Rügen – Wenn's thunlich – und mit Danlands Ruhm verträglich – Ihr seid der Mann, Herr Kanzler, euch ist's möglich, Wenn's Einem ist. So eilet, mir's zu sagen. Macht, daß ich Norwegs Krone – nie getragen. steht ihn mit großen Augen und halb offnem Munde an. Wie? Dünkt euch das zu schwer? Ich lasse nach: Belügt die Zeit – verfälschet die Geschichte – Macht glauben alle, die auf Erden leben, Was Nord und Süd von Yngurd sah und sprach, Sei eine Fabel, die sich nie begeben – Ein Mährchen, wie es Ammenhirn erdichte, Um Kinder einzuschläfern – und – bei Gott! Die Kron' ist Oskars, sonder Scherz noch Spott. Ihr gafft mich an, als läg's euch vor den Ohren? Ich merk' es wohl, ihr könnt mich nicht verstehn – Ihr seid im Staub geblieben, wie geboren. Mir ward's so wohl nicht Auf des Lebens Höhn Hat mich das Schicksal – hat mich Gott gerufen, Und – abgebrochen hinter mir die Stufen, Gält's eine Welt, ich kann zurück nicht gehn. Ihr wollt nicht, Yngurd; euer stolzer Sinn Mag sich für's Recht der Herrschaft nicht entkleiden. Er kann nicht, Ohm! Oskar begreifet ihn. Vom Höchsten kann sich höchste Kraft nicht scheiden, Und er muß Herr seyn, wie ich singen muß, Und bilden, wenn mich der Begeistrung Gruß Geweckt hat, und dem Leiblichen entrissen. Mein muß das Reich der Tön' und der Gestalten – Mein muß es seyn, so weit der Flügel trägt, Der wundersam im Menschenhaupt sich regt; Frei muß die Willkühr mit dem Stoffe schalten, Und lähmen würde mich das kleinste Müssen. So auch der Held. Ihm kann nicht Mind'res gnügen, Als König seyn, und keinem Zwang sich fügen. Wer sagt es dir, du Jungfraun Angesicht, Seltsam geschmückt mit eines Helden Zügen – Wer sagt's dir, wo der Muth des Helden bricht? – Alf, er spricht wahr. Gält's einer Welt Verderben; Als König nur kann König Yngurd sterben! – Doch ist unmöglich d'rum der Friede nicht; Denn – Irma's Bett ist ohne Reicheserben. vor sich, von einem Gedanken ergriffen. Ha! Oskar sei's! Wie Ottfried mich gekrönt Bei seinem Leben, will ich Oskar krönen, Und theilen mit ihm, wie's der Kraft gebührt: Mein sei die Last der Krone, die ihn ziert, Und – ewig mich zu binden an den Dänen – Sei's Asla's Hand, die mich mit Alf versöhnt. Ihr bietet viel, wenn das Gerücht nicht log. Schon seh' ich auf der Stirn des Gyldenbrog, Der gern vermählt, den Ehvertrag sich bilden; Doch hier gebührt Ja oder Nein Brunhilden, Für die das Schwert der Sohn des Ubo zog. Erlauchte Frau, es will mich schier bedünken, Als – schien es mir, der Vorschlag sei nicht schlecht. eine große innere Bewegung mühsam verbergend. Es scheint euch; doch – wer sichert Oskars Recht, Wenn – Irma's Lippen Yngurds Küsse trinken, Und noch ein Sohn aus ihrem Schooß entspringt? Zu Yngurd, doch ohne ihm in's Auge zu sehn. Bewilligt noch, was die Gefahr bedingt; So sei der Bund geschlossen. gespannt. Laßt mich's hören. Trennt euch von Irma. erschüttert, vor sich. Ha! – Welch fürchterliches Licht, Das aus der Hölle tiefstem Grunde bricht! Herr, wollt ihr noch die Kleinigkeit gewähren? Fluch dir, du Knecht, der das für möglich hält! Alf! Es ist aus. Es wird auf dieser Welt Nie zwischen mir und eurer Schwester Friede, Ob Feuer auch die Flut zu Gaste lüde. Drum laßt uns fechten, weil's euch so gefällt. Doch seht euch vor! Die Sache, die ihr führet, Ist bös genug, daß sie die Tapferkeit Mit Furcht anstecken könnte, wie die Zeit Erkranket, wenn Pest-Odem sie berühret. Nehmt euch in Acht! denn mir ward prophezeit, Als ich mit Ottfried war im Land der Katten: Es werde seyn das Glück wie Yngurds Schatten, Und ihn nicht lassen, bis sein letzter Feind, Durch ihn zerschmettert, werde vor ihm liegen. So laßt denn sehn, ob die Druiden lügen, Und ob es Alf ist, den ihr Spruch gemeint. Er geht ab. Es herrscht eine kurze Stille. Gott oder Teufel! Er verwirrt die Sinne Mit Wort und Blick, wie Sturm verwirrt das Haar. Mir ist so bang', Brunhild', als spräch' er wahr. laut und heftig. Stoßt in die Hörner, daß der Kampf beginne! Während der Vorhang fällt, erschallt kriegerische Musik hinter der Scene, welche das Orchester aufnimmt. 3. Akt 1. Szene Erste Scene. Der Vorgrund ein Platz, den zu Beiden Seiten hohe Tannen einschließen. Im Mittelgrunde ein hoher, steiler und mit Gebüsch sparsam bewachsener Fels. Neben ihm hinweg Aussicht in eine von der Abendsonne beleuchtete Ebene, in weitem Ferne von Gebirgen begränzt. Asla steht auf der äußersten Spitze des Felsen das Gesicht nach der Ebene gewandt. Ourdal im Vordergrunde müßig an einen Baum gelehnt. Gegen das Ende des ersten Selbstgesprächs sieht man Erichson den Rücken des Felsen herabsteigen. Sieben bis acht Normännische Krieger sind im Hintergrunde am Fuße des Berges gelagert. Verdammter Auftrag! Schaler Zeitvertreib, In Heeres Rücken so 'nen Paß zu decken. Ich komm' mir vor hier wie ein Hökenweib, Dem niemand abkauft. Meine Streiche stecken In dieser Scheide schmalen Raum gepreßt, Indeß die andern, frei wie Aares Schwingen, Die Luft durchsausen, und auf Schildern springen, Wie junge Füllen auf der Wiese Plan. – Wenn sich nicht bald der Danmann blicken läßt, So fang' ich mit den Tannen Händel an, Damit ich doch zu Hause sagen kann: Ich schlug mit d'rein. Er bemerkt Erichson. Sieh doch! Wer kommt denn dort Den Berg herab? Das ist ja wohl der Hort Von Auslo'sburg? – Wie schaut's im Schlachtgefild? Nicht viel zu sehn, man kann nicht auf die Höhe. Warum nicht? Steht dort nicht ein Frauenbild, Das d'rein sieht, als ob's jeden Schwertschlag sähe? Der Teufel weiß, wie sie den Fels erklommen, Man muß mondsüchtig seyn, ihr nachzukommen. Wer ist's denn? Asla. Wer? Der König hat Das zarte Mägdlein mit zu Feld genommen? Das find' ich rauh. Das wär's auch in der That, Wenn sie nicht selbst ihn drum gebeten hätte. Die Schlacht zu sehn? Das nenn' ich Neubegier. Es war wohl mehr. Sie rief: »Es ahnet mir, Daß ich dir heut den Ruhm des Sieges rette.« Die Jungfrau dort? Das müßte närrisch kommen. Der König sprach mit Irmia eis, vernommen Hab' ich die Worte »Alf« und »Friede« – dann Befahl er mir, mit wenig sichern Leuten Dem Heere nach die Jungfrau zu geleiten. Wir trafen ein, noch eh' die Schlacht begann; Doch Yngurds Schotte, der, wie euch bekannt, Auch Yngurds Schatten ist, kam uns entgegen Mit dem Befehl, sogleich nach Haus zu kehren. Da scholl des Dänen Schlachthorn her vom Strand, Das Normannsheer fing an, sich zu bewegen, Und Asla flog rasch, eh' ich's konnte wehren, Dem Felsen zu, und kletterte, und wand Sich durch's Gestrüpp' bis auf die höchste Spitze. Da steht sie noch, wie sie im Anfang stand, Indeß ich sie mit meinem Häuflein schütze, Wie eine Vogelscheuch' am Baum die Frucht. Des Schutzes, denk' ich, kann sie hier entbehren. Das glaubet nicht. Der Feind hat sie gesehn, Ein Danlandsvogel hat es schon versucht – Zweimal versucht, den Schnabel hier zu laben. Ich schrie, als hätt' ich hinter diesen Höh'n Ein ganzes Heer; das trieb ihn in die Flucht Mit seiner Schaar. Die schien nicht Lust zu haben Zu blut'gem Kampf um ein Feinliebchen für Das junge Herrlein, das ihr Führer war. Wann war das, Ritter? Kurz zuvor, eh' ihr Den Paß besetztet. War sie stark, die Schaar? Ich glaub's, obschon wir sie zum Theil nur sahn. Der Führer trug den Wappenrock des Dan, Den bloß des Königs Anverwandte tragen. Das war' der Teufel? – Oskar ist bei'm Heer! Dem Skalden, der die Zither weiß zu schlagen, Sieht's ähnlich, daß ihn eine Jungfrau lockt, Indeß der Tod sich Brot zur Suppe brockt. Was meint ihr, Ritter? wenn's der Oskar wär'? Wohl möglich, das. Graf Ourdal muß Eins wagen – Zum Zeitvertreib! – Burghort, ihr seid ein Mann, Dem man ein doppelt Amt vertrauen kann; Und wer im Krieg'ne Jungfrau weiß zu hüten, Bewahrt auch wohl noch einen engen Paß, Wenn ich die Hälfte meiner Schaar ihm lass', Im Fall sich ja die Feinde d'rum bemühten. Der Paß ist wichtig, Graf, allein durch ihn Kann Yngurds Heer zurück nach Auslo ziehn. Fliehn, wollt ihr sagen. Yngurd flieht ja nicht. von der linken Seite des Vordergrundes auftretend. Herr, von den Vorderwachen kommt Bericht, Daß Dänen nahn. zu Erichson. Seht ihr, nun wird es Pflicht, Ein wenig nachzufragen, was sie bringen? Zum Knappen. Herr Erichson befehlt statt meiner hier, Die Halbscheid bleibt; die andern folgen mir. Der Knappe geht ab. Lebt wohl, Herr Burghort! Wünsch' euch gut Gelingen. Nachdem er dem abgehenden Ourdal nachgesehen. Ein ächter Normann! – Hat noch junges Blut! – Tief fühl' ich's, daß ein Kriegsmann übel thut, Wenn er nicht stirbt, eh' sich die Haare bleichen. Er fühlt das Mark aus seinem Arm entweichen, Doch in der Brust bleibt der gewohnte Muth, Wie Fieberte, die nur darum quält, Weil ihr die Kraft, sich auszulassen, fehlt. Außerhalb, nach der linken Seite hin, rasch wiederholter Hörnerstoß, zugleich verwirrtes Geschrei; unmittelbar darnach Schwertergeklirr, welches nach und nach sich entfernt. Hoho! da geht's schon los! – Das Schwert macht Leichen, Und ich muß warten, bis mir's Ein's erzählt! 2. Szene Zweite Scene. Die Vorigen, ohne Ourdal. Jarl, an Haupt und Schenkel verwundet, tritt links aus dem Hintergrund auf; unter dem linken Arm trägt er Stücke eines zerschlagenen Schildes, mit der rechten Hand stützt er sich im Gehen auf den abgebrochenen Schaft eines Speers. Daß euch der Teufel hätt'! Auch hier nicht Ruh'? Soll ich denn so hinauf bis Grönland hinken, Wo's Blut gefriert, eh's aus der Wunde quillt? Sieh da, Herr Jarl! Ei sagt' mal an: Wo zu? Wie seht ihr aus? Wo habt ihr Speer und Schild? Das ist der Rest von beiden. – Laßt mich trinken! Er setzt sich erschöpft auf einen Baumstamm. zu einem Knappen. Schöpf' ein am nächsten Quell! – – Wie steht die Schlacht? Steht? Ja! die Schlacht? 's ist nichts mehr mit dem Stehen. Wie das? Ihr werdet sie bald kommen sehnen. Ist's möglich? Sind zum Weichen wir gebracht? Wenn unser Heer kein Krebs ist, der nur scheint Rückwärts zu gehn, und meine Augen nich Zwei Narren, die beim Krebs das Angesicht Am Schwanze suchen; so gewann der Feind. Der Knappe reicht ihm Wasser in einem Helm. Ihr lügt! – – Lebt Yngurd? schon trinkend, bejaht die Frage mit Kopfnicken. Nun, so lügt ihr auch! Ihr seid geschlagen, Yngurd nicht. Ihr dichtet Der ganzen Heerschaar eure Ohnmacht an, Wie jeder, der sich von der blut'gen Bahn Entwaffnet und verwundet rückwärts flüchtet. – So hört doch auf! Ihr sauft ja, wie ein Schlauch! Sagt, daß ihr lügt! Ich wollt', ich hätt' gelogen, Als wir verwichne Nacht vom Schnee gekos't, Von Sturm und Blitz, und von dem König Frost, Und von den Zeichen an dem Himmelsbogen. Es ging recht gut vom Anfang. Yngurd zischte Wie's Wetter auf des Feindes Mitt', und tischte Dem Tode fürstlich auf. Inzwischen zog Der König Alf sein überlegnes Heer Gleich einem Winternebel um uns her, Und wer zur Seite sah, und nicht gestand, Es komm' ihm vor, als wär' es kalt; der log. Doch vorwärts drang der König nach dem Strand: »'s ist Krämervolk, die Dänen!« rief er aus, »Fallt ihnen in das reich gefüllte Haus – Fallt in ihr Lager, und sie sind geschlagen, Und euer ist, was ihr vermögt zu tragen!« Auf einmal flog, wie wenn vom Meer auf's Land Die Stürme rasend in die Tannen fahren, Die Braunhild an mit halbbetrunknen Schaaren. Da war nicht Halten mehr, noch Widerstand, Und vor dem Unsinn, unterstützt vom Glück, Zieht langsam sich die Tapferkeit zurück. Fluch deiner Zung' und Lunge, Unheilsrabe! Ein Weib schlüg' Yngurd? ein unbärt'ger Knabe? Ein König Gliedermann, den seine Räthe Am Drahte ziehn, und der nicht einmal thut, Als ob er seine Thaten selber thäte? Das macht er klug; d'rum sind ihm Alle gut. Den Königswillen will das Reich beweglich, Weil sonst am Thron nichts durchzusetzen ist. Der Yngurd aber ist so'n Wolf im Wollen, Daß er den Willen von ganz Norweg frißt; Er will allein, und alle andre sollen. Nun sagt 'mal an – Nein, nein! Es ist unmöglich, Ihr lügt's in euren Hals! Man hört von der Ebene her, anfangs aus der Ferne, dann näher, Hörnerruf. Flüchtlinge eilen vorüber. fährt empor vom Sitze. Still! Höret ihr? Sind das nicht Hörner, die zerstreute Haufen Zum Sammelplatze locken? – Seht ihr? Laufen Nicht reiterlose Rosse dort – und hier Nicht waffenlose Knappen schon vorüber? Log ich es, daß die Schlacht, anstatt zu stehen, Bald kommen würde; nun, so log ich nicht genug, Der Wahrheit nachzukommen. Was wir sehen, Ist Flucht, nicht Schlacht. – Ich mach' mich aus dem Zug – Gehabt euch wohl! – Mich schüttelt's kalte Fieber. Er geht hinkend im Vordergrunde ab. Im Hintergrunde beginnt der Rückzug der Normannen, die still, und anfangs mit Ordnung, vorüber ziehn. Asla scheint nicht darauf zu achten, und Blickt unverwandt, jedoch mit allen Spuren von steigendem Antheil, nach der linken Seite der Bühne, wo Ourdal abging. Kurz darauf verschwindet sie von der Höhe. 3. Szene Dritte Scene Erichson. Asla anfangs noch auf dem Felsen. Später Nös und Normännische Flüchtlinge, unter ihnen Kurl. Ha! daß ich blind wär, wie der Maulwurf, der Den Grund durchwühlt! Daß dieses Horngeschrei Ein glühendes, gespitztes Eisen wär, Das mir gestoßen würd' in beide Ohren, Mich taub zu machen! – Ist die Schlacht verloren Für einen, der im Namen trägst ein Heer; So ist das Glück sich selber nicht mehr treu, Und ich bin um so viel zu spät geboren, Als ich noch leben muß nach Yngurds Falle. – Der Rückzug über den Hintergrund wird unruhiger und nach und nach unordentlich ohne daß Erichson weiter darauf merkt. Der Löwe, weil er stark ist, herrscht im Wald, Der Aar, der höher sich erhebt, als alle, Ist Fürst der Vögel; des Delphins Gestalt Macht, daß wir ihn des Meeres König grüßen; Im dunklen Reich selbst, unter unsern Füßen, Gilt als Gesetz der Stempel der Natur: Der Diamant, der edel ist und selten, Ist des Gesteines Haupt. Und unter Menschen nur Soll's anders seyn? soll ein Gesetz nicht gelten, Das sie – sie selbst – gegeben für den Wald, Für Luft und Meer, und für der Erde Mark? Der Wahn soll hier gewinnen, weil er alt – Die Mittelmäßigkeit soll, weil sie stark Von Anzahl ist, Recht haben in dem Streit, Der ewig mit der Größe sie entzweit? Asla tritt hinter dem Fuße des Felsen hervor. Du räthselhafte Macht, soll ich dich loben; So laß den starken Leun, den kühnen Aar, Den königlich gestalteten Delphin, Den edlen Diamant, die du vereint In Einem Menschen wunderbar erhoben, Nicht fallen unter so gemeinen Feind, Bevor er nicht gefallen in dem Sinn Der Bessern, deren Lust und Stolz er war! Wohl mag auf Erden Großes nicht bestehen; Doch in sich selbst nur soll es untergehen, Groß, wie des Tempels wohlgefügter Bau, Der früher nicht, bis Grund und Bänder wanken, Und die Gebrechlichkeit sich stellt zur Schau, Zusammenbricht in seines Umfangs Schranken. So wird's geschehn! – Verlaßt euch auf das Wort, Das mich ein dunkler Antrieb zwingt zu sagen. überrascht. Ha, Fürstin Asla! – Und ich kann nicht fort – In sichre Burg nicht Yngurds Kleinod tragen? Ich bin am Platz hier, darum zog ich mit. im Hintergrunde neben dem Heereszuge. Ordnung, Normannen! Haltet Reih' und Schritt! Wir sind zurückgedrängt nur, nicht geschlagen. aus der Ferne. Der Feind! der Feind! heftig. Stoßt die Ausreißer nieder! Brunhilde kommt! – Brunhildens Tiger! Flieht! Flieht! Rettet euch! – 's ist eine Here, Brüder! Der Zug geräth in völlige Verwirrung. Nös kommt in den Vorgrund. Bald darauf dringen ihm mehrere Flüchtlinge nach. Oh Pobelwahn! Der Schrecken reißt die Glieder, Der Kopf weiß, was er hört und was er sieht, Nicht mehr zu trennen. He! Wo ist die Schlucht? zieht das Schwert. Ihr findet d'rinn, was ihr zu meiden sucht, Schwertstreiche! Er haut auf die Vordersten, die sich mit den Schildern decken. Laßt uns durch, wir haben Wunden. von hinten andrängend. Fort! Vorwärts! daß die Bergschlucht wir erkunden! Erichson muß dem Gedräng weichen, der Vorgrund füllt sich um Theil mit den Flüchtlingen. ruft nach der linken Seite hinaus. In Ourdals Namen, Knappen, sperrt die Flucht. Es ist vergebens! Wo ist die Gewalt, Den Strom, der aus den Ufern brach, zu dämmen? 