Der Eich-Baum bey dem Gutsmuthischen Begräbnisse fürgestellet/ An. 1690 B.N. Der geist der poesie hat manches schon erdacht/ Wenn sie der todten grab mit farben angestrichen/ Und bald aus ihrem thun granaten-frucht gemacht/ Bald wieder ihren ruhm mit lorbeern hat verglichen; Heut aber fängt mein trieb was ungemeines an/ Indem ich einen mann/ der voller kern gewesen/ Der uns mehr nutz und frucht als palmen lassen lesen/ Und wie ein balsam-baum sich allen auffgethan/ Den edlen Gutsmuth nur mit einer blossen eichen/ Nach seinem tode will in dieser schrifft vergleichen. Doch denckt nicht/ sterbliche/ daß meiner feder hier So krafft als dinte wird zu beyder ruhme fehlen; Athen zog eicheln schon dem besten zucker für/ Und ließ/ wie Spanien/ zu speisen sie erwehlen. Die Römer haben nur/ den helden ihrer stadt Zu ehren/ einen krantz von eichen-laub erfunden/ Und Deutschland war so sehr an dieses holtz gebunden/ Daß man mit anderm nichts vor dem geopffert hat. Was kan der selige nun besserm auff der erden/ Als einer eichen noch zuletzt verglichen werden? Sein erster kinder-gang in der verwirrten welt/ Nahm witz und lehren schon von jungen eichen-zweigen; Denn wie ihr zartes holtz sich/ wie es uns gefällt/ Von unsern händen läst nach ieder forme beugen: So fiel sein hertze bald der eltern willen bey/ Und ließ wie Cimon sich zur tugend auffwärts richten/ Zu zeigen: daß ein baum nur reich an seinen früchten/ Und eine mutter erst vollkommen glücklich sey/ Wenn sie um ihren schatz vor andern recht zu preisen/ Nur/ wie Cornelia/ darff auff die kinder weisen. Mit zeit und jahren wuchs auch die erfahrenheit/ So wie ein eichen-baum von vielen sturm und winden; Denn wer die stirne nicht mit staub und schweiß bestreut/ Wird auch das güldne fließ der ehre selten finden. Der klügste Hannibal muß durch gefahr erhöht/ Der grosse Cäsar vor in wellen elend werden. Drum brach der selige durch sorgen und beschwerden/ Und glaubte: daß ein mensch nicht eher feste steht/ Biß müh und kummer ihm/ mit dem wir uns beladen/ So wenig als das feur kan grünen eichen schaden. Diß alles überwog der kern der süssen frucht/ Die er biß in den tod vor keinem angebunden/ Und mancher offtermahls noch eh' er sie gesucht/ Wie eicheln ohngefehr in wäldern hat gefunden. Der fromme Scipio hat alle fast beschenckt/ Agesilaus nichts als schuldner hinterlassen; Er suchte iederman mit liebe zu umfassen/ Und hat mit Phocion den gringsten nicht gekränckt/ Wohl aber vielen so/ wie eichen-bäume bienen/ Zu ihrem auffenthalt und schutze müssen dienen. Nechst liebe soll ein mensch auch klug im rathe seyn/ Nach art der wider gifft bewehrten eichen-rinden. Denn klugheit muß die noth mit zucker überstreun; Wie ärtzte wund und schmertz mit eichen-laub verbinden. Der ruhm des seligen ist allen offenbar/ Und darff wie Cato sich durch säulen nicht vermehren/ Weil bloß vernunfft und witz der marmel seiner ehren/ So wie der eichen-safft des mistels wachsthum war; Und unser Leopold ihn selber neu gebohren/ Indem er ihn zum rath und ritter außerkohren. Je höher aber er an stand und würde stieg/ Je tieffer warff sein hertz sich wieder zu der erden; Denn dieses bleibt auch sein/ wie Cyrus/ gröster sieg/ Daß er im glücke nicht hat können stöltzer werden/ Und also dißfalls auch wie eichen sich bezeigt; Die zwar ihr hohes haupt zum himmel auffwärts strecken/ An wurtzeln aber auch gleich tieff im grunde stecken/ Zur lehre: daß der ruhm schon von sich selber steigt/ Und ein bescheidner bloß mit nutz-erfüllten schalen/ Gleich wie ihr gipffel soll mit lauter früchten pralen. Die klugen zehlen sonst zu wundern der natur Auch dieses: daß ihr stamm kan keinen ölbaum leiden. Wer weiß nicht/ wie sein geist auff der gesetzten spur/ Das öle falscher welt hat wissen zu vermeiden? Wenn er auff erden schon den grossen Gott beschaut/ Und durch des glaubens krafft den sünden obgelegen? Drum ward er lebenslang vom himmel auch mit segen/ Als wie ein eichen-baum mit honig überthaut/ Und ließ die blöden offt aus seinen augen lesen: Daß er bey sorgen auch stets gutes muths gewesen. Itzt hat der blasse tod sein urthel abgefaßt/ Und läst das trauer-lied in unsern ohren schallen/ Was jener Spanier auff einen eichen-ast Zum sinnenbilde schrieb: Nun ist er auch gefallen. Doch nur der meynung nach; denn kunst und wissenschafft/ Schnitzt form und bilder erst aus umgefällten eichen; So kan auch unser geist erst Gottes bilde gleichen/ Wenn er sich von der welt zum himmel auffgerafft; Der leib muß aber so/ wie eicheln in der erden Zum stamme/ mit der zeit zum menschen wieder werden. Was preßt/ betrübteste/ denn eure seuffzer aus? Ein baum/ der lange zeit mit ruhme frucht gegeben/ Und schon/ dem wesen nach/ im himmel wie ein haus Von eichen-holtze/ fängt von neuem an zu leben? Fürwar/ sein glücke braucht itzt eure klagen nicht; Drum auff/ und streicht das saltz der thränen von den wangen! Denn ist euch allen gleich ein vater untergangen/ So glaubt/ daß dennoch auch sein tod diß urtheil spricht: Daß/ wer hier trauren will/ muß eichen-bäumen gleichen/ Und mehr dem kummer nicht/ als diese blitzen weichen.