Johann Nestroy Eulenspiegel oder Schabernack über Schabernack Posse mit Gesang in vier Akten Personen Personenverzeichnis Hermann von Nelkenstein, Gutsherr. Heinrich, sein Jäger. Specht, Amtsvogt im Marktflecken Nelkenstein. Dorothea, seine Tochter. Mehlwurm, ein reicher Müllermeister. Lenchen, seine Mündel. Cordula, seine Schwester, Witwe. Natzi, ihr Sohn. Eulenspiegel, ein Vagabund. Peppi, Magd im Hause des Müllers. Johann, Friedrich, Bediente im Schlosse. Steffel, Sebastian, Hausknechte im Schlosse. Hans, Jakob, Müllknechte. Dienerschaft auf dem Schlosse, Mühlknechte, Pursche und Mädchen aus Nelkenstein. 1. Akt 1. Auftritt Erster Auftritt Mädchen und Pursche, festlich geschmückt, füllen die Bühne; es werden Blumenkränze und Körbe unter sie verteilt, währenddem wird folgender Chor gesungen. Das wird ein Tag der Freude sein, Heut' ziehet unser Gutsherr ein. Schwingt in der Luft den Blumenkranz, Beim Feste winkt uns Spiel und Tanz, Da wird gescherzt, da wird gelacht, Der Jubel währt bis in die Nacht; Heut' ziehet unser Gutsherr ein, Das wird ein Tag der Freude sein! Nach dem Chor alle links in den Hintergrund ab. 2. Auftritt Zweiter Auftritt Heinrich, Johann kommen in reicher Livree rechts aus dem Hintergrunde hervor und sehen sich vorsichtig nach allen Seiten um. Jetzt, hoffe ich, wird der günstige Augenblick sein. Alles eilt schon zum Schloß hinauf, der Müller ist früher schon fortgegangen, du kannst also ungestört eine Viertelstunde bei deiner Geliebten zubringen. Wenn nur auf dem Schloß alles in Ordnung ist! Der gnädige Herr kann jeden Augenblick hier sein. Sei unbesorgt! Du bist vor acht Tagen angekommen, um den Empfang unserer Herrschaft vorzubereiten; in der ersten Stunde deines Hierseins hast du dich verliebt, folglich in acht Tagen nichts getan als geseufzt und geschmachtet. Der gnädige Herr müßte also alle Anstalten jetzt selbst treffen, wenn ich nicht alles für dich getan hätte. Ich rechne bei Gelegenheit auf deine Gegendienste, denn dein Beispiel zeigt mir leider, daß der gescheiteste, fidelste, jovialste Mensch sich auch verlieben kann. Traurige Entdeckung! Der verdammte Mehlwurm will seine Mündel selbst heiraten. O Lenchen! Geliebtes Lenchen! Solche wahnsinnige Heiratsideen haben die Vormünder sehr häufig, sind aber in allen Jahrhunderten zu Tausenden geprellt worden. Bei dem wird man auch keine Ausnahme machen. Wenn unterdessen auf dem Schloß – Sei unbesorgt, ich avisiere dich von allem. Und jetzt geh hin, Glücklicher, laß dich immer fester und fester von den Rosenketten der Liebe umschlingen, ich beneide dich nicht. Wohl mir, unter meiner bordierten Weste schlägt noch ein freies Herz. Geht links in den Hintergrund ab. 3. Auftritt Dritter Auftritt Heinrich. Auf meinem guten gnädigen Herrn beruht meine einzige Hoffnung. Er ist mir gewogen, er wird gewiß meine Liebe begünstigen, unterstützen und des Müllers Eigensinn zu Paaren treiben. Geht an die Haustüre des Müllers und horcht. 4. Auftritt Vierter Auftritt Mehlwurm kommt eilig aus dem Hintergrunde rechts. Der Vorige. Das ist zum Totärgern! Vergiß ich, den Geldkasten zuzusperren, und muß den weiten Weg zurücklaufen – Will in sein Haus und erblickt den Jäger; prallt ergrimmt zurück und spricht leise. Du verdammtes Gepack! Schleicht der wieder zu meiner Mündel –!? Wart, Pursche! ohne Mehlwurm zu bemerken. Alles ist so still im Hause, der Brummbär ist gewiß fort. grimmig, aber leise. Brummbär –?! wie oben, blickt aufs Fenster. Der Blumenstock ist auch nicht am Fenster; das sichere Zeichen, daß der fatale Mehlwurm ausgekrochen ist. wie oben. Also das ist das Zeichen? O Bagage! Frisch gewagt ist halb gewonnen! Lenchen, ich eile in deine Arme! Geht ins Haus. 5. Auftritt Fünfter Auftritt Mehlwurm allein, dem abgehenden Heinrich nachrufend. Brich dir fünfmal 's G'nack auf jedem Staffel, du Madlverführer! Ich werd' dich lernen, einem ehrenfesten Mann seine Braut abspenstig machen! – Was tu' ich jetzt –? Ich lauf' in die Mühl', hol' alle meine Knecht' zusamm' –! Doch nein – das macht Aufsehen, ich dreh' ihm eigenhändig den Hals einigemal um und um, kratz' ihm die Augen aus, brich ihm Arm und Bein, zervierteil' ihn, und wenn das g'schehn is, so wird er erst hernach massakriert. Will ins Haus ab. 6. Auftritt Sechster Auftritt Specht; Der Vorige. tritt aus der Kulisse neben des Müllers Haus auf und hält ihn zurück. Gevatter, auf ein Wort! Kann nicht, hab' keine Zeit. hält Mehlwurm fest. Mußt Zeit haben, wenn die Obrigkeit mit dir spricht. Ganz recht, aber – Die Obrigkeit leidet kein Aber. in größter Ungeduld. Also ohne Aber! Was willst, G'vatter? ihn immer am Rockschoß festhaltend. Ich bin Vater einer Tochter. Das ist möglich. Deine Schwester Cordula ist Mutter eines Sohnes. Das is gewiß. Beide halten mit der Hand einen Blumenstrauß und mit dem Mund eine Anrede, wenn der Gutsherr ankommt. immer ungeduldiger. Schön – recht schön – aber – Ich habe alles selbst gedichtet, und mir kommen immer zweierlei Freudentränen in die Augen, so oft ich meine Verse von meiner Tochter deklamieren höre, einmal aus poetischer und hernach wiederum aus naturgesetzlicher Vaterfreude. desperat beiseite. Der bringt mich um mit seinem Geschwätz! ihn immer festhaltend. Beim Einstudieren haben sich die beiden Kinder gesehen. Meine Tochter Dorothea – beiseite. Ist eine Gans! fortfahrend. Und dein Schwestersohn Natzi – beiseite. Ist ein Esel! fortfahrend. Sind zusammen ein herrliches Paar. Deine Schwester – beiseite. Ist eine alte Närrin! fortfahrend. Ist mir immer sehr geneigt gewesen, und ich bin – in höchster Unruhe. Du bist eine alte Plaudertaschen, die mich aufhalt't, währenddem in meinem Haus das verliebte Volk – mir brennt bei Kopf bei dem bloßen Gedanken! – Sich losreißend. Laß mich aus, ich zerspring' vor Wut und Eifersucht! Läuft grimmig in sein Haus. 7. Auftritt Siebenter Auftritt Specht allein. Dem laßt wieder die Eifersucht keine Ruh'! Armer Gevatter! Ja, so geht's, wenn man sich in ein Mädel verliebt. Ich bin auch verliebt, aber nicht in das schöne Geschlecht, sondern in das Flaschengeschlecht Dabei lebt man ruhig und vergnügt. Ich umarm' eine um die andere, und 's gibt keinen Zank, keine Eifersucht; höchstens die letzte wird manchmal grob und wirft mich um die Erde. Aber was tut das? Die Kellner tragen einen um ein Billiges nach Haus, man schlaft süß und sanft, der Nebel verschwindet, und man tritt dann wieder im Sonnenglanz seiner Solidität hervor und nickt in stattlicher Ruhe dem Volke zu, welches einem einen guten Morgen wünscht. Geht in sein Haus links ab. 8. Auftritt Achter Auftritt Till Eulenspiegel allein. Liedes, währenddem tritt Eulenspiegel auf. Lied 1. So recht fidel leb'n und umsunst, Das, sag' ich, das ist d' größte Kunst. Ein' tüchtigen Zins zahl'n zweimal alle Jahr' Und drum ein Quartier hab'n, das kann jeder Narr; Den Wirt zahl'n fürs Essen, den Schneider fürs G'wand, Dazu braucht der Mensch noch kein Quintel Verstand – Aber ganz ohne Geld leb'n wie i, Dazu g'hört sich schon ein Genie. 2. Verliebten hilf ich, wo ich kann, Denn das Geschäft nährt seinen Mann. Wenn's heißt: Na, da nehmt's euch und schließet den Bund, Da kann man leicht heiraten zu jeder Stund'; Doch wenn es heißt: Nein, aus der Hochzeit wird nix, Dem Madel drohn Schläg', dem Amanten gar Wichs' – Aus solcher Verleg'nheit hilf i, Dazu g'hört sich schon ein Genie. Ich bin ein Künstler, das kann mir kein Mensch abstreiten, ich betreibe die große Kunst, auf Unkosten andrer Leut' zu leben. Mein Bleiben ist nirgends, aber meine Werkstatt ist überall. Ich steh' jetzt häufig den Verliebten in ihren verwickelten Angelegenheiten bei, und das is ein Geschäft, bei dem man nicht zugrundgehen kann. Dieser Ort is zwar sehr klein, allein er könnte viel größer sein, wenn er mehr Häuser und Inwohner hätt'. Übrigens, für mich ist auch die kleinste Bevölkerung groß genug; denn ich hab' es bloß mit Liebesleuten zu tun und unter hundert Einwohnern gibt es immer einen Geizhals, fünf Säufer, einen Gelehrten, fünf Gescheite und achtundachtzig Verliebte. Auf diese statistische Bemerkung gründ' ich mein Metier und hab' noch immer meine Rechnung g'funden dabei. Man hört Lärm im Hause des Müllers. Was ist denn das für ein Lärm? Da muß ich mich auf die Lauer legen. Zieht sich zurück. 9. Auftritt Neunter Auftritt Mehlwurm, Heinrich; Der Vorige. führt Heinrich zur Haustüre heraus. Jäger hin, Jäger her! Mein Haus is kein Revier, und gibt's was drin zum Schießen, so schieß' ich selber. So mach' der Herr doch kein Aufsehen! Heut' nicht; aber wenn Er sich wieder blicken laßt, so werden schon meine Mühlknecht' das gehörige Aufsehen machen. Laß der Herr nur reden mit sich! Nichts da, meine Mündel is meine Braut, und meine Braut is meine Mündel. Ich brauch' keinen Hausfreund, weder vor noch nach der Hochzeit. Der Herr will also im Ernst das holde Geschöpf unglücklich machen? Unglücklich? Das bitt' ich mir aus! Nur keine Grobheiten! Ein Müllner und Hauseigentümer macht kein Mädl unglücklich, von Jägern wär' so etwas eher zu erzählen. Das leichtsinnige Mädl wird jetzt zu ihrem Besten eingesperrt bei Wasser und Brot. Diese Grausamkeit werd' ich zu hindern wissen. Das will ich sehn, wer in meinem Haus etwas hindern kann. Wenn Ihm wieder verliebte Gedanken kommen, Herr Jäger, so denk' Er an meine Mühlknecht', vielleicht vergeht Ihm hernach die Schwärmerei. Verstanden? Schlägt die Haustüre ungestüm zu. 10. Auftritt Zehnter Auftritt Heinrich, Eulenspiegel. So ist doch alles wider meine Liebe verschworen! welcher die vorige Szene behorcht hat, für sich. Da ist ein verliebtes Paar, dem geholfen, und ein Vormund, der geprellt werden muß. Da bin ich in meinem Element. ohne Eulenspiegel zu bemerken. Welcher Mißhandlung ist das arme Mädchen ausgesetzt!? nähertretend, zu Heinrich. Armer, hinausgeworfener Jüngling! unwillig. Geht das Ihn was an? Nein, dasmal is's nur Ihnen an'gangen. Ich bin überhaupt noch gar nicht oft hinausg'worfen worden. Ich hab' darin sehr einen feinen Takt; wie ich seh', daß sich einer die Ärmeln aufstreckt und mich packen will, da geh' ich selber. Lass' Er mich zufrieden! Das tät' ich recht gern, aber Sie sein ja nicht zufrieden, Sie unglücklicher Liebhaber übereinand'. Ich weiß nicht, soll ich mich ärgern, oder – Nein, heiraten sollen Sie, und der Müllner soll sich ärgern, daß er schwarz wird. Das ist leicht gesagt – einfallend. Und ebenso leicht getan, wenn Sie sich mir anvertraun. Wer bist du? Ich bin der Eulenspiegel. freudig überrascht. Was, der Gauner? Der Vagabund? Der Galgenstrick? Sie kennen mich also schon par renommée? Wem sind deine Schelmenstreiche nicht bekannt? Aber sprich, wie kann ich dir trauen? Gehn Sie meine ganze Lebensgeographie durch, so werden Sie nirgends finden, daß ich einem Liebespaar einen Schabernack gespielt hab'. Wenn du mir mein Lenchen verschaffst, dann bin ich überglücklich. Ist sie wahrhaft in Ihnen verliebt? Soeben hat sie mir's aufs zärtlichste geschworen. Sie hat Ihnen was weis g'macht. Weh dir, wenn du dich unterstehst, das Geringste gegen diesen Engel sagen zu wollen! Nein, nein, schauen S' Ihnen an, ich mein' ja nur beim Ärmel. sieht, daß sein Ärmel voll Mehlstaub ist. Ja so! Wenn das Herz Mehlgeschäfte treibt, muß man immer eine Bürste im Sack haben; es ist wegen die Leut'. Da hast recht. Da hab' ich's viel ärger g'habt. Ich war verliebt in eine Kohlenbrennerstochter; die hat ihrem Vater immer g'holfen beim Aufladen; so oft mir die ein Bussel hat 'geben, hab' ich ein G'sicht 'kriegt als wie ein Schlosserbub'. Zur Sache also! Kannst und willst du mir helfen? Ums Geld kann ich alles; übrigens tu' ich es ohne Intresse. Also rucken S' aus! Ums Geld und ohne Intresse, wie geht das zusammen? Auf die natürlichste Weis' von der Welt. Für das Geld, was Sie mir geben, dürfen Sie mir keine Intressen zahlen, also tu' ich es ohne Intresse. Schaun Sie, ich nähmet gar kein Geld, aber 's Geld braucht man halt zum Leben, und leben tu' ich in einemfort, also brauch' ich halt in einemfort ein Geld. gibt ihm Geld. Da, nimm indessen die sechs Taler, die ich bei mir habe; wenn dein Plan gelingt, so wirst du reichlich belohnt. Ha! Wie diese Laschi mich begeistert! Noch eh' der Kukuruz verblüht – was sag' ich – noch eh' die heurigen Maikäfer hinwerden – was sag' ich – noch eh' die morgige Sonne sich in die Abendwolken verhaspelt und ins Meer hineinplumpst – eher noch ist die Müllnerische als Gattin in Ihren Armen. Hören Sie, das is ein Schwur, der sich g'waschen hat. Wohlan, ans Werk! Auf dich bau' ich mein Glück! Jetzt wär's ganz am Platz, wenn wir zwei das Duett singeten aus 'n »Barbier von Sevilla«, ich den Figaro und Sie den Almaviva. Aber nein, tun wir's lieber nicht, wir könnten ein Malheur haben, und es laßt überhaupt viel bescheidener, wenn wir uns ganz in der Still' empfehlen; es muß ja nicht allweil gesungen sein. Geht mit Heinrich im Hintergrunde ab. Die folgende Dekoration fällt vor. Verwandlung Zimmer im Hause des Müllners mit Mittel- und Seitentüren. 