4. Szene Vierte Scene. Die Vorigen. Yngurd, von Biörneland und Marduff begleitet. Späterhin ein Knappe von Ourdals Schaar. im Hintergrunde. Der König naht! – Der König! – Yngurd! noch nicht sichtbar, mit lautdonnerndem Befehl. Halt! – Die Flucht steht. Zu beiden Seiten weicht alles zurück. Er tritt rasch auf. Die Erde Norwegs schlingt euch ein, ihr Memmen, Beim nächsten Tritt. – Seht ihr die Felsen nicht, Die eurer Angst sich kalt entgegen stemmen, Und kahl, mit kreideweißem Angesicht, Des euren Farbe fratzenhaft verspotten? – Ruhig und fest. Yngurd ist unter euch – zu neuer Schlacht. Die Tapferkeit ist hier der Uebermacht Gewachsen. Der Brunhilde tolle Rotten Bezwang der eigne Rausch, sie weichen, Und Egrösund macht aus Betrunknen Leichen. Ihr, Biörneland, steht nur dem König nach Im Rang, und seid ihm gleich an Scheu vor Schmach: Besetzt die Höh'n zur Linken. Ich erhebe Im Raum euch, weil ich's anders nicht vermag. Vorwärts, Normannen! Vorwärts! Yngurd lebe! Abzug des Heers mit klingendem Spiel. Yngurd kommt vor. im Vorgrunde, schüchtern. Der König lebe! Unvernünftig Vieh! Und nicht einmal Vieh; denn das Vieh selbst lebt, Weil es bei'm Fraß nicht vor der Schlachtbank bebt: Es stürb' vor Hunger, wenn's an's Messer dächte. Liebt ihr das Leben – würdet ihr gern alt. So rath' ich, macht euch eilig in's Gefechte. Die Furcht hat euch so kalkig angemalt, Daß ihr den Tod bereden könnt, ihr wärt Gemachte Arbeit. Wenn ihr heimwärts kehrt, Könnt' euch die Schaam die Backen anders färben – Dann denkt der Tod, ihr lebt, und ihr müßt sterben. Die Flüchtlinge folgen Biörnelands Heerhaufen, bis auf Kurl. vor sich. Verdamm' mich Gott, er hat ein Schwert im Munde! Er tritt rasch den König an. Her, habt ihr nichts zu thun, wobei man stirbt, Daß ihr's erfahrt, und daß man Ruhm erwirbt? Daran fehlt's nie. Vor einer Viertelstunde Sah ich Graf Ourdal dort die Dänen jagen; Er ist getrennt vom Heer; willst du was wagen, So wag' die Haut, und bring' dem Grafen Kunde. Wie lautet sie? Narr! Sag' ihm, was du siehst, So hier als unterwegs. Dann mag er denken Mit eignem Hirne, was zu machen ist; Hauptleute kann ich nicht am Laufzaum lenken. Wenn ich nicht wieder komme, Herr, so merkt Den Namen, Kurl; so heiß' ich. Geht ab. Nös! Verstärkt Den Egrösund; es kam mir vor, als ob Brunhild' ein Netz für diesen Sundfisch wob. – Ein Netz, versteht ihr mich? Die Küstenherr'n Sind halb des Königs nur, sie treiben gern Auch mit dem Feinde Handel und Geschäft. Wenn ihr euch irret im Verdacht; so trefft Ihr desto besser im Vertraun. Ich eile. Er geht in den Hintergrund. Bald darauf Abzug seines Heerhaufens auf der linken Seite. winkt Marduff bei Seite ganz in den Vorgrund. Du, Marduff, nimm das schnellste Roß, berichte Die Königin, daß sie nach Dofre flüchte Mit allen Schätzen, heut noch, sonder Weile. Wie, Herr? Du fürchtest – Fürchten? Niemand als Den König Er deutet gen Himmel. und den Teufel allenfalls. Doch gegen diesen unzählbaren Schwarm Kann ich das Feld nicht halten hier im Süden Mit meinem Heer. So ruf' das Volk zum Streit, Es liebt dich. Thor! Das Volk liebt gute Zeit, Zehn Könige giebt's hin für Einen Frieden, Und für den Yngurd hebt's nicht einen Arm. Mag eine Zeit Auslo des Dänen seyn; Norweg ist lang, ich will ihn schon ermüden, Und eh er's denkt, ist Auslo wieder mein. hat unbemerkt den Sprechenden sich genähert. Du irrst; so lang' du lebest, bleibt es dein. überrascht. Wie? Du noch hier, mein Kind? Ich bitt', erschrecke Die Mutter nicht mit dem Gebot. Du siegst! Seltsam! – Bleib, Marduff! Asla, wenn du lügst; So gnad' mir Gott, daß ich den Teufel necke. Die Zuversicht macht Schlimmes meist noch schlimmer; Doch dieser Blick, dieß fremde Schlachtgelust, In solcher zarten, jungfräulichen Brust – Mir ist, als wär' dir mehr, als mir bewußt, Und Aberglaube läßt vom Kriegsmann nimmer. tritt auf im Vorgrunde. Herr, Irma naht dem Heere sich zu Roß. Wer? Sahst du selbst – Sie hält auf jenem Hügel Am Auslo'sweg. Ein Knecht aus ihrem Troß Frug nach dem König, und mit schlaffem Zügel Jagt' er zurück, hieher sie zu geleiten. vor sich. Will Satan hier 'nen Weiberzank bereiten Statt einer Fehde? – Ritter Erichson! Ihr habt vernommen, wie die Sachen stehen. Was zu dem Reichsvolk ist, habt ihr gesehen; Ich kann nur baun auf meine eignen Schaaren, Und ging zurück, für's Letzte sie zu sparen. Dorthin begebt euch, Alter. Wie ein Sohn Liebt jeder Knapp' euch. Weist sie zur Geduld, Bald zahlt der Sieg dem Muthe seine Schuld. Ermüden nur die Heldin von der Spindel Soll vorn im Feld der Flachs von Reichsgesindel; Spinnt sie ihn fleißig auf vor Nacht, wohlan, So mag sie diesem Steingethürme nahn! Im Felsenthor von Norweg auf das Beste Empfangen wir die ungelad'nen Gäste. Bewacht des Feindes Thun, und laßt mir's melden, Wenn's Zeit ist, daß ich komme. Ich bin gern Vor der Gefahr vom Heere scheinbar fern; Des Königs Ankunft macht den Knecht zum Helden Im Augenblick, wo's gilt. – Nehmt Marduff mit, Zum Flug wird unter ihm des Rosses Schritt, Er sei der Bote. Erichson geht mit Marduff und allen noch anwesenden Knappen im Hintergrund ab. Auf die Felsenstufen Klimm' ich zurück, zum Siege dich zu rufen, Den, unerklärbar wechselnd, meine Brust Begehrt und scheut, durchströmt von Schmerz und Lust. Sie ersteigt den Felsen. 5. Szene Fünfte Scene. Yngurd. Irma. Asla auf der Höhe. Es folgt mir niemand! – Yngurd! Darf ich nahn? Hat Ottfrieds Kind hier Antheil noch an dir? Du kommst dem Kopf nur ungelegen hier, Dem Herzen nimmer. O, so hör' mich an Mit deinem Herzen! Laß den Kopf nicht wissen, Was deine Ohren hören – hören müssen, Aus einer Brust, von Reu' und Angst zerrissen. Sprich's aus, die Zeit ist kostbar in der Schlacht. Mach' Frieden, Yngurd! nachdem er sie verwundert und zweifelhaft angesehen. Kennest du den Preis, Um den Brunhild' ihn mir zu Kauf gebracht? erstaunt. Sie nannt' ihn? Ja, sie fordert – Still, ich weiß: Sie fordert – dich. Sprichst du im Fieberwahne, So trifft der Unsinn wunderbar zusammen Mit dem, was ich seit diesem Morgen ahne. »Trennt euch von Irma,« sprach sie, und in Flammen, Wie Schaam sie aufbläst, stand ihr Angesicht. Ich weiß, sie haßt dich; weißt du mehr, so rede. Sie liebt dich, Yngurd, und sie rastet nicht, Bis sie dich mir entreiße oder tödte. Wer hat in ihre Brust geschaut? Die Liebe, Die, gleich der Taube, wenn in fernen Höhen Der Geier schwebt, schon die Gefahr erkennt. Du hast seit Ottfried's Tod sie nicht gesehen. Seit dich ihr Auge hat gesehen, brennt Das Herz der kühnen Frau von schnödem Triebe. Erinn're dich des letzten Festes, wo Der Vater noch so freundlich war und froh, Daß er mich scherzend bat, dich ihm zu leihen Für sein Gemahl, zum Tanz im Wirbelreihen. Wild fliegt Brunhilde mit dir auf und nieder, Doch glühend kehrst du bald zu Irma wieder, Und führst zu neuem Tanz dein junges Weib; Und feuriger, wie am Vermählungstage, Schlingst du den starken Arm um meinen Leib, Und ziehst mich fort, als ob ein Wind uns jage. Sanft mahn' ich dich zu ruhn. Du zürnest mir; Und schaamroth, leis' in's Ohr, eröffne ich dir, Daß ich ein Pfand schon deiner Liebe trage. Die neue Lust umnebelt deine Sinne, Des Orts vergißt die eheliche Minne, Du nennst mich Mutter – deine Arme legen Um meinen Nacken sich wie Epheuranken – Und wie im Rausch seh' ich die Säulen wanken, Und Vaters Auge such' ich für mein Glück. Da flammt, dicht neben uns, Brunhildens Blick Voll Lustbegier mir unbewacht entgegen, Und wie ein Dieb fährt er bestürzt zurück, Und brennend Roth deckt Brust und Hals und Wangen. Sie war verrathen – wußt' es, und ich las Auf ihrer Stirn ein brünstig Mordverlangen. Irma, warum verhehltest du mir das? Beim Himmel, viel wär' anders wohl gegangen, Hätt' ich den Grund gekannt von eurem Haß, Der irr' mich oft an deinem Herzen machte. Nicht irr'! Mein Herz war bös von Stund' an – dachte Auf Arges für die Feindin, wollte sie Vom König trennen, und aus Norweg bannen. Sieh, so entstand die gift'ge Fehde, die Um Ottfrieds Herz wir schlangenhaft begannen. Und wie das Feld vom Schlachtroß wird zertreten, Verstörten Vaterlieb und Sinnenlust Im steten Kampf des alten Mannes Brust. Mir zürnend starb er – fluchte mir vielleicht, Und wo ich immer an ihn denke, däucht Es meinem Ohr, als rief's: Du halfst ihn tödten! Laß ruhn die Todten; Reu' am fremden Grabe Ist tödtlich Gift. Was ich vebrochen habe Am Todten, mag der Himmel gnädig richten. Doch Oskar lebt; grüß' ihn als Ottfrieds Sohn, Erheb' ihn selbst auf seines Vaters Thron, Und laß uns fern von meiner Feindin flüchten! Wie, thörig Weib? Willst du dein Werk zernichten, Wie einen Putz, der dir nicht mehr gefällt? Mein Werk! Das ist's, was meine Seele quäl. Du weigertest die Hand, den goldnen Reifen Mit zweifelhaftem Rechte zu ergreifen. Ich trieb dich an; ich machte dir's zur Pflicht, Brunhilden, die gehaßte, zu bezwingen Ich ließ den Normann mit dem Normann ringen, Mein Hirn ersann ein lügenhaft Gerücht, Das meines Vaters Bett beleckte. Mein – Mein ist das Werk, vor dem ich schaudernd stehe. Erhältst du es, so wird die Sünde dein; Mach' Frieden, Yngurd, daß es untergehe! in sichtbarer Bewegung. Willst du den Muth mir rauben in der Schlacht Mit dem Bekenntniß deiner Schuld? – Du bist Das Werkzeug nur gewesen höh'rer Macht. Der Baum, der brüderlich die Wolken grüßt, Ist aus gemeiner Gährung aufgeschossen, Wie Aehren dem gedüngten Land entsprossen. Doch hoch nun steht er auf des Berges Stirn, Zieht edle Nahrung nun aus Luft und Licht, Und grübelt über seinen Ursprung nicht Zerstörend nach, mit müßigem Gehirn. – Der König kehrt zurück nicht unter Knechte. Die Liebe, Mann, die dich zum Thron erzog, Und die der Thron um ihren Lohn betrog – Die Liebe fordert ihre heil'gen Rechte. Du warst nicht mein, seitdem du König bist. Ein Wolkenschatten, der im Flug die Blume Kaum fühlbar mit den kühlen Lippen küßt, Zogst du an mir vorbei zum Heldenthume. Auf Stunden sicher, Monden in Gefahr, Auf Tage mein, auf Jahre mir entrissen, Drückst du mir tiefer stets den Stachel in's Gewissen, Daß ich die Ursach all' des Gräuels war. Und diese Nacht! – Der Traum – der Strahl der Luft, Des Vaters Sarg zerstörend in der Gruft, Und sein Gesicht dem Fackelschein entblößend –! Hab' Mitleid, lieber Yngurd! Blick' erlösend Hernieder auf die Angst der Sünderin, Die vor des Himmels Züchtigung muß zagen. Wirf meinem Bruder seine Krone hin, Ich will dich liebend auf den Händen tragen! Mußt du gebieten, stolzes Herz; ich bin Aus königlichem Blut erzeugt – gebiete Wie einer Sklavin mir; mit treuerm Sinn, Als dieses Volk, gehorcht dir mein Gemüthe. Kannst du nicht leben ohne tapfre That, Du löwenkühner Sohn der Waffensiege; Als Knapp mit dir in fremder Fürsten Kriege Zieht Irma fort, dir dienend früh und spat, Beschickt dein Roß, und kleidet dich in Stahl, Stillt dir das Blut, wenn sie dich wund geschlagen, Hilft auf dem Schilde dich vom Schlachtfeld tragen, Und folgt dir sterbend in Walhalla's Saal. Ist es der Ruhm mit seinem Riesenschatten, Den Königshelden auf die Nachwelt werfen – Ist's dieser Ruhm, der anspannt deine Nerven, So gebe Ruhmsucht mir zurück den Gatten. Laß deinen Stolz sich selber überfliegen: Mit ebenbürt'gem Feind nur mess' er sich, Und einzig, wie du bist, lern' über dich, Den einz'gen Feind, der deiner werth ist, siegen. Yngurd! Gemahl und Vater! Kehre wieder In meinen Arm mit ungeteilter Brust, Und gieb ein Pfand mir, daß du's redlich thust: In Oskars Hände leg' den Scepter nieder! mit wechselnder Empfindung. Weib! – – Irma! – Ungetheilt verlangst du mich, Und deine Zunge theilt mich wie ein Schwert? Es ist das Reich, dem dieser Arm gehört; Doch unter Ottfried focht er nur um dich. Es giebt kein Thronenrecht, als Gottes Ruf; Ich fühle, daß er mich zum König schuf, Weil in mir Kraft ist und gerechter