Lob-Schrift über den andern theil Arminius/ des Herrn von Lohenstein B.N. Der weißheit muster-platz/ das witzige Athen/ Ließ einst Minervens ruhm im tempel auffzusetzen/ Befehl an den Alcmen und Phidias ergehen: Sie solten beyderseits ihr bild in marmel ätzen. Die arbeit ward vollbracht; Die urtheil lieffen ein. Und endlich ward der preiß dem ersten zugesprochen; Weil iede linie weit schärffer ausgestochen/ Die stellung aber schien von mehrer kunst zu seyn: Und menschen insgemein mit maulwurffs-augen schauen/ Was sie/ wie luchsen/ doch sich zu ergründen trauen. Doch wie ein seiden-wurm in raupen sich verkehrt; So muste ieder auch ein ander urtheil fällen; Nachdem dem Phidias sein bitten ward gewährt/ Und man die bilder ließ auff hohe säulen stellen. Denn nunmehr machte sich der fehler offenbar/ Und ließ die kluge welt aus allen gliedern lesen: Daß des Alcmenens witz im maase blind gewesen/ Und Phidias sein werck von gräder theilung war. So gar kan wissenschafft/ wie silber von der erden/ Durch eil und unverstand offt überwogen werden. Wer der gelehrten welt in ihren tempel gehn Und eine gleichung will mit bild und büchern machen/ Wird lernen/ daß wir noch/ nicht anders als Athen/ Durch frühes urthel offt das beste werck verlachen. Denn wem ist wohl der streit der federn nicht bekandt; Wer weiß nicht/ wie sich wesp' und honigseim verbinden? Die meisten fliegen sind bey marcipan zu finden; Die schönste stirne wird von warmer lufft verbrannt; So wird der besten schrifft/ nachdem sie nur gebohren/ Auch die verleumdung bald zum schatten auserkohren. Der weise Plato ward vom schüler schon verlacht; Der güldne Cicero vom Crispus umgetrieben. Polybius wird noch in schulen offt veracht; Da keiner doch so treu von Deutschen hat geschrieben. Scioppius verwirfft den klugen Tacitus; Weil er der laster brunn im Nero nicht verschwiegen: Ja Strabo suchet schon im Metrodorus lügen/ Und hat an mängeln doch selbst einen überfluß. So artig wissen wir durch urthel unsre flecken/ Wie parden ihre haut im laube/ zu verstecken. Ein eintzig kopff gebührt offt tausendfachen streit/ Gleichwie ein finsterniß im meere tausend wellen. Drum schilt Riccobonus der Römer lieblichkeit/ Weil ihre federn nicht nach seiner zunge quellen; Und meynt/ daß Plinius viel worte nur geschmiert/ Der Tacitus zu rauh/ und Flor zu kurtz geschrieben; Sveton und Spartian die sprache schlecht getrieben/ Und endlich Marcellin zu harte reden führt. Als ob der sonnen licht die strahlung von den sternen/ Rom aber römisch noch von kindern solte lernen. Der alten possen-spiel trifft auch die neue welt/ Nur daß person und platz im spiele sich verkehren. Des Cominäus ruhm/ den Gallien erhält/ Sucht Mejer/ wie der blitz die cedern/ zu verzehren. Sleidanus arbeit wird von vielen schlecht geschätzt/ Und hat/ wie Strada/ schon ihr urthel recht erlitten. Wie hatte den Thuan Baptista nicht verschnitten? Wie ward dem Lipsius die feder nicht gewetzt? Und was will Cromer nicht vor fehler andern zeigen/ Die doch bey dutzenden aus seinen schrifften steigen? Das macht/ die meisten seyn vor grossem eyffer blind/ Und führen gall und zorn im kopffe wie sardellen: Drum kan ihr urthel/ das von wermuth fast zerrinnt/ Wie quitten nicht zugleich mit mußcateller qvellen. Den andern mangelt gar zuweilen der verstand/ So wie den krebsen blut/ und wilden bäumen feigen: Ja wenn ihr geist sich soll im alterthume zeigen/ So ist den ärmsten offt das jota kaum bekandt; Und dennoch soll ihr ruhm nach tausend klugen Griechen/ Und ihre feder/ wie Cardanus athem/ riechen. Doch rechte weißheit bleibt so wenig unterdrückt/ Als Pyrrhus edles hertz im feuer kan verbrennen. Denn sterne werden doch durch glaß und kunst erblickt; Und purpur lernet man bey reinem purpur kennen: So steigt der bücher glantz auch endlich himmel an/ Wenn ihre schrifften sich auff hohe säulen stellen. Das ist: wenn witz und fleiß das urtheil drüber fällen/ Und der gelehrten spruch dem pöfel dargethan: Wie wenig den Bodin ein Sergius erreichen/ Und sich Pallavicin kan einem Svavis gleichen. Die arbeit Lohensteins hat beydes schon erlebt/ Eh noch ihr wesen recht zu leben angefangen. Denn vielen ist der ruhm/ der ihren geist erhebt/ Nicht anders als der senff in nasen auffgegangen; Viel haben ihren mosch mit pfeffer überstreut/ Und nur wie Araber den balsam angerochen; Biß recht und klugheit ihr die palmen zugesprochen/ Und endlich wahr gemacht: daß eyfersucht und neid/ Wie dünste/ durch die glut der sonnen auff der erden/ Durch schrifften zwar erregt/ doch auch gebrochen werden. Itzt tritt der andre theil in die gelehrte welt/ Sich an dem ehrenpreiß des ersten zu ergetzen/ Und will den blumen-tantz/ den jener vorgestellt/ Durch einen wunder-streit von bäumen hier ersetzen. Vielleicht zum