11. Auftritt Elfter Auftritt Natzi allein. Mit der Verwandlung beginnt das Ritornell des folgenden Liedes, Natzi tritt zur Mitte auf. Lied 1. Ein Umgang und Einzug, das is halt eine Freud', Da produzier'n ihre schön' Kinder die Leut', Ein neu's G'wandl hat mir d' Frau Mutter gekauft, Das alte war z'rissen, ich hab' mit d' Bub'n g'rauft. Jetzt heißt es halt acht geb'n aufs neue Gewand, Denn wenn man nicht sauber ist, ist es a Schand. 2. Der gnädige Herr wird zu schauen was hab'n, Z'erst kommen die Mädln, dann ich unter d' Knab'n, Bleibt er hier, hab' ich Aussichten, das is a Pracht, Vor drei Jahr'n hat er's g'sehn, wie ich Prüfung hab' g'macht; Können hab' ich zwar nichts, doch hat er g'sagt: Aus mir, Da wird ohne Zweifel ein recht großes Tier. Nach dem Liede. Ich werd' wieder unter die Umgangskinder das allerschönste sein. Ich bin in meinem Alltagsanzug schon ein liebes Bubi, hat die Frau Mutter gesagt, jetzt erst, wenn ich mit Blumen geschmückt bin, da is es gar nicht zum Aushalten. Schad', und an so ein' Festtag muß wieder ein Verdruß im Haus sein. Der Lenerl ihre Jagdgeschichte wirkt störend auf den müllnerischen Frieden unsers Hauses. Das Madl soll froh sein, daß sie der Vetter heiraten will, für was braucht sie den Jäger? Ich wollt' nix sagen, wenn sie schlechte Augen hätt', denn da soll es sehr gesund sein für ein Mädl, wenn sie eine Amour mit ein' Jäger hat, weil sie allweil ins Grüne schaut. Aber eine mit fünf ganze Sinn', die soll doch einsehen, daß es nicht leicht eine reizendere Naturerscheinung gibt als einen Müllner, alleweil voll Mehl, schneeweiß; es is kein Wunder, wenn ein Madl völlig verblendet wird, wenn's a Weil' auf ein' Müllner schaut. Ich sage – Man hört zanken. mir scheint, der Familienzwist zieht sich in diese Gegend. 12. Auftritt Zwölfter Auftritt Mehlwurm, Cordula, Lenchen; Der Vorige. Da her, du ungeratenes Mädel! Du kommst mir jetzt nicht mehr aus den Augen. Aber was hab' ich denn Unrechtes getan? Du kannst noch fragen? Verstockte Sünderin! Verraten, verkauft, betrogen hast du mich, deinen Vormund und Bräutigam. Aber weh dir, wenn ich dir noch auf das Geringste komme! Weh dir! Da wirst du eingesperrt auf vier Wochen, vierzehn Tag' bei Wasser und vierzehn Tag' bei Brot. Vetter, das geht nicht. Wasser und Brot muß sie allweil zugleich kriegen, sonst wird s' hin. Halt's Maul, Dummkopf! Ach, wie unglücklich ist doch ein Mädchen, wenn es so früh seine Eltern verliert! Weint. sanfter. Schau', Lenerl – weinen mußt nicht – aber schau', ich mein's so gut mit dir, ich werd' der zärtlichste Eh'mann sein – weinen mußt nicht – ich werd' dich auf den Händen tragen – weinen mußt nicht – wir werden leben wie die Turteltauben – wennst nicht aufhörst zum Weinen, so wein' ich auch. Bruder, du bist zu weich; sie verdient deine Nachsicht nicht. zu Cordula. Laß gut sein, wenn ich auch wein', wenn ich auch zerfließ' vor Rührung, auslassen tu' ich s' deswegen doch nicht; heiraten darf sie doch kein' andern als mich. Für mich gibt's kein Glück mehr auf der Welt! Kein Glück? So sei nur g'scheit! Wenn einer ein Mädel sitzen laßt, so sagt man, er hat's unglücklich gemacht; wenn einer ein Mädel heiratet, so sagt man, er hat's glücklich g'macht; ich will dich heiraten, du mußt mich heiraten, also – Also bin ich erst ganz unglücklich; denn mein Herz gehört meinem Heinrich, nur ihn kann ich lieben. erzürnt. Untersteh dich! Kecke Personage! So einen Eigensinn, wie die hat, den find't man nicht in alle fünf Weltteil', nicht in Europa, Amerika, Asina, Afrika und Paprika. Ich könnt' rasend werden. zu Mehlwurm. Du wirst es noch zu spät einsehen, daß es niemand mit dir so aufrichtig meint als mein Sohn, mein Natzi! Laß mich aus mit dein' dalketen Buben! zu Natzi. Komm, mein Söhnchen! zu Mehlwurm. War die letzte Rede des Vetters eine Anspielerei auf mich? Pack' dich zum Guckguck! mit Pikanterie zu Mehlwurm. Wenn wir zwei nebeneinander stehn, so ist das grad als wie zwei Mehlsäck'; einer is der Ausschuß, der andre is der Auszug. Mit Beziehung auf Mehlwurm. Der Ausschuß is das Grobe, da drum is wenig Nachfrag', das bleibt zurück. Mit Beziehung auf sich. Der Auszug is das Beste, das wird gesucht, das geht stark, drum geh' ich. Komm' d' Frau Mutter! Geht mit Cordula zur Mitte ab. 13. Auftritt Dreizehnter Auftritt Mehlwurm; Lenchen. sanft. Siehst, Lenerl! Alles macht mir meine übertriebene Lieb' zu dir zum Vorwurf, aber ich bleib' unveränderlich. Ja, leider! Das raubt mir alle Hoffnung. erzürnt. Undankbares Geschöpf! Ich treib' dir den Jäger aus. Wenn er sich noch einmal bei dir sehn laßt, so hetz' ich ihn mit die Hund' aus 'n Haus! Wieder sanfter und am Ende zärtlicher. Lenerl! Lenerl! Du weißt noch kein' rechten Unterschied zu machen, man muß dich zwingen zu deinem Glück. 14. Auftritt Vierzehnter Auftritt Eulenspiegel; die Vorigen. als Müllerknecht gekleidet, tritt ein paar Schritte zur Tür herein. Is es erlaubt, daß man hereingeht? unwillig. Zum Teuxel, so muß man doch immer gestört sein! Wenn ich ungelegen komm', so geh' ich halt wieder. Ich dräng' mich nicht hinein, wenn ich seh', daß die Leut' miteinander Geheimniss' haben. Geht zur Türe zurück. Das is ein kurioser Mensch. Heda! Nein, nein, ich will niemanden genieren. Geht hinaus. So bleib' Er nur herin, weil Er schon einmal da is. von außen. Ich mag nicht, wenn die Leut' Heimlichkeiten haben, so – ihm nachrufend. Ob Er hergehn wird, wenn ich Ihn ruf' –? tritt wieder ein. Na, da bin ich. Wer ist Er und was will Er? Das wer'n S' mir ansehn, daß ich kein Rauchfangkehrer bin. Wir Menschen sein auf der Welt, einer dem andern zu helfen. Ich brauch' eine Arbeit und der Meister braucht Leut', die arbeiten, also nimm mich der Meister in Dienst, so is uns allen zwei'n g'holfen. Er hat eine kuriose Manier, einen Dienst zu suchen. Für sich. Er g'fallt mir aber nit übel. Zu Eulenspiegel. Wo kommt Er denn her? Von – von Dings da – jetzt hab' ich den Namen vergessen. Is es weit? Es is so beiläufig – eine Distanz wird es sein, wie von dort bis daher. Wo hat Er Seine Kundschaft? Hab' keine. Was?! Wie ich durch 'n Wald 'gangen bin, stell' ich mich unter einen Baum, zieh' meine Kundschaft heraus und will z'samm'zählen, bei wieviel Meister als ich schon war; schlagt auf einmal der Blitz ein in 'n Baum, und die Kundschaft verbrennt mir in 'n Händen. Is mir leid, aber ohne Kundschaft trau' ich kein' Knecht; da kann Er gehen, wo Er herkommen is. mit komischer Bestürzung. Das is sehr traurig für mich. Jetzt bleibt mir nichts übrig, als ich muß betteln oder stehl'n. G'freu'n S' Ihnen, wenn ich wieder daherkomme, denn es is sehr die Frag', ob ich bei Ihnen betteln werd' – mir scheint immer, bei Ihnen wird g'stohl'n. Na, sei Er so gut! leise zu Lenchen. Ich bin ein Abgesandter von Ihrem Heinrich. Was gibt's da für eine Wisplerei, für eine verdächtige? laut zu Mehlwurm. Ich hab' mich an die schöne Hausfrau gewendet, daß sie ein gut's Wort einlegt für mich. lächelnd zu Lenchen. Hausfrau? Hörst du, Lenerl, wie angenehm das klingt? Zu Eulenspiegel. Er is im Irrtum, Freund, bis jetzt sind wir noch nicht Mann und Frau. Nicht? Ah, das is ewig schad'! Nein, wie Sie zwei zusamm'passeten! Beiseite. Als wie ein Kanarienvogel und ein Wiedhopf. Laut. Da wird man nicht bald zwei Leut' finden –, ah, Sie müssen einander heiraten. Ich gedenk' auch mit nächstem – Ich aber nicht. zu Lenchen. Was? Sie wollen nicht! Ah, hör'n Sie, da sein Sie ja verruckt! Zu Mehlwurm. Sie verzeihn, wenn ich etwas zu scharf red', aber da kann ich mich nicht mäßigen. Zu Lenchen. Wenn Ihnen der Müllner nicht recht is, so wird man der Jungfer ein' andern malen. Es is unbegreiflich! Sie spreizen Ihnen? Ich möcht' bloß deswegen ein Frauenzimmer sein, wegen dem Müllner, den ließ' ich nicht aus, um kein' Preis, das muß ja eine Seligkeit sein! beiseite. Das is ein braver Putsch! Laut. Wie heißt du? Ulrich. Für sich. Wenn ich 'n nur aus 'n Zimmer brächt'! Zu Mehlwurm. Da mach' ich Ihnen aber gleich drauf aufmerksam, Herr Meister, achtgeben heißt's kurios, denn es schleicht heutzutag ein Volk herum auf den Gassen, was eigens drauf ausgeht, Eh'männer zu beunruhigen und g'setzte Bräutigam' zu sakrifizieren. Leider, leider, – ich weiß's! Ein fufzig Schritt von hier steht auch einer; wie ein Jäger schaut er aus, der spekuliert immer auf das Haus herüber. Was kann er wollen? Mehlsäck' schnipfen g'wiß nit, also hat er andere Absichten. Die will ich ihm vertreiben. Will fort, kehrt aber gleich wieder um. Du, Lenerl, gehst jetzt in das Zimmer hinein! für sich. Das is mir ungelegen. zögernd. Warum? Ich könnte ja – Geh nur, liebe See!', ich lass' dich nicht lang allein, bin gleich wieder bei dir! Führt sie in die Seitentüre links. für sich. Der sitzt mir schon auf, da is mir gar nicht bang. Jetzt will ich dem da unten das Handwerk legen. 15. Auftritt Fünfzehnter Auftritt Die Vorigen ohne Lenchen, dazu Cordula. Der gnädige Herr muß bald hier sein; mein Natzi schaut vom Bodenfenster in die Gegend, wo – Laß mich in Ruh' – Von der Herrschaft Birkenstein sind zwei Leute hier, Mehl zu kaufen. Ich hab' keine Zeit, mir gehn jetzt ganz andere Sachen in Kopf herum. Zu Eulenspiegel. Mach' Er sich kommod', Er g'fallt mir, und wenn Er auch keine Kundschaft hat, so will ich's doch a vierzehn Tage versuchen mit Ihm. Zur Mitte ab. 16. Auftritt Sechzehnter Auftritt Cordula; Eulenspiegel. für sich. Den Haushund hab' ich wegg'lockt, jetzt bleibt der Hausdrach' da. Eulenspiegel betrachtend, für sich. Der Mensch wär' so übel nicht, er hat so gewiß – für sich. Die Alte schaut mich an als wie ein Pudel ein kälbernes Bein; jetzt, Keckheit, steh mir bei, die werd' ich gleich auf meiner Seiten haben. Woher ist Er? Aus Sachsen, das kennt man ja gleich aus mein' Dialekt. Mein Bruder ist sehr leichtgläubig, daß er einen Menschen ohne Kundschaft aufnimmt. Ja wohl is er ein leichtgläubiger Mann! Cordula scharf betrachtend. Ich bin das nicht, ich bin meiner Sache gewiß. Welcher Sache ist Er gewiß? Daß ich die schöne Mündel des Meister Mehlwurm vor mir sehe. lächelnd. Er hat sich geirrt, ich bin Cordula, die Schwester des Müllers. O, wenn ich so eine Schwester hätt', wie selig wär' ich, jeder Liebe würde ich entsagen und ganz, aber ganz Bruder sein. für sich. Was der Mensch für süße Redensarten führt! verschämt. Ihr betrachtet mich so befremdend –? Will Er wirklich Arbeit nehmen bei uns? Ich wünsche es, oder – Sich verlegen stellend. sollte ich mich verraten haben? Verraten!? Du hättest mich erkannt, liebenswürdigste deines Geschlechts? äußerst verlegen. Gerechter Himmel, was will Er von mir? Leben oder Tod aus deinem Munde. Hinweg mit jeder Verstellung! Dieses Kleid war ein Vorwand, ins Haus zu