Wille: Doch vor dem König war ich dein Gemahl, Und nöthig, wie dem Aug' des Tages Strahl, Ist's meinem Busen, daß dein Bild ihn fülle. Die Blüthentage meiner Liebe ziehen Durch all' die undankbaren Königsmühen, Durch diese Strafen, diese Kampfgetümmel, Herauf in mir an der Erinn'rung Himmel, Wie Morgenlichter die den Nachtqualm theilen; Und wie die Stunden rastlos vorwärts eilen, Möcht' ich mit dir und Asla rückwärts ziehen, Die alten Wunden meiner Brust zu heilen. O, thu das Yngurd! Gieb dieß Norderland, Rauh wie sein Volk, und eiskalt wie ein Greis – Gieb Norwegs Macht dem schwachen Oskar Preis, Bis auf ein Schiff, das von dem Felsenstrand Uns wegführt in die jugendlichen Marken Italia's, wo Geist und Sinn erstarken Vom Trank der milden, nahrungsreichen Luft, Die Leben in des Kranken Pulse ruft, Und zum Genuß des Lebens den Gesunden. Irma, du lösest in der tiefsten Brust Mir Wünsche, die ich mühsam festgebunden, Und wandelst sie in sehnendes Gelust. Die Zeit kann kommen, wo wir drüber sprechen. Jetzt, Yngurd, gleich bestimme deinen Sinn! Gieb Alf den Frieden, und mich sende hin, Mein Herz an Braunhild mit dem Wort zu rächen: Für Irma's Kuß giebt Yngurd seine Fehden, Ich bin sein Weib; geh' und sei Königin. Oh, warum mußtest du so spät erst reden Von dem, was du gefühlt vielleicht seit Jahren. in freudiger Wallung. Zu spät nicht ist's. Ihrem Gefolge zurufend. Zum Aufsitz seid bereit! – Den Frieden trag' ich mitten in den Streit; Gieb einen Herold mir, mich zu bewahren Vor rohem Muth. Bist du von Sinnen, Weib? Im Augenblick, wo halbgeschlagne Schaaren Den alten Ruhm vom König Yngurd fodern, Wo schaamroth meines Heeres Wangen lodern, Soll ich um Frieden bitten, meinen Leib Frisch und gesund für Minnekuß zu sparen? Jetzt, Yngurd, gleich! – Sieh mich zu deinen Füßen! An diesem Augenblick hangt Tod und Leben. Verworrne Bilder, die vorüber schweben An meinem Geist, und in einander fließen, Verkünden mir's: Dich tödtet dieser Tag, Wenn du dem Reich nicht willst den Frieden geben. Steh auf! – Verlaß mich! Meine Nerven beben Bei dem Gedanken an so tiefe Schmach. Der königliche Aar schwebt auf und nieder, Doch frei zu beidem regt er sein Gefieder; Und ich soll Frieden machen, wo von Noth Die kleinste Spur ist? – Sieg gilt's oder Tod In diesem Krieg mit schnöder Uebermacht. Brech' ich den Schwur, so mag mich Gott verdammen! ruft von der Höhe. Yngurd! 's ist Zeit! Bereite dich zur Schlacht! Mein Auge sieht der Dänen Schwerter-flammen, Und Marduff fliegt heran, gehüllt in Staub. ängstlich. Asla, zu mir! Du wirst des Feindes Raub. Sie eilt gegen den Felsen. Asla steigt herab. zieht das Schwert und fällt betend auf die Knie. König der Herrscher! Lenker der Welt! Fried' ist dein Name. Höllischer Saame Zeuget den Krieg. Daß der Schuldige fällt, Ist dein gerechter, heiliger Wille. Darum im Krieg Bat ich um Sieg Nimmer. Was recht ist, Gerechter, erfülle. Aber des Blutes Wallungen stille, Vater des Muthes! Wille der Fürsten gleichet dem Erz: Starrende Zacken, Gold unter Schlacken, Ewig im Streite der Kopf und das Herz. Die Hand auf der Brust. Schmelze das Erz hier! Mache die Seele Los von dem Band, Das sie umwand – Tilge die Noth, daß ich frei sei und wähle! Er steht lauf und will gehen. 6. Szene Sechste Scene. Yngurd. Marduff. Irma und Asla vom Felsen kommend. Herr, Erichson läßt dir – Erspar' den Rest: Alf ist gefolgt, ich soll das letzte wagen. Es spaltet mir die Brust, daß ich's muß sagen: Es ist umsonst; das Loos des Krieges läßt Von diesem Tage dich kein Heil mehr hoffen – Kaum ist der Weg nach Auslo dir noch offen. Was ist – Die Höhen, die Graf Biörneland Besetzt gehalten, sind in Feindes Hand, Trotz seines Haufens tapferm Widerstand. will fort. Hält Nös und Egrösund Brunhilden auf, Nehm' ich sie wieder. Herr! Es giebt im Kriege, Wo alles gräulich ist, nur einen Gräul: die Lüge, Die Treue schwört, und sinnt auf Ueberlauf. bestürzt. Wie? Egrösund –? Der Graf ist mit dem Feind. Ha! meine Ahnung! Seine Schaaren brüllen: »Oskar ist König! Nieder mit dem Bauer!« Auch Nös kann schier den Aufruhr nicht mehr stillen, Und deine Krieger schüttelt Fieberschauer. Yngurd steht unentschlossen, Marduff fährt nach kurzer Stille fort. Befiehl den Rückzug durch die Bergschlucht. trotzig den Boden stampfend. Nein! Ich hab' gebetet – meine Brust war rein – Grollt mir der Himmel, mag's der Teufeln seyn, Der mit mir ficht, die Schmähung mir zu sparen: Den Yngurd trieb ein wüthend Weib zu Paaren! Um Gotteswillen, fass' dich, Yngurd, stark In solchem Aufruhr ist des Menschen Rede. Nicht dem gewalt'gen Rächer biete Fehde, Halt aus, mein Vater, alles wird noch gut. Weg, Weiber! – Oeffne dich, der Erde Mark, Und laß mich schauen in der Hölle Glut! Herauf, ihr Geister, die ihr Böses thut Zum Zeitvertreib – den Bergmann in dem Schacht Am Rand des Abgrunds blind und schwindlich macht, Daß sein Gebein auf ehr'nem Grund zerschelle – Herauf! Eu'r Handwerk treibt an Tageshelle! Bethört der Dänen siegestrunkne Haufen, Daß sie einander in die Schwerter laufen! Herauf! du, Satan! Was Brunhild' auch bot Für deinen Dienst, ich will sie überbieten. Was kann das Weib dir seyn? Mit meinem Tod Stirbt ihre Wuth, und sie wird wieder fromm. Ich bin ein Mann, zu meinem Beistand komm, Und wie mich Gott verlassen in der Noth, Daß mich die Knechte knechtisch feig verriethen, Will ich dir treu seyn über's Grab hinaus! Ist es die Wollust, Satan, die dich kirrt; So komm fortan zu Auslo's Festgelagen Willst du dem Unrecht einen Tempel miethen; Zieh' ein damit Die Hand auf der Brust. In dieß gewölbte Haus! Ich bin ein König, der gefürchtet wird; Ein Wink von mir, und Norwegs Richter zagen, Und Unschuld wird vom Henkerbeil erschlagen. Lockt dich des Krieges sündenreiche Noth, Die Raub und Mord feil macht um täglich Brot; Ich kann sie über eine Welt verhängen, Von ihrem Boden Städt' und Dörfer sengen, Wie Haar vom Haupt – und muß ich endlich sterben, So weckt mein Name, von der Jahre Lauf Schneerein gewaschen, neue Helden auf, Und stürzt die späte Nachwelt in's Verderben. D'rum, Satan, brich dem tollen Weib den Kauf, Und laß dich für den Dienst des Yngurd werben! Indem er aufbricht, hält ihn der nachfolgende Ruf. 7. Szene Siebente Scene. Die Vorigen. Kurl. Dann Oskar und Ourdalische Krieger. hinter der Scene. Halt, Leute! Irr' ich nicht, so war es hier. Bewacht ihn gut, Eu'r Leben bürgt dafür. Er tritt auf und erblickt den König. Da ist er. – Herr, Graf Ourdal grüßt euch schön. Wer bist du, Knapp? Der Kurl. In deinen Blicken Glänzt Freude. Wo ist Ourdal? In dem Lager Der Dänen. 's wird nun wohl in Flammen stehn, Dann klopft sein Schwert Brunhilden in den Rücken. Was sagst du? Gutes! Euer junger Schwager Ward zum Gefangnen unterwegs gemacht. Oskar gefangen? Oskar? Oskar? Ja. dringend. Hat Ourdal ihn in Sicherheit gebracht? Mit Gott und Kurl auf einem Umweg. den Ausbruch der Freude mühsam beherrschend. Ha! – Führ' ihn hieher. – – Das ändert Krieg und Schlacht. Kurl winkt nach außen. Oskar tritt auf, ein Tuch um das Haupt gebunden. Hinter ihm Knappen, deren Einer Oskars Helm und Schwert trägt. Er ist es! tief ergriffen. Oskar! Vaters Ebenbild. den Blick auf Asla, die ihn mit dem Ausdruck großer, innerer Bewegung betrachtet. Wohl ist es Oskar, den ein weiblich Wesen, Das diesem glich, nach jenem Felsen zog, Und um der Freiheit süßes Gut betrog. Asla, du kannst die Schrift der Zukunft lesen! Was du verheißen – halb schon ist's erfüllt. mit dem Blick an Oskars Gestalt hangend. Der bess're Theil von dem ist eingetroffen, Was ich im Traum sah. sanft bittend. Laßt mich Gutes hoffen, Behandelt mich nicht fremd, und rauh, und wild: Ich bin es nicht, der diesen Krieg entzündet. So sollt ihr der seyn, der die Flamme dämpft. Verstreut euch, Knappen, in dem Heer, verkündet, Daß Oskars Leben ist in meinen Händen! Ihr Jubel mag's zum Ohr der Feinde senden; Wenn vor mir her der Schrecken sie bekämpft, Spar' ich die Streiche. Die Knappen gehn im Hintergrund ab. Oskars Schwert und Helm empfängt Kurl. Ihr geleitet ihn Zur Burg, Marduff und Kurl. – Er ist verwundet? Ein Schnitt, wovon das Herrlein bald gesundet. Asla, sei deines Oheims Pflegerin. Asla schlägt die Augen nieder. Geneset, Jüngling; aber – wollt ihr leben, So fleht um Glück für eures Feindes Schwert. Nur wenn ich siege, kann ich euch vergeben, Daß nach dem Wahn des Volkes euch gehört, Was euch nicht taugt, und was ihr nie begehrt. Er geht im Hintergrunde ab. Kurze Stille. Ihr steht betroffen, lieblich milde Frauen? beklemmt. Mich faßt ein seltsam unnatürlich Grauen; So furchtbar noch sah ich den König nicht. rasch. Furchtbarer ich. Du? Wo? Im Nachtgesicht, Als ich herab vom Felsengipfel fiel, Und, um den Ritter raufend meine Flechten, Den Vater seitwärts nach des Waldes Nächten Entfliehen sah, sein Haar des Sturmes Spiel. Blasen der Hörner zum Angriff. Der Kampf entbrennt, laßt uns nicht länger weilen, Weit schickt der Dän' oft leichte Haufen aus. »Zur Burg« befahl er. Seines Vaters Haus Wird Oskar sehn! Auf, laßt zur Burg uns eilen! Alle gehen im Vorgrunde auf der Seite ab, von welcher Irma gekommen. Der Vorhang fällt. 4. Akt 1. Szene Erste Scene. Düstrer Platz an der Seeküste von Auslo. Im Hintergrunde ein hoher Fels, dessen mit Gesträuch bewachsener Fuß in die See hineintritt. Er ist von oben herab bis über die Mitte seiner Höhe wandartig schroff, weiter unten aber wild und zackenförmig abgestuft. Auf der äußersten Spitze der Felswand ein Theil der Normannischen Königsburg, von alterthümlichem und baufälligen Ansehen, mit gothischen Fenstern und einer Pforte, an deren Schwelle die Felswand scharf abschneidet. Oskar und Asla treten im Vordergrunde auf. Ersterer trägt ein Band um die Stirn. Sieh, Asla, das – das ist mein Lieblingsort Im engen Kreis um Auslo's Veste her, Wo durch mein Haar die freie Luft darf wehen. Der mein' ist's nicht, kommt, laßt uns wieder fort. Die Felswand drückt auf meinen Busen, schwer Wie eine Last, und Geist und Sinn vergehen, Wie Tropfen in der ungeheuren See. Wohl besser säh' sich beides von der Höh', Dort, wo ein Theil der Burg am Felsen hangt. Schon mehr als einmal hat mich hin verlangt Nach jener wunderlich gebauten Pforte, Dergleichen ich nie sah an solchem Orte. Ein Vogel nur kann in die Burg durch sie, Und wer heraustritt, scheidet aus dem Leben. Das sagt der Nam' auch, den man ihr gegeben: Die Todespforte. Warst du dort schon? Nie. So laß uns hin! Es muß den Geist erheben, So in dem Thor des dunklen Reichs zu stehn, Und lebend in den Tod hinabzusehn. Wohl muß es das, doch hier nicht kann's geschehn. Der Theil der Burg, den diese Felswand trägt, War eures Vaters Wohnung in den Zeiten, Wo's ihm vergönnt war, auszuruhn vom Streiten. Die Pforte, hört' ich, hat er angelegt, Als frei herauszutreten Raum noch war, Und noch ein Fußweg dort hernieder führte. Doch als ein Theil des Bergs zusammen fiel, Tief unterwaschen von der Wellen Spiel, Und man die Risse des Gebäudes spürte, Schloß man den Eingang zu für immerdar. O, das ist Schade! das betrübt mich wieder. Warum? Von Ottfrieds Daseyn such' ich Zeichen, Und nirgends – nirgends kann ich sie erreichen. Zu seinem Sarg möcht' ich so gern hernieder, Und Irma selbst wehrt mir hinabzusteigen In Auslo's Gruft – Das hat besondre Gründe. Wenn's deren giebt; muß man sie mir verschweigen? Ist's nicht erlaubt, daß ich sie überwinde Mit der Beredsamkeit, die Sehnsucht leiht? Du kennest den, der dich gezeugt; wenn heut' Er stürbe noch, du hast ihn doch gesehn, Und was du liebst, behält Gestalt und Wesen In deinem Geist, und kann nicht untergehn In deinem Haupt, bis sich die Bande lösen, Die Seel' und Leib zusammenhalten. Ich War vaterlos, noch eh' ich Kind war, mich Verstieß mein Haus vor der Geburt, ich liebe Ein schwankend Bild der eignen Phantasie Statt eines Vaters; und die Schwester, die Ihn hat gekannt, versagt dem Kindestriebe Die dürft'ge Nahrung aus der Wehmuth Strom! Sie will euch heiter wissen, lieber Ohm; Weil sie euch liebt, erspart sie euch die Thränen. Sie liebt mich nicht; ich weiß es besser. Hier Liebt niemand mich, ist niemand mir gewogen. tief bewegt. Oskar! Sie sehn in mir den Feind, den Dänen. Du nur bist freundlich mir gesinnt, zu dir Wird mein Gemüth mit sanfter Macht gezogen. Laß mich dir sagen, Asla, was in mir Ist vorgegangen, seit ich dich gesehen, Und lehre mich, mein Innerstes verstehen. unruhig. Gehn wir zurück jetzt, Oheim, in das Haus; Man wird besorgt dort, bleibt ihr länger aus. Warum besorgt? Ich bin so fest gefangen, Daß mit der Freiheit ich auch das Verlangen Darnach verloren. – Mitten in der Schlacht, Der ersten, die ich sah mit scheuem Bangen, Erblickt' ich dich, getragen von der Nacht Des Felsen, der dem Blick die Sonne deckte, Ein Zauberbildniß, überirdisch hold, Gezeichnetes des Abendhimmels Gold; Und plötzlich gab es nichts mehr, was mich schreckte, Und dreimal zwang ich meine feige Schaar, Dem Fels zu nahen, blind für die Gefahr; Bis Ourdal, der des schwachen Kämpfers lachte, Den Helm mir traf mit riesenhaftem Streich, Und Kurl zu dir mich als Gefangnen brachte. Daß ich mit täuschender Erscheinung euch In's Unglück lockte, quält mich nur zu oft. Wohl täuschend war sie! Mehr, als ich gehofft – Mehr, als mir gut mag seyn, hab' ich gefunden. Mit einer Binde war mein Aug' umwunden, Mein Sinn geschieden von der Außenwelt. Nichts zog mich zu sich hin, als der Gedanke, Den dunkler Trieb in meinem Haupt erzeugte, Und daß ihn nie die Wirklichkeit erreichte, Stand zwischen ihr und mir, wie eine Schranke, Die in der Brust den Wunsch gefangen hält. Jetzt – ringsum ist die Scheidewand verschwunden; Der irre Flug der freien Einbildung Ist von dem Reiz des Wirklichen gebunden, Und meine Brust bewegt ein fremder Schwung. Nur mühsam de Vergangnen mir bewußt, Kann auch Erinn'rung mich nicht mehr bewegen. Für neue Leiden und für neue Lust Klopft