An die Eifersüchtige 1 Ist es möglich, daß du weinest? Ist es möglich, daß du meinest, Daß ich dich verlassen kann? Ei, so schaue doch von fernen Auch einmal bei andern Sternen Dich, o Sonne, selber an! Dein erhobnes Angesichte Machet allen Glanz zu nichte, Der die blinde Welt bethört. Phyllis selbst muß mit Betrüben Sich in deinen Mund verlieben, Wenn sie deine Lieder hört. Alle junge Schäferinnen Fliehen ohne Haß 2 von hinnen, Wenn sie dich, o Wunder, sehn. Zephyr steigt aus seinen Höhlen, Deinen Busen 3 zu beseelen Und von neuem anzuwehn. Venus wird von Zorn entzündet, Weil sie Alles an dir findet, Was ihr sonst allein gebührt; Wie sollt' ich denn, schönste Nymphe, Dir zu Trotz und mir zum Schimpfe Hassen, was die Götter rührt? Denke selbst, ich bin getrieben; Ich will, soll und muß dich lieben, Nichts reißt meinen Vorsatz ein. Denn was du einmal geboren, Muß, geht Alles gleich verloren, Dennoch unvergänglich sein. Fußnoten 1 Die erste Str. ausgel. 2 mit geduld. 3 brüste.