kommen, ich bin – Marquis – aufschreiend. Marquis!? Marquis Amoroso, Edler von Vehementissimo. Aus Italien? Aus dem Land der welschen Glut. Auf 'n Ätna, grad das Haus neb'n 'n Krater, bin ich geboren. Jetzt können Sie sich denken, mein ganzes Geblüt is reine Lava. sich kaum zu fassen wissend. Edler Herr – Überall, in London, Paris, Stockerau, Neapel, Konstantinopel, Adrianopel und noch ein paar Opl hab' ich sprechen gehört von der schönen Mündel des Müllers Mehlwurm in Nelkenstein. Ich bin so verlegen – Das sieht man Ihnen an, daß Sie verlegen sein. Unwiderstehliche Sehnsucht zog mich hierher, gestern bin ich angekommen und habe diese Verkleidung gewählt, und – mit Koketterie. Jetzt haben Sie sich überzeugt, daß Sie sich geirrt haben? Im Namen wohl, aber nicht in der minniglichen Gestalt, nicht in den wonniglichen Eigenschaften; jünger kann die andere wohl sein Schwärmerisch. aber was ist Jugend gegen diesen ehrwürdigen Anstand, gegen diese reifliche, auf vieljährige Erfahrung gegründete Sanftmut? – O Gott –!! Wie fein Hochdieselben schmeicheln können! So wahr ich Marquis bin, kein unwahres Wort kommt über meine Lippen. O Geliebte –! Erfaßt ihre Hand und stürzt ihr zu Füßen. Was tun Sie? küßt unaufhörlich ihre Hand. O! Stehen Sie auf – Nicht eher, bis du mir gestattest, so lange hier unerkannt zu bleiben, bis du Gelegenheit gefunden, mich und meine Liebe zu prüfen! Küßt ihre Hand. 17. Auftritt Siebzehnter Auftritt Natzi; die Vorigen. stürzt herein, er ist mit Blumen geschmückt. Der Gutsherr is da, Frau Mutter, der Gutsherr! Eulenspiegel springt verlegen auf, Cordula prallt zurück. O Jegerl, was is das? Ein Mühlknecht kniet vor der Frau Mutter –?! unwillig. Was stürmst du denn herein, als ob das Haus brennte? D' Frau Mutter is rot im G'sicht als wie ein Pipperhahn! Lacht tölpisch. führt Cordula vor, nach einer Pause, im Tone des Vorwurfes. Das ist dein Sohn? mit gepreßter Stimme. Ich bin Witwe –! Ist schon über acht Jahr', der Knab' –? wie oben. Etwas – Ich hoffte dich als Mädchen zu finden. Im Gegenteil! wendet sich ab und verhüllt sich mit beiden Händen das Gesicht. O Cordulia! Warum hast du mir das getan!? Geht in die Seitentüre links ab. Der ist erst fünf Minuten im Dienst, was kann denn der schon ang'stellt haben, daß er sich niederkniet und d' Frau Mutter um Verzeihn bitt't? Du bist ein Esel! Versteht sich! Der Vetter bedauert oft, daß ich keiner bin; denn er sagt, wenn ich einer wär', so wär' ich in der Mühl' ein nützliches Geschöpf. für sich. Wie soll ich den Aufruhr in meinem Innern verbergen? Festliche Musik inner der Szene. Der gnädige Herr kommt! Komm d' Frau Mutter, die Festivität fangt an. Er zieht sie mit sich fort. Sie wirft Küsse gegen die Türe, durch welche Eulenspiegel abging. Verwandlung Freier Platz vor dem Schlosse. 18. Auftritt Achtzehnter Auftritt Mädchen und Pursche mit Blumenkränzen stehen zu beiden Seiten gereiht. Specht ist beschäftigt, Ordnung im Ganzen zu halten. Mit dem Aufziehen der Kurtine beginnt folgender Chor, an dessen Schlusse Nelkenstein, von Dienerschaft begleitet, eintritt. Ihr habt in unsre Mitte hier Gnädig Euch herbegeben, So große Freude hofften wir Schon nicht mehr zu erleben. Mit Euch zieht Glück in diese Hallen ein, Aus vollem Herzen laßt uns Vivat schrein! Vivat! Dorothea und Natzi treten hinter dem Gutsherrn auf und stellen sich zu Specht links in den Vordergrund. nach dem Chore. Ich dank' euch, liebe Leute! Euer Empfang war herzlich; hat mir viel Freude gemacht. Zu gnädig, Euer Gnaden; aber Hochdieselben glauben nicht, wie mühsam ich ihnen das eingebleut hab'! Todesstrafe auf ein Vivat zu wenig oder zu viel, darum ist es gegangen. Nun, mein alter Specht – Erlauben Hochdieselben höchst untertänigst – Zu Dorothea. fang dein Gedicht jetzt an! Ja, Papa! Langsam und deutlich! Ja, Papa! Wird's werden oder nicht? Ja, Papa! Tritt vor, verneigt sich und fängt an, mit ungeschickter Ängstlichkeit ohne Bewegung zu deklamieren. Von fernen Ländern kommt Ihr her, Schon lange stand dies Schloß hier leer, Wir – wir – zupft sie am Kleid und souffliert. Wir sahen – deklamiert. Wir sahen – wie oben. Her – wie oben. Wir sahen her – her – wie oben. Wir sahen hin. zu Specht. Aber zupf' mich der Papa nicht immer, das ganze schöne Kleid wird ruiniert. leise und grimmig. Wirst weiter deklamieren! Ja, Papa! Deklamiert. Wir sahen hin – leise. Mach' doch Auktionen mit der Hand! leise. Sie machen mich konfus, Papa; ich weiß nit weiter – leise und grimmig. Wie ein Stock is das Madel! glaubt, er habe souffliert, deklamiert. Wie ein Stock – aufschreiend. Halt ein, Unglückliche! Wie wir nach Haus kommen, so vernicht' ich dich. begütigend. Ruhig, Specht, was kann das Mädchen davor? Eine kleine Verwirrung – Ich bin desparat – Ich kann ja das Gedicht von lauter Zuhören, ich werd's gleich fertig deklamieren. entzückt zu Natzi. O Retter in der Not! Indem Natzi vortritt. Und nur schön, mit Agierung, Mussi Natzi! deklamiert monoton und äußerst schnell, mit den Bewegungen einer Marionettenfigur. Von fernen Ländern kommt Ihr her, Schon lange stand dies Schloß hier leer, Wir sahen her, wir sahen hin, Im Schlosse war kein Gutsherr drin. Und Euere Abwesenheit Erfüllte uns mit Herzeleid, Wir dachten nun in einemfort: Warum weilt er am fernen Ort? Wär't Ihr noch lange ausgeblieb'n, Der Gram hätt' uns bald aufgerieb'n, Allein das Schicksal Stockt. wol – wollte – Bricht plötzlich ab. Jetzt kann ich nicht weiter. Jetzt soll wieder die Dorothee – lächelnd. Es ist genug – ich bin überzeugt – Aber der Natzi hätt' noch singen sollen. tritt sogleich vor. Ja, jetzt kommt erst der G'sang. Nein, diesen Genuß will ich mir durchaus auf ein andermal versparen. Wie es gefällig ist. zu Natzi. Wir haben keine Ehr' aufgehoben. Ah, ich hab' ihm sehr gefallen. Mein lieber Specht, Ihr speist heute bei mir. entzückt. Diese Auszeichnung – zu den übrigen. Und euch gebe ich allen nächsten Sonntag ein Fest. Jetzt geht nach Hause. Nur einmal Vivat schreien lassen s' Euer Gnaden noch! Winkt mit dem Hut. Vivat! Sie gruppieren sich mit den Blumengirlanden gegen das Tor des Schlosses, in welches Nelkenstein, von der Dienerschaft begleitet, eintritt; währenddem wiederholt sich das Ende des vorigen Chores. Mit Euch zieht Glück in diese Hallen ein, Aus vollem Herzen laßt uns Vivat schrein! Der Vorhang fällt. 2. Akt 1. Auftritt Erster Auftritt Nelkenstein, dann Friedrich. allein. Der Empfang hat mich wirklich unterhalten, das muß ich gestehn. Na, dem alten Specht will ich zutrinken bei der Tafel – aber wo ist denn Heinrich? Heda! Friedrich zeigt sich im Hintergrunde. Ruf' Er meinen Jäger! Da kommt er soeben, Euer Gnaden. Friedrich entfernt sich. Heinrich tritt ein. 2. Auftritt Zweiter Auftritt Nelkenstein, Heinrich. Wie kommt's denn, daß du der letzte bist, der mir in meinem Schlosse entgegenkommt? Ach, gnädiger Herr – Fehlt dir etwas? Du bist auch nicht mehr der aufgeräumte, heitere Pursche, der du sonst warst – dir ist etwas begegnet? seufzend. Ach ja! Vielleicht gespielt und verspielt? Nun, der Schade wird so groß nicht sein. Ich habe mir vorgenommen, dir jetzt deine treuen Dienste zu lohnen; bei dem räuberischen Überfall, als wir vergangenen Herbst von Neapel zurückkehrten, dankte ich nur deiner Unerschrockenheit mein Leben. Ich entlasse dich daher deines bisherigen Dienstes und gebe dir die schöne Försterei hier in der Nähe meines Stammschlosses. Bester gnädiger Herr! So viele Güte – ach! – Was? Auf diesen Antrag erwiderst du noch mit »Ach«? – Halt! Jetzt hab' ich's – du bist verliebt? Euer Gnaden haben's erraten. Nun, ein Förster braucht eine Försterin, nimm sie, ich halte die Hochzeit glänzend aus. Ich bekomm' sie nicht, ihr Vormund, der reiche Mehlwurm, will sie selbst heiraten; das ist ja mein Unglück. Der soll vernünftig sein. Er glaubt, das ist vernünftig, wenn er heiratet. Der alte Narr! – Liebt dich das Mädchen? Unendlich. Und du liebst sie auch unendlich, treu seid ihr einander auch unendlich, das versteht sich alles von selbst; aber was ist mit dem Müller anzufangen? Das ist der eigensinnigste, wachsamste, boshafteste und verliebteste Vormund, den ich je gesehn. Gewalt läßt sich da nicht anwenden. Ich baue nur noch auf die Verschlagenheit eines Menschen, den mir das Glück zuführte. Und der ist? Ein gewisser Eulenspiegel. Was? Der ist hier? Den wünschte ich schon lange kennen zu lernen. 3. Auftritt Dritter Auftritt Friedrich; die Vorigen. Ein Knecht aus der Mühle des Meister Mehlwurm verlangt durchaus bei Euer Gnaden vorgelassen zu werden. Was will er? leise zu Nelkenstein. Er ist es ohne Zweifel. zu Friedrich. Laß ihn kommen! Friedrich ab. Eulenspiegel sagte mir, er wolle in der Mühle Dienste nehmen, um dort zu meinem Besten zu handeln. Was kann er aber von mir wollen, der sonderbare Kauz? 4. Auftritt Vierter Auftritt Eulenspiegel; die Vorigen. im Eintreten. Na, das g'freut mich unendlich, daß ich Euer Gnaden einmal wieder seh'! Was treiben S' denn allweil? Wo waren S' denn die ganze Zeit? Woher kennst du mich denn? Ich habe wohl viel von deinen Streichen gehört, aber zu Gesicht gekommen bist du mir noch nie. Ah, das is stark! Wir waren so genau miteinander bekannt, es war in Dings da – vor zwölf Jahren – Vor zwölf Jahren? Da lebte meine Gemahlin noch – Die hat noch g'lebt, richtig! Da war ich in Frankfurt. Richtig, in Frankfurt war's, da waren wir sehr gut miteinand'. erstaunt. Wir? Sehr gut, wir haben einander gar nix getan. Das glaub' ich. Ich bin grad unterm Kaffeehaus g'standen, da sein Ew. Gnaden vorbeig'fahren. Das also ist die ganze Bekanntschaft? O nein, ich hab' mir damals noch gedacht: Wenn der heut' ins Bierhaus kommt, so trink' ich die Bruderschaft mit ihm auf du und du. Sie sein aber nicht 'kommen. Du Schalksnarr! Hm, Euer Gnaden, ich könnt' auch noch eine Forderung machen. Eine Forderung an mich? Euer Gnaden haben mich damals, wie S' vorbeig'fahren sein bei mir, angeschaut mit einem G'sicht, als wenn Sie mir fünfzig Gulden versprecheten. Na, denk' ich mir, dem Mann kann ich schon fünfzig Gulden aufs G'sicht kreditieren, da brauch' ich nix Schriftliches; hab' Euer Gnaden fahren lassen, und seit der Zeit, als wenn S' mir ausg'wichen wären, ich hab' Ihnen nicht mehr g'sehn; jetzt wär' ich halt da um das Geld. lachend. Du Gauner, du! Ich muß lachen über dich, und da kommt es mir auf fünfzig Gulden nicht an; da nimm! Gibt ihm einige Dukaten. Das ist halt ein pünktlicher Mann, zahlt seine Schulden, ohne daß man ihn klagt. Jetzt aber zur Sache! Du hast meinem Jäger versprochen, ihm zum Besitze seiner Geliebten zu verhelfen. So was is eine Kleinigkeit für mich. Du bist ein Großsprecher; die Sache ist schwierig. Ja, da muß man halt ein Genie sein. Wir wollen sehen, was du kannst. Übrigens muß ich dir nur sagen, ich habe in meiner Jugend auch manchen listigen Streich ausgeführt. Ah, gegen mich kommen Euer Gnaden nicht auf. Das käm' auf eine Probe an. Mich fängt jetzt die Sache an doppelt zu interessieren. Ich werde selbst einen Plan ersinnen, dem Alten die Mündel wegzukapern, du magst nach deiner Idee handeln, es wird sich zeigen, wessen Erfindungsgeist zum Ziele führt. Studieren Euer Gnaden aus, was Sie wollen, mein Plan wird gelingen, und Sie brennen mit dem Ihrigen ab. Es gilt, Prahlhans; bist du der Sieger, so bekommst du hundert Dukaten, und wenn du willst, eine bleibende Stätte auf meinem Gute. Und wenn Euer Gnaden den Sieg der Pfiffigkeit erringen, so stell' ich Ihnen – denn ich bin jetzt nicht bei Kassa – einen Wechsel von fünfhundert Dukaten aus, a vista zahlbar fufzig Jahre nach Sicht. Ich sag' dir nur, waffne dich mit all deinen Ränken und Schwänken, wenn du mit mir in die Schranken trittst. Zu Heinrich. Nach der Tafel, Heinrich, besprechen wir ein weiteres. Geht in die Seitentüre rechts ab. 5. Auftritt Fünfter Auftritt Die Vorigen ohne Nelkenstein. Ist das nicht der beste Herr auf der ganzen Welt? Gütig und freigebig, ein fideler Mann. Sprich nun, was hast du für mich getan? Was in der kurzen Zeit möglich war. Ich bin Mühlknecht unter dem Namen Ulrich und werd' Ihnen in dieser Stund' noch eine Zusammenkunft mit der Auserwählten verschaffen. Wo? Bei ihr im Haus. Unmöglich! Ich hab' in der G'schwindigkeit ein Faß hergericht't mit einem geheimen Zug, daß es von auswendig und inwendig zum Aufmachen is. In das steigen Sie hinein, und das Faß müssen dann ein paar g'scheite Hausknecht' vom Schloß nicht in die Mühl', sondern gradenwegs in' Müllner sein Zimmer tragen und sagen: es soll mit Mehl ang'füllt werden. Wenn mich aber der Müller entdeckt? Für das werd' ich schon sorgen. Im günstigen Augenblick lass' ich Ihnen heraus. Sie reden mit der Ihnrigen, die Ihnrige red't mit Ihnen, ich red' mit Ihnen allen zwei'n, und da wird dann die ganze Pasteten abg'macht, was zu geschehen hat. Ich folge dir blindlings und eile, das Nötige zu besorgen. Ab. 6. Auftritt Sechster Auftritt Eulenspiegel allein. Bild't sich der alte Herr von Nelkenstein ein, er wird die Sach' pfiffiger anstellen als ich, das is der Müh' wert! Na, es is ihm zu verzeihn; es is ja heutzutag' die herrschende Krankheit, daß gar so viel Leut' an der Einbildung leiden. Lied 1. Mancher fahrt in ein' Lehnwag'n und bild't sich fest ein, Daß d' Leut' glaub'n, d' Equipage, die g'hört sein; Mancher Sänger halt't sich für ein' echten Tenor, Singt aber den Leuten im Falsett alles vor; Mancher sagt: »Ich bin Hausherr!