Friedrich Nicolai (Kupferstich von Christian Gottlieb Geyser nach Daniel Chodowiecki, um 1780) Friedrich Nicolai (1733–1811) Biographie 1733 18. März: Christoph Friedrich Nicolai wird in Berlin als jüngster Sohn des Buchhändlers und Verlegers Christoph Gottlieb Nicolai geboren. 1738 Tod der Mutter. 1746 Nicolai besucht das Joachimthalsche Gymnasium in Berlin. 1747 Eintritt in die Lateinschule des Waisenhauses in Halle. 1748 Schüler an der Heckerschen Realschule in Berlin. 1749 Beginn einer Buchhändlerlehre in Frankfurt (Oder) (bis 1751). Private Studien in englischer und griechischer Sprache und Literatur. Beginn autodidaktischer Studien, Lektüre von Homer, John Milton, Alexander Pope, James Thomson und über Frankfurter Studenten erste Kenntnisse der Wolffschen Philosophie. 1752 Rückkehr nach Berlin und Eintritt in die Nicolaische Buchhandlung, die vom ältesten Bruder geführt wird. Tod des Vaters. Fortführung der autodidaktischen Studien und Beginn der Arbeit an der »Untersuchung, ob Milton sein verlornes Paradies aus neuern lateinischen Schriftstellern ausgeschrieben habe«, die im folgenden Jahr im Druck erscheint. 1755 Nicolais »Briefe über den itzigen Zustand der schönen Wissenschaften in Deutschland« erscheinen, mit denen er sich sowohl gegen Johann Christoph Gottsched wie gegen die Schweizer Johann Jakob Bodmer und Johann Jakob Breitinger wendet. Nach dem Erscheinen der »Briefe « tritt Gotthold Ephraim Lessing mit Nicolai in persönliche Verbindung, aus der sich eine enge Freundschaft und literarische Zusammenarbeit entwickelt. Durch Lessing lernt Nicolai auch Moses Mendelssohn kennen. Die so entstandene Dreierfreundschaft reicht bis zum Tod der Freunde 1781 und 1786. Mitarbeit an Lessings »Theatralischer Bibliothek«. Nicolai wird Mitglied in der von Professor Müchler gestifteten gelehrten Gesellschaft. 1756 Beginn des Briefwechsels mit Lessing und Mendelssohn über das Trauerspiel (bis 1757). Nicolai wird Mitglied des von dem Schweizer Johann Georg Schultheiß gegründeten Berliner Montagsclubs. 1757 Nicolai zieht sich aus der Buchhandlung zurück, die sein Bruder ganz übernimmt und widmet sich seinen Studien. Gemeinsam mit Lessing und Moses Mendelssohn begründet Nicolai die Zeitschrift »Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste« (12 Bände, 1757–1765), als deren Mitherausgeber er bis 1759 wirkt. In der »Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste« erscheint Nicolais »Abhandlung vom Trauerspiele«. 1758 Herbst: Nach dem Tod seines ältesten Bruders übernimmt Nicolai die Buchhandlung und den Verlag und führt sie bis zu seinem Tod. In den folgenden Jahrzehnten wird er der produktivste und erfolgreichste Autor seines eigenen Verlags. In den folgenden fünf Jahrzehnten baut Nicolai sein Unternehmen systematisch zu einem Mittelpunkt der norddeutschen Hoch- und Spätaufklärung aus und wird mit Filialen in Stettin und Danzig zu einem der leistungsfähigsten Sortimentsbuchhändler seiner Zeit. 1759 Januar: Die von Nicolai gemeinsam mit Lessing und Moses Mendelssohn herausgegebene Literaturzeitschrift »Briefe, die neueste Literatur betreffend« (333 Briefe, 24 Teile, 1759–66) beginnt zu erscheinen. 1760 »Ehrengedächtnis Herrn Ewald Christian von Kleist«. 12. Dezember: Nicolai heiratet Elisabeth Macaria Schaarschmidt, die Tochter des ehemaligen königlichen Leibarztes Professor Dr. Samuel Schaarschmidt. 