Uber die von Sr. Churfürstl. Durchl. zu Brandenburg etc. geschützte nachtigallen B.N. Als unlängst Seladon/ der arme Seladon/ Voll kummer/ angst und schmertz die abgekränckten glieder Im grünen niederwarff/ und durch verwirrte lieder/ Und seinen ehermahls beliebten flöten-thon/ Da wo die hirsche sich an weiche linden strecken/ Den halb-erstorbnen geist bemüht war auffzuwecken; Als/ sag ich/ Seladon hier zwischen laub und graß/ Gleichwie ein matter wurm auff frischen rosen saß/ Und bald vom frieden sang/ bald von bekriegten staaten/ Verfiel er endlich auch auff Friedrichs helden-thaten. Das eingeworffne Bonn/ das wüste Käyserswerth/ Die Ungarische schlacht/ den schutz der Niederlande/ Belieff er alles zwar mit eyfrigem vestande; Doch mauren/ sprach er/ hat schon Cäsar umgekehrt: Nachdem er aber sich zur neuen brücke machte/ Und an den purpur-glantz des neundten Chur-huts dachte/ So rieff er: was man itzt beym kriege grosses schaut/ Ist/ daß uns Friederich fried/ ehr und reich erbaut. Drauff kam er auff den schutz der holden nachtigallen/ Und ließ für freudigkeit die holen seuffzer fallen: Ists möglich/ grosser held! daß dein bemühter geist/ Da Deutschlands feinde dich an deinen grentzen kräncken/ Doch noch an vögel kan/ an schlechte vögel/ dencken? Daß/ da der stoltze hahn zwar alles reitzt und beist/ Die kinder aber selbst für hunger läst verderben/ Dein adler fremden auch kan ruh und schutz erwerben? Beglückte nachtigall! Hier stutzte Seladon: Die lippen wurden eiß/ die wangen blasser thon; Die reime wurffen sich im munde hin und wieder/ Und kehrten sich zuletzt in diese trauer-lieder. Beglückte nachtigall: Wo bist du hin gestiegen? Du ziehst nun ohne scheu in Friedrichs gärten ein; Ich ärmster aber muß auff koth und asche liegen/ Da wir in allem doch einander ähnlich seyn. Denn hast du gleich Athen dein erstes blut zu dancken: Hat dich ein könig gleich auff diese welt erzeugt; So weist du dennoch wohl auch sonder alles zancken/ Daß der Poeten stamm vom Phöbus selber steigt. Du wurdest wie ein schaf vom wolffe fortgerissen; Als dich der Thracier in seine klauen nahm: Ich ward als wie ein schiff auff trüber see verschmissen/ Und wuste dennoch nicht/ woher die welle kam. Dir lähmte man mit stahl die gänge deiner zungen/ Und hielt durch diesen schnitt auch deine klagen ein/ Mein schmertz ist niemahls recht aus meiner brust gedrungen; So gar verschwiegen heist mich das verhängniß seyn. Du wurdest endlich gar in fremde lufft getrieben/ Nahmst einen feder-leib für frauen-kleider an/ Und hast nichts/ was dir noch von menschheit übrig blieben/ Als daß dein süsser mund die menschen trösten kan. Ach! wo hat mich die noth nicht endlich hingejaget? Was hab ich ärmster noch von kräfften/ witz und sinn/ Als daß ich/ wann der gram mein kranckes hertze plaget/ Zuweilen andern noch mit reimen dienstbar bin? Und also gleichen wir uns an geburt und leben: Wie sind wir aber nicht einander sonst verwandt? Das singen wird dir gleich von der natur gegeben: Poeten ist der reim von jugend auff bekandt. Doch beyde müssen sich an guten meistern üben; Drum hörest du den thon der klugen mutter an: Ein dichter aber forscht/ was Opitz hat geschrieben/ Und was die vorder-welt in seiner kunst gethan. Du liebst die einsamkeit in den belaubten püschen/ Und singest lieblicher/ wann iederman dich hört: Poeten suchen sich im grünen zu erfrischen/ Und sterben/ wo die welt nicht ihre lieder ehrt. Du brennest voller ruhm/ und mischest dich im singen Mit deines gleichen offt in einen wettstreit ein: Wir dencken ieder uns auff den Parnaß zu schwingen/ Und keiner will nunmehr im dichten letzter seyn. Doch wenn der sonne glut den himmel angezündet/ So giebt dein lust-gesang der erden gute nacht: So/ wann sich erst bey uns der sorgen hitze findet/ Wird keine zeile mehr rechtschaffen angebracht. Denn bey dem wasser schreibt man selten gute reimen/ Der geist nimmt/ wie der leib/ bey qual und armuth ab: Und wo die sinnen nichts als labyrinthe träumen/ Fällt auch die Poesie leicht an den bettelstab. So artig/ wie du singst/ so groß ist deine tugend/ Du bleibest gerne da/ wo man dir guts gethan: Du kennst im alter noch den pfleger deiner jugend/ Und stimmest ihm allein zu ehren lieder an. Ach! was beseuffzet doch mein brennendes verlangen/ Als da mein Friederich mir seinen schutz entzeucht? Der milde Friederich/ der/ da ich ausgegangen/ Auff hohen schulen mir das erste brod gereicht. Zwar eines hast du noch: dein mund gefället allen/ Und wir gebähren offt mit singen nur verdruß: Doch unsre stimme wird auch auff die nachwelt schallen/ Da deine mit der zeit wie du vergehen muß. So gar genau hat uns natur und kunst verbunden. Wie kommts nun/ daß mich nicht auch dein gelücke trifft? Daß/ da du deinen sitz in Friedrichs auen funden/ Mein fauler hoffnungs-kahn auff schwerem sande schifft? Daß dich ein grosser fürst aus seinem garten speiset/ Und mein verhängniß mich in dürre wüsten treibt: Dein mund den Brennus-Stamm/ die zunge götter preiset; Mein spiel-werck aber nur für arme schäfer bleibt. O tochter Pandions! O süsse Philomele! Erbarme/ wo du kanst/ dich meiner traurigkeit/ Und wirff nur einen blick auff meine dornen-höle/ Wann dein gelücke dich mit rosen überstreut. Ich ärgere mich nicht an deinen guten tagen; Ich gönne gerne dir des hofes sonnen-schein: Es mag dich Friederich auff seinen händen tragen/ Dein trincken nectar-safft/ die speise zucker seyn: Dann du hast alles diß auff erden wohl verdienet/ Und wir erkennen es für einen himmels-schluß/ Daß/ weil dich Mavors kind zu tödten sich erkühnet/ Ein neuer Marsen-sohn dich wieder schützen muß. Bitt aber/ schönste/ nur für mein betrübtes leben/ Und trag bey rechter zeit mich deinem Churfürst an: Vielleicht will Gottes hand durch einen vogel geben/ Was weder witz noch kunst durch müh erhalten kan. Du darffst nicht allererst nach meinem kummer fragen: Doch frage/ wo du wilst/ nur bäume/ gras und stein: Die alle werden dir/ die alle werden sagen/ Daß meine seuffzer nichts als ehr und tugend seyn: Und daß ich darum mich in heissen thränen bade; Weil meine Poesie mit schimpffe betteln geht/ Und iede wissenschafft in Friederichs genade/ Sie aber noch allein in keinen diensten steht. Mein flehen ist gerecht: ach aber auch vergebens! Dann dein beglückter stand kennt meine seuffzer nicht: Und der erinnert sich gar selten fremdes lebens/ Der täglich so wie du bey hofe blumen bricht. So klagte Seladon/ und legte mit verdruß Die flöte/ die er trug/ bey einer fichte nieder. Was nutzen/ sprach er drauff/ mir meine helden-lieder/ Wann ich wie grillen nur im winckel singen muß? Ihr Musen/ gute nacht/ nehmt/ was ihr mir verliehen/ Und last mich in den wald zu wilden bären ziehen; Denn Phöbus spielt in mir gantz unveränderlich/ Und was ich denck und schreib/ ist lauter Friederich: Drum will ich lieber gar im kalten Zembla sterben/ Als meine feder nicht in seinem purpur färben.