«, 's is nur a leer's G'schwätz, Schaut man nur ins Grundbuch, is 's Haus voller Sätz'; Mancher baut sich a Haus um viel tausend Guld'n Münz', Dreißig Jahr' g'hört dem Baumeister aber der Zins. Ich sag's, 's kann nix G'spaßigers geb'n, Als wenn d' Leut' in der Einbildung leb'n. 2. Viele Mädeln führ'n über Musik's große Wort, Und können kaum auf der Gitarre zwei Akkord'; Viele reden zehn Wörter mit an und mit en Französisch akzentuierend. Nacher glauben s', jetzt können s' französisch reden schön; Viele bilden sich ein, es is für die Brust gut, Wenn man auf ein' Galopp gleich ein G'frornes essen tut; Manche glauben, der Putz, das Blühend-Rougier'n Wird ihnen gewiß noch ein' Mann prokurier'n; Ich sag's, 's kann nix G'spaßigers geb'n, Als wenn d' Leut' in der Einbildung leb'n. 3. Wenn einer ein' tüchtigen Haarbeutel hat, Daß er wagelt, der bild't sich g'wiß ein, er geht grad, Mancher trinkt viel und glaubt, er tut dick werd'n davon, Derweil meld't sich bloß eine Wassersucht an, Mancher singt was und glaubt, es muß g'fallen das Lied, Derweil geht er ab, und kein Mensch applaudiert, Mancher glaubt, die Verwandten sind in ihn ganz verliebt, Derweil sein s', wenn er lang lebt, alle betrübt; Ich sag's,'s kann nix G'spaßigers geb'n, Als wenn d' Leut' in der Einbildung leb'n. Verwandlung Zimmer im Hause des Müllers mit Mittel- und Seitentüren, wie im ersten Akte. 7. Auftritt Siebenter Auftritt Lenchen, Natzi, Peppi treten zur Mitteltüre ein. zu Natzi, welcher ihr auf Schritt und Tritt folgt. Was verfolgst du mich denn immer? Soll ich mich von dir auch quälen lassen? Ich muß achtgeben auf dich, d' Frau Mutter hat's g'schafft. Wer weiß, ob es wahr ist; mir scheint, 's ist nur eine Wichtigmacherei vom Mussi Natzi. zu Peppi. Und wenn sie mir's auch nicht geschafft hätte, so gibt mir unsere nahe Verwandtschaft das Recht, die Lenerl in der Korda zu halten. spöttisch. Na, freilich, weil die Verwandtschaft gar so nahe ist. zu Peppi. Das versteht Sie nicht. Die Cousine von ihrer Mutter war die Godel von meinem Stiefbrudern seiner Schwägerin ihrer Ziehtochter, das gibt mir zu gleicher Zeit Neveu- und Herr-Onkel- Rechte über sie. Ich werde mich überwinden und werde dem Vormund so lang schmeicheln, bis er dich einmal derb durchprügelt. zu Lenchen gewendet. O, mich schützt meine Frau Mutter vor jedweder Unbill und widerrechtlicher Antastung meiner Person. zeigt am Ende dieser Rede hinter Natzis Rücken Lenchen, welche auf der entgegengesetzten Seite steht, ein Billett und winkt ihr zu. einen Vorwand suchend, Peppi zu sich herüberkommen zu lassen. Peppi, mich sticht hier eine Haarnad'l, sei so gut – Gleich, liebe Mamsell – Läuft zu Lenchen hinüber. sie aufhaltend und dazwischentretend. Halt! Die Spitzbübereien kenn' ich; wer weiß, was d' Lenerl sticht. Zu Peppi, indem er sie an die linke Seite des Zimmers führt. Soll vielleicht ein Brieferl zug'steckt werden? Sie hat heut' früh beim Milichholen mit dem Jäger diskriert, das is verdächtig. Zu Lenchen gewendet, welche an der rechten Seite steht. Ich bin ein Pfiffikus, mich betrügt man nicht so leicht wie mein' Herrn Vettern. Aber, Mussi Natzi, was haben Sie denn für einen schwarzen Fleck auf Ihrem neuen Anzug? Einen Fleck? Wo denn? Geht zu ihr. Da grad beim Kragen. Wendet ihn und steckt ihm den Brief wie einen Papierhaarzopf an den Rockkragen. Na, wenn das die Frau Mutter sieht! Ich glaub', Sie foppt mich. Fragen S' die, Mamsell Lenerl, wenn S' mir nicht glauben. geht zu Lenchen hinüber. Du, Lenerl, schau' her da, hab' ich da richtig ein' schwarzen Fleck? Wendet sich so gegen sie, daß sie den im Rockkragen steckenden Brief sehen muß. den Brief nehmend. Freilich. Klopft ihn einigemal, ihren Zorn auslassend, tüchtig auf den Rücken. So, jetzt ist er schon weg. wieder in die Mitte vortretend. Das kann ich nicht begreifen, wo ich mir den Fleck g'macht hab'. Ich werd' jetzt in meine Kammer gehen. Da geh' ich mit. Was? Auch in meiner Kammer soll ich keine Ruhe haben vor dir? Ich muß auf deine Seufzer lauschen, um den Zustand deiner Seele zu beurteilen und der Frau Mutter zu rapportieren. geht auf Peppis Wink in die Seitentür rechts ab. will ihr folgen. 8. Auftritt Achter Auftritt Die Vorigen ohne Lenchen. Natzi zurückhaltend. Aber, Natzi, lassen Sie s' gehn; fürchten S' Ihnen denn, mit mir allein zu sein? Fürchten? Es war eine Zeit, wo Sie g'schnappt hätten nach einer solchen Gelegenheit, mit mir zu sprechen. Du hast mich von dir gestoßen durch Sprödigkeit. Hab' ich anders können als sittsamer Dienstbot'? Bist du also jetzt nicht mehr sittsam? Sie haben ausg'schaut heut' in dem Anzug – so schön – so schön, daß mein Herz ganz – Also haben meine Reize endlich den Sieg davongetragen über landmädlerische Grundsätze und dienstbotische Ziererei? Duett Der Liebe süß Entzücken Strahlt mir aus Euren Blicken, Nur Ihr könnt mich beglücken, Nur Eure Lieb' allein; Doch konnte ich's nicht wagen, Was in mir glüht, zu sagen, Schon wollte bangen Klagen Ich mich auf ewig weihn. Wenn sanfte Lüfte wehen, Werd' ich mit dir ausgehen, Und dann sollst du es sehen, Wie ich dich werd' traktier'n. Ein Kälbernes mit Knofel Ist gut, doch etwas pofel Und ich, ich bin nicht schofel, Zahl' dir a Plutzerbirn'. PEPPI, NATZI zugleich. Wann wird die Zeit erscheinen, Die uns so wird vereinen, O wär' es nur schon heut'! Komm bald, du schöne Zeit! In Scherzen und in Lachen Fliehn sanft die Stunden hin, Der Frohsinn wird erwachen Im liebetrunknen Sinn. Ich lasse Hendln bachen, Wenn ich bei Kassa bin, Kühlen Champagner krachen, Sind auch zwei Gulden hin. Sprich, ist das wahr? O zweifle nit! Und ist's Geld gar? Geht's auf Kredit. In Scherzen und in Lachen Fliehn sanft die Stunden hin, Der Frohsinn wird erwachen Im liebetrunknen Sinn. Ich lasse Hendln bachen, Wenn ich bei Kassa bin, Kühlen Champagner krachen, Sind auch zwei Gulden hin. Nach dem Duett beide ab. 9. Auftritt Neunter Auftritt Lenchen allein, aus der Seitentüre rechts kommend. Ist der fatale Pursche endlich fort? – Mein Heinrich schreibt mir, er will sich ins Haus hereinschwärzen lassen, mir scheint der Plan gefährlich; wenn ich nur mit Ulrich sprechen könnte! 10. Auftritt Zehnter Auftritt Cordula, Natzi, Peppi; Die Vorige. führt Natzi am Ohr herein. Da her, du abscheulicher Bub, du! Ich kann nix davor! Beste Madame – Sie wird mit Schand' und Spott davongejagt! Sie hat mir Schlingen gelegt, ich kann nix davor! Das ist nicht wahr, ich bin froh, wenn er mir vom Hals geht. Das kann ich bezeugen, auf Schritt und Tritt geht er der Peppi nach. grimmig zu Natzi. So? Na, wart'! ängstlich. Ich kann nix davor. zu Lenchen. Mir scheint aber, aus dir spricht die Eifersucht. Untersteh dich, du gehörst für meinen Bruder und nicht für den Natzi; es darf sich nichts entspinnen zwischen euch. Ich kann ihn ohnedem nicht leiden. Mir ist sie verhaßt, mit der Lenerl hab' ich nicht das geringste Liebesverständnis. CORDULA Aber mit der Peppi? Na, ich will dich lernen, mit den Dienstleuten charmieren! Ich kann nix davor. als ob sie etwas suchte. Wo ist denn der Scheckel? weinend. Ich soll einen Schilling krieg'n, ich werd's nimmermehr tun. Der Pursche verdient Züchtigung. schreit. 11. Auftritt Elfter Auftritt Mehlwurm, Eulenspiegel; die Vorigen. Was gibt's denn da für ein' Spektakel? Ich soll einen Schilling kriegen. Das is recht, aber nur da nicht, ich brauch' Ruh', ich weiß ohnedem nicht, wo mir der Kopf steht. Zieht ein Papier aus der Tasche und liest. betrachtet Cordula mit sehnsuchtsvollen Liebesblicken. für sich. Wie zärtlich mein Marquis auf mich herübersieht! Sie macht ihm einige verliebte Zeichen als Erwiderung. nachdem er sein Verzeichnis durchlesen. Die ganze Welt will auf einmal mit Mehl versorgt sein, über hundert Säck' – du, Cordula! Bemerkt ihre Zeichen, Cordula wiederholt dieselben, weil sie sich unbemerkt glaubt, Mehlwurm dreht sich um, um zu sehen, auf wen die Zeichen gehen. wie er dies merkt, geht ganz unbefangen herum und singt. zu Cordula. Aber, Schwester, was machst denn für Faxen? erschrickt. Ich –? Ich hab' dem Natzi – ungeduldig. Meister, werd' ich nicht bald ein' Arbeit krieg'n? Ich kann keine Viertelstund' müßig sein. zu Eulenspiegel. Da nimm das Verzeichnis Gibt ihm das Papier. und geh dort ins Zimmer hinein. Zeigt auf die Seitentüre links. Da ist der Vorrat aufnotiert, schau' nach, ob so viel da ist, als weggeschickt werden soll. Gleich, Meister! Geht mit starken Tritten in die Seitentüre links ab. für sich, indem sie Eulenspiegel schmachtend nachsieht. In jedem Schritt erkennt man den echten Marquis. Ein braver Pursch', der Ulrich; so einen Knecht hab' ich nicht g'habt, solang ich Müllner bin. beiseite. Das glaub' ich. Du, Lenerl, gehst jetzt wieder in deine Kammer hinein. Mußt aber kein Zeichen mit 'n Blumenstock geben. Verschmitzt lachend. Denn jetzt bin ich zu Haus. will antworten, besinnt sich und geht, ohne etwas zu erwidern, in die Seitentüre rechts ab. Sie schämt sich, das is schon ein gut's Zeichen. Zu Cordula. Du, Schwester, gehst und schaust beim Aufladen nach. Gleich, gleich! Zögernd für sich. Wenn ich nur ein paar Worte mit meinem Marquis reden könnt'! Wird's werden oder nicht? Nun ja, ich geh' ja schon. Geht zur Mitte ab, indem sie noch immer nach der Türe zurückblickt, wo Eulenspiegel abgegangen ist. Ich weiß gar nicht, wie mir das Weib vorkommt. 12. Auftritt Zwölfter Auftritt Mehlwurm, Natzi. für sich. Ich begreif' nicht, warum d' Frau Mutter so d' Augen verdraht. Du hast heut' wieder den ganzen Tag noch nichts gearbeit't. Nein, heut' nicht. Will zur Mitte ab. Wohin denn? A bissel ausrasten. Du Tagdieb, du fauler! Dageblieben! Du stellst dich daher Stellt ihn vor die Türe von Lenchens Kammer. und gibst acht, daß die Lenerl ja nicht herausgeht. Das is eine z'widere Kommission! Nicht gemuckst! 13. Auftritt Dreizehnter Auftritt Steffel, Sebastian; die Vorigen. Steffel und Sebastian tragen ein Faß herein, in welchem Heinrich steckt. So, da stell'n wir's nieder. Stellen das Faß ins Zimmer. verwundert. Was gibt's denn da? Ein leer's Faß. Das soll ang'füllt werd'n bis morgen mit Mehl, vom allerfeinsten. 