5. Der 42. Psalm Auff die Weise deß 24. Dem Herren der Erdkreiß zusteht. Gleich wie ein Hirsch mit schneller Flucht Ein frisches Quell im Walde sucht Und embsig läufft nach kühlen Bächen; So ist auch meine Seel', o Gott, Sie dürstet nach dir in der Noth Und sehnet sich, dich anzusprechen. Sie stirbt für Durst und wündscht zu sein Umb ihren Gott; er ists allein Durch den ihr Trauren wird benommen. Ach, soll ich dann nicht bald hin gehn Und ihm für seinen Augen stehn, Will nicht der schöne Tag schier kommen? Ich weine durch die gantze Nacht Und wann der Tag sich zu uns macht So sind mein Morgenbrod die Threnen; Dieweil man allzeit zu mir spricht: Wo ist dein Gott? nun kömpt er nicht, Nach dem du dich so pflegst zu sehnen. Mein Hertze springt im Leib' entzwey, Wann ich bedencke, wie ich sey In meines Gottes Hauß getretten Und wie ich voller Freudigkeit Umbringt vom Volcke für der Zeit Geopffert habe mit Gebeten. Doch sorge nicht, wirff alles hin, O meine Seel', und hoff' auff ihn: Warumb wilst du solch Leidt erweisen? Er lebet noch und wird sich bald Erzeigen als dein Auffenthalt, Und du wirst ihn in Kürtzen preisen. Mein Geist ist gantz bestürtzt in sich, Weil ich, mein Gott, gedenck' an dich Und muß verjagt ins Elendt gehen, Hier wo man jenseit den Jordan Den Misarsberg auff wüster Bahn, Und Hermons Hübel siehet stehen. Doch wann ein schwartzer Abgrund schon Den andern rufft, daß auch darvon Nichts unerschüttert bleibt auff Erden, Wann gleich der tieffen Schleusen Schaum So hoch schlägt, daß die Felsen kaum Für ihm erblicket mögen werden, Wann alle deine Ströme sich Erhüben und bedeckten mich Mit ihrem Sturm und rauen Wellen, So würde doch mein Athem hier, Mein Geist der würde für und für Auff dich nur seine Hoffnung stellen. Ich weiß, daß deine Gütigkeit Sich liesse sehn bey Tagezeit, Daß ich befreyt von andern Dingen Mit Ruh hernachmals auff die Nacht Von deiner Güt' und grossen Macht, O höchster Vatter, köndte singen. Mein Felß, auff den ich gantz gebaut, O Gott, dem meine Seele traut, Will ich mit Eyfer zu ihm sagen: Gedenckst du dann an mich jetzt nicht? Gestehst du, daß mein Hertze bricht, In dem die Feinde mich so plagen? Es scheint ein scharffes Schwerd zu seyn Und dringet mir durch Marck und Bein, Wann ich die grosse Schmach muß hören, Daß mich der Feind in meiner Noth Noch höhnt und spricht: Wo ist dein Gott, Den du so heilig pflegst zu ehren? Doch sorge nicht; wirff alles hin, O meine Seel', und hoff' auff ihn; Warumb wilst du solch Leidt erweisen? Er lebet noch und wird sich bald Erzeigen als dein Auffenthalt, Und du wirst ihn mit Freuden preisen.