hier ein neues Herz mit raschern Schlägen, Und neue Sinnen sind mir aufgeschlossen, Wie Frühlingsblüthen, die im Sonnenregen Zum ersten Mal dem jungen Baum entsprossen. Weißt du solch Räthsel nicht mir auszulegen? vor sich. Oh! daß ich so mir selbst verborgen wär' – Des eignen Busens Rede nicht verstünde! Wohl seltsam ist's; ich bin kein Knabe mehr, Und mehr als jemals gleich' ich doch dem Kinde. Du lächeltest, als ich dich gestern bat, Nach meiner Wunde wiederum zu sehen. Sie schmerzt nicht mehr, ich will es dir gestehen; Doch bat ich dich – weißt du, warum ich's that? mit Schüchternheit und Verwirrung. Wie sollt' ich nicht? da ich es unterließ Aus gleichem Grund. freudig. Asla, ist das gewiß? Drang das Entzücken, das ich schaudernd spürte, Wenn deine Hand mir leis die Stirn berührte, Durch deine Nerven auch? Warst du, wie ich, Getrieben und zugleich zurückgehalten Von zwei sich widerstrebenden Gewalten? Den Arm um dich zu schlingen, zwang es mich, Und nicht gehorchen konnt' ich doch dem Zwange; Und glühend Roth bedeckte deine Wange, Und schüchtern mieden uns're Blicke sich. Dein lieblich Bild, so fest mir eingeprägt, Daß fern von dir ich's immer um mich sehe, Zerrinnt in meinem Haupt, wenn deine Nähe Mir fühlbar wird; wie Saitenklang bewegt Dein Hauch mich, und das leiseste Berühren Läßt mich in dir mein eigen Seyn verlieren. Oheim, wohin – oh, wohin soll das führen? Zum Ausgang aus des Busens Labyrinth. Asla, ich bin Brunhildens einzig Kind, Und wenn die Frauen leben, weil sie lieben, So lebt sie nur, weil sie mich hat geboren: Denn sie ist Weib nur in der Mutter Trieben, Und muß vergehn, bleibt Oskar ihr verloren. So malte der Gesandt' auch ihren Gram, Dein Vater selbst vernahm's nicht unbewegt, Und schien unruhig, wie er nimmer pflegt. Ich war es mehr; doch brennend stieg die Schaam Mir in's Gesicht, daß ich es darum war, Weil ich besorgte, daß er Alfs Begehren Bewill'gen könnt', und Freiheit mir gewähren. Mich kümmerte die nicht, die mich gebar, Das Dänenblut nicht, das von neuem soll Für Oskar fließen, nicht der Aufruhr, den Mit meinem Namen Egrösund entzündet, Seitdem er sich mit meinem Ohm verbündet. Nur von der Angst, dich – dich nicht mehr zu sehn, War ich erfüllt, und – gleich dem Hasse quoll Es in mir auf, wenn ich Brunhilden dachte, Die mich zum Feind von Asla's Vater machte. Unglücklicher, du bist, wie ich, verloren! Du lerntest hassen, die dich hat geboren: Das ist der Liebe fürchterliches Zeichen – Der Liebe, die dem Sturm ist zu vergleichen, Der wild den Baum herausreißt aus der Erde, Daß er ein Raub der nahen Flamme werde. Wenn ich dich liebe, die mir nah' verwandt; Ist's ein Verbrechen, das mir Qual bereitet? Ein Frevel wird's von dem Gesetz genannt, Das seine Kraft aus grauer Urzeit leitet, Wo König Nor um seiner Nichte Hand Den Sohn erschlug, zu dem ihr Herz sich neigte, Und mit ihr Gan, den Vatermörder, zeugte. Du liebst mich, Oskar! Lust und Grauen ringen In meiner Brust – du liebst mich mit dem Sinn, Der um die Braut den Arm begehrt zu schlingen: Du, Ottfrieds Sohn, liebst Ottfrieds Enkelin. Weh mir! Du lehrst des Wunsches Ziel mich kennen, Zugleich mit dem, was die Erfüllung wehrt. schonend behutsam. Das ist ein mildes Unglück noch zu nennen, Wenn uns nur mangelt, was der Sinn begehrt; Doch – wenn es einem Andern angehört – Wenn Alfs und Asla's Hochzeitkerzen brennen – Wie sagst du? Ist vom Frieden noch die Rede Um diesen Preis? So fürcht' ich. Nimmermehr! Eh' schlinge Danlands Macht das wüste Meer, Eh' decken Felsen König Yngurds Heer, Eh' rase durch den Himmel blut'ge Fehde! Eh' diesen Zwist, um Oskars schwankend Recht, Das er verachtet, solch ein Opfer ende! Ohnmächtiger, was kannst du unternehmen, Den raschen Flug des Mißgeschicks zu lähmen? Das weiß ich nicht; ich weiß nur, daß ich Knecht Des Triebes bin, der's fordert, daß ich wende Von meinem Haupte, was es nicht erträgt. Alf liebt dich, wenn's sein Kanzler weise findet, In dessen Brust kein Herz, ein Puls nur schlägt. Brunhilde, die den Hader hat entzündet, Ward hingegeben selbst in Ottfrieds Hände, Wie eine Münze, nützlich angelegt – Sie hasset Yngurd, deine Mutter, dich, Dort ist kein Mitleid anzutreffen. Hier – Hier muß geschehn, was retten soll, von dir Muß es geschehn – Von mir? Kann Irma sich So freventlich versünd'gen an der Liebe, Sie, die dem Galten ihrer Wahl gehört? Kann Yngurd dulden, daß sein Glanz sich trübe, Indem er kauft, was Helden mit dem Schwert Behaupten müssen? – Wirf dich ihm zu Füßen, Auf Irma' Brust laß deine Thränen fließen, Und wird das Recht nicht deinem Flehn gewährt, So weig're deine Hand im Angesichte Des ganzen Volks, und fordre, daß es richte! Verlange, Jüngling, daß ich sterbe – das, Was du begehrst, ist nicht in meiner Macht. Der Zwist, den deine Mutter angefacht, Nährt' in der Brust der meinen Schmerz und Haß. Der Küstenländer Aufruhr zu ersticken, Ist Friede Noth, und die Normannen blicken Auf meine Hand, die ihn vermag zu binden. Wo soll ich, ihn zu weigern, Worte finden? Wo Gründe, Vaters Wort zu widerstreben? Dein, Oskar, kann ich nimmer seyn. Mein Leben Ist eine Blüte, der die Nahrung fehlt: Dem ersten Spiel des Windes hingegeben, Ist's einerlei, wer sie zum Haarschmuck wählt, Eh' sterbend sie herab vom Zweige fällt. Nur Einen Tag ergötzt sie noch den Sinn, Die Farb' ist schon ein nebelhaft getrübter, Erloschner Schein; am Abend welkt sie hin. Das sei dein Trost, unglücklicher Geliebter! O, Erd' und Himmel! Lös' dich auf, mein Herz! Vergeh', mein Leben! Schmilz in Lust und Schmerz, Eh' die Vernunft aus meinem Haupt entfliehet! in seinem Arm. Oskar! Freudiges Blasen außerhalb. Was ist das? Danlands Kanzler ziehet In Auslo ein, im Namen seines Herrn Mich zu empfangen aus des Vaters Händen. Nein, Mädchen, nein! – Noch leuchtet mir ein Stern, Des Schiffes Lauf vom Untergang zu wenden. Was hast du vor? 2. Szene Zweite Scene. Die Vorigen. Marduff, von der Seite der Burg rasch auftretend. Gottlob, sie sind gefunden! Man sucht die königliche Braut seit Stunden Im Burgbezirk. Sie kommt. – Oheim, ihr seid Nun frei; für euch giebt Asla sich gefangen. Kurze Stille nach Asla's Abgang. Oskar steht unbeweglich über einem Gedanken brütend. Nach euch auch, junger Fürst, trägt man Verlangen, Um feierlich zu endigen den Streit, Der um eu'r Recht zur Krone hat begonnen. In solchem Fall ziemt ein gewähltes Wort; Wir gehen, denk' ich, wenn ihr's ausgesonnen. erwacht aus dem Nachsinnen. Das hab' ich, Marduff. Meine Rede kröne Der Weisheit Werk! – Komm, führe mich zum Ort, Wo Yngurd Markt hält mit der Tochter Schöne. Sie gehn ab. Verwandlung der Bühne. 3. Szene Dritte Scene. Saal in Yngurds Burg. Yngurd, ungewappnet, doch das Schwert an der Seite, tritt rasch ein. Irma folgt ihm. Ich lass' dich nicht, ich folge dir, wohin Du immer siehst, wie mich verfolgt die Angst! Weib, mit dem ewig wandelbaren Sinn, Du hast kein Wort für das, was du verlangst, Und suchst ein Ohr doch, das dein Bitten höre? Laß meiner Ahnung Frist, sich zu gestalten Zur Furcht, die ihren Gegenstand erkennt. Nur Aufschub, Yngurd – Aufschub nur gewähre! Gebeut dem Feuer, das den Wald verbrennt, Damit bequem wir's löschen, still zu halten. Du hast gesiegt. An Ostlands Gränze wich Das Dänenheer. Was treibt zum Frieden dich Mit solcher Eil'? Vor wem hast du zu beben? finster. Vor mir. – Den Satan rief ich an um Sieg; Er gab ihn mir, wie Satan pflegt zu geben: Den Namen statt der Sache, um das Haupt Den Lorbeer, um die Brust der Schlange Knoten. Der Sieg hat mir zum Krieg den Muth geraubt, Ich beb' im Traum vor blutbefleckten Todten. Yngurd, verwirrt des Abgrunds dunkle Macht Die Sinne dir? Ich war in dieser Schlacht Mehr oder weniger, als Mensch: ich fühlte Neunfache Kraft in meines Armes Sehnen, Und in mir Glut, die sich im Blute kühlte, Gleichviel, ob von Normannen oder Dänen. Ich focht nicht mehr mit Alf; ich rast' im Fieber. Die Menschheit stand mir feindlich gegenüber. Mit ihr, so wähnt' ich, hatt' ich's auszufechten, Mit ihr um Egrösunds Verrath zu rechten, Und um des Normanns unbeständ'gen Sinn, Der darin nur beharrlich ist, zu merken, Daß ich aus niederm Stamm entsprossen bin, Und daß mein Recht beruht auf meinen Werken. Vor diesem Feu'r, das mir die Hölle lieh, Wich Danlands Macht bestürzt zurück; doch nie – Nie wieder mag ich Sieg zu solchem Preise. Denn als ich rückwärts ritt, das Leichenfeld Zu überschauen nach gewohnter Weise – – Still lag es, schräg vom Mondeslicht erhellt, Das, ein durchsichtig Tuch, den Gräu'l bedeckte – Da war's, als wenn mein Hufschlag Stimmen weckte, Die links und rechts bald Held, bald Henker grüßten. Bang' schnob der Rapp', von Furcht gehoben schwoll Die Mähn' empor, der Brandung Tosen scholl Graunvoll herüber von den nahen Küsten, Und markdurchschauernd trieb ein blind Entsetzen Zur Flucht mich, wie das Wild die Rüden hetzen. Halt ein, ich bitte dich! Ich bin ein Weib. Wohl dir, daß du kein Mann bist! Mit dem Leib Erstarkt das Herz auch zu den grausen Dingen, Die Könige bestimmt sind zu vollbringen Weh' ihnen, regt sich Zweifel in der Brust, Daß Aerg'res sie gethan, als sie gemußt. Willst du mein Herz in neue Banden legen, Du edler Leu, den Tapferkeit gereut? O, daß ich noch zum Höchsten dich bewegen – Bewegen könnt', aus diesem Kronenstreit Siegreich zu gehen – ohne Norwegs Krone! rasch. Nein! – Was ich mag auf deiner Väter Throne Gekündigt haben, wird nicht gut gemacht In träger Ruh'. Ich war vor dieser Schlacht Ein guter Fürst, der nie von Gott ich wandte. Die Schmach allein, dem tollen Weib zu weichen, Trieb mich, die Hand dem bösen Geist zu reichen Zum Kriegerbund, eh' Ourdal Botschaft sandte. Der Held nur strauchelte, der König nicht, Drum weiche Heldenruhm der Königspflicht. Vom Liebsten will ich mich, von Asla, trennen, Damit die Söhne derer Friede haben, Die Yngurds Kriege vaterlos gemacht. Der Normann soll fortan mich Vater nennen, Und Vater will ich seyn dem holden Knaben, Dem ich nach mir den Scepter zugedacht. Ich will die Kunst ihn lehren, zu befehlen, Und Königssinn mit Milde zu vermählen. O, süßer Traum! – – Warum so fürchterlich Durchschauert mitten in des Wahnes Lust Der Ahnung Frost die mütterliche Brust? Die mütterliche? Asla nannte sich Beglückt, dem Reich den Frieden zu bewahren; Ist frei nicht mehr ihr junges Herz von Liebe? Hat sie sich mir verhehlt? Laß mich's erfahren. Fern sei's vom Vater, daß er Hartes übe An dieser Blüte seiner Jünglingstriebe. Bis auf die Sehnsucht ohne Gegenstand, Die unzertrennlich ist von ihren Jahren, Weiß ich sie frei. Doch, Yngurd, ist dieß Band, Das mich so früh von meinem Kinde trennet, – So ungleich dem, das mir das Glück gegönnet – Ist's unumgänglich? Danland will ein Pfand Für Oskar, der in Norweg bleiben muß. Muß? Warum muß er? Aendre den Beschluß; Sein Bleiben furcht' ich mehr, als Asla's Scheiden. Haßt Ottfrieds Tochter Ottfrieds zarten Sohn? lebhaft. Seit Oskar athmet, wanket Yngurds Thron! Ich haßt' ihn, ja, schaamroth muß ich's gestehen, Ich haßt' ihn, eh' er noch das Licht gesehen, Denn noch im Mutterschooß vermehrt' er schon Der Feindin Macht bei'm Vater, und mein Leiden. Und dieser Knabe, der in stetem Bangen Um dich mein Herz gehalten, zieht gefangen In Auslo ein, und – siegreich in mein Herz. Vergessen ist der jahrelange Schmerz, Und König Ottfrieds mild verjüngtes Bild Umschlingt die Feindin mit der Liebe Banden. Das, Yngurd, ist's, was mich mit Furcht erfüllt; Send' Oskar weg mit Danlands Abgesandten. Du sprichst in Räthseln, eile sie zu lösen. Entging es dir, daß dieses Zauberwesen, Das aller Herzen Meister ist, von dir Die Neigung der Normannen wendet? Hier In Auslo giebt's nur Augen noch für ihn. Wo er sich zeigt, seh' ich die Blicke glühn Von Wünschen, die nur Furcht vor Yngurd bindet. Willst du in Norweg Herr seyn, laß ihn ziehn! In diesem Kampf ist er' s, der überwindet. So glaub' ich selbst, und darin liegt der Grund, Warum ich ihn in Norweg muß behalten. Der Aufruhr wächst mit Macht; Graf Egrösund, Der Yngurd kennt, wenn er Verräther richtet, Will dadurch leben, daß er mich vernichtet. Gestiftet hat er einen Oskarbund; So weit er kann, läßt er das Reich verwalten Im Namen Oskars; Danlands Kanzler, der Durch Alf regiert, schickt Geld und läßt im Meer Die Oskarfahne freien Handel treiben. So machten sie das Volk dem Knaben eigen, Ihn will's zum Herrn, und soll es Yngurd bleiben, So muß er Hoffnung zur Erfüllung zeigen. Oskar, von mir als Reicheserb' erkannt, Entwaffnet es, und dient in meiner Hand Für innern Frieden mir zum Unterpfand. Und Braunhild, Yngurd – bleibt auch sie im Land? Ich denke nicht. Des Dänen Briefe schweigen Von diesem Punkt. Man spricht von Augenzeugen, Die ausgesagt, sie sei nicht bei Verstand. erschüttert. Unglückliche! Mag Gott sie so nicht strafen Für das, was sie an Ottfried that und mir! 4. Szene Vierte Scene. Die Vorigen. Marduff. Herr, Danlands Kronschiff liegt in Auslo's Hafen, Und König Alf ist an das Land getreten. Wie? Nicht der Kanzler? Der war früher hier, Und hat um Aufschub des Gehörs gebeten, Bis ihm das Meer die Brautgab' überbrächte. Versammlet alle, daß wir ihn empfangen, Wie's König Yngurds Eidam darf verlangen. Marduff will gehn, tritt aber, auf den Eintretenden stoßend, zurück. 