's g'hört aufs Schloß. Wer tragt denn ein Faß ins Zimmer herein? Das g'hört ja in die Mühl'. Wir haben nit lang Zeit zum Herumfragen. Jetzt is's einmal da. Adies! Beide ab. 14. Auftritt Vierzehnter Auftritt Mehlwurm, Natzi. Grob ist das Volk vom Schloß, das muß ich doch mit nächstem dem gnädigen Herrn melden. Jetzt muß ich ein paar Knecht' holen, daß s' das Faß in die Mühl' transportieren. Geht zur Mitte ab. 15. Auftritt Fünfzehnter Auftritt Natzi, dann Heinrich. Jetzt muß ich da Schildwach' stehn. Die Lenerl und mich, uns drucken zwei verschiedene Schuh'. Sie mag nit heiraten und hat einen Bräutigam, und ich heiratet für mein Leben gern, aber bei mir brautet sich nichts. Soll denn gar kein solcher Gegenstand auf zutreiben sein? – Jetzt muß ich durchs Schlüsselloch schaun, was die Lenerl macht. Schaut durchs Schlüsselloch. öffnet nach einer kleinen Pause das Faß und will heraus. sieht sich bei dem Geräusch um und sieht Heinrich. ohne Natzi zu bemerken. Alles ist fort. Vielleicht kann ich jetzt mit meinem Lenchen sprechen. Erblickt Natzi. Verdammt! Will ins Faß zurück. O Jegerl, das is der Jäger! Herr Vetter! Herr Vetter! Schweig, Bube, oder – Ich bin kein Bube, ich bin schon freigesprochen! Heda! Mörder! Dieb'! Straßenräuber! Mordbrenner! Feuer! Erdbeben! Wolkenbruch! Herr Vetter! Läuft schreiend zur Mitteltüre hinaus. noch halb im Fasse. Verdammter Bub! Was fang' ich jetzt an? 16. Auftritt Sechzehnter Auftritt Heinrich, Eulenspiegel. aus der Seitentüre links kommend. Was g'schieht denn da? Erblickt Heinrich. Mussi Heinrich, was ist's – Der dumme Natzi hat mich durch meine Unvorsichtigkeit entdeckt. Verzeihen Sie, da waren Sie dumm und nicht der Natzi. Alles ist verraten. Sie kommen schon. G'schwind heraus und da in den Kleiderkasten hinein. aus dem Fasse steigend. Ja, wenn aber – Nur g'schwind, sonst ist die ganze Pasteten verdalkt. Schiebt Heinrich in den Kleiderkasten, welcher neben der Türe an der Wand steht. 17. Auftritt Siebzehnter Auftritt Natzi, Eulenspiegel. Der Vetter wird gleich da sein, er holt nur die Knecht'! zu Natzi. Die Knecht'? Wegen was denn? geheimnisvoll. Der Jäger steckt dort in dem Faß. Warum nicht gar! Ich hab'n selber g'sehn. In Faßboden is eine Tür, zur Hälfte is s' ja noch offen. Das muß ich doch sehn. Sieht in das Faß. Es is ja nix drin. Was wär' das? Sieht auch hinein. Da hat dem Mussi Natzi was traumt. in höchster Verwunderung. Ich hab'n ja selber g'sehn. Warum nit gar. Es hätt' ja gar kein Mensch Platz in dem Faß. Was, kein Platz? Da muß ich Ihn doch überzeugen. Steigt ins Faß. Ich kann's nicht glauben. Na, da schau' der Ulrich her! Er bückt sich so, daß er ganz im Fasse ist. Wahrhaftig! Und sitzt man kommod drin? im Fasse. Ganz kommod. schlägt den Faßdeckel zu. No, so bleib' drin a vierundzwanzig Stund'. schreit im Fasse. Was ist das? Aufgemacht! Aufgemacht! 18. Auftritt Achtzehnter Auftritt Mehlwurm, Mühlknechte; die Vorigen. mit den Knechten hereinstürmend. Wo ist der Madlrauber? Im Faß, hat der Natzi g'sagt, g'sehn hab' ich 'n nit. schreit und poltert im Fasse, wodurch seine Stimme unkenntlich wird. Zu was braucht man ihn zu sehn, man hört'n ja. Nur fort, angepackt, und stellt das Faß dem gnädigen Herrn grad in sein Zimmer, daß er den sauberen Vogel kennenlernt. Gegen das Faß, in dem Natzi lärmt. Schrei, wie du willst, nur fort! Die Knechte nehmen das Faß und wälzen es hinaus während dem folgenden Chor. Nur angepackt, der wird es spür'n, Wenn wir aufs Schloß ihn transportier'n. Während das Faß fortgewälzt wird, brechen Mehlwurm und Eulenspiegel in heftiges Gelächter am, jeder charakterisiert seinen besonderen Beweggrund. Der Vorhang fällt. 3. Akt 1. Auftritt Erster Auftritt Eulenspiegel, Friedrich. gegen die Seitentüre rechts horchend. Mir scheint, sie sind schon aufgestanden von der Tafel. kommt aus der Seitentüre links, einen Bündel in der Hand. So! Da is jetzt ein vollständiger Anzug vom Heinrich. Gibt Eulenspiegel den Bündel. Aber sag' Er mir nur – Der gnädige Herr kommt! Verbirgt sich mit dem Kleiderbündel hinter dem Schirme. 2. Auftritt Zweiter Auftritt Nelkenstein, Johann; die Vorigen. tritt aus der Seitentüre rechts, Johann hinter ihm. Friedrich! Geh dem alten Specht nach, ich habe ihm etwas zu stark zugetrunken. Sorge dafür, daß ihm weder Spott noch Unglück widerfahre. Ich werd' ihn schon nach Hause bringen. Das will er nicht, er sagt, er habe dem Müller das Wort gegeben, zu einer wichtigen Konferenz bei ihm zu erscheinen. Führ' ihn also dahin! Sogleich, Euer Gnaden! Geht zur Mitte ab. 3. Auftritt Dritter Auftritt Nelkenstein, Johann. Wo mag denn mein Heinrich stecken? Ohne Zweifel im Hause des Müllers. Was nützt aber das alles? Im Guten wird der Alte nie seine Einwilligung geben. Wäre ich an Heinrichs Stelle – So würdest du Gewalt brauchen? Das wäre gefehlt. Nicht gerade Gewalt, sondern nur so, wie man's nimmt. Ich würde die Mündel entführen, mich dann in der Stille mit ihr trauen lassen, und der ganze Handel wäre vorbei. Glaubst du denn, diese Unternehmung wäre so leicht? Sehr leicht, Euer Gnaden. Alle Abend geht das schöne Lenchen mit den Mägden zum Stadtbrunnen, wo diese unter ihrer Aufsicht die Wassereimer füllen; da dürfte man also nur, von der Dämmerung begünstigt, mit ein paar gescheiten Kameraden auf der Lauer stehen, man stürzt hervor, nimmt das Mädl um die Mitte und ist mit ihr über alle Berge. Schau', Johann, mich interessiert die Sache Heinrichs wegen, auch gilt es eine Wette. Hättest du wohl Lust, den Anschlag, so wie du gesagt, auszuführen? Wenn Euer Gnaden befehlen – Heute noch! Euer Gnaden können sich verlassen darauf! 's versteht sich, reinen Mund! Auch Heinrich darf nichts wissen davon. Sehr wohl! Ich werde gleich meine Dispositionen getroffen haben. Geht zur Mitte ab. 4. Auftritt Vierter Auftritt Nelkenstein, Eulenspiegel hinter dem Schirm. Es hat einen eigenen Reiz für mich, dem famosen Eulenspiegel zu zeigen, daß ich noch listiger sein kann als er. tritt hinter dem Schirme hervor und sagt für sich leise. Um'kehrt wird ein Strumpf draus! Eilt leise und mit Behutsamkeit, den Bündel in der Hand, zur Türe hinaus. welcher dies nicht bemerkte, in seinem Selbstgespräche fortfahrend. Johann ist ein unternehmender Kopf und ein Pfiffikus, sein Anschlag gelingt ohne Zweifel. 5. Auftritt Fünfter Auftritt Nelkenstein, Hans, Jakob. Man hört einigen Tumult von außen. Was soll das? Hans und Jakob walzen das Faß zur Türe herein und stellen es auf. erstaunt. Was wollt ihr denn? Der Meister schickt uns her, wir sollen nur sagen, daß wir das feine Mehl bringen, was Euer Gnaden haben bestellen lassen. Gehört das hierher? Der Meister hat's so g'schafft. Der Alte ist verrückt! Den Augenblick schafft mir das Faß fort. Verzeihen Euer Gnaden ganz untertänigst, aber das Hemd ist uns näher als der Rock. Der Meister gibt uns Brot, dem müssen wir folgen. Hat sich während dieser Worte immer mehr mit Jakob zur Türe retiriert. Beide drücken sich dann schnell hinaus. 6. Auftritt Sechster Auftritt Nelkenstein, Natzi im Fasse. Unbegreifliche Dreistigkeit! Was er nur damit will? klopft im Fasse. glaubt, man habe an der Türe geklopft. Herein! Wer klopft? – Es ist niemand, ich muß mich getäuscht haben. klopft wieder. wie oben. Herein! – Ich muß doch sehen. Geht zur Türe, öffnet sie und kehrt dann wieder zurück. Es ist niemand; das ist doch sonderbar! klopft wieder. Schon wieder? klopft sehr stark. Alle Teufel! Das ist ja im Fasse – schreit. Aufg'macht! Aufg'macht! das Faß untersuchend. Sollte das ein Schwank vom Eulenspiegel sein? Halt, hier seh' ich einen Schuber. Er zieht an demselben, der Deckel geht auf. steigt in die Höhe. Tausend sapprawalt! Erblickt Nelkenstein. O Jegerl! Der gnädige Herr! Bursche! Wie kommst du hierher? erschrocken. Herg'walzt haben s' mich. ruft zur Türe hinaus. Heda! Bediente! Barmherzigkeit! Fällt auf die Knie. Zwei Bediente treten ein. zu den Bedienten. Tragt das Faß hinaus! Die Bedienten gehen mit dem Fasse ab. zu Natzi, welcher noch ängstlich knien bleibt. Was fürchtest du denn? Schläg'. Warum denn? Weil Sie ein gnädiger Herr sein. Einfaltspinsel, steh auf! aufstehend. Also sein Sie nicht bös auf mich? Nicht einverstanden mit die Spitzbuben? Dann bitt' ich um Rache. Erzähle mir! Nur Rache! Zuerst mußt du mir ja – In mir ist die Menschheit beleidigt. Das zweifle ich, darum erzähle mir erst. Die ganze Sache ist so – dann aber Rache! Der Jäger von Euer Gnaden war in dem Faß, ich hab'n g'sehn. für sich. Aha! Ich ruf den Vettern; der neue Mühlknecht, der Ulrich, kommt dazu, ich wieder zurück, er will's nicht glauben, daß man im Faß sitzen kann, ich zeig' ihm's, er schlagt den Deckel zu und laßt mich fortwalzen. bricht in lautes Gelächter aus. O, da is gar nix zum Lachen dran! Lassen sich Euer Gnaden nur einmal kugeln von der Mühl' bis daher – das war eine Empfindung! Ich bin ohnedem dem Schwindel ergeben – ich ruf' in der Todesangst in einem fort: Ulrich! Ulrich! Aber der Ulrich hat getan, als höret er mich nicht. Dir ist recht geschehen. Man muß nicht über alles gleich einen Lärm machen, was man sieht, hübsch verschwiegen sein! Ich fordere aber Euer Gnaden zur Rache auf. Du bist ein Esel! Geht zur Seitentüre rechts ab. 7. Auftritt Siebenter Auftritt Natzi. Das Wort Esel, das is nicht seine Erfindung, das sagen die Leute so häufig zu mir, daß es für mich schon gänzlich den Reiz der Neuheit verloren hat. Es muß da eine förmliche Verabredung herrschen, denn es verbreitet sich zu stark. Das Auffallendste ist das, so oft ich hier auf der Gassen geh', so sagen s' immer hinter meiner: »Da schaut's den Esel an!« Aus Neid natürlich, weil ich eine reiche Frau Mutter hab'! Jetzt neulich mach' ich eine Reis' zu einem weitschichtigen Vettern, acht Stund' von hier, wie der mich sieht, war's erste Wort: »Da schaut's den Esel an!« Also is es klar, das Bonmot hat ihm einer g'schrieben von hier. 8. Auftritt Achter Auftritt Dorothea; Der Vorige. zur Mitte eintretend. Der gestrenge Herr verzeihn – o je, der Natzi! Die Dorothee! Sein Sie auch eingeladen g'wesen bei der Tafel? mit Beziehung. Ja, ich hab' müssen her, sie haben's gar nicht anders getan. Haben Sie sich gut unterhalten? Ich weiß nicht, ich beweg' mich nicht gern in solchen Zirkeln. Drückt mit der Hand pantomimisch das Wälzen des Fasses aus. Ich will mein' Papa abholen, wenn er noch nicht fort ist, es fangt an finster zu werden. Wollen Sie ihm leuchten mit die zwei schönen Äugelein? Hören S' auf, ich hab' heut' Augen wie ein Kinigelhas' vor lauter Weinen. Haben S' a paar Gemütsbewegungen g'habt? weinerlich. D' Madln hab'n mich alle ausg'lacht, weil ich so schlecht deklamiert hab'. Wer sagt denn das? Sie sein in Berücksichtigung verschiedener Gedächtnisverhältnisse beim ersten Vers stecken 'blieben und haben dann die andern aus bescheidener Konsequenz verschwiegen, ja, das is ja noch nicht schlecht deklamiert. weinend. Mich kränkt halt das, ich kann alles vertragen, nur lachen sollen d' andern Madln nit. Da muß man sich drüber hinaussetzen. Mich haben auch nach 'n Empfang des gnädigen Herrn a paar Bekannte ausg'hienzt, da denk' ich mir: Hienzt's ös nur zu, was liegt mir am Hienzen, hienzen könnt' ich auch, wenn ich hienzen wollt'. Über Ihnen haben s' auch g'schimpft fürchterlich, die Madln. Was haben s' denn g'sagt? Ich mag's gar nicht nachsagen. Nein, nein, genieren S' Ihnen nicht. Sie haben g'sagt: Sie sein ein Esel. Das haben alle g'sagt? Alle! beiseite. Da haben wir neuerdings den Beweis, daß es eine abgeredete Karten is. Zu Dorothea. Wissen S', was wir tun, daß d' Madln zum Lachen aufhör'n? Ich heirat' Ihnen, dann sein Sie a Frau, und d' Madln sein nur Madln, da werden s' alle weinen vor Gift. Was? Sie wollen mich heiraten? O, das wär' g'scheit! D' Frau Mutter hat voriges Jahr schon g'sagt, daß ich heiraten derf, wenn ich groß werd'. entzückt. Den Zorn von die Madln! Die Resi wird grün – Wenn wir Hochzeit haben – Die Nettel wird gelb – Das G'stanz am Ehrentag – Die Viktorl kriegt's Gallfieber – Wenn wir nachher spazieren gehen als Mann und Frau – Da schau' ich die Madln so an und sag' zu einer jeden, die g'lacht hat: O je! Das is recht, nur: »O je!