Das vierdte Buch Inhalt Das vierdte Buch, nach kurtzer Berührung noch vierer anderer Mittel sich zu trösten, sagt: daß, im Fall ja sonst keine Besserung hier zu gewarten wäre, so könne doch alles Unglück niemanden weiter verfolgen, als biß zum Grabe. Der Außgang deß menschlichen Elends sey der Tod, welcher nirgends leichtlicher zu erlangen, als im Krieg. Ferner wird auch gehandelt von der Belohnung der Standhafftigen und Straaffe der Verfolger göttlichen Namens auff jenem grossen Tag, wann der Herr der Herrligkeit, der grimmige Löw auß Juda wird wider kommen mit den Wolcken und alle Augen ihn sehen werden, auch die in ihn gestochen haben, und alle Geschlechter der Erden von seinetwegen auff ihre Brust werden schlagen und das schreckliche Gericht mit Zittern und Angst anschauen. Letzlich folget ein ernstliches Gebet zu Gott umb christliche Beständigkeit und solchen Frieden, welchen unser Seligmacher in seinem letzten Testament als den höchsten Schatz auff Erden den Seinigen einig und allein hinterlassen. Nun wil ich kürtzlich auch von andern Mitteln schreiben, Die uns der Sorgen Last vermögen abzutreiben, Biß meine Rede sich zum letzten Troste kehrt, Zum letzten an der Zahl und ersten an dem Werth. Ich weiß nicht, wie wir doch sind von Natur geneiget, Daß jederman von uns sich leydlicher erzeiget, So er Gesellen hat, die gleiche Noth und Pein Empfinden, als wie er, und mit ihm traurig seyn. Man läßt viel sparsamer die schwären Thränen fliessen, Wann andere so wol ihr Theil darzu vergiessen. Bloß auß Vergleichung kömpt den Leuten aller Harm; Thu nur die Reichen weg, so bleibet niemand arm. Wann einer gar allein im weiten Meere fähret Und ihm der Rachen wird von Winden umbgekehret, So klagt er trefflich sehr; zerschlägt die wilde See Ein wolbesetztes Schiff und mächtige Gallee, Daß hier ein Stücke Mast, da Banck, da Ruderstangen, Da Brett von allen wird mit Hauffen auffgefangen Zu schwimmen an den Port, so wird der doch erfreut, So andre mehr mit ihm sieht auff der Flut zerstreut. Wir haben gleichfalls auch in diesen wüsten Wellen Und See der tieffen Noth mehr als zuviel Gesellen, Wo dieses auch das Leyd uns lindern sol und kan. Schaut weit und breit herumb, seht alle Winckel an, Wo ist der tolle Mars nicht leyder außgelassen? Ist gantz Europa durch nicht Krieg und Kriegsverfassen? Ist inner dem Revier der gantzen Christenheit, Und ausser ihr darzu, nicht ein gemeiner Streit? Ist einer unter uns dann besser, als der ander? Und wer wil zollfrey seyn? Wir leyden miteinander, Es geht uns sämptlich an. Wer nun an dieser That Und Auffruhr unter uns am minsten Ursach hat, Der ist am besten dran und kan gedultig leyden, Was weder der, noch der, noch jener nicht vermeyden. Der hat den Krieg jetzund, der hat ihn jetzt gehabt, Hier kömpt er erst hernach, da ist er vorgetrabt. Nun die Gewonheit auch kan viel bey allen Sachen; So pflegt ein Weydemann die gantze Nacht zu wachen, Fängt Schloß und Regen auff und hat sich angewehnt, Daß er viel Stunden sich nach keinem Bissen sehnt Und allen Durst verträgt, steigt auff den hohen Spitzen Und Klippen umb und umb, der Sonnen-Glantz mag hitzen, So sehr er immer wil. Nichts ist so leicht und gut, Das nicht beschwerlich sey dem, der es erstlich thut. Ein Mensch, der offters wird mit Prügeln übergangen Wird endlich schlägefaul. Nur muthig angefangen, Die Zeit bringt Linderung, verjaget Furcht und Grauß Und härtet unsern Leib zu allen Streichen auß Und auch den Sinn darzu. Was dann uns widerfähret, Was