5. Szene Fünfte Scene. Die Vorigen. Alf unbewaffnet und ohne Gefolg. Es ist zu spät, ob er auch fliegen möchte. Ergebt euch, Yngurd, ihr seid überfallen Von eurem Freund in eures Schlosses Hallen. Irma begrüßend. Ihr, Fürstin, nehmt der Ehrfurcht Zeichen an. Alf überrascht mich, wie ich ihm gethan In seinem Lager. Zu Irma. Führ' in diesen Saal Dein glücklich Kind. Zu Marduff. Verfahrt, wie ich befahl: Ourdal mit Oskar; Nös und Biörneland Mit Gyldenbrog. Nachdem Irma und Marduff zu entgegengesetzten Seiten abgegangen, zu Alf. Ihr habt ihn abgesandt, D'rum ist es ziemlich auch, daß ich ihn höre, Obwohl ich sonst den Rechtsmann gern entbehre. Ihr habt nicht unrecht, denn seit Egrösund Euch abgefallen, hatt' er Grund auf Grund, Mir abzurathen von dem Friedensbund; Mit froher Selbstzufriedenheit. Doch dießmal hab' ich's durchgesetzt! herabsehend. Fürwahr? unbefangen fortfahrend. Und was er auch mir vorgeschwatzt von Sitte, Die dabei meine Gegenwart nicht litte; Ich bin gekommen, denn es wird mir klar, Er könnte hier sich neue Gründe schaffen. näher tretend. Alf, ihr seid Mann; ihr führet eure Waffen Mit eigner Hand: warum den Scepter nicht? Soll ich's gestehn? Weil mir der Muth gebricht, Das Schicksal eines Volks allein zu lenken, Wie Gott die Welt. Yngurd wendet sich ab, Alf bemerkt es. Ich bitt' euch, nicht zu denken, Daß ich euch tadeln will in's Angesicht. Ihr seid des Waldes stark gewachs'ner Baum, Wie euch giebt's keinen ähnlichen im Norden, Wärt ihr nicht Mensch, ihr wärt ein Gott geworden. Was ihr könnt wollen, hat in mir nicht Raum, Nach seiner Kraft muß sich der Mensch beschränken. tiefgetroffen. Auch ich bin Mensch! – Man kann's so leicht vergessen, Wenn man sie kennt, die diesem Namen führen; Ihr Nichts macht unser Selbstgefühl vermessen. Zu Alf sich wendend. Von eurer Rede sollt ihr Früchte spüren. Gering geachtet hab' ich euch; ich bin Klein neben euch – mit sichtbarem Antheil. Bei Gott, ihr wart nie größer! Ich fühle freier mich als je, und besser. Nehmt meinen Dank, Fürst mit dem Menschensinn! Innige, gehaltne Umarmung. 6. Szene Sechste Scene. Yngurd. Alf. Gyldenbrog von Nös und Biörneland durch den Haupteingang eingeführt. Bald darauf Irma mit Asla aus der Gallerie rechts. Dann aus der Gallerie links Oskar mit Ourdal, hinter ihnen Kurl, welcher Oskars Schwert trägt, und zuletzt Marduff, der sich immer im Hintergrunde hält. Bei dem Oeffnen des Haupteingangs steht man im Vorgemach wachthabende Trabanten und Volk. Ha, welch' ein Anblick! werth, in Bild und Liede Verewigt, spät die Enkel zu entzücken! Sehr laut, nach dem Eingange gewendet. Alf Yngurds Sohn! und Fried' in Norweg! im Vorgemach mit einstimmigem Jubelruf. Friede! sich zu den eingetretenen Frauen wendend. Das, Alf, ist Asla. im Begriff die Frauen zu begrüßen, bleibt mit dem Ausdruck des Erstaunens vor Asla stehen. Wollt ihr mich berücken, Euch Danland abzutreten? – – Königin, Um eure Tochter feierlich zu werben, Bin ich gekommen. Mit verwirrtem Sinn Steh' ich vor ihr, die nicht auf dieser Erde Geboren scheint, und meine Wangen färben Sich glühend roth, daß ich nicht würdig bin Zu seyn, was ich, wenn ihr mich Sohn nennt werde. So nenn' ich euch; es ist des Königs Wille. Des Königs? – Seine Briefe gaben mir Die Hoffnung, daß ihn Asla gern erfülle. Mit diesem Zweifel, König, gebet ihr Mir die Gewißheit, daß des Vaters Wahl Werk seiner Lieb' ist. Oskar tritt ein, ohne von Alf bemerkt zu werden. Asla mein Gemahl? Mit freiem Willen mein des Nordlands Krone? Bei Gott! zum Aberglauben könnte mich So unerwartet hohes Glück verleiten! Wie meint ihr das? Ein Blinder, wunderlich In Wort und Wesen, hat mir prophezeit, Als ich mein Schiff zur Abfahrt ließ bereiten Nach Ostland. »Könige« sprach er, »dieser Streit Gilt Ostland nicht; du hast des Ottfried Sohne Gewidmet Arm und Schwert. Ob dir auch Sieg nicht lohne; Du bringst in Ottfrieds Länder gute Zeit, Und freie Wahl reicht dir des Nordlands Krone.« Bestraft den Blinden, Ohm! Er hat gelogen: Denn nicht für mich habt ihr das Schwert gezogen, Und um ein Weib verhandelt ihr den Neffen. Alle sehn ihn erstaunt an. Wie sagt ihr, Jüngling? Was ihr fordern könnt, Wird königlich der Sieger übertreffen. Vor eurem Arm legt' er die Waffen nieder, Reichsstand von Ourdal. Gebt sein Schwert ihm wieder, Und seid der erste, der sein Glück ihm nennt. nimmt von Kurl das Schwert, feierlich. Heil euch, mein Fürst! Einst Norwegs König! Einst? Du irrst gewaltig, Yngurd, wenn du meinst, Zum zweiten Male deinen Feind zu fangen. Der König Einst ist nicht nach meinem Sinn, Nicht künftig werden will ich, was ich bin, Seit König Ottfried ist zu Grab gegangen. vor sich. Ha! Was wird das? zu Nös. Hat ihn ein Gott verwandelt? Aus Thon in Erz? Alf, heißt den Knaben schweigen! Unmündig Alter hat nicht Mund im Rath. Verzeihet, Herr, mit Oskars Jahren hat Der Sohn das Recht, auf Vaters Thron zu steigen; Mithin auch Mund, wo davon wird gehandelt. Was ist zu handeln? Ich bin Ottfrieds Kind! Ich war noch nicht, als Ottfried diesen krönte, Und ob mein Oheim sich mit ihm versöhnte, Die Länder Norwegs sind für mich gesinnt, Und haben, mächtig aufgeregt von oben, Für Ottfrieds Stamm das freie Schwert erhoben. Unsinniger! Du bist in meiner Hand, Das Loos des Kriegs hat wider dich gerichtet. Wenn Völker hadern über Gut und Land, Dann ist's die Fehde, die den Zwiespalt schlichtet, Blind wie der Fall des Würfels. Anders ist's Mit Königsrecht, das, heilig wie der Glaube, Im Busen der Gerechten ist gegründet, Auf daß es unantastbar sei dem Raube. Ob ihr den König auch mit Ketten bindet; Doch bleibt er König. Richter solchen Twists Ist Gott, und freie Volkswahl seine Stimme. ausbrechend. Ha, Schlange, die mit gift'ger Zunge ficht! Wag's, dich zu messen mit des Löwen Grimme! Wenn er dich faßt, zerreißt er dich in Stücken. Erlaubet, Herr! Ein Rechts streit will Gericht. außer sich, zuckt das Schwert. Weß ist der Mund, der so mit Yngurd spricht? Die Reichsherren treten vor. Herr, fasset euch! Ihr dürft das Schwert nicht zücken Vor dem Gesandten einer fremden Macht. In Beisein seines Herrn! Vor euren Ständen! Ihr gingt zu weit, fürwahr. vor sich, mit krampfhafter Anstrengung, sich zu bezwingen. O, Geist der Nacht! Was peinigst du? Ich bin in deinen Händen. zu Alf. Das Gastrecht, Herr, ist schwer verletzt an euch, Scheut blinde Wuth, ersparet Schmach dem Reich! So unerwartet kühnes Widerstreben Entschuldigt Zorn. – Zu Yngurd gewandt. Ich bin erstaunt, wie ihr. Was, mädchenhafter Jüngling, hat die Gier Nach einer Kron' erweckt in deiner Brust? Was weckt' in euch, mannhafter Ohm, die Lust So zarter Jungfrau eure Hand zu geben? Ihr suchet Mildes, weil ihr mächtig seid; Mich, weil ich mild bin, lockt die Macht, sie beut Mir weitern Raum für schöpferische Triebe. Die Macht will Macht im Busen, die sie übe, Auch da, wo Noth sich mit dem Recht entzweit, Und Härte fordert von der Menschlichkeit. Wer leiht dir diese Macht? sich vergessend. Die All macht, Liebe! Ein Weltall auf der Hand zu tragen, giebt Ihr Odem Kraft dem, der ihn hat empfunden – Die Liebe, sagst du? schnell gefaßt. Ja! Ich bin geliebt Von meinem Volk. Ich hab' es überwunden Mit meinem Anblick. Daß ich Oskar bin, Mit regem Geist, und menschlichä-mildem Sinn, Hat mir das Reich zur Folgsamkeit gebunden. Lieb' ist die Macht, mit der ich herrschen kann, Daß ungebraucht verroste Schwert und Beil. Laßt Norweg wählen zwischen Ruhm und Heil, Hört Städt' und Land, setzt einen Reichstag an Statt einer Hochzeitfeier! Nehmt die Stände Zu Richtern, daß Vernunft den Zwiespalt ende! Kurze Stille. Die Blicke der Reichsherren sind mit dem Ausdruck des höchsten Antheils auf Oskar gerichtet. Irma und Asla sehn mit ängstlicher Erwartung auf Yngurd. Alf und Gyldenbrog haben ihn ebenfalls im Auge. Was von des Jünglings Ford'rung sei zu halten, Laßt eure Meinung hören, Reichsgewalten. Herr, wir sind überrascht – unvorbereitet – Ihr? Hätt' er es euch so schlau verhehlt, wie mir, Daß euer Herr zu seyn es ihn gelüstet? Ich würd' es sagen, wenn es anders wär'. Um das euch zu beweisen, sag' ich mehr, Fest überzeugt, daß ihr euch nicht entrüstet. Des Fürsten Ford'rung kommt gerecht mir vor; Denn König Urd, Ahnherr von Dan und Nor, Der, wie ihr wißt, Herr war von beiden Reichen, Verordnet in dem Grundgesetz, das wir Gemein mit Danland haben: »Für und für Soll Erbzwist um das Reich sich vor dem Reich vergleichen.« nach kurzer Pause, kalt. Nös! Schreibt den Reichstag aus. – Wir wollen hören, Wen von uns Beiden Norweg mag entbehren. Der Aufruhr, Kanzler, den ihr angefacht – Wahrt euch, durch ihn den Gang des Rechts zu stören. Bis dahin bleibt Oskar in meiner Macht, Nach Kriegsgebrauch. Ourdal giebt Oskars Schwert an Kurl zurück. Ihr seid entlassen, Grafen. Die Reichsherren treten ab. Euch, König, wird die Burg als Gast verehren, So lang' ihr wollt. Den Ausgang nach dem Hafen Besetzt durch die Bemannung eures Schiffs, auf daß Herr Gyldenbrog um euch mag ruhig schlafen. zum Kanzler. Ich bleib' in Auslo, geht, besorget, was Mein Entschluß nöthig macht. – Gyldenbrog geht. Vielholde Frauen, An eurer Hand laßt mich das Haus beschauen, Denn Wichtiges beschäftigt seinen Herrn. ASLA, die, im Begriff mit Alf und Irma abzugehen, rasch und dringend zu ihrem Vater sich wendet. Laß Oskar uns begleiten, Yngurd! Gern. Ich will nicht, daß er strenger sei gehalten, Weil freier seine Wünsche sich entfalten. Oskar geht mit Asla rechts ab, wie Alf und Irma; Kurl links, Marduff bleibt 7. Szene Siebente Scene. Yngurd. Marduff im Hintergrunde. in wildem Ausbruch. Ha! Fluch der Qual der Qualen! Fluch dem Zwange, Der in der Brust den Willen überfällt, Ihn still und stark umwindet, wie die Schlange, Und bis er stirbt, ihn fest und fester hält. Fall' meinen Leib an, Haß! Entwaffne mich! Wirf mich zu Boden! Feßle mir die Glieder! Ich lache dein: die Freiheit rettet sich Aus Arm und Fuß, und kehrt zum Herzen wieder. Der Trieb geht unter in der Ohn macht; Macht, Von Furcht gezähmt, ist ein Geschenk der Hölle, Des Lebens Trunk vergiftend an der Quelle, Den Mann zum Kinde machend, das zur Nacht Gespensterscheu nicht Luft zu schöpfen waget Und unter Angstschweiß harret, bis es taget. Mir tagt es nicht mehr! Abfall und Verrath Umstellen mich. Mein Wort und meine That, Des Busens Willen nicht mehr unterthänig, Sind meiner Feigheit Diener worden. Ich Muß buhlen um die Gunst des Volkes, mich Mild stellen, wo ich rasen möchte! – – »König?« Der Hohn nur kann noch so mich grüßen. »Herr?« Hast du's vernommen, Marduff, wie der Nam' Aus dieser Knechte stolzem Munde kam? Oh, daß ich Bauer, wie mein Vater, wär'! Daß ich mein dankbar Vieh zur Weide führte, Und meinen Pflug statt dieses Volks regierte! Der Saam', in das gefurchte Land gestreut, Bringt funfzigfältig Früchte: was ist mir, Der Thaten sä'te auf das Feld der Zeit, Die mit Bewunderung die Welt durchrangen – Was ist daraus für Frucht mir aufgegangen? Der Haß, der Neid, die giftige Begier, Vom Firmament den Stern herabzureißen, Weil fremde Zonen ihn den ersten heißen. Herr, sorge nicht, das werden sie nit enden. Es giebt noch Herzen g'nug, die meinem gleichen, Das von dem Helden Yngurd nicht kann weichen. Ja, ob sie auch den Scepter dir entwänden, Der Lorbeer bleibt. rasch einfallend. Du kennst die Welt so schlecht, Wie ich die Hölle, die mich hat betrogen Mit dem unsel'gen Glücksfall in der Schlacht. Wär's Gottes Sonne nicht am Himmelsbogen, Die Thoren fragten sie nach ihren Recht, Zu wärmen und zu glänzen. Wäre nicht Beim Untergang am größten ihre Pracht, Beim Himmel! sie vergäßen über Nacht, Daß sie der Quell war von des Tages Licht. Wer kleiner stirbt, als er gelebt, ist hin In dieses flüchtigen Geschlechtes Sinn. Du stirbst nicht so. Der Nord liebt Waffenthaten, Er kann um Oskar Yngurd nicht entrathen. in großem, innerlichen Kampfe. Wenn dem so wär', was nützt es mir? – Ich bin Krank, Marduff – krank, und werde nicht gesund, Bis dieser Knabe – – Hab' ich nicht vorhin Von Furcht geredet? Ja; in deinem Mund Ein seltnes Wort – rasch einfallend. Ein Wurm, der um die Frucht Herumkriecht, und den Weg zum Kerne sucht. Er wird den Muth in meiner Brust verzehren; Feig, wie ein Weib werd ich dem Egrösund Entgegen ziehn, zurück mit Schande kehren. Du wirst dich schämen, mir gedient zu haben! D'rum – tödt' ihn! Wen? Den Wurm der Furcht? gedämpft. Den Knaben! entsetzt zurücktretend. Wie, Herr? Jch soll zum Mord – fällt dringend ein. Ich hab' ein Leben An dir zu fordern! – Euch den Tod zu geben, Euch Schotten, die der Normann würde fangen, Euch in den Felsabgruud zu werfen, war, Weil euer Feldherr Aehnliches begangen, Des hocherzürnten Ottfried streng Gebot. Dem Ritter, der's verletzte, drohte Tod; Ich that's um dich, ich log ihm von Gefahr, Die mir gedroht, und der du mich entrissen. Was schwurst du damals zu des Retters Füßen? Bedenke das! Herr, du befiehlst die That? Befehlen? That? Nein. Aber klugen Rath Ersinne, daß ein Fall – ein Unglücksfall – – Gelegenheit zum Unglück beut die Hölle Freigebig dar – Er fährt furchtsam zusammen. Still! Keine Antwort! Schall Von Tritten hör' ich an des Saales Schwelle. Es geht vorüber. – – Marduff, ich befehle Dir nichts, hörst du? gar nichts. Doch ich vertraue Den Entschluß dir, daß ich den Tag nicht schaue, Wo zwischen mir und ihm soll Wahl seyn. – Wähle Du statt des Reichs! – Ich leg's auf deine Seele. Durch den Haupteingang ab. 8. Szene Achte Scene. allein. O Satanas, laß los von meinem Haar! Du hast den Herrn, was willst du mit dem Knechte? Du hast den edlen, königlichen Aar, Daß er zum Himmel nicht entziehen möchte, Im Flug gehascht; ich bin der Müh' nicht werth. Nach kurzer Stille. Der oder der! Daß Einer sterben muß, Begreif' ich. – 's ist ein gräßlicher Entschluß; Doch – meiner nicht. Ich bin der Griff am Schwert, Kann er der Hand entfliehen, die ihn faßte? Der Herr hat Gutes auch durch mich gethan; Kein's, oder beides, rechnet Gott mir an. Was gäb' ich d'rum, wenn ich den Knaben haßte, Wie ich den König liebe! – Sich beruhigend. Hat's doch Zeit. – Vielleicht giebt's nirgends die Gelegenheit, Und ohne mich geht alles – wie es kann. Er geht nach dem Haupteingange zu. 9. Szene Neunte Scene. Marduff. Oskar rechts auftretend. Marduff, wohin? Dir hab' ich eine Bitte. der heftig zusammenfuhr, vor sich. Geschäft'ge Hölle, wärst du da schon? Hör' Mir ist nicht wohl in der Verwandten Mitte, Ich will mit dir gehn, lieber Marduff. beängstiget. Herr, Ihr thut nicht wohl – Man zeigt des Hauses Pracht Dem König Alf, das ist langweilig; ich Möcht' unterdeß die alte Burg durchgehen, Wo Ottfried stille Tage zugebracht. rauh abweisend. Sie ist verschlossen, das kann nicht geschehen. Du wahrst den Schlüssel, deß versichert mich Der Burghort Erichson. mit steigender Angst. Die Pfeiler stehen Nicht fest mehr dort – Laßt ab – Das morsche Haus Könnt' über eurem Haupt zusammenstürzen! Ein wenig Wagniß, den Genuß zu würzen, Ist mir willkommen. Schauerliche Orte Mag Oskar gern; verwandt sind Lust und Graus. Komm, Marduff, führe mich zur Todespforte, Laß trinken mich die freie Felsenluft, Und dann – dann bringe mich in Vaters Gruft! heftig erschüttert. Faßt Gott sein Urtheil in so klare Worte?