« sagen, das ist die edelste Rache! Aber mit dem »O je!« Sagen allein ist es nicht abgetan, es muß auch mit einem gehörigen Blick begleitet sein, und das kann nur ich. Lied 1. Wenn ich mich g'freu' oder zürn', Lass' ich's auf a eigne Art g'spür'n, Ich schau' nur, und ich hab' das Glück, Ich hab' halt ein' sprechenden Blick. Kommt eine, die glaubt, sie ist schöner als i, So sagt mein Blick: die fade Fisonomie, Ist g'wachsen wie a Butten, voll Fehler der Teint, Und so a Person bild't sich ein, sie ist schön, Hat Füß', ohne Zweifel die größten im Ort', Sie könnt' gar nicht umfall'n, wenn übel ihr wurd', Das alles sag' ich mit ei'm Blick – Ein sprechendes Äug' ist ein Glück. 2. Wenn einer das Herz mir geraubt, Noch immer an mein' Lieb' nit glaubt, So schau' ich ihn an wie a Falk, Das heißt: kannst denn noch zweifeln, du Dalk? Seh' ich eine, die mir ein' Geliebten abfischt, Sagt mein Blick: an dem hat s' was Saub'res erwischt, Ich hab' ihn nimmer mögen, mir war er zu schlecht, Ich könnt' ihn leicht wieder krieg'n, wenn ich nur möcht', Die glaubt, er wird s' heiraten, ja, da hat's Zeit, Mit so einem Aussehn, da fesselt man d' Leut', Das alles sag' ich mit ei'm Blick – Ein sprechendes Äug' ist ein Glück. Beide durch die Mitte ab. Verwandlung Zimmer beim Müller wie früher. 9. Auftritt Neunter Auftritt Heinrich allein. kommt behutsam ans dem Kleiderschranke heraus. Endlich glaube ich sicher zu sein! Verdammte Verlegenheit, in die ich mich durch meine Unvorsichtigkeit stürzte! Was wird der gnädige Herr von meinem Ausbleiben denken? Wenn nur Eulenspiegel – oder mein Lenchen – Horchend. es kommt schon wieder jemand. Verwünschter Zufall! Als ob sich alles gegen mich verschworen hätte! Verbirgt sich wieder in dem Wandschrank. 10. Auftritt Zehnter Auftritt Mehlwurm allein. tritt durch die Mitte ein. Wenn nur der G'vatter Specht schon da wär'! Wir haben so viel zu verabreden; er muß mir die wahren Mitteln an die Hand geben, übermorgen muß Hochzeit sein. Mir scheint aber, ich hab' die Tür von der Lenerl ihrer Kammer nicht zug'sperrt, Vorsicht kann nie schaden. Schließt die Seitentüre rechts zu und steckt den Schlüssel in die Tasche. 11. Auftritt Elfter Auftritt Eulenspiegel; Der Vorige. tritt zur Mitte ein, den Kleiderbündel unterm Arme; als er Mehlwurm erblickt, für sich. Verdammt, der Mehlwurm is da! Eulenspiegel erblickend. Was willst du da? Was trägst du da unterm Arm? verlegen beiseite. Jetzt geht's recht. Du bist verlegen? Heraus mit der Sprach', was is in dem Bünkel? gefaßt. Muß denn der Meister alle Geheimnisse wissen? Also hab' ich's doch erraten, daß es ein Geheimnis is? Na freilich, die Madame Cordula hat mir g'sagt, daß der Meister übermorgen seine Hochzeit mit der Jungfer Lenerl halt't, und da will sie dabei in einer Maschkeradi erscheinen, das is das Ganze. befriedigt. Ah so! Der Meister is recht grauslich, immer einen Verdacht haben gegen mich. Nein, ich weiß, du meinst es ehrlich mit mir! Na ob! Aber Sie verdieneten jetzt zur Straf', daß ich Ihnen nix davon entdecket, was ich ausspioniert hab'. gespannt. Ausspioniert? Was denn? Was denn? Ich hab' von die Leut' in Schloß g'hört, daß der Jäger abends beim Stadtbrunnen auf die Jungfer Lenerl passen wird. Das wär' der Teufel! Lassen Sie s' daher ja nicht ausgehen. Meine Schwester muß statt ihr mit den Mägden zum Brunnen gehen. Das is das Wahre. Die Schwester soll gehn. Du bist ein Goldkerl! Leg' den Bünkel indessen in den Kasten herein! Will den Schrank öffnen. Nein, ich trag'n in mein Bodenkammerl hinauf, sekkieren S' mich nit. 12. Auftritt Zwölfter Auftritt Cordula; die Vorigen. bringt Licht und stellt es auf den Tisch. Bruder, wenn übermorgen Hochzeit sein soll, so muß ich's längstens morgen schon wissen. Zu Eulenspiegel. Was tragt der Ulrich da unterm Arm? beiseite. Jetzt kommt die auch noch über mich! beiseite. Aha, die darf nichts merken, daß ich es schon weiß. zu Cordula, leise. Das is mein Marquisg'wand, das zieh' ich erst an, wenn unser Verhältnis offenbar wird. leise zu ihm. Das muß Ihnen herrlich passen. ebenso. O, da schau' ich einzig aus. Schwester, unter anderm, heute gehst du mit den Mägden zum Stadtbrunnen. Warum denn Lenchen nicht? Ich hab' meine Ursachen. Das ist mir fatal! Für sich. Ich finde gar keine Gelegenheit, mit meinem Marquis allein zu sein. Cordula am Arme nehmend. Mach' nur, es is Zeit und ich muß sehen, wo denn der Gevatter Specht so lang bleibt. Geht mit Cordula zur Mitte ab. 13. Auftritt Dreizehnter Auftritt Eulenspiegel, dann Heinrich, dann Lenchen von innen. Dasmal haben s' mir warm g'macht! Die verdammten Kleider hätten mich bald in eine schöne Verlegenheit 'bracht. aus dem Kasten kommend. Ist die Luft rein? Kommen S' nur heraus! Höre das Unglück, Lenchen ist ja eingesperrt, und der Alte hat den Schlüssel bei sich. Jetzt stehn wir frisch. Biete deine ganze Schlauheit auf, daß ich und mein Lenchen aus dem Hause kommen. Ja, das is leicht g'sagt – geben S' acht bei der Tür, daß wir nicht überrascht werden. Trägt einen Tisch zur Türe, wo Lenchen eingesperrt ist. Was willst du tun? Im Notfall muß die Lenerl durch das Guckerl ober der Tür heraus. Er steigt auf den Tisch. Mamsell Lenerl, machen S' das Fenster auf. Klopft an das über der Türe befindliche Fenster. von innen. Ich kann ja nicht hinauf. Steigen S' auf ein' Tisch und stellen S' allenfalls noch ein' Sessel drauf, wenn's nicht hoch genug sein sollt'. von innen. Gleich, gleich! verläßt seinen Posten an der Mitteltüre. O Lenchen, nur ein einziges Wort der Liebe! zu Heinrich. Ob S' dort stehen bleib'n wer'n oder nicht? eilt wieder zur Mitteltüre und horcht. hat mittlerweile von innen das Fenster ober der Türe geöffnet. zu Lenchen hineinrufend. Ziehen S' nur g'schwind die Kleider an. Er gibt den mitgebrachten Bündel zum Türfenster hinein. Jetzt kommt's nur noch drauf an, daß ich dem Alten den Schlüssel aus 'n Rock praktizier'. Es kommt jemand. steigt vom Tische herunter und rückt ihn schnell auf den vorigen Platz. Nur g'schwind wieder in Kasten hinein, Mussi Heinrich! verbirgt sich im Wandschrank. Ich fahr' auch derweil ab. Eilt in die Seitentüre links. 14. Auftritt Vierzehnter Auftritt Specht, Mehlwurm. indem er den taumelnden Specht hereinführt. Aber sag' mir der Gevatter nur, wie man gar so viel trinken kann? hat einen Mantel um und einen breitgekrempten Hut auf. Wer hat denn – das – schon wieder ausgeplauscht – daß ich viel getrunken hab'? Mit dir werd' ich heut' was Schönes verabreden. Nur niedersetzen – dann geht – es schon. So setz' sich der G'vatter! Schiebt ihm einen großen Schlafsessel, dessen Füße auf kleinen Rädern stehn, hin. sich setzend. Einen Schlaf – werd' ich heut' haben – einen göttlichen Schlaf! Fängt sofort an einzuschlafen. Nur jetzt nicht; denn jetzt haben wir eine wichtige Konferenz. Du mußt mir juridische Mittel an die Hand geben, meiner Mündel das Jawort abzuzwingen, denn übermorgen muß Hochzeit sein, und wenn die Welt zugrund' geht. Aber du hörst mich ja gar nicht –? Rüttelt Specht. Du schlafst ja? etwas auftauchend. Nein – ich – ich denk' nur nach und da – mach' ich immer die Augen zu dabei. Der Jäger kommt mir keinen Schritt mehr ins Haus. Vor der Hochzeit – schon gar nicht! Schläft wieder ein. Und nach der Hochzeit noch weniger! Siehst du, G'vatter, ich glaub', das beste wird sein, ich geh' morgen zum gnädigen Herrn und bitt' ihn, daß er den Jäger einsperrt, bis ich in Ruh' geheiratet hab'. – Aber, G'vatter, du schlafst ja schon wieder? Ärgerlich. So wollt' ich doch, daß der verdammte Saufaus – Rüttelt ihn. G'vatter! – Nachbar! – Specht! – Was tu' ich? – Ich muß die Sach' heut' noch mit ihm ins reine bringen. – Halt, mir fallt was ein, Gift muß man mit Gift vertreiben, ich hol' ihm einen Wein aus 'n Keller. Sucht in den Taschen. Wo hab' ich denn den Schlüssel? Zieht einen Schlüssel heraus und legt ihn auf den Tisch. Der ist zu der Mehlkammer – Zieht einen zweiten heraus und legt ihn ebenfalls auf den Tisch. der ist von der Lenerl ihrem Zimmer Einen dritten hervorziehend. das ist der Kellerschlüssel. Jetzt hol' ich ein Maßl ein' echten, da weckt mein' G'vattern schon der G'ruch auf. Geht zur Mitte ab und nimmt das Licht mit. Das Zimmer ist nur vom Monde beleuchtet, der durchs Fenster scheint. 15. Auftritt Fünfzehnter Auftritt Specht, Eulenspiegel, Heinrich, dann Lenchen. kommt aus der Seitentüre links. Er is fort. Mussi Heinrich! kommt aus dem Wandschrank. Wo ist der Müller hin? Er will da einen Besoffenen mit Wein kurieren oder, besser gesagt, homöopathisch behandeln. Auf den Tisch zeigend. Und da schau'n S' her, wir sein wahre Glückskinder, da is der Schlüssel, wo d' Lenerl eing'sperrt is. Nimmt den Schlüssel und öffnet eilig die Seitentüre rechts. Mamsell Lenerl! kommt im Jägeranzuge, ganz wie Heinrich gekleidet, heraus. Da bin ich, was soll ich tun? Geliebtes Lenchen! nimmt Heinrichs Hut und gibt ihn Lenchen. Den Hut nur recht tief aufg'setzt und 's G'sicht versteckt, so werd' ich Ihnen schon fortbringen. In der Nähe vom Schloß warten S' nachher auf uns. Ich unternehme alles, um nur aus diesem Haus zu kommen. Jetzt den da Auf Specht zeigend. den tun wir in die Kammer hinein. Rollt ihn auf dem Lehnstuhle bis zur Seitentüre rechts, wo Lenchen war. Mussi Heinrich, so helfen S' doch, zum Scharmieren is nachher Zeit. Er trägt mit Hilfe Heinrichs den schlafenden Specht in die Kammer. Ich zitt're an allen Gliedern. Eulenspiegel und Heinrich kommen mit Spechts Hut und Mantel heraus. sperrt die Kammertüre zu. So! Das wäre in der Ordnung! Legt den Schlüssel auf den Tisch. Mussi Heinrich! So hören S' doch auf zum Schöntun alleweil! Schiebt mit Heinrichs Hilfe den Lehnstuhl wieder auf den vorigen Platz. hat an der Mitteltüre gehorcht. Ich höre kommen. zu Heinrich. Nehmen S' g'schwind den Mantel um und setzen S' den Hut auf. Gibt ihm Spechts Hut und Mantel. tut, wie Eulenspiegel sagt. Um mich ist mir nicht bange; wenn nur Lenchen schon glücklich fort wäre. Jetzt setzen S' Ihnen da her und tun S', als ob S' schlafeten. Heinrich setzt sich in den Lehnstuhl. Zu Lenchen. Nur Kurasche! Lärmend. Hier hat der Herr nichts zu suchen, nur hinaus, sonst schlag' ich drein! 