1765 Nicolai gründet mit der »Allgemeinen Deutschen Bibliothek« (188 Bände und 21 Bände Anhang, 1765–92) und ihrem Nachfolger, der »Neuen Allgemeinen Deutschen Bibliothek« (107 Bände und 10 Bände Anhang, 1793–1805), das umfassendste und einflußreichste allgemeine Rezensionsorgan der deutschen Hochaufklärung. Beiträger aus dem gesamten deutschen Sprachraum und aus allen Fachwissenschaften arbeiten daran mit. Die Beteilung an der neugegründeten »Ersten Buchhandlungsgesellschaft in Deutschland«, der frühesten Organisation des deutschen Buchhandels, lehnt Nicolai ab, da er an einem Erfolg zweifelt. Dennoch unterstützt er ihre Ziele, insbesondere im Kampf gegen den um sich greifenden Raubdruck. 1767 »Ehrengedächtniß Herrn Thomas Abbt«. 1769 »Beschreibung der königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, aller daselbst befindlicher Merkwürdigkeiten in der umliegenden Gegend«. Die das Genre der Ortstopographie maßgeblich prägende »Beschreibung« wird in den Folgejahren mehrfach erweitert und verbessert (2 Bände, 1779; 3 Bände, 1786). 1773 Nicolais literarisches Hauptwerk, der satirische Roman »Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker« (3 Bände, 1773–76), beginnt zu erscheinen. 1775 Nicolais Parodie auf Johann Wolfgang Goethes »Die Leiden des jungen Werthers« erscheint unter dem Titel »Freuden des jungen Werthers. Leiden und Freuden Werthers des Mannes. Voran und zuletzt ein Gespräch«. Mit dieser und seinen späteren Schriften zieht sich Nicolai die lebenslange Feindschaft Goethes zu, der ihn noch Jahrzehnte später (in »Faust. Der Tragödie zweiter Teil«) mit beißendem Spott angreift. 1777 Als Reaktion auf die Wiederentdeckung des Volksliedgutes durch den Sturm und Drang und die Göttinger Hainbündler veröffentlicht Nicolai zwei Jahrgänge eines Almanachs, in dem er die altertümliche Sprache der gesammelten Lieder karikiert und lächerlich macht: »Eyn feyner kleyner Almanach Vol schoenerr echterr Liblicherr Volckslieder, lustigerr Reyen unndt kleglicherr Mordgeschichte« (2 Teile, 1777–78). 1781 Gemeinsam mit seinem ältesten Sohn unternimmt Nicolai eine mehrmonatige Reise durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Nicolai wird Mitglied der Münchener Akademie der Wissenschaften. 1782 »Versuch über die Beschuldigungen, welche dem Tempelherrnorden gemacht worden, und über dessen Geheimniß. Nebst einem Anhange über das Entstehen der Freymaurergesellschaft«. 1783 Nicolais »Beschreibung einer Reise durch Deutschland und die Schweiz« beginnt zu erscheinen (12 Bände, 1783–96). Insbesondere die überzogen scharfe Kritik an den Verhältnissen im katholischen Süddeutschland und in Österreich führt zu heftigen Auseinandersetzungen, u.a. mit Christian Garve, Johann Michael Sailer und Johann Caspar Lavater. Beginn der Teilnahme an den Zusammenkünften der geheimen Mittwochgesellschaft (bis 1798). 1784 Joachim Christoph Friedrich Schulz veröffentlicht anonym seine Satire »Leben und Todt des Dichters Fir lifimini«, die gegen Nicolai als Herausgeber der »Allgemeinen Deutschen Bibliothek« gerichtet ist. 1786 »Nachricht von den Baumeistern, Bildhauern, Kupferstechern, Malern und Stukkaturern und anderen Künstlern, welche vom dreyzehnten Jahrhunderte bis jetzt in und um Berlin sich aufgehalten haben und deren Kunstwerke zum Theil daselbst noch vorhanden sind«. 1787 Nicolai kauft das Gebäude Brüderstraße 13 und verlegt seine Verlagsbuchhandlung dorthin. 