- Zur Todespfort' und Gruft begehrt ihr, Fürst? Ich weiß, es ist verboten; doch du wirst Verantwortung nicht haben. Alles zieht Dem königlichen Gast nach, niemand sieht Auf mich und dich jetzt; man wird's nie erfahren, Daß du gethan, was nicht erlaubt war. ihn mit funkelnden Augen ansehend. Nun, Wenn das gewiß ist, muß ich's ja wohl thun! Das gilt für nichts, was Menschen nicht gewahren, Und – dieser Gang kann euch viel andre sparen. Beide gehen nach dem Haupteingang. Der Vorhang fällt. 5. Akt 1. Szene Erste Scene. Düsteres Gemach in der alten Burg. Im Prospekt schmale, vergitterte Fenster, durch welche man nichts als freien Himmel sieht. Zu beiden Seiten der Bühne Thüren mit großen, alterthümlichen Schlössern. An den Wänden Spuren der Baufälligkeit. Außer einigen alten Waffenstücken, worunter ein Streitkolben und eine Streitaxt sich befinden, kein Geräth im Zimmer. Nach dem Aufziehen des Vorhangs hört man das Entriegeln und Aufschließen der Thür zur Rechten. Oskar und Marduff treten ein. sich umsehend. Der Saal ist heller als die andern, doch Nicht freundlicher. Man merkt, er lieget hoch; Die Wolken schaun so nah und nachbarlich Durch diese Fenster, und das Meer, das sich Am Ufer bricht, braust unter unsern Füßen. Gewiß ein Waffen saal; alt Mordgewehr, Wie's nicht mehr üblich ist, liegt d'rin umher. Das lieb' ich nicht, laß weiter uns, wir müssen Wohl nah schon seyn des Berges letzter Spitze. auf die Thür zur Linken deutend, und Oskar einen Schlüssel reichend. Ja, das dort ist das äußerste Gemach, Geht nur hinein, ich folge bald euch nach. öffnet die Thür, und tritt schaudernd zurück. Hu! Nun, was giebt's? Aus ihrem finstern Sitze Stört' ich die Eulen. Durch die offnen Ritze Der Mauer fliehn sie aus dem alten Haus In das verhaßte Tageslicht hinaus. Hörst du sie schrein? Mich faßt ein Graus. Geht nur hinein. Macht auf die Pforte, Laßt Licht herein; Wär' auch noch Ein' Im düstern Orte, Das treibt sie aus. Du scheust den Trug des wandelbaren Bau's? Mich trägt er ja wohl noch, ich geh' allein. Er geht hinein. Man hört das Knarren der Pforte, die er inwendig öffnet. 2. Szene Zweite Scene. allein, nach kurzer Stille. Nun ist er mein – Mein! Kein Entrinnen! Kein Ohr vernimmt sein Schrein; Ich kann's getrost beginnen. Doch wenn ich es mit scharfer Waffe thät, Wär's ungeschickt. – Dieß alte Kriegsgeräth, Der Kolben, taugt dazu. Er bringt mit diesen Worten Streitaxt und Kolben hervor, wählt, legt jene neben sich an die Mauer, und behält diesen in der Hand Sein Vater hat Wohl manchen Scheitel damit eingeschlagen. Nun, Hirn um Hirn! Der Alte darf nicht klagen Dort oben d'rum. – Sie nennen's Heldenthat, Die Herrn, im Kriege, wo es nichts will sagen, Weil's Wurf um Wurf geht, wie im Spiele. Dort Thun sie es selbst; doch solch' ein schwerer Mord, Der auf dem Haupt die Haare treibt bergan, Daß man wahnsinnig werden kann Noch eh' er ist gethan, Kommt an den Knecht. Uh! wie's hier schlägt Und an die Rippen hammert! – Ich halt's nicht aus, wenn er viel jammert! Sein Blick fällt durch die offne Thür zur Linken. Da steht er in der Thür, fest angeklammert An ihrer Pfoste. Jetzt – ein rascher Stoß In seinen Rücken, und ich wär' es los. Nein, das geht nicht. Wenn er's Genick nicht bricht; Kann er noch Luft behalten, »Mord« Zu sagen, wenn er aufgehoben wird. 's ist ein gar zu verteufelt kurzes Wort, Hat gleich die Sache Raum nicht in der Zeit: Der Satan weiß, wie weit Das in die Ewigkeit Hineintönt, eh' der Schall sich ganz verliert. Er versinkt, über den Kolben gelehnt, in Gedanken. Auf einmal fährt er auf und spricht zur Seite hin, als ob er mit Jemand stritte. Nun, was geht's mich an! Ich hab's nicht gethan! Mir könnt ihr d'rum kein Haar versehren! nit Hier unten, noch dort oben! – Warum sticht Das Lamm der Schlächter todt? Warum? Der Mann Will leben, darum muß das Lämmchen d'ran. Wenn ich's nicht that, so müßt' er mich ja tödten, Um nicht vor seinem Diener zu erröthen. Nichts geht mich's an! Nichts hab' ich – Die Pforte im Nebengemach knarrt, er stutzt und fährt sich mit der Hand über die Stirn. Bin ich denn Verwirrt? Mir war's zu Sinn, als wär's geschehn, Und soll erst noch – Er schließt rasch, aber zitternd, die Thür zur Rechten ab. Nur ruhig Blut! Er kömmt! 3. Szene Dritte Scene. Marduff. Oskar tritt aus dem Felsgemach, schließt es, zieht jedoch den Schlüssel nicht ab, weil er eben Marduffs Beschäftigung am Eingange bemerkt. Was schließest du die Thür? Wir gehn zurück, Ich hab' es nun gesehn. – Ha! Welch' ein Blick! Was für Begier in deinen Augen? Stemmt Euch wie ihr wollt, 's ist eure letzte Stunde. Ich schlag' euch todt! Mensch! Bist du rasend? Ich Kann's werden dr'um, hilft aber nichts! Für mich Ist keine Wahl: es kam aus Yngurds Munde. sich abwendend. O, ew'ger Gott! ich bin verloren. Sprecht Ein kurz Gebet, daß Ende wird. Mir springen Die Adern schier, ich muß es kurz vollbringen, Sonst weicht die Kraft, und ich vollbring' es schlecht, Zu eurer Qual. Oh, unglücksel'ger Knecht, Selbst bete! denn der Herr der Herrscher rächt Solch grausend Thun am todten Werkzeug mit. Das Schwert, das in der Hand des Königs Nor Verwandtes Leben frevelhaft zerschnitt, Wie trocken auch und blank er's wieder rieb, Zerfraß der Rost, und als er es erkor, Mit Gan zu fechten, brach's bei'm ersten Hieb. Wär' deine Seele Stahl, wie jenes Schwert, Die That wird sich wie Rost d'ran feste setzen, Wird das Gehirn dir aus dem Schädel ätzen, Daß nichts, als das Gedächtniß, unversehrt Wird bleiben, dich in's Grab zu peinigen. Du kannst kein Huhn mehr sterben sehen, denn Sein Zucken mahnt dich an das meine. Wenn Dein Roß tief Odem holet unter dir, Wird's deinem Ohr wie Todesröcheln klingen. Dein Schlaf wird keine Ruh' mehr seyn; ein Ringen Mit blutigen Gespenstern, die von mir Das Leichenantlitz, riesenhaft vergrößert, Auf riesenhaftem Rumpfe tragen. Mag's! Laßt's kommen, wie es muß, die Zukunft bessert Nichts an der Gegenwart. Macht fort, ich trag's Nicht in mir länger. Dieses Königs Wille, Stets ungeheuer wie er selber, läßt, In mein Gehirn gewaltsam eingepreßt, Für gar nichts Andres Raum darin, und droht Es zu zersprengen. Betet kurz und stille. Ich will's für dich thun an des Höchsten Thron; Denn Fuß an Fuß mir nach schickt dich der Tod. Was? Mich? Der Tod? Mich? Ja. Tod ist dein Lohn Für einen Mord, den du nicht kannst verhehlen. wild lachend. Ich kann nicht? Ha! Und hätten diese Mauern Geheul und Thränen, Oskar zu bedauern, Und jungen, Marduffs Noththat zu erzählen; Sie würden's nicht! Sie fallen ja mit euch. Sie fallen mit mir? Ja. Ich breche gleich, Sobald euch dieser Knorren nieder schlug, Die Stützen ab, die dort die Decke tragen, Und bin der erste, der sich selbst mit Fluch Belastet, und die Burg erfüllt mit Klagen, Daß ich's euch nicht gewehrt, den Gang zu wagen. Satanisch schlauer Fischer, der im Netz Mein Leben fing! Entgingst du dem Gesetz, Doch wird dich Yngurds Furcht nicht lang' verschonen. Wie? Yngurds, der's gewollt? Ist's möglich, daß Dummheit und List so nah beisammen wohnen? Hat dir der König anvertrauet, was Mit Schmach ihn deckt, wenn du davon im Traum Ein Wort verlierst – oh, Thor! dann hat die Erde Für ihn und dich zusammen nicht mehr Raum, Und du mußt weg, damit's nie ruchtbar werde. halb vor sich. Pest! Das hat Grund, das hab' ich nicht bedacht. Doch – hilft er hin mir, wenn ich es vollbracht, So thut er's auch, wenn ich es nicht gethan; Ich weiß doch d'rum nun.- Betet! Ihr müßt dran! mit Kraft und Ergebung. Nun denn, so komm, des Menschen höchste Macht, Die, was er leiden muß, frei wollen kann – Komm, daß der Geist Herr sei in Leibes Ketten. Er kniet. Und du dort, der verderben kann und retten, Hör' auf das Flehn des Sterbenden: Bewahre, Die mich gebar, daß nimmer sie erfahre, Wie ich gestorben bin! Halt Yngurds Lauf, Den schrecklichen zum Abgrund, halt ihn auf, Daß Menschengröße nicht auf deiner Erde Der Ohnmacht Spott, ein Gräul der Tugend werde! Stärk' Asla's Herz! Vergieb dem Mörder! Er wendet sich abwärts von Marduff, deckt die Augen mit der Hand, und bietet, mit weit rückwärts gebognem Hals das Vorderhaupt dem Streiche dar. Ende! läßt die halbgehobene Waffe abgespannt wieder sinken. Steht auf! Ich kann nicht. – Nehmt in beide Hände Die Streitart hier! Wehrt euch! Verwundet mich, Daß mich mein Blut nach eurem lüstern mache! So bring' ich's nicht zu Ende. Feiger, fache Den Muth mit deiner Furcht an, denk' an dich! Was wird aus dir vor deines Meisters Rache? 's ist schrecklich! Und ihr selbst – ihr mahnt mich d'ran? Wollt ihr denn nicht mehr leben? Ob ich kann, Das frage, Thor, der nie gelebt. Ich lebte Nur Einen Augenblick in meinem Leben, Und als des Lebens Wonne mich durchbebte, War ich des Todes Hand schon übergeben. Ihr zu entziehen, hab' ich mich vergangen, Zur Erdengottheit wollt' ich mich erheben, Frei über dem Gesetz, dem strengen, schweben, Um frei, was es versagte, zu erlangen. Der Sinne Trieb nahm meinen Sinn gefangen, Und was ihr Tod nennt, giebt mir Freiheit wieder. Rein aufwärts schweben, wie der Ton der Lieder, Das will mein Geist. Erfülle sein Verlangen. im Selbstgespräch. Er hat's gewollt – gewollt? Wollt' ich's nicht auch? Steht solch ein Wille fester, als der Rauch, Den meist das Feuer selbst, das ihn geboren, Verwandelt und zertheilt und aufzehrt. Wer Steht mir dafür, daß alles noch – ich wär', Wenn sein Gemüth indeß gewankt, verloren – Verloren, wenn er nur an Ort und Zeit Was unrecht fänd'. – Nein, ich will Sicherheit. Er eilt mit Kolben und Axt in der Hand nach der Thür rechts. Wo willst du hin? Zum König. Bleibt bereit Zum Tod, dem ich euch als Gefangnen spare, Wenn ich am Herrn nicht andern Sinn gewahre. Er geht rasch ab, und man hört ihn die Thür von außen verschließen und verriegeln. 4. Szene Vierte Scene. allein, nach einer Pause. Das wirst du nicht. Er ist, wie ich, gefangen: In Mauern ich, in Satans Banden er. Er muß nun, was er wollte, nimmermehr Kann der zurück, der so weit ist gegangen. Könnt' ich zurück, auch wenn ich frei noch wär'? Könnt' ich sein Norweg heilen vom Verlangen Nach mild'rer Herrschaft? mich von der Begier, Des Oheims Lust – die Braut des Oheims, der Mir Vater war, an meine Brust zu schließen? – Schmelzend. O Asla! Asla! Sich bezwingend. Nein, ihr sollt nicht fließen, Ihr weichen Thränen! – Kraft verleihe mir, Du ew'ge Kraft, aus der die Welt entsprossen! Des Lebens Höchstes hat mein Herz genossen: Ich lag an ihrem Mund. Des Geistes Recht Bewahrte mir der unvorsicht'ge Knecht, Die Todespforte ließ er unverschlossen. Ruf oder Wink kann zu dem Schiffsvolk dringen – Ein kühner Sprung in's Meer – er kann gelingen, Kann lebend mich hinab zu Freunden bringen. Gelingt er nicht, so sterb' ich nah' dem Ort, Wo uns're Seelen in einander flossen, Und sterbe frei, und spare dir den Mord, Du Königsheld, du Angelstern am Nord, Du rauher Feind, den Oskar nicht kann hassen. Mich treibt nicht Noth, ein Sehnen zieht mich fort, Des Todes Bahn muß ich in's Auge fassen. Er geht in das Gemach zur Linken. Verwandlung. 5. Szene Fünfte Scene. Saal wie in der zweiten Hälfte des vierten Akts. Yngurd kommt düster und in sich gekehrt aus einer Seitengallerie. Er ist ohne Kopfbedeckung, ungewappnet wie im vierten Akt, aber das Schwert an der Seite. Langsam, in wachem Traume, geht er bis in den Vorgrund, und bleibt einige Sekunden ungbeweglich stehen. Ein tiefer Athemzug und die veränderte Richtung des Blickes kündigen sein Erwachen an. Ich will nicht weiter daran denken! – – Was – Was sprach ich da? Ich will nicht? Steht denn das Bei mir? Die Dünste sendet Erd' und Meer, Zu Wolken in der Luft sich zu gestalten, Das kann der Mensch nicht fördern und nicht halten, Und wenn Gedanken aus dem Busen steigen, Die, Trunknen gleich, in fessellosem Reigen Aufziehn im Haupt, da ist kein König Herr, Sie auszutreiben. Er thut einige Schritte und versinkt wieder in Nachdenken. Es war Satans Spiel, Als der Gedank' an Mord mich überfiel Auf dieser Stelle! – – Mord? Mord, sagt' ich? Wer Kann deß mich zeihn? Wär' Oskar stark, wie ich, Ja, hätt' er dreifach meine Kraft, mit Freuden Ließ' ich die Schwerter zwischen uns entscheiden. Es geht nicht; nun, so geb' ich ihn – und mich – In Marduffs Hand – ist das ein Mordgeheiß? Mit steigendem Eifer. Nein. Nein! Der süße Zitherschläger weiß, Daß Kron' und Haupt Eins sind beim Helden; denn Sprach er's nicht selber aus im Lager? Wenn Er um mein Leben spielen will, wohlan! Ich bin bereit, er setze seines d'ran. Auf eines Knechtes würfelhaften Sinn Gilt unsre Wett', und Eins steht gegen Drei Zu Oskars Vortheil: Muth und Witz und Treu: Muß Marduff, wenn ich soll gewinnen, haben; Wenn Eins ihm fehlt, verlier' ich an den Knaben. Wer sagt, daß ich ein feiger Spieler bin? Wer? – Jeder Pulsschlag in den vollen Adern. Gespannt nur hab' ich erst den Bogen, noch Ist's nur Gedank', ist ungeschehn; und doch Fängt Herz und Hirn so mächtig an zu hadern In mir, daß ich's nicht tragen könnte, wenn Ich nicht gewiß wär': Jetzt kann nichts geschehn, Jetzt ist er sicher unter'm Aug' der Frauen. Wär's nur vorbei erst! – Was vorbei? Die That – Die wird vorbei seyn einst; ein rollend Rad Geht alles, was geschieht, vorüber. Doch dieß Grauen, Das da ist, eh' die That noch ist gethan, Das aus der Brust heraufsteigt zu den Haaren, Wenn ich sie denke – ist auch das vorbei, Wenn sie vorbei ist? Bin ich wieder frei, Wenn Oskar todt ist? Werd' ich wieder Mann, Wenn diese Furcht – Er hält einen Augenblick inne, dann im starken Ausbruch des inneren Kampfes. Oh, packt mich stärker an Ihr Höllengeister, oder laßt mich fahren! Gebt ganz mich auf, ihr himmlischen Gewalten, Wenn euch die Macht fehlt, ganz mich zu erhalten! Wenn Gott und Teufel eine Seele spalten, Hat keiner etwas, das der Mühe lohnt. Yngurd, der Held, von einem Kind entthront? Yngurd, der Bauer, frommer Eltern Kind, Die stolz auf ihn im Herrn entschlafen sind, Ein Meuchelmörder? Hier ist keine Wahl, Hier steht der Menschenwitz an seinen Schranken. Den Wahn witz möcht' ich rufen, die Gedanken Wild zu verwirren, daß des Sinnens Qual Im wüsten Meer des Unsinns ende; daß Die Tollheit, die blind handelt, wie die Noth, Der Klugheit Amt verwalt', und ihr Gebot Rasch, eh' es mein Gemüth gewahrt, vollstrecke! 