Unglück, Creutz und Noth uns immermehr beschweret, So haben wir Gedult und sagen ohne Scheu, Diß wusten wir zuvor, es ist bey uns nicht neu. Was unvorsehens kömpt, das pfleget mehr zu kräncken; Drumb sol ein jeglicher bey gutem Glücke dencken Mit was für Tapfferkeit er wolle widerstehn, Wann ihm was Widriges zu Handen möchte gehn. Ein weiser Mann sagt nicht: Ich hätt' es nie vermeynet, Es kömpt mir fembde für; was andern Leuten scheinet Gar wunderseltzam seyn, das sieht er an und lacht, Dieweil er zuvorhin schon längst darauff gedacht. Noch hab' ich nie gesagt, wie die Gelehrten können Durch ihrer Bücher Rath erfrischen ihre Sinnen Fällt etwas Böses für. Die edle Wissenschafft Schmückt auß das gute Glück und gibt im Unglück Krafft; Sie zeigt den rechten Weg, beständig außzuhalten Und läßt in keiner Noth die Hertzen nicht erkalten. Sie führt den, der sie liebt, weit von deß Volckes Schar, Das an der Erden klebt, und läßt ihn in Gefahr Nicht weich und zaghafft seyn, nicht zweiffelhafftig leben Und wie der meiste Theil in stäten Furchten schweben. Wen diese Wärterin erzeucht in ihrer Schoß, Der ist zu aller Zeit von allen Sorgen loß, Läßt eytel, eytel seyn und wieget alle Dinge, Umb die wir so sehr thun, für nichtig und geringe, Reißt auß, fleugt durch die Welt, betrachtet umb unnd an, Was irrgend ist und war und künfftig werden kan; Steigt auch biß in die Lufft, begierig zu erwegen, Woher der kalte Schnee, das Eiß, der süsse Regen, Der Plitz, deß Donners Schall, der traurige Comet, Thaumantis Tochter Schweiff, so wol gemahlt, entsteht; Kömpt höher dann hinauff und lehrt den Himmel kennen Und einen jeden Stern mit seinem Namen nennen; Tritt, wo der weisse Beer und sein Bootes stehn, Die niemals in die See mit ihrem Wagen gehn. Besieht das Bild, so kniet, bey Ariadne Cronen, Die Bacchus hingesetzt, kan bey der Leyer wohnen, Die vormals Wild und Wald beweget und berührt, Jetzt deß Gestirnes Schar mit ihren Hörnern ziert, Sucht bey dem Monden nach, wie doch deß Meeres Wellen, Durch seinen Lauff regiert, sich hoch und nider stellen; Sie fliehen täglich weg, verlassen ihren Rand Und kommen widerumb auch täglich an das Land; Folgt auch der Sonnen nach und wird mit ihr gerissen Umb dieses grosse Rund, sieht unter seinen Füssen Der Erden Eytelkeit, so hoch als Phaeton, Und bleibt doch unversehrt, kömpt weiser noch darvon; Ja diese gantze Welt vermag ihn nicht zu fassen, Ist noch nicht weit genug; sie wird von ihm verlassen, Und er schwingt sich hinauff, von heisser Flammen voll, Sieht Gott so weit ein Mensch ihn sehen kan und soll; Der Weißheit tieffer Grund der wird von ihm erstiegen; Was Thales hat bedacht, Pythagoras geschwiegen, Und Socrates gesagt und die gelehrte Welt Durch himmlischen Verstand auff das Papier gestelt, Das suchet er herfür und läßt es mit ihm schwätzen, Bedenckt bey sich, was gut und ehrlich sey zu schätzen, Was recht und unrecht sey, wie jedermann allhier Mit Leuten umb sol gehn und leben nach Gebühr. Das kan die göttliche Philosophy uns weisen. O wol dem, der sich läßt an ihrer Tafel speisen, Ihr Himmelbrod geneußt, trinckt ihren süssen Wein Und schläfft an ihrer Brust, der lernt zufrieden seyn, Was Unfall ihn betrifft! Wornach die Welt gelüstet, Das stellt er unter sich, ist allzeit außgerüstet Die Widerwertigkeit mit Ehren zu bestehn, Kan rittermässig auch dem Tod' entgegen gehn. Dich brachte Bias weg auß seinem Vatterlande, O Mutter der Vernunfft, da alles von dem Brande Sonst auffgieng in der Lufft. Du hast sehr viel