zeugnisse: daß rosen und jesmin/ Doch am geruche noch dem myrrhen-saffte weichen/ Chineser äpffel mehr als liljen anmuth reichen/ Und bücher insgemein mit grosser arbeit blühn; Im schliessen aber so wie reiffende morellen/ Auch von sich selber offt mit süssem zucker qvellen. Und warlich allzu recht. Denn dorten blitzt der krieg/ Und läst das teutsche reich in flammen fast zerfliessen; Hier schleußt Arminius den friedens-vollen sieg/ Und hat das vaterland der Römer macht entrissen. Das erste haben schon die barbarn ausgedacht; Hier aber werden viel die klugen lehren finden: Daß/ wer den frieden will auff blosses eisen gründen/ Ihn/ wie oliven-safft in bley/ zu nichte macht/ Und fürsten rühmlicher mit schlauen crocodilen/ Durch weichen und verstand/ als scharffe waffen spielen. Wo aber heb' ich an/ den ungemeinen geist Des edlen Lohensteins nach würden auszudrücken? Der/ was in andern man nur glieder-weise preist/ Hier voller wunder läst aus einem buche blicken. Denn auch gelehrte sind mit ihrer phantasey/ Wie affen offtermahls mit honig/ nicht zu füllen; Drum mißt Mirandula der grobheit tausend grillen/ Und Anaxagoras dem monde berge bey. Er aber war bemüht/ wie bienen zu ergründen/ Wie man viel blumen soll in einen teig verbinden. Der menschen erstes licht ist himmel und natur/ Wie schwefel-werck und saltz das leben dieser erden. Ein unvernünfftig thier muß witzig durch die spur/ Die seele durch vernunfft zu einem engel werden. Wer sieht nicht/ was sein fleiß vor proben abgelegt? Wie er das kluge wachs der alten umgegossen/ Den geist des Socrates von neuem auffgeschlossen/ Den weisen Seneca Thusnelden eingeprägt/ Und endlich durch sein licht im schreiben mehr erwiesen/ Als man an dem Petrarch' und Loredan gepriesen. Die staats-kunst/ die nechst Gott des scepters auge seyn/ Und fürsten/ wie den leib der schatten soll bedecken/ Schleußt er weit lustiger in liebes-zucker ein; Als sie Savedra weiß in bilder zu verstecken. Der tieffe Gracian legt seinen Ferdinand/ Wie eher sich August/ vor seinem Hermann nieder. Uns aber scheint der glantz der alten zeiten wieder; Weil wir des letzten bild im Leopold erkannt/ Und uns ein Lohenstein in alten finsternissen Die sonne dieser zeit so artig abgerissen. Doch staats-gedancken sind in fürsten kinder-art/ Denn beyde pflegen sich beym feuer zu verbrennen/ So lange nicht ihr witz sich mit erfahrung paart/ Und sie ihr ungelück aus fremder angst erkennen. Drum laufft sein eyffer auch in die vergangne welt/ Und forscht/ woher der brunn der Deutschen sey entsprungen/ Wie weit der Marobod den degen hat geschwungen/ Und das verhängniß Rom die grentzen ausgestellt? Doch so/ daß mehrentheils gleich wie in purpur-schnecken/ Die perlen neuer zeit in alten schalen stecken. Diß ernst-erfüllte werck mischt sein geübter geist/ Wie köche kostbar fleisch mit süssen mandel-kuchen/ Wenn er die eigenschafft der dinge besser weist/ Als Schott- und Lemnius mit vieler arbeit suchen: Bald auch den gottesdienst der alten welt betracht/ Und seine fehler weiß im grunde vorzustellen/ Zu zeigen/ daß auch most den magen kan vergällen; Der beste bisem offt wie knobloch eckel macht/ Und lehren/ wenn wir sie zu viel und häuffig brauchen/ Wie falscher weyrauch leicht ohn alle glut verrauchen. Ich weiß nicht/ ob ich auch noch von der poesie/ Der feder Lohensteins soll ihren ruhm erheben? Denn verße kosten so/ wie blumen/ grosse müh/ Da beyde mit der zeit doch keine früchte geben. Und hat auff erden gleich ein Constantin regiert/ Der nur in seinen rath poeten auffgenommen; So sind doch hundert schon in seine stelle kommen/ Die dieser köpffe gold mit flecken angeschmiert/ Und eher gips und kalck/ und stumme marmel-götzen/ Als einen Sannazar/ auff ihre schrancken setzen. Diß aber weiß ich wohl/ daß diese kluge schrifft/ So wie Erasmus werck aus krancker hand entsprossen; Wenn nun ein Plautus ihm noch ehren-mahle stifft/ Weil ihm bey mühlen offt das beste spiel geflossen; Ein Magius sich rühmt/ daß er ein grosses Buch/ Wie Campanella gar in fesseln hat geschrieben; So fordert ja der geist/ der diesen kiel getrieben/ Zur dinte ceder-safft/ zur taffel purpur-tuch; Weil unser Lohenstein bey kranckheit und bey sorgen Ihm öffters auch die zeit zum schreiben muste borgen. Drum splittert/ wie ihr wolt/ ihr richter kluger welt/ Und macht durch urthel euch zu grossen bücher-riesen/ Diß/ was eur unverstand an dieser schrift vergällt/ Hat/ eh' ihr sie gesehn/ schon der verstand gepriesen. Ein buch geht wie der meth nicht allen lieblich ein; Weil viel wie kinder sich am schatten auch ergetzen; Die klugheit nur allein kan hohe seelen schätzen; Und die geheimnisse noch unergründet seyn/ Warum die rosen nur den bienen geist und leben/ Den käfern aber nichts als tod und eckel geben.