6. Szene Sechste Scene. Yngurd. Irma rechts aus der Seitengallerie. Yngurd! Hat man dir schon berichtet – Was? Brunhild' ist hier. Wer? Sie, die ich erschrecke Zu denken, naht, und Irma soll sie sehn. Wie? In der Burg? Wie konnte das geschehe Eh' ich's erlaubt? Sie ist mit Alf gekommen Am Bord des Schiffes, wo sie harren sollte, Bis er's erlangt, daß man ihr gönnen wollte, Oskar zu sehn. Sie hat die Mähr' vernommen Vom neuen Streit, und ist an's Land gestiegen. vor sich. Die Mutter! jetzt? Laut. Seit Oskars Unglück soll Sie trostlos seyn – nicht wohl bei Trost schier – toll Zuweilen – hast du nichts gehört davon? Aus deinem Mund. fern von Irma, vor sich. Sie wollte Muth besiegen Mit Tollheit – meine tapfern Krieger flohn Vor trunknem Pöbel – – Oskar ist ihr Sohn – Es bleibt dabei! Er stirbt, ob auch die Welt In Thränen d'rum zerging'! Yngurd, ich höre Geräusch, als ob die Wacht den Zutritt wehre. 7. Szene Siebente Scene. Die Vorigen. Brunhilde schmucklos mit aufgelöstem Haar. Ein Trabant. noch außerhalb. Zurück, ihr Knechte! Nur der Unsinn stellt Der Löwin, die ihr Kind sucht, sich entgegen! tritt rasch durch den Haupteingang ein. Herr – ihn unterbrechend. Laßt sie ein, die Fürstin kommt gelegen. Der Trabant öffnet beide Flügel, man sieht die außen stehende Wache zurücktreten. Brunhilde tritt ein, blaß, entstellt, mit der Sorglosigkeit des Wahnsinns gekleidet. Sie folgt dem König, der vor ihrem Anblick zurücktritt, bis in den Vorgrund, wo Irma ihr zur Rechten steht. Yngurd! – Schmerzlich flehend. Oh, Yngurd! Sie sieht ihm einige Sekunden starr in's Gesicht. Nein, aus diesen Augen Spricht keine Seele, die mich kann verstehn. Zu Irma. Du – du bist Mutter! hast in Todeswehn, Wie ich, geboren – hast gefühlt das Saugen Des eignen Lebens an der eignen Brust. Du weißt es, daß du rasend werden mußt Vor Schmerz, wenn nur ein klein Versehn von dir, Verzeihlich überall, entsetzlich hier, Dein Kind um ein gesundes Glied gebracht. Du wirst mich fassen – mich, die in der Schlacht, Im Brande, den ich selber angefacht, Ihn ganz verlor, den Einzigen, den Preis, Den köstlichen, für meiner Jugend Blüthe! Ich habe dich gehaßt – verfolgt – ach Gott! ich weiß Nichts mehr von dem, was ich dir Leids gethan, Aus Neid, weil dieser Ritter für dich glühte. Vergiß, wie ich! Nimm dich Brunhildens an! Sie wirft sich vor ihr nieder. Beleidigte, laß knieend dich versöhnen, Rett Oskar – rett' ihn aus des Tigers Zähnen! Yngurd erschrickt und wendet sich ab. zurücktretend. Wie, Königin? Ihr sprecht im Fieberwahn. Die Freiheit Oskars fiel in Siegers Hand; Eu'r thörig Wort, wenn ich es recht verstand, Mahnt an Gefahr für meines Bruders Leben? aufspringend. Du weißt es nicht? Sein Urtheil ist gefällt! Tod ist sein Loos, der Mörder ist bestellt – Ich seh' das Schwert an einem Haare schweben Ob seinem Haupt! Yngurd!? unruhig. Sie ist verrückt. Entferne dich, hör' sie nicht weiter, fort! Du siehst es ja, aus ihrem Auge blickt Die Wahrheit des Gerüchts, das wir vernommen. Wahr oder nicht; Mann! Fürst! Sie spricht von Mord! Ist's Irrsinn, warum macht das Wort dich glühn? mit nach und nach merklich werdender Verwirrung der Gedanken. Es sagen's viele, daß ich irrig bin Im Kopf – oft ist mir's selbst so vorgekommen. Was in mir ist, das steht vor meinem Sinn, Als wär' es außen, und wie fremdes Wort Klingt, was ich denke, den betrognen Ohren. Auch wär's kein Wunder. Seit ich ihn verloren, Den jungen König Ottfried, in der Schlacht, Hab' ich so viel verworrnes Zeug gedacht – Von Egloff, der sich vor der Hochzeitnacht Erstochen hat – – Der Narr! ich hatt' ihn lieb – Da ging er, und der alte Ottfried blieb. Alt, aber schön doch, trotz dem grauen Haar – Das machte, weil er nur verzaubert war Zum alten Mann. Kam die Verwandelung In meinem Arm; so wurd' er wieder jung, Und mein Gemüth gehorchte süßen Trieben. Der war mein zweiter Gatte – oder gar Mein eigner Sohn, ich weiß das nicht mehr recht. Mit Thränen. Ach Gott! Ich weiß nicht, wo er ist geblieben, Und seit er fort ist, weiß ich alles schlecht. tief gerührt. Unglückliche! Mich überläuft ein Grauen. Der Anfall wächst, bring' sie zu deinen Frauen, Wahnwitz'ge sind nicht tröstlich anzuschauen. Nein, nein, ich bin es nicht. Ich bitt euch, sprecht Nur nicht davon; das raubt mir das Vertrauen Auf meinen Kopf, der schwach geworden ist Seit einem Fieber, das mich überfiel, Weil ich im ungewohnten Mordgewühl Mich heiß gemacht, und dann der Schrecken mich Kalt übergoß. – Mein Zustand bessert sich Von Tag zu Tag. Sie sieht Irma mit weit offnen Augen an. Ich weiß recht gut: Du bist Die Fürstin Norwegs, Irma, meine Schnur; Dein Mann ist Yngurd. Sie sieht den König nicht an, aber ihre Einbildungskraft scheint mit seinem Bilde beschäftiget, und die Augen nehmen den Ausdruck der Sinnlichkeit an. Nichts hat die Natur, Was diesem König zu vergleichen wär': Schön, wie der Kriegsgott – riesenstark, wie er – Schnell, wie der Blitz, fest, wie der Fels im Meer; Doch – hart wie Fels auch, tödtlich, wie der Blitz – Wo Kraft wohnt, hat auch kräft'ger Wille Sitz, Bald bös, bald gut – drum fürcht' ich, Oskar – – Ja, Das war es, was ich wollte. – Dieser da Ist Yngurd selbst, der meinen Sohn gefangen, Und weil sie thörig in den König drangen – Alf, und sein schwarzer, häßlich alter Rath – Dem Kind die Kron' als Spielzeug hinzugeben, Hat er beschlossen: Oskar soll nicht leben. vor sich. Kann Narrheit schauen in des Willens Wiege, Wo bärge vor der Klugheit sich die That? die den König beobachtete. Wer ist's, der deß euch überredet hat? Nennt ihn, daß Yngurds Schwert ihm seine Lüge Zurückstoß' in die Brust. sinnend. Ob ich's gedacht? Ob mir's im Schiff der Bote hinterbracht? Ich weiß es nicht, kann das nicht unterscheiden. Auch gilt's hier gleich, ich fühle wirklich Leiden Auch ohne wirklich Unheil. Wirklichkeit Liegt unerkennbar vor mir, nebelhaft; Was mein entzündetes Gehirn erschafft, Nur das ist da für mich, und herb'res Leid, Als wirklich Elend, gießt's in meine Brust. Du thust's nur Ein Mal, König, wenn du's thust; Ich, ob du's nicht thust, seh' ihn stündlich sterben: Sein Angesicht vom Gifttrunk sich entfärben – Die Wunde bluten – ihn im Strom ertrinken- Des Zimmers Boden unter ihm versinken – Herab vom Thurm ihn – – Ha! Sie hält plötzlich inne und sieht starr vor sich hinaus, als ob sie auf eine Höhe hinaufblickte. Dann folgt ihr Blick dem Herabfall, welchen die Einbildungskraft ihr vorspiegelt, sie thut einige Schritte in der Richtung ihrer Augen, als wollte sie den Herabgefallenen betrachten, endlich bricht sie in erschütternden Jammer aus. Oh, Wehe! Wehe! Wehe! Seht – seht! Das ist nicht in mir, was ich sehe! Das ist – Herr Gott! – das ist mein Knabe – todt! Viel mehr als todt – vom Sturz zerschmettert – roth Von Blut sein Haar, sein schönes goldnes Haar! Und ich – weil ich nach Yngurd lüstern war, Ich bracht' ihn um – Oh, elend Weib, vergehe! Sie sinkt nieder in eine Stellung, als ob sie neben dem Leichnam läge. gegen Yngurd gewandt. Vergeh, Natur! Zerstör' dich selber, Welt! Gewölbter Himmel, werde roth vor Schaam, Wenn, was sich vor des Irrsinns Auge stellt, Je in den Sinn des Helden Yngurd kam! Fall' aus, mein Haar, das seine Hand in Stunden Des Minneglücks in Flechten aufgewunden! Erblindet, Augen! Werdet fahl ihr Wangen! Verwelket, Lippen, die sein Mund geküßt Verdorre, Leib, den er in Lieb' umfangen Wenn Irma's Gatte – Oskars Henker ist! ohne Fassung. Was willst du, Weib? Steckt dich der Wahnwitz an? Oh, daß er's thät, wenn mehr es ist, als Wahn, Was mich ergriffen hat, als in der Schlacht, Der schwankenden, er vor dich ward gebracht, Was mich durchbebte mit des Frostes Zittern, Als du ihn »Schlange« nanntest vor den Rittern, Und kalt dann sprachst: »Nös, schreibt den Reichstag aus;« Was sichtbar Asla's Busen überfiel, Als Oskar, auf dem Zug mit Alf durch's Haus, Zurückblieb, und verschwand im Volksgewühl. Wie? Blieb er nicht in ihrer Obhut? Nein! Ihn aufzusuchen, ließ sie uns allein, Und du – du bist, wie sie, von Angst bewegt? – Steht auf, Brunhilde! Braucht des Elends Recht! Erschüttert ihn! An eures Hirnes Glut Entzündet eure Worte, daß sie ihn, Wenn's Zeit noch ist, rein von dem Vorsatz glühn, Der an der Seel' ihm klebt, wie Rost am Stahl. Schmelzt seinen Willen, wie des Blies Strahl Des Vaters Sarg zerschmolz: denn – wenn er's thut, Das Gräßliche, was ich zu denken bebe – Fluch auf mein Haupt, wenn ich es überlebe! Sie will gehn. Brunhilde, welche sich langsam vom Boden aufgerichtet hat, ohne jedoch pdie Richtung ihres Blickes zu ändern, hält sie zurück. O, nicht doch, nicht doch, bleib! Das Leichenweib Wäscht ab den Leib, Die Mutter nicht, der ist's nicht zuzumuthen. Still! Weißt du's nicht? Ich bin Die Mörderin – Ich liefert' ihn. Rühr' ich ihn an, und seine Wunden bluten, So wird es ruchtbar, läuft von Ort zu Ort. Sich abwendend von Irma. Laßt den Knaben Nicht den Raben, Tragt ihn fort! Weiter – weiter! – Dort Senkt ihn ein. Sein Leichenstein Will ich seyn, Immer bei ihm, Ewig treu ihm – Sarg oder Wiege, Wo er liege, Mutter singt den Knaben ein. Den letzten Vers ein oder zwei Mal wiederholend, geht sie zu schwankendem und unsichern Gesang einer Wiegenliedsmelodie über, macht, als ob sie der Leiche folgte, einen kurzen Gang über die Bühne und lehnt sich endlich, vorwärts gezeugt mit niederhangendem Haar auf das Fußgestell einer Säule. Ha, wär' mein Vorsatz wie der Demantstein, Der keinem Feuer schmilzt, zur milden Thräne Zerflöss' er in den Gluten dieser Töne. Ja, Weib! – ich bitte dich, sieh mich nicht an! – Ja, ja! ich wollt' es, und es wär' geschehen, Was mich geführt hätt' auf des Wahnsinns Bahn, Hätt' ich den Wahnsinn leiblich nicht gesehen. Mit kräftiger Erhebung. Mein Engel siegt. Ich fühle, wer ich bin. Fürst oder Knecht; ein königlicher Sinn Ist Herr der Welt, er kann ein Reich entbehren. entzückt. Yngurd! Gemahl! Held! König meiner Brust! Du führst so plötzlich mich von Qual zu Lust, Daß ich des Zweifels kaum mich mag erwehren, Es sei ein Traum. Laß Oskar rufen, eile! Daß er die Mutter von dem Traume heile, An dem sie krank ist. 8. Szene Achte Scene. Die Vorigen. Asla. rasch vor den König tretend. König Yngurd! Wo – Wo ist mein Oheim, dein Gefangner? So, Du wilde Jungfrau, fragt der König dich. Dir übergab ich ihn. Es peinigt mich Ein Schmerz, wie ich ihn nie zuvor empfunden, Als Ein Mal nur – im Traum. Ich hab' die Wacht An beiden Pforten nach dem Ohm gefragt; Er ging nicht aus der Burg, und doch – seit Stunden Ward in der Burg auch niemand sein gewahr. vor sich, doch laut. Hm! Seltsam! Hätt' er, ahnend die Gefahr, Ihr zu entfliehn Gelegenheit gefunden? Gefahr? Gefahr? Ha, Vater, wenn es wär', Was mir die Angst als möglich vorgespiegelt! rasch gegen den Haupteingang gehend. Trabanten, rufet Marduff her. Beflügelt Die Schritte! Marduff? Marduff fehlt, wie er. bestürzt. Wie sagst du? Ich frug überall schon nach, Weil Kurl, der Knapp den Schotten hat gesehen, Wie er zuletzt im Hof mit Oskar sprach. außer Fassung. Marduff? Mit ihm? Allmächt'ger Gott! Was ist Mit diesem Knecht? Ich bitte dich, du bist Starr vor Entsetzen. Ha! wenn es geschehen – Geschehen wär'? – Ein rasches Wort entfuhr Mir gegen ihn – im ersten Zorne nur – sich von ihm wendend. Entsetzlich! Vater! Du, den ich gesehen Im wüsten Traum von blut'gem Werke fliehn, Was – rede! – was verhingst du über ihn? Was ist mit Oskar? 9. Szene Neunte Scene. Die Vorigen. Jarl, seine Wunde am Haupt mit einem Band verbunden. Königlicher Herr – Zu andrer Zeit. Der dringende Bericht, Verzeihet mir, verträgt den Aufschub nicht: Graf Egrösund setzt eine Schaar Rebellen Nah' an der Burg an's Land. ohne ihn anzusehen. Unzeit'ge Mähr! Heißt Erichson sich ihm entgegen stellen. Herr – Fort! Die Burg hat überlei Gewähr An ihren Gästen. Jarl geht ab. Marduff will ich! ihn – Ihn! niemand sonst! 