erfreut Im Elend', in Gefahr und höchster Dürfftigkeit. Dir danck' ich es allein, du Meisterin der Tugend, Mit welcher ich bißher in dieser meiner Jugend Und fast von Wiegen an getreuen Rath gehabt Und allzeit meinen Geist erquicket und gelabt, Dir danck' ich es allein, dir ist es zuzuschreiben, Daß ich noch biß hieher beständig können bleiben, Da dieser schwäre Krieg nicht wenig mich vexiert Und durch so manche Noth weit über Mehr geführt, Beraubet aller Freund' und aller derer Sachen, Die uns zu Leydenszeit das Leben leichter machen, Getrieben und verjagt, schier ohne Gelt und Pfand, In diß jetzt durch den Frost und Schnee bedeckte Land, Da niemand weder mich noch mein Studieren kennet. Nun, daß ich, ob mich gleich viel Trübsal angerennet, Viel Kümmernüß beschwert unnd auch noch jetzt kein Ziel Zu meiner Linderung sich sehen lassen wil, Doch nie erlegen bin, und wil auch nicht erliegen, Das messe ich dir zu; es mag mich auch bekriegen Lufft, Wellen, Wind und See, Haß, Unruh, Noth und Pein, So wirstu allzeit doch mein freyer Hafen seyn. Nun wider auff den Weg. Ists dann so wol beschaffen, Daß wir uns weiter nicht vermögen auffzuraffen, Und ist es allbereit so weit mit uns gethan, Daß uns durchauß nicht mehr gerathen werden kan? O nein! wann sonsten gantz kein Trost wer überblieben, So muß die Hoffnung her, die Hoffnung lernt uns lieben, Was sonst verdrießlich ist; die Hoffnung baut das Feld, Die Hoffnung gibt es an, daß man den Vögeln stellt, Die Hoffnung wirfft das Garn und Angel in die Flüsse, Die Hoffnung unterhelt auch den, dem beyde Füsse An Ketten sind gelegt, wie schlechte Lust und Ruh Er in dem Stocke hat, doch fingt er noch darzu. Das Glück fleucht offters zwar von einer guten Sache, Die Hoffnung nimmermehr; man spotte gleich und lache Deß Armen, wie man wil (diß ist der alte Lauff) So richtet doch ihr Trost ihn allzeit wider auff. Ey solle sie dann uns in diesen Läufften fehlen? Wir sind ja, Gott sey Lob, noch nicht so gar zu zehlen Für gantz erlegtes Volck, es ist für diese Pest Ja Artzney bey der Hand, die uns nicht sincken läßt. Wie, wann der starcke Löw im Felde wird beschlossen Von Jägern, oder auch in seinen Leib geschossen, Dann rührt er erst den Schwantz, die Ursach seiner Macht, Ist stärcker als zuvor ergrimmet und erwacht, Sein heisser Rachen schäumt, die Augen sind voll Flammen, Die Mähne steht empor, sein Muth kömpt gantz zusammen; Wie sehr man ihn bescheust, wie sehr man zu ihm sticht Von allen Seiten her, so gibt er doch sich nicht. So lasset uns auch thun; wir sind ja teutsch geboren, Ein Volck, das nimmermehr sein Hertze hat verloren, Daß vor der Zeit so viel den Kürtzern hat gejagt, Das nach der Römer Macht zum minsten nicht gefragt, Von dem viel Keyser auch den Frieden musten käuffen, Das noch auff diesen Tag ihr keiner an darff greiffen, Als wann es ohngefähr fällt in sein eygnes Haar, Wie Carlen vor der Zeit dem Fünfften wissend war. Dann, ob schon dieser Held mit allen denen Sachen, Die einen Obristen und guten Kriegsmann machen Genug versehen war, ob schon der Spanier Krafft Und Welschen bey ihm stund, doch hätt' er nichts geschafft, Wann er die Hertzen nicht hätt' unter sich verbittert Und diesen starcken Baum durch Zwanck und Neyd gesplittert: Wiewol der gantze Krieg, umb den so manche Nacht Und Tag verschwendet ward, ihm nicht viel eingebracht. Es bleibet nur gewiß, ihr wird nicht angesieget Der Teutschen Nation, wann daß sie friedlich krieget Und bey einander helt. Wie übel thun dann die, So ihrer