16. Auftritt Sechzehnter Auftritt Mehlwurm; die Vorigen. Mehlwurm tritt zur Mitte ein, in einer Hand einen Weinkrug, in der andern das Licht haltend, und bleibt, wie er den Lärm hört, an der Tür voll Erstaunen stehen. zu Lenchen, schreiend. Bin ich Euch endlich auf die Spur gekommen, Herr Jäger? Er zieht Lenchen an der Hand zur Türe und stößt absichtlich an Mehlwurm an, so daß er ihm mit dem Rücken das Licht auslöscht. Mein' Meister, den Ehrenmann, wollt's ös betrügen? – Hinaus, oder ich werf' Euch über die Stiegen! Tut, als ob er mit Gewalt Lenchen zur Türe hinausstieße. etwas vortretend. Ich bin als wie versteinert. kommt zurück und stößt an Mehlwurm, als ob er ihn im Dunkeln nicht kennte, und packt ihn. Da is noch einer – hinaus mit ihm! Das bin ja ich! ihn loslassend. Ah, der Meister is's! Ich bin so in der Rage, ich hab' 'glaubt, es is ein Helfershelfer vom Jäger. In der Finster sieht ein Halunk' dem andern gleich. Ich hab'n grad hinausg'worfen, den saubern Mussi Heinrich. Ich hab's g'sehn. Umarmt Eulenspiegel. Ulrich! Du bist ein Goldmensch! Du bist der Schutzgeist meines Hauses. Wenn wir nur ein Licht hätten! Geh, Ulrich, hilf mir den G'vattern aufwecken. Das wird schwer gehn. rüttelt Heinrich, der in Spechts Hut und Mantel dasitzt. G'vatter! G'vatter! Der Wein is da! Mit dem is heut' nichts mehr anzufangen; das beste is, ich trag'n nach Haus. Du bist ein wahrer Freund! Weißt überall Rat. 17. Auftritt Siebzehnter Auftritt Natzi, Dorothea; die Vorigen. tritt, eine Laterne tragend, mit Dorothea ein. Die Dorothee sucht ihr'n Vatern. Is er da? beiseite. O je, die kommen mir ung'legen. Da sitzt er und schlaft. leuchtet Eulenspiegel ins Gesicht. O, du Hauptspitzbub'! Bist du da? Was!? zu Mehlwurm. Meister, nehmen S' Ihnen an um mich! packt Natzi. Meinen treuen Knecht willst du beschimpfen? Er hat mich ins Faß eing'sperrt. Diese Verleumdung – Der Bube weiß nicht, was er red't. Aber er hat mich ja – Kein Wort mehr, oder – Aber er – Kein Wort, oder ich schlag' dir Arm' und Bein' entzwei. Läßt ihn los. beiseite. Das is zu kränkend, morgen red' ich mit meiner Frau Mutter. Jungfer Dorothee Nimmt Natzi die Laterne ab. nehmen Sie da die Laterne, und der Natzi und der Ulrich führ'n den G'vattern nach Haus, so gut's geht. Gleich, Meister! Hebt mit Natzis Hilfe Heinrich vom Stuhle auf und beide führen ihn mühsam fort. im Fortgehen. Dorothea, merk' jetzt gut auf! vorleuchtend. Warum denn? Damit du lernst, wie man mit einem B'soffenen umgeht, so weißt du doch, was du zu tun hast, wenn mich einmal das Unglück trifft. Ab. 18. Auftritt Achtzehnter Auftritt Mehlwurm, dann Hans. Ein braver Kerl, der Ulrich – daß ich aber mit'n Specht mich nicht hab' beratschlagen können, das ärgert mich unsinnig! Muß der grad heut' so ein' Rausch haben. zur Mitte eintretend. Der Ulrich hat g'sagt, ich soll ein Licht bringen. Stell's nur auf 'n Tisch. Für sich. Jetzt will ich doch nochmal versuchen, ob denn der Lenerl ihr Herz gar nicht für mich zu stimmen is, ich will jetzt ganz Zärtlichkeit sein. Man hört im Kabinette rechts ein Geräusch, als ob jemand vom Stuhle gefallen wäre. Was is das? Nimmt den Schlüssel und spricht während des Aufsperrens der Türe. Is vielleicht der Lenerl was g'schehn? Er öffnet die Türe, Hans leuchtet. von innen. Mord-Himmel-Tausend-Sapperment! prallt weit zurück, als er Specht erblickt hat, und schreit aus Leibeskräften. Ah, alle guten Geister, was is das? – Hans, halt mich! Meister, was ist's denn? Unterstützt ihn. 19. Auftritt Neunzehnter Auftritt Specht; die Vorigen. aus der Seitentüre rechts herauswankend. Donnerwetter! Was sein das für Dummheiten? sich sammelnd. Wie kommst du da hinein? Was weiß denn ich? Wo ist die Lenerl? Stürzt in das Kabinett. Man ha – hat mir einen Schabernack gespielt, aber ich werd' euch schon ko – koramisieren, wenn ich wieder im Amt bin. aus dem Kabinett. Die Lenerl is entführt! Spitzbüberei! Meuterei! 20. Auftritt Zwanzigster Auftritt Eulenspiegel, Natzi, Dorothea; die Vorigen. schreiend. Spektakel über Spektakel! Ein böser Geist – Der Satanas – Specht erblickend. Ah, da steht er, der Vater! Nein, jetzt geht er, der Vater! Wankt, ohne sich um die übrigen zu bekümmern, von Hans unterstützt, zur Türe hinaus. Wen habt's ihr fortgeführt? Ich kann vor Angst nicht reden. Mir klappern die Zähnt. Ich glaub', es war der Teufel. Wir waren keine fünfzig Schritt vom Hause, so empfind' ich eine Ohrfeig'n – Hut und Mantel fliegt weg. Und eine feurige Gestalt springt fort. Ich hab' vor Ängsten gar nix mehr g'sehn. Ich weiß genug! Da herrscht Betrügerei! Die Lenerl is durch'gangen! Auf, Ulrich, Natzi, alle Mühlknecht', auf mit mir, und der Lenerl nach! beiseite. Die Lenerl is gegen 's Schloß, jetzt führ' ich s' ein' konträren Weg. Nur g'schwind der Lenerl nach! Alle in größter Verwirrung ab. Verwandlung Platz im Städtchen, in der Mitte der Brunnen; rechts und links im Vordergrunde eine Marktbude. Es ist Nacht. 21. Auftritt Einundzwanzigster Auftritt Lenchen allein, noch in Männerkleidern. Ich bin in Todesangst; ich habe den Ort vergessen, wo ich Heinrich finde – Links nach dem Hintergrunde sehend. O weh! Da kommen Leute, wo verberg' ich mich –? Läuft ängstlich hinter die Marktbude links. 22. Auftritt Zweiundzwanzigster Auftritt Johann, Steffel, Sebastian kommen links aus dem Hintergrunde. So, kommt nur! Da nehmt euren Posten hinter dieser Markthütte. Zeigt auf die Bude rechts. Schon recht! Und wie sie kommt – Gleich drauf los! Macht die Pantomime, wie er sich ihrer bemächtigt. Ich bleibe dort beim Wagen. Macht eure Sachen klug! Läuft im Hintergrunde links ab. zu Sebastian. Hörst nix? Ich glaub', sie kommen schon! Beide verbergen sich hinter der Marktbude rechts. 23. Auftritt Dreiundzwanzigster Auftritt Cordula, Peppi, Mehrere Mägde mit Wassereimern, kommen aus dem Hintergrunde rechts; die Vorigen. Das ist eine stockfinstere Nacht. Macht, daß ihr bald fertig seid! Die Mägde gehen mit Peppi zum Brunnen, Cordula tritt etwas in den Vordergrund. O, mein Marquis, warum bist du jetzt nicht an meiner Seite? stürzen aus ihrem Versteck hervor, werfen, ohne zu sprechen, Cordula einen dichten weißen Schleier über den Kopf, sie macht einen Schrei und wird mit großer Geschwindigkeit von den beiden links abgetragen. Die Mägde am Brunnen schreien alle laut auf. Hilfe! Räuber! Zu Hilfe! 24. Auftritt Vierundzwanzigster Auftritt Mehlwurm, Eulenspiegel, Natzi, Mühlknechte kommen mit Laternen aus der Seite rechts. Was gibt's da? Die Frau Cordula ist geraubt! gleichgültig. Die bringen s' schon wieder z'ruck. Das muß ein Irrtum sein. Mein' Frau Mutter hab'n s' g'stohl'n! zu den Knechten. Schaut's euch nur um, ob nirgends d' Lenerl steckt. Die Knechte suchen mit den Laternen. an der Marktbude links. Halt, wer da?! mit den Knechten hineilend. Die Lenerl? Führt sie hervor. Die Lenerl? Ich bin verloren! Haben wir dich, du saubers Zeiserl, du! Morgen muß alles aufs Schloß, da wird furchtbares Gericht gehalten. Jetzt marsch nach Haus! Führt Lenchen fort. der Knechte und Mägde, indem sie alle in Verwirrung nachfolgen. Ha, dieses Spektakel bei stockfinstrer Nacht! Wer hätt' von der Lenerl wohl das sich gedacht! Alle ab. Der Vorhang fällt. 4. Akt 1. Auftritt Erster Auftritt Friedrich, dann Nelkenstein. Es ist Morgen. schlägt die Seitentüre rechts unwillig zu. Ei, so tu, was du willst! zur Mitte kommend. Ist sie schon aufgestanden? Gerade hab' ich das Frühstück gebracht. Wie benimmt sie sich? Ah, das ist eine schreckliche Person! Bald weint sie, bald wirft sie alles untereinander, sie red't nichts, hat das Gesicht immer verschleiert. Sonderbar! Laß sie kommen und rufe mir auch Heinrich. ruft ins Kabinett rechts. Der gnädige Herr will mit Ihnen sprechen. Geht zur Mitte ab. allein. Ich bin doch neugierig, die Schönheit kennenzulernen. 2. Auftritt Zweiter Auftritt Cordula, Nelkenstein. tritt, verkleidet, nur ein paar Schritte heraus. für sich. Welch holde Schüchternheit! Laut. Nur näher, mein Kind! Für sich. Der Gang will mir aber nicht recht gefallen. ist zu Nelkenstein hingegangen und fällt auf die Knie. Nicht so, meine Liebe! Er hebt sie empor, für sich. Die Hand ist nicht sehr fein, das arme Kind wird viel arbeiten müssen. Edler gnädiger Herr, wenn Sie ein Mensch und kein Raubritter sind, so schonen Sie mich! für sich. Der Ton ihrer Stimme kommt mir ganz ältlich vor. Ich weiß nicht, wo Heinrich da das Liebliche findet. Laut. Entschleiere dich, liebes Mädchen, fürchte dich nicht! Nein, um keine Welt, das bin ich meinem Geliebten schuldig. Fürchtest du, mich durch deine Reize zu blenden? Ich bin ein Freund deines Geliebten. Darf ich Ihren Worten trauen? Mein Ehrenwort zum Pfande! Es sei! Doch respektieren Sie ja die Treue, die ich Ihrem Freunde geschworen! Entschleiert sich. aufs höchste erstaunt, prallt einen Schritt zurück, für sich. Hab' ich den Star? Tritt näher, betrachtet sie nochmal und sagt dann wieder bei sich. Das ist ja eine alte Hexe. für sich. Wenn der sich etwa auch in mich verliebt und mit meinem Marquis Händel anfängt – das könnte blutig enden. Ich habe – nein, ich nicht – andere Leute – kurz, Ihr wurdet hiehergebracht – Beiseite. nein, es ist zum Schlagtreffen! für sich. Er ist ganz verwirrt, am Ende muß ich ihm doch auch ein Plätzchen in meinem Herzen einräumen. Was ich jetzt auf einmal mit die Kavaliers für ein Glück habe! Euer Geliebter kommt, geht wieder ins Kabinett, bis ich Euch rufe. Ich bewundre Euren Edelmut. Geht langsam in das Kabinett und wirft einige schmachtende Blicke auf Nelkenstein zurück. allein. Ich stehe da wie ein dummer Junge und weiß nicht, was ich denken soll. 3. Auftritt Dritter Auftritt Heinrich, Nelkenstein. Euer Gnaden haben mich rufen lassen. Ja, ich habe wegen deiner Geliebten mit dir zu sprechen. O, mein Unglück ist grenzenlos. Gestern wollt' ich sie entführen, mein Plan ist aber gescheitert. Das Unglück ist so groß nicht. Was wird sie jetzt zu erdulden haben! Die arme Unschuld! Ich liebe sie mehr als mein Leben! Potz Narren und kein End'! Sag' mir doch um alles in der Welt, was findest du an ihr? O, sie ist ein Engel! mit Ironie. Ein Engel! Zwar, das ist Geschmackssache, aber ihr Benehmen, ihre Sitten, diese gemeine Koketterie – aufbrausend. Gnädiger Herr – Mit Mäßigung. wenn Sie nicht mein Gebieter wären, ich würde diese Schmähung meiner Geliebten nicht mit Geduld ertragen. unwillig. Nun, so nimm sie und sei in Henkers Namen glücklich mit ihr! Öffnet die Kabinettüre. Heraus, liebenswürdige Jungfrau! 4. Auftritt Vierter Auftritt Cordula; die Vorigen. im Heraustreten. Wo ist mein Marquis? ihr entgegeneilend. Mein Len – Beide bleiben, als sie sich erkennen, wie versteinert stehen. Wie geschieht euch denn? Ich weiß nicht, wie ich das verstehen soll? Und ich weiß nicht, bin ich ein Narr oder du? Das ist ja die alte Schwester vom Müller! Also nicht dein Lenchen? Bricht in ein lautes Gelächter aus. Na, das freut mich! Ich hab' schon um deinen Verstand getrauert. 5. Auftritt Fünfter Auftritt Eulenspiegel; die Vorigen. Der alte Mehlwurm wird gleich da sein, den Heinrich verklag'n. zu Cordula. Liebe Alte, geht noch einmal in das Kämmerlein, daß ich Euch mit Anstand Eurem Bruder zurückgeben kann. verneigt sich und geht in die Seitentüre rechts ab, nachdem sie schüchtern auf Eulenspiegel zurückgeblickt. tritt vor und mißt sie mit einem grimmigen Blick. 6. Auftritt Sechster Auftritt Die Vorigen ohne Cordula. Aber, Euer Gnaden, wie soll ich denn das Ganze verstehn? Wie du 's verstehen sollst? Ich wollte Lenchen für dich entführen lassen, und die dummen Bengels haben die Alte dafür genommen. Das war mein Werk. erstaunt. Was? Du hättest mir diesen Streich gespielt? lachend. Hab' ich Euer Gnaden dran'kriegt? Du hättest –? Ich hab' gemacht, daß statt der Jungen die Alte zum Brunn' 'gangen is. Ich dreh' dir den Hals um. Ich hab' ja meine Wett' g'winnen müssen. Durch diese Wette komm' ich um mein ganzes Lebensglück. zu Eulenspiegel. Du bist ein kecker Schlingel. Von was lebet ich denn, wenn ich nicht keck wär'? Die Wette hast du aber noch nicht gewonnen, denn dein Anschlag ist auch mißglückt, wie mir Heinrich sagt. Jetzt schaffe Rat, das rat' ich dir, denn ich weiß nicht – Sie brauchen nichts zu wissen, Sie sein ein reicher Mann – Nachsinnend. aber ich bin ein armer Teufel, mir muß was einfallen – halt! Ich hab's! Eine Gewalttat –! Leihen mir Euer Gnaden alle Ihre Bedienten. Wozu? Gewaltstreiche in meinem Territorio kann ich nicht zugeben. 7. Auftritt Siebenter Auftritt Johann; die Vorigen. Johann kommt aus dem Zimmer links und will zur Mitte abgehen. zu Johann. Der gnädige Herr hat g'schafft, alle Bedienten und Hausknecht' aus 'n ganzen Schloß sollen in Gebüsch hinter der Mühl' warten auf mich. Sehr wohl. Geht durch die Mitte ab. 8. Auftritt Achter Auftritt Die Vorigen ohne Johann. erstaunt zu Eulenspiegel. Was hast du denn vor? Nur mich gehn lassen, ich weiß selber noch nicht recht. 9. Auftritt Neunter Auftritt Mehlwurm, Specht, Lenchen; die Vorigen, dann Cordula. geht Mehlwurm entgegen. Ich hab' den Meister schon ang'meld't. zu Mehlwurm. Was will Er? Euer Gnaden, ich bin Vormund, Liebhaber und Bräutigam, dieses Mädl dahier – Führt Lenchen vor. Lenchen betrachtend. Ist Seine Mündel? Leise zu Heinrich. Jetzt hast du recht. Meine Absicht – Eh' wir weiter sprechen, Meister Mehlwurm, empfang' Er hier Seine Schwester zurück! Öffnet die Tür des Kabinetts. Wie kommt denn die daher? Cordula tritt aus dem Kabinette. Sie wurde entführt, von wem, das weiß ich nicht; meine Leute kamen dazu und haben sie den Räubern abgenommen. Unbegreiflich! für sich. Mir scheint, er ist mit dem Marquis einverstanden. Laut. Nach der Erklärung des gnädigen Herrn, hoff' ich, wird alles Mit Beziehung auf Eulenspiegel. von meiner Unschuld überzeugt sein. Verneigt sich tief und geht zur Mitte ab. Gründlich, vollkommen und zweifelsohne. 