1788 Nach dem Verbot des Illuminatenordens in Süddeutschland veröffentlicht Nicolai eine »Oeffentliche Erklärung über seine geheime Verbindung mit dem Illuminatenorden«. Als Ausdruck seiner Verehrung für den 1786 verstorbenen Friedrich II. von Preußen publiziert Nicolai die Sammlung »Anekdoten von König Friedrich dem Zweyten von Preußen und von einigen Personen, die um ihn waren« (6 Bände, 1788–92). 1790 Der Freitod des ältesten Sohnes Samuel trifft Nicolai tief. 1791 Mit Hinweis auf den Tod seines Sohnes und sein eigenes Alter, tatsächlich aber wegen der massiven Beschränkung der Meinungsfreiheit in Preußen unter Friedrich Wilhelm II. verkauft Nicolai seine »Allgemeine Deutsche Bibliothek« an den Hamburger Verleger Carl Ernst Bohn. 1793 Tod von Nicolais Frau. 1794 In seinem philosophischen Roman »Geschichte eines dicken Mannes, worin drey Heurathen und drey Körbe nebst viel Liebe« (2 Bände) und in den letzten Bänden seiner »Beschreibung einer Reise durch Deutschland und die Schweiz« übt Nicolai scharfe Kritik an Friedrich Schiller, Friedrich Wilhelm Joseph Schelling und Johann Gottlieb Fichte, wodurch er sich deren Angriffe zuzieht. 1797 Im »Musenalmanach für das Jahr 1797« veröffentlichen Schiller und Goethe ihre Xenien, von denen allein 39 Nicolai aufs schärfste attackieren. Nicolai revanchiert sich mit einem »Anhang zu Friedrich Schillers Musen-Almanach für das Jahr 1797«. 1798 Nicolai wird Mitglied der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin. Immanuel Kant veröffentlicht seine Abhandlung »Über die Buchmacherey. Zwey Briefe an Herrn Friedrich Nicolai«, in der er Nicolai als philosophisch ungebildeten Bücherfabrikanten hinstellt, der nur auf möglichst schnellen Absatz seiner Verlagsartikel hinarbeite. Mit seinem philosophischen Roman »Leben und Meinungen Sempronius Gundiberts, eines deutschen Philosophen. Nebst zwey Urkunden der neusten deutschen Philosophie« unterzieht Nicolai die philosophischen Systeme von Kant und Fichte einer scharfen Kritik. 1799 Mit dem Briefroman »Vertraute Briefe von Adelheid B. an ihre Freundin Julie S.« setzt Nicolai die Auseinandersetzung mit Kants Philosophie fort und erweitert sie um Angriffe gegen die Frühromantik um Friedrich Schlegel. Zur Verteidigung gegen die sich häufenden Angriffe von verschiedenen Seiten veröffentlicht Nicolai die Darstellung »Über meine gelehrte Bildung, über meine Kenntnisse der kritischen Philosophie und meine Schriften dieselbe betreffend, und über die Herren Kant, J. B. Eberhard und Fichte«. Nicolai wird Ehrendoktor der Universität Helmstedt. Der Sohn Carl August stirbt. 1801 August Wilhelm Schlegel gibt Fichtes Satire »Friedrich Nicolais Leben und sonderbare Meinungen« heraus, eine Replik auf die Angriffe Nicolais. Nicolai veröffentlicht die kulturhistorische Studie »Über den Gebrauch der falschen Haare und Perrucken in alten und neuern Zeiten«. 1803 Die Tochter Wilhelmine stirbt. 1804 Nicolai wird korrespondierendes Mitglied der Petersburger Akademie. Tod des Sohnes David. 1806 »Gedächtnißschrift auf Johann Jacob Engel«. »Einige Bemerkungen über den Ursprung und die Geschichte der Rosenkreuzer und Freymaurer«. 1807 »Gedächtnißschrift auf Dr. Wilhelm Abraham Teller«. 1808 Tod der Tochter Charlotte Macaria. »Philosophische Abhandlungen, größtentheils vorgelesen in der Königlichen Akademie der Wissenschaften zu Berlin« (2 Bände). 1810 »Gedächtsnißschrift auf Johann August Eberhard«. 1811 8. Januar: Nicolai stirbt in seinem Haus in der Brüderstraße. Sylvia Zirden