Feinde Heer mit grossem Fleiß' und Müh Auch an den blossen Leib deß Vatterlandes hetzen? O, laßt die Mißgunst doch uns jetzt beyseite setzen, Räumt ja der Heucheley so grossen Platz nicht eyn Und traut dem Schmieren nicht, wie süsse pflegt zu seyn Deß Stellers Lockelied den Vogel auffzufangen, So gar nichts Uebels denckt? Kan nur der Wolff erlangen, Daß ihm der Riede wird zum ersten weggethan, Gewißlich muß das Schaf hernachmals auch daran. O flieht deß Neides Gifft, reicht doch die treuen Hände Einander brüderlich und steht, als veste Wände, Die kein Gewitter fällt, so wird in kurtzer Zeit Der stoltze Feind, nächst Gott, durch unser' Einigkeit Zurücke müssen stehn! Ey, laßt anjetzt erscheinen, Daß ihr's vor diesem nicht habt pflegen falsch zu meynen Wie euer Nachbar noch in gutem Wesen stund; Im Unglück wird geprüfft deß Hertzens tieffer Grund. Ich meyn', es ist auch fast der Rede werth zu nennen, Bißweilen mißlich stehn, auff daß man kan erkennen, Wie treu ein jeder sey. Die Schwalbe macht ihr Hauß Im Sommer zu uns her, fleugt aber wider auß, So bald der Winter kömpt; so sind auch falsche Leute. Wann gutes Wetter ist, sucht jederman die Beute, Sind alle Worte Gold; ergreifft ein Unfall dich, Kömpt Kummer, Creutz und Noth, so gehn fie hinter sich. Diß heißt nicht seinen Gott von gantzer Seelen lieben, Den Nechsten als sich selbst, wie Christus vorgeschrieben, Diß heißt nicht Brüder seyn; die wahre Freundschafft steht, Spricht nicht die Schenckel an, Gott gebe, wie es geht. Sie tringet sich nicht ein, was Gutes zu geniessen, Wird weder durch Gefahr noch Furchte weggerissen, Sie ist, wie guter Wein, je länger dieser liegt, Je lieblicher er wird, je bessern Schmack er kriegt. Kein grössers Uebel ist, als wann ein Mann in Schaden Auff gute Freunde traut, die doch ihn lassen baden, Und machen sich darvon. Diß thut die Liebe nicht, Sie bleibet, wer sie war, gleich wie der Sonnen Liecht Durch alle Nebel scheint; sie ist der Alten Jugend, Der Krancken Linderung, der Ungelehrten Tugend, Der Reichen Gnad' unnd Gunst, der Armen Gut und Gelt, Das Wasser ist uns nicht so nützlich in der Welt. Ach! seyt mit diesem Schmuck und Kleinod auch gezieret, Ihr, die ihr gleich wie wir den Christen-Namen führet Und Brüder mit uns seyt; springt doch dem Nächsten bey, So bleibet er jetzund und ihr inkünfftig frey. Nun ihr deßgleichen auch, ihr ehrlichen Soldaten, In denen Liebe steckt zu ritterlichen Thaten, Laßt jetzt, laßt jetzt doch sehn den rechten teutschen Muth Und schlagt mit Freuden drein; der Feinde rothes Blut Steht besser über Kleyd und Reuterrock gemahlet, Als köstlichs Posament, das theuer wird bezahlet Durch abgeraubtes Geld. Ein schöner Grabestein Der bringt der Leichen nichts, ist nur ein blosser Schein; Das Feld, das blancke Feld, in dem viel Helden liegen, So vor ihr Vatterland und Freyheit wollen kriegen, Steht Männern besser an. Was ist doch nur der Tod? (Daß ich von ihm nun red') ein stiller Port der Noth, An dem der Kummer ruht und gibet sich zu Rande, Ein Thor, durch das der Geist kömpt auß deß Leibe Bande, Der Ewigkeit Beginn, der schnöden Welt Beschluß, Ein Weg, den in gemein' ein jeder tretten muß, Er sey auch, wer er wil. Hierauff nun laßt uns dencken, Wann dieser herbe Streit wil unser Hertze kränken, Hier wird das Ende seyn. Drumb fliehe niemand nicht Vor dem, das alle Pein und alles Creutze bricht. Du trinckest Gifft in dich und wunderliche Sachen, So wider die Natur, den Leib gesund zu machen, Was scheustu dann den Tod, durch