10. Auftritt Zehnter Auftritt Die Vorigen ohne Cordula. Jetzt zur Sache! Den säubern Mussi Heinrich klag' ich an, er ist ein Verführer, Entführer, Räuber! Oho, mäßigt Euch, Ihr müßt Eure Worte beweisen. hitzig. Mein G'vatter is Zeug'. ausbeugend. Das heißt, ich – Lenchen soll sprechen. Bist du von Heinrich entführt worden? leise zu Lenchen. Nur alles abg'laugnet! Daß ich Heinrich liebe, ist wahr; daß ich aus Liebe zu ihm entflohn, ist auch wahr; daß er mich aber entführte, ist unwahr, sowie alles übrige, was mein Vormund sagt. ergrimmt. So? Und woher denn der Jägeranzug, wenn Heinrich nicht einverstanden war? Ich verkaufe meine abgelegten Kleider immer dem Juden, folglich – Von dem hab' ich sie gekauft. wütend. Frechheit ohnegleichen! Mein Heinrich ist also ganz unschuldig. Wenn es so ist – Unschuldig? Der durchtriebene Filou, der Galgenstrick! Was? Er unterfängt sich, meinen Diener in meiner Gegenwart so zu beschimpfen? Mehlwurm aufhetzend. Nein, nit wird man schimpfen! Ins Zuchthaus soll man ihn sperren! zu Mehlwurm. Halt, jetzt hab' ich's genug! Müller! Er ist ein Verleumder, dafür wird Er Seine Strafe empfangen. Nelkenstein und Heinrich zuwinkend. Versteht sich! Was kann mein' Meister g'schehn? Wird er nicht etwan gar in der Mühl' vor alle Mühlknecht' den Mussi Heinrich noch um Verzeihn bitten müssen? Eulenspiegels Wink beachtend, befehlend. Ja, das wird er! wütend. Was? Ah, das is zu stark! Ich gehe und in einer halben Stunde komme ich in die Mühle, dort bittet mir der Meister Mehlwurm ab, diese Satisfaktion verlange ich nach dem Ausspruch meines gnädigen Herrn. Durch die Mitte ab. Ich erstick' vor Wut! ihn besänftigen wollend. G'vatter! Der Gauner! Fort jetzt und kein Wort mehr! Als Gutsherr befehl' ich, es bleibt dabei, wie ich gesagt. Gut, ich geh' – aber – aber –! Kann nicht weiter reden vor Wut und geht durch die Mitte schnell ab. im Abgehen. Nur vernünftig! Alle ab. Mehlwurm immer aufhetzend. Ich ertraget das nicht! Alle drei zur Mitte ab mit Lenchen. 11. Auftritt Elfter Auftritt Nelkenstein allein. Was mag Eulenspiegel vorhaben? Ich muß doch selbst in die Nähe der Mühl' schleichen, sonst zettelt der Mensch einen förmlichen Krieg zwischen meinen Leuten und den Mühlknechten an! Ich bin da in eine Liebesgeschichte hineingekommen, ich weiß selbst nicht, wie; das ist mir seit meiner Jugend nicht passiert. In die Seitentüre links ab. Verwandlung Zimmer bei Mehlwurm, wie früher, mit Mittel- und Seitentüre. 12. Auftritt Zwölfter Auftritt Cordula, Natzi, Dorothea Kommen aus der Seitentüre rechts. Aber so hör' mich d' Frau Mutter nur an! Scher' dich zum Guckguck! Ich möcht' nur der Frau Mutter – 's Maul halt! zu Natzi. Du, Natzi, mir scheint, das is kein günstiger Augenblick. zu Dorotheen. Glaubst nit? So gehn wir! Wohin? im Abgehen. Mein' Papa gehn wir entgegen. unter der Türe. Einer Frau Mutter, die ausbleibt über Nacht, bin ich gar keine Rechenschaft schuldig. Schnell zur Mitte ab mit Dorothea. 13. Auftritt Dreizehnter Auftritt Cordula allein, hat Natzis Worte gehört. Du Schlingel, du! Sein Glück, daß er schon fort ist – mein Marquis hat mir Blicke zugeworfen, welche mich in die furchtbarste Unruhe versetzen. Eulenspiegel öffnet die Mitteltüre und tritt ein. – Ah, da ist er! 14. Auftritt Vierzehnter Auftritt Eulenspiegel durch die Mitte; Die Vorige. im Eintreten, für sich. O Jegerl, die Alte! Nimmt eine gravitätische Stellung an, tritt wie in düsteren Gedanken versunken vor und murmelt nur halbverständliche Worte vor sich hin. Warum so düster, lieber Marquis? Ha, Sie hier? Wendet sich ab. Sie sind in Gedanken –? So? Hm – so, so! Und über was? Über den menschlichen Wankelmut. Das soll doch mir nicht gelten? Gerechter Himmel, ich bin ja – Du bist ein Weib, hast Weibersinn. Ich bin sanftmütig, gut – Und leichtfertig! Das kann mir kein Mensch nachsagen. Kein Mensch, wenn die ganze Welt 's Maul halt't! Mit einem Wort, ich will auch einen Himmel nicht aus einer dritten Hand. Marquis –! Wir trennen uns! schmerzhaft. Trennen!? Ich bin es meiner marquisischen Ehre schuldig. O quält mich nicht so –! Sie können sich auf dem Schlosse entschädigen, dort haben Sie ja die ganze Nacht zugebracht. Sich vor die Stirne schlagend. O, was hab' ich diese Nacht gelitten! Beiseite, mit natürlicher Stimme. Ich hab' eine Kolik g'habt von jungem Bier. Hat nicht der gnädige Herr in Ihrer Gegenwart gesagt –? O, die gnädigen Herren sagen gar viel. Ich bin unschuldig! grimmig. Unschuldig? Das sagst du mit diesem Gesicht? Weib, teile mit diesem Gesicht Paradiese aus, und du wirst wenig Käufer finden. Wendet sich einen Schritt zum Gehen. stürzt ihm zu Füßen. Marquis, du bringst mich zur Verzweiflung! Will seine Knie umfassen. Zurück! Reize meinen Grimm nicht, oder ich morde dich meuchel! Laß dich besänftigen! mit Karikatur. Hier nicht mehr, Seufzend. vielleicht in einer bessern Welt. Ich Unglücklichste meines Geschlechts! 15. Auftritt Fünfzehnter Auftritt Mehlwurm, Specht, Natzi, Dorothea, Lenchen; die Vorigen. mit den übrigen eintretend und die Gruppe erblickend. Was zum Teuxel is denn das? gleich gefaßt. Sie will, ich soll dem Meister zureden, daß er nachgibt, aber das tu' ich nicht, meinem Meistern seine Ehr' geht mir über alles. ist mittlerweile verlegen aufgestanden. zu Eulenspiegel. Du bist ein braver Pursch. Nicht wahr, ich bitt' nicht ab? Ich an Eurer Stell' tät's um kein' Preis. Was soll ich aber tun? Ich wüßt' schon was – Red', du mein einziger Freund! Eine Gewalttat! Das geht nicht. Alles geht, wenn's der Ulrich sagt. Mehlwurm vorführend. Die Lenerl braucht's nicht zu hör'n. Wie der Heinrich in d' Mühl' kommt, lass'n wir 'n von die Mühlknecht' packen und hängen ihn bis an Hals in Mühlbach hinein, und ziehn ihn nicht eher heraus, bis die Lenerl Ja sagt und mit Euch stante pede zu der Kopulation fahrt. Wenn er nacher klagen geht, was kann Euch viel g'schehn? Und die Lenerl is einmal Euer Weib. Eulenspiegel umarmend. O, du Goldkerl! mißbilligend den Kopf schüttelnd. Hm, hm, hm, hm! zu Mehlwurm. Habt Ihr wieder was Neues ersonnen, mich zu quälen? Du wirst Frau Müllnerin und dann hat alle Qual ein End'. Ich geh' derweil voraus in die Mühl'. Geht, indem er Lenchen zuwinkt und auf Mehlwurm Narren sticht, zur Mitte ab. 16. Auftritt Sechzehnter Auftritt Die Vorigen ohne Eulenspiegel. mit Dorothea vortretend. Wir hätten halt auch eine schöne Bitt'. Was ist's? zu Dorothea. Dorothea, red' du! zu Natzi. Nein, sag' du's! zu Dorothea. So geh, bitt' mich aus! zu Mehlwurm. Wir möchten – möchten gern – herausplatzend. Heiraten möchten wir! Das war schon lang meine Idee. zu Specht. Der Herr Gevatter weiß, ich war da immer einverstanden. Meinetweg'n, heirat'ts euch, wie ihr wollt's! Zugleich, umarmen sich. Dorothee! Natzi! Dorothee! Schön herein da! Dorothea läuft zu Specht. Jetzt aber fort mit mir in die Mühl'! Alles muß Zeug' sein von der Heldentat, die ich dorten vollbring'. Geht mit Cordula, Specht, Dorothea und Lenerl zur Mitte ab. 17. Auftritt Siebzehnter Auftritt Natzi allein. entzückt. Heiraten derf ich! Unterhaltlicher Kasus! Wie mich 's Heiraten g'freut, das is gar nicht zum Beschreiben. Lied 1. In Geduld üb' i mi Und nacher bin i, Was man nur sag'n kann, Ein prächtiger Mann. 's Regiment, das führt sie, Hübsch folgsam bin i, So gibt's keinen Streit, Ah, das is a Freud'. 2. Nie nein sag'n tu' i, Das schickt sich nicht für mi, Und all's überhaupt, Was sie sagt, wird 'glaubt. Das Geld verdien' i, Ausgeb'n tut's dann sie, So zankt man sich nit, Hat all'weil ein' Fried'. Nach dem Liede ab. Verwandlung Die Bühne stellt das Innere der Mühle mit ihren verschiedenen Gängen vor. Seite links im Hintergrunde führen ein paar Stufen als allgemeiner Eingang herab. 18. Auftritt Achtzehnter Auftritt Im Hintergrunde stehen zu beiden Seiten zwölf große Mehlsäcke aneinandergereiht. Eulenspiegel allein. sitzt lauernd auf einem Mehlsack. Mir scheint, sie kommen schon. 19. Auftritt Neunzehnter Auftritt Mehlwurm, Specht, Dorothea, Cordula, Lenchen, Hans, Jakob und noch Zwei Mühlknechte; Der Vorige. zu den Knechten, im Eintreten. Nur g'schwind, er wird gleich da sein. zu den Knechten. Nur frisch angepackt, wenn der Meister ruft. Der wird Augen machen! Ich will ihm abbitten, daß er Zeit seines Lebens dran denken soll. 20. Auftritt Zwanzigster Auftritt Heinrich; die Vorigen. Meister Mehlwurm, Ihr wißt den Ausspruch des gnädigen Herrn. Übrigens könnt Ihr Euch jede Beschämung ersparen, gebt mir Eure Mündel zur Frau, und aller Zwist ist ausgeglichen. Das ist wahr, das wär' ja scharmant, alles wäre ausgeglichen! Dasmal tun wir aber nicht so. Der Herr Jäger is in die Fallen gegangen. Er is jetzt in meiner Gewalt. Was –? Ich in Seiner Gewalt? Und jetzt frag' ich: Zu Lenerl. Willst du augenblicklich die Meinige werden? Zu Heinrich. Und will Er meiner Mündl entsagen und so lang als Gefangener dableib'n, bis wir zurückkommen von der Kopulation? Nein, nie lass' ich von meinem Heinrich! zu Mehlwurm. Ihr seid ein Narr! Gut! Also angepackt! Die Mühlknechte fallen über Heinrich her und halten ihn fest. Wir haben ihn schon! Bin ich unter Räuber geraten? Hängt's ihn in den Mühlbach, bis die beiderseitige Sinnesänderung erfolgt. G'vatter, das geht zu weit. So wollt' ich doch, daß jetzt alle Mehlsäck' lebendig wurden! Die zwölf Mehlsäcke fallen zugleich um, und hinter jedem springt ein Bedienter hervor, die Mühlknechte, welche eben Heinrich nach dem Hintergrunde schleppen wollten, lassen ihn los und stehen wie erstarrt. erschrocken aufschreiend. Ah, was ist das? 21. Auftritt Einundzwanzigster Auftritt Natzi, gleich darauf Nelkenstein mit zwei Wächtern; die Vorigen. eilig hereinlaufend. Der gnädige Herr kommt, der gnädige Herr! MEHLWURM, SPECHT, CORDULA UND DIE MÜHLKNECHTE. Der gnädige Herr!? – eintretend. Was in aller Welt geht denn hier vor? Der Müller wollte mich statt der Abbitte in den Mühlbach hängen. Dacht' ich's doch, daß er Böses im Sinn führe. Meister Mehlwurm, für verübte Gewalttat seid Ihr Arrestant. Wächter, tut eure Schuldigkeit! Die Wächter nehmen Mehlwurm in die Mitte. sich an die Stirn schlagend. Verdammt! Ich möcht' aus der Haut fahren! Als Arrestant könnt ihr kein Vormund sein; Eure Mündel muß sich schon gefallen lassen, mich zum Vormund anzunehmen, und als solcher gebe ich meine Einwilligung zu ihrer Heirat mit meinem ehemaligen Jäger Heinrich, jetzt Förster in Nelkenstein. ganz vernichtet. Mich trifft der Schlag! Tausend Dank, gnädiger Herr! Küssen ihm die Hand. jubelnd. Das is mir lieber als was Dalkets von Mehl! leise zu Eulenspiegel. Du hast deine Aufgabe gelöst, dein Lohn bleibt nicht aus. Was? Ulrich? Du warst auch – Ich bin der Eulenspiegel und bin nur auf der Welt, um solche dalkete Kerln für ein' Narrn zu halten, wie Sie einer sein. wütend. Ich war ein Esel ohnegleichen. Also der is das, was d' Leut' von mir sagen. zu Cordula. Du wirst blaß, Luise? Verzeih, mit der Marquisschaft is's nichts. Luft! Luft! Sie eilt hinaus. zu Mehlwurm. Seid Ihr andern Sinns, so begnadige ich Euch und Ihr seid frei. Sie sollen sich heiraten – ich geb' mein Jawort! – Grimmig. Ja! Ja! Ja! – aber jetzt laßt's mich hinaus, damit ich vor Gall' zerplatzen kann. Die Wächter lassen ihn los, er stürzt wütend hinaus. Vivat, der gnädige Herr! Schlußchor Die Liebenden sind nun vereint, das Hochzeitsfest beginnt; Mit List gepaart, die Liebe stets den schönen Sieg gewinnt. Der Vorhang fällt.