10. Szene Zehnte Scene. Die Vorigen, ohne Jarl. Ein Trabant aus der Seitengallerie links. Bald darauf Marduff und zwei andere Trabanten. Herr, Marduff ist gefunden Wo? Wo? Im schmalen Gang zur alten Burg. Als ich ihn rief, erschrak er durch und durch, Und wurde kreideweiß, und wollt' entfliehn. Da packt' ich an, und ließ – In die Seitengallerie zeigend. Da! Festgebunden Bringt ihn die Wacht. Marduff tritt auf, verstört, die Hände auf den Rücken gebunden, von zwei Trabanten begleitet. heftig. Wer hieß euch das? Ihr seid Zum Argen schnell, wie Satanas. Befreit Ihn auf der Stelle! Es geschieht. Fort! Schnell fort! Hinaus! Es war ein Irrthum, macht's nicht laut im Haus, Bei meinem Zorn! – Laßt niemand – niemand ein! Er kommt vom Haupteingang, durch welchen er die drei Trabanten hinaustrieb, zurück in den Vorgrund, faßt Marduff bei den Schultern, und sagt, kaum der Stimme mächtig. Mensch! Wo ist Oskar? in Todesangst. Herr – Oh! frag' ihn nicht! Sein Antlitz giebt den gräßlichen Bericht: Oskar ist to – ermordet! Nein, nein, nein! E ist nicht möglich – der hat Fleisch und Bein, Er ist ein Mensch, er konnt' es nicht vollbringen! Ja, Herr, so ist es. Bären zu bezwingen Mit nackter Faust, wär' Spielwerk gegen das. Mit meinem Herzblut macht den Boden naß! Fürst Oskar lebt. zweifelnd. Er lebt? Wo ist er? Rede! Brunhilde richtet sich langsam auf, und hört, starr vor sich hinaus sehend, den folgenden Reden zu. In Ottfrieds Felsgemach, auf sein Begehr. Dort, dacht' ich, paßt's, daß ich ihn heimlich tödte, Und stürze dann die Wände d'rüber her. Hatt' ich den Muth; so wär' sein Blut geflossen. Das deine nach, vorschneller Satansknecht! Ich hab' ihn in der alten Burg verschlossen, Erst anzufragen, ob es euch so recht. Unsinniger! Fort! Hin, zu dem Gemach! vor dem König niederfallend. Erbarmen, Herr! Wenn ihr es nicht mehr wollt, So that ich mehr schon, als ich hab' gesollt. Er weiß, daß ihr – Fluch deiner Zunge! – Schmach? Schmach ohne That? Da ist kein Ausweg mehr, Ist's nicht um ihn, so ists um mich geschehen. Er greift nach dem Schwert. Nein, Vater, mich – mich laß mit Marduff gehen, Für Oskars Schweigen leist' ich dir Gewähr. erstaunt. Du? ASLA Ja. Er – liebt mich; ich bin seine Seele, Er ist die meine, und wie ich's verhehle, So wird's auch nie durch Oskars Lippe laut. auflebend. Ha, was ist das? Nur um die Dänenbraut, Nicht um die Norwegskron' erhub er Streit? Asla, und das hast du nicht vertraut? Der Mutter nicht? zwischen beiden. Von euch hab' ich das Leben, Für eures Lebens Ruh' es hinzugeben – Auf den Gedanken ist mein Muth gebaut. tief gerührt. Oh, meine Tochter! mit niedergeschlagnem Blick. Nors Gesetz verbeut Dem Oheim meine Hand – Zaghaftes Kind! Ein König gab's, ein König kann's vernichten. Ein freudiger Schreck erschüttert die Jungfrau. Ich sehe meines Lebens Pfad sich lichten, Fort! Eilt, befreit ihn! Irma, Asla und Marduff wollen gehn. tritt ihnen in den Weg. Wen denn? Ihr seid blind. Ihr sprecht und sprecht, Und wißt nichts recht. Wer lebt, ist Knecht; Wer starb, ist frei, wie Vogel ist und Wind. Wer ist die Frau? Kennst du die Braunhild nicht, Die toll heißt, weil sie mehr weiß, als sie spricht? Du zärtlich Ding! Wenn Egloff sich ersticht – Mein Herz hält's aus – geh! geh! das deine bricht. Man hört Geräusch, wie Wortwechsel am Haupteingange. 11. Szene Eilfte Scene. Die Vorigen. Ourdal. Zuletzt Kurl. noch außerhalb. Laßt ein, Trabanten! außerhalb. Herr, ein streng Verbot. Erließ der König – heftig. Weichet! Er wirft die Wache zur Seite, und reißt die Thür auf. Wenn der Tod, Unangemeldet, plötzlich, wie der Räuber In's Haus, darf brechen in der Kön'ge Leiber, So dring' auch so die Kund' in ihr Gehör. Was habt ihr, Ourdal? ihn scharf ansehend. Herr, ich habe mehr, Als gut ist für ein bös Gewissen. Kürzt, Ich bitt' euch, Graf, die Nachricht ab! Ich thu's. – Nach kurzer Stille, mit flammendem Blick auf den König. Fürst Oskar ist aus eurer Burg gestürzt, Und liegt, ein Leichnam, auf dem Felsenfuß. Yngurd fährt heftig zusammen, schlägt, von Ourdal sich abwendend, beide Hände vor die Stirn, die Ballen auf die Augen gedrückt, läßt sie dann langsam wieder sinken, und bleibt starr und unbeweglich im Vorgrunde stehen. Brunhilde lehnt ihm gegenüber an einer der vordersten Säulen. Sie zeigt keine Spur von Ueberraschung, sondern bloß das Lächeln des Wahnwitzes, der sich klüger als die Vernünftigen dünkt. Asla wankt einige Schritte zurück, deckt die Augen mit den Händen, wendet letztere dann niederwärts und sieht starr auf den Boden, als ob Oskar vor ihr läge. laut aufschreiend und sich an einer Säule haltend. Allmächt'ger Gott! Der sei mir gnädig! Er – Es ist kein Zweifel – durch die Todespforte Entsprang er aus dem schauervollen Orte. Er eilt links ab. Asla! Mein Kind! – Sie kann den Schreck nicht tragen! Den Schreck? Ich steh' vor wohlbekanntem Bild. Der Ritter liegt – der Ritter liegt erschlagen, Zerschmettert, und weit von ihm liegt sein Schild! Sie stürzt fort, dem Marduff nach. folgt ihr mit zusammengeraffter Kraft. Asla! Ihr nach! Laßt sie zur Leiche nicht! Es gilt ihr Leben! Braunhild lacht, und spricht: Du zärtlich Ding! Geh, geh! dein Herzchen bricht. Du fürchterlicher, strenger Fürst der Nacht, Bei'm Haar – bei'm Hauch hast du mich fest gehalten; Den argen Willen aus des Herzens Falten Gezogen auf die Zung' und ihn vollbracht, Ein Pfeil, der nicht zu halten in den Lüften. War's Gottes Hand, die von des Vaters Triften Mich hob auf einen Thron, so ward sie müd', Den schwachen Riesen aufrecht zu erhalten, Der Satan rief, weil ihn ein Mensch verrieth. Ich fühle meines Lebens Mark erkalten, Und wollte, daß ich von der Sonne schied', Eh' sie von mir noch. Kurl tritt ein und spricht heimlich mit Ourdal. vor sich. Braunhild lacht und spricht: Der Bauer ist kräftig, Der König ist heftig, Der Teufel geschäftig: Drum will ich den Bauer, den König nicht. Die bräunliche Maid Erwählte gescheit; Der Bauer ist roth, Der König ist todt – Todt, über und über, im ganzen Gesicht. zu Ourdal laut. Sagt es dem König. Sag's ihm selbst, er scheint Gar wohl gelaunt für deine Mähr. Ihr meint? Ourdal geht, ohne Antwort zu geben, durch den Haupteingange ab. Kurl nähert sich dem König. Herr, mich schickt Ritter Erichson. Der Feind Wird stärker durch das schreckliche Gerücht Von Oskars Tod, der Mordthat wird genannt. nachsinnend. Feind? War nicht Friede mit dem Dänenland? Was für ein Feind, Knapp? Ei, der Oskarbund. »Ist Oskar hin,« so schreit die tolle Schaar, »Sei König der, der unser Hauptmann war!« stolz. Wer ist der Narr von Hauptmann? Egrösund. Wer? Egrösund, Herr. Ha! Der Name zündet Die Fackel meines Lebens wieder an. Er hat an mir das Schmählichste gethan, Weh über ihn, wenn Yngurds Schwert ihn findet! Er will ab mit entblößtem Schwert. Wollt ihr nicht erst euch wappnen, Herr? Wozu? Ich will nicht Fehde bieten dem Verräther; Gewappnet nicht straft man die Missethäter. 12. Szene Zwölfte Scene. Die Vorigen. Alf. Unglücklicher, was thut ihr? Laßt in Ruh' Das Schwert, vor dem die Welt gebebt; ihr müßt Euch jetzt dem Volk, dem wüthenden, nicht zeigen, Das Oskars Blut vom kalten Steine küßt. Sie fassen's nicht, was That, was Unfall ist; Ich fühl's, und d'rum ist euer Leid mein eigen. Wir sind verbündet gegen den Rebellen, Die Mannschaft meines Schiffes steigt an's Land, Um sicher vor dem Tollkopf euch zu stellen. läßt das Schwert sinken und sieht Alf mit dem Ausdruck der Zuneigung an. Du Glücklicher, der Herrscher ward genannt, Als er die Welt mit Weinen kaum begrüßt! Du bist so menschlich königlich gesinnt, Du bist so Eins mit deiner Fürstenwürde, Und trägst so leicht der Herrschaft schwere Bürde, Daß ich sie legen möcht' in deine Hand, Wär' Irma nicht mein Weib und Ottfrieds Kind. 13. Szene Dreizehnte Scene. Die Vorigen. Marduff stürzt außer sich herein, und fällt vor Yngurd auf die Knie. Herr, tödte mich, eh du aus meinem Munde Vernimmst, von welchem Gräu'l ich Ursach' bin! Was ist geschehn? Irma – die Königin – Des Todes Arm ergriff sie bei der Kunde Von Asla's Tod, die von der Felsenstufe, Wo Oskar starb, hinabsprang in das Meer. erschüttert. Gott! Weib und Tochter? nach kurzer Stille, auf sein Schwert gestützt, mit dem Ausdruck gänzlicher Abstumpfung für den Schmerz. Freilich! Solche Mähr Trifft, wie das Roß die Stirn trifft mit dem Hufe. Doch – leider! – brechen Heldenherzen nicht, Wie Weiberherzen. vor sich. Braunhild lacht und spricht: Wird die Eins zur Eins gethan, Ist sie nicht mehr Eins; Fängt das Kind zu lieben an, Hat die Mutter keins. Geh, nur, geh, hast Lust zu frei'n, Knabe, geh! Bist nicht mehr mein. 14. Szene Vierzehnte Scene. Die Vorigen. Jarl durch den Haupteingang, bei dessen Oeffnung man unruhige Bewegung im Vorgemach wahrnimmt. Herr, rettet euch! Graf Egrösund dringt ein! Er fordert euer Haupt für Oskars Blut, Nach Norwegs Krone greift Rebellenmuth. mit wiederkehrender Kraft. Die Nachricht, wie sie bös auch klingt, ist gut. Zum letzten Mal will ich mein Amt verwalten, Das Königsamt, der Untreu Haupt zu spalten. Er geht durch den Haupteingang ab, Jarl und Marduff folgen ihm. ihm nachrufend und dann langsam zurückkehrend. Bleibt! Bleibt! – Es bringt den Tod ihm, was er thut; Doch zagt mein Herz, sein Schicksal aufzuhalten. 15. Szene Fünfzehnte Scene. Alf. Brunhilde. Gyldenbrog, Papiere unterm Arm, aus der linken Seitengallerie. In Todesangst, Herr, such' ich euch im Schloß; Des Krieges Furien sind im Vorhof los, Und Schwerter hör' ich auf den Stiegen klirren. Es ist eu'r Werk, beseht's nun in der Nähe; Doch habt wohl Acht, daß Yngurd euch nicht sehe. Ich ließ den Grafen unterstützen, ja; Doch wollt' ich so die Sachen nicht verwirren; Ich meinte – Man hört Gefecht außerhalb des Haupteingangs. Gott der Herr! Die Schlacht ist nah. Lenkt ihren Ausgang. Ihr gewannt ja immer, Bei Ubo's Zeit, der Schlachten viel im Zimmer. außerhalb. Kennt ihr die Streiche, meuterische Knechte? Der König! Flieht! Gebt Raum! Dort steht der Rechte. Das Schwertergeklirr entfernt sich. Kurze Stille. Du Kriegesleu! Wo dein Gebrüll erschallt, Entflieht das Wild, und furchtsam schweigt der Wald. 16. Szene Sechzehnte Scene. Die Vorigen. Ein dänischer Ritter, aus der Gallerie zur Rechten. Dann Jarl. außerhalb. Dort steht der König, außer dem Gefechte, Nicht weiter, Dänen, bis er's gut heißt! – Halt! Er tritt auf. Herr, wir sind glücklichen die Burg gedrungen, Und ohne Schwertschlag Meister dieser Seite. Für wessen Sache sind wir in dem Streite? Des Königs Sache führt der König. Fallt Auf die Rebellen, die der Haß gedungen, Und, wie das meine, schützet Yngurds Haupt. durch den Haupteingang eingetreten. Es ist nicht nöthig, Fürst, sie sind bezwungen. Wer's nicht gesehn, hat Mühe, daß er's glaubt: Die Meisten sind vor seiner Stimm' entlaufen. Nur Egrösund, von einem kleinen Haufen Umgeben, stand; doch wie das Schlachtroß schnaubt, Rief's: »Ueberläufer!« aus des Helden Munde, Und jener fiel, mit einer tiefen Wunde Am Hals, als hätt' ein Richtbeil ihn getroffen. Zähnknirschend liegt er, und die Augen offen. Der König lebt? Er glaubt, nicht lange mehr. Nicht achtend, daß kein Stahl die Brust bedeckte, Rannt' er in eines Oskarmannes Speer, Im Augenblick, wo er den Reichsherrn niederstreckte. Nach seinem Willen bringt man ihn hieher. hat der letzten Nachricht mit Spuren von Theilnahme zugehört. Horch! Braunhild weiß: Die Sense mäht, Was reif ist, ab. Der Tag ist heiß, Die Sonne geht, Kühl ist das Grab. 17. Szene Siebzehnte Scene. Die Vorigen. Yngurd durch den Haupteingang, welcher offen bleibt während dieser ganzen Scene. Der König ist blaß, feine Brustwunde ist mit einer Schärpe, die über die rechte Schulter und unter der linken Achsel weg geht, verbunden, er stützt sich auf Erichson und Marduff, welcher sein Schwert trägt. Nös, Biörneland und Ourdal folgen ihm zunächst. Nös trägt die Normännische Krone nachlässig wie einen Kranz, in der herabhängenden Hand. Jarl, Kurl und mehrere Normannen folgen den Reichsherren. Dänische Ritter treten aus der Gallerie rechts. Durch den offenen Haupteingang sieht man Trabanten und Volk. Yngurd wird bis in den Vorgrund vor Alf geführt, und stets von Marduff und Erichson gestützt. Alf, ich bin fertig mit dem Tagewerke; Doch ist mir's nicht, als ging' ich, auszuruhn. Mein Geist blickt auf, wie die Erwachten thun, Und meine Brust fühlt ungewohnte Stärke. Das Leben, nicht der Tod, ist zu vergleichen Des Schlummers Träumen, die dem Morgen weichen, Dem ewigen – ich sehe seine Spur. Was ich gewollt, war Ein Mal schlimmer nur, Als was ich that, und – ich nicht that's; die Hölle, Mißtrauend meiner besseren Natur, Vollzog mein Denken mit des Blitzes Schnelle. Ihr, edle Ritter – eure Treue wankte Nicht früher, als das Herz des Herrn erkrankte Am bösen Willen. – Fasset meine Hände! Die Reichsherren werfen sich auf seine Hände, und küssen sie in Thränen. außer Fassung. O, König! König! mit gebrochnem Herzen. Qual der Trennung, ende! nachdem er sich die Augen getrocknet, männlich fest zu Alf. Gefallen ist Held Ottfrieds Stamm. Der Raub Soll sich nicht schmücken mit des Ruhmes Laub. Nös züchtete der Königswürde Zeichen Vor Egrösunds verräterischem Plan. Er winkt Nös, welcher ihm die Krone giebt, sich dann abwendet, und in Thränen ausbricht. Yngurd tritt nah vor Alf. Eu'r Ahnherr Urd war Herr von beiden Reichen. Weich. Alf! Nehmt euch meiner Normannskinder an! Er kniet mit sichtbarer Schwäche huldigend vor dem Dänenkönig nieder, und reicht ihm die Krone. Ihr König stirbt als euer Unterthan. hat die Krone genommen, wie man eine Last aus der Hand eines Schwachen nimmt und sagt nun im heftigsten Schmerz, von dem Knieenden abgewandt. Oh! Yngurd! – – Mußt' ich kommen um zu sehen Wie durch sich selbst muß Großes untergehen? Yngurd sinkt während dieser Rede in die Arme Erichsons zurück, und stirbt. Es herrscht Stille. Er ist nicht mehr. Gelöst ist unser Eid. Er winkt Nös und Ourdal, alle Drei lassen sich vor Alf auf ein Knie nieder, heben die rechte Hand empor, und Biörneland fährt fort. Empfanget, Herr, den freien Schwur des Reiches. gen Himmel blickend. Du dunkler Quell der Weltbegebenheit, Du willst's. Wohlan denn! Mit dem Ausdruck eines königlich-bescheidenen Sinnes. Gleich beherrsche Gleiches, Und Gutes steh' am Platz der Herrlichkeit auf ein Wink von Biörneland. Heil Alf! dem Herrn der Dänen und Normannen! tritt rasch bis mitten auf die Bühne. Still! – Braunhild spricht: Es traut die Braut Dem Ja noch nicht, Wär's noch so laut. Die Winde spannen Die Lungen aus, Wie eine Maus Fährt's Wort heraus, Aus seinem Haus, Und husch! ist's fort. Halt Maus, halt Wort, Läuft hier wie dort Auf eins hinaus. Die Braunhild lacht, und geht vergnügt von dannen. Ab. trüb und ernst. Habt Acht auf die wahnwitz'ge Königin, Und – strafet Lügen ihrer Rede Sinn! Heil Alf! dem Herrn der Dänen und Normannen! Der Vorhang fällt.