den du jederzeit Hernachmals für Artzney und Kranckheit bist befreyt? Was zuckestu doch viel? Sol Gott von deinetwegen Die Ordnung dieser Welt jetzt auff die Seite legen? Das Leben muß dir seyn, wie wann du einen Gast Und guten werthen Freund in deinem Hause hast, Da thustu, was er wil; geliebet ihm zu bleiben, So kanstu ihn auch nicht mit Ehren von dir treiben; Gedenckt er dann hinweg, so stellstu ihm es frey, Du reissest ihm darumb den Mantel nicht entzwey. Es hat uns die Natur nur einen Weg zu leben, Zu sterben aber viel und mancherley gegeben: Der fällt und bricht den Halß, der beugt dem Tode für, Und bringt sich selber umb, den frißt ein wildes Thier. Der muß die Fisch' im Meer, und der die Vögel speisen, Der pfleget so von hier, der anders wegzureysen; Es stirbt ein jederman, so auff der Erden wohnt, Wol aber stirbet der, so seiner selbst nicht schont Und diese Welt verläßt vor Gott und gute Sache: Wie bitter man ihm auch die letzte Stunde mache, Ist doch ihm nicht also. Wer Kriegestod erkiest, Der hat den schönsten Tod, der auff der Erden ist. Wer fragt dann viel darnach, kein Grab und Grufft zu kriegen? Vermeynen wir, man kan im Sarche weicher liegen, Als unter freyer Lufft? Wen geht es auch was an, Daß er zu Hause nicht verschorren werden kan? Es ist ja gleich so weit hier und an jenem Orte, Biß an deß Himmels Thor und Acherontens Pforte. Was weynt ihr Mütter viel, umb daß euch durch den Streit Die Söhne sind erlegt in ihrer jungen Zeit? Es pfleget so mit uns wie Aepffeln zuzugehen, Viel reist man jung noch weg, viel, so zu lange stehen, Die fallen selber ab, ein jeder hat sein Ziel, Zu welcher Stunden ihn der Gärtner haben wil. Wiewol sagt jenes Weib, nach dem sie hat vernommen, Daß in der Schlacht ihr Sohn sey umb das Leben kommen: Ich, als ich ihn geborn, so wust' ich wol den Lauff, Er müste sterblich seyn, drumb zoh' ich ihn auch auff, Und da ich ihm gebott' auff Troja hin zu reysen, Sein werthes Griechenland zu schützen mit dem Eysen, Verstund ich, daß ich ihm in Kampf und Kriegesnoth Befiehle fortzuziehn, nicht in ein Gastgebott. Was wollen wir auch viel der Jugend Tod beklagen? Der Leib beschwert uns nur, mit dem wir uns hier tragen, Jetzt thut das Häupt uns weh, jetzt ligt es umb die Brust, Jetzt haben wir zu Tranck und Speise keine Lust; Bald hat man zu viel Blut, bald fallen scharpffe Flüsse, Bald kocht der Magen nicht, bald schwellen uns die Füsse, Bald sticht es hier, bald da, wie sehr man seiner schont, So geht es dem, der nicht auff seinen Gütern wohnt. Diß Wirtshauß ist uns nur auff kurtze Zeit geliehen, Drumb sol man stündlich auch geschickt seyn außzuziehen, Gleich wie ein fertigs Schiff, das an dem Ufer steht Und wartet einig nur, wann guter Wind angeht. Was ist doch für Gewinn, wie viel man Jahre zehlet? Ein Alter ist gewiß nur mit sich selbst gequälet, Muß augenblicklich sehn, ob sein Termin nicht kömpt Und ob der bleiche Tod ihn auß dem Hauffen nimpt. Je weiser einer ist, je williger er gehet Den Steg, den alle gehn, er weiß wol und verstehet Es müsse nur so seyn, er weiß, daß nach der Zeit Ein anders Leben sey dort in der Ewigkeit. Wie, wann man etwan uns durch einen schwartzen Wohren Sehr schöne Gaben schickt, so hat auch Gott erkohren Den ungestalten Tod, den schickt er auff uns zu Nach vieler Müh und Angst mit stäter Lust und Ruh, So allen Frommen wird. Wer den vermeynt zu tödten Der seinem Schöpffer traut in allen seinen Nöthen Und auff den Himmel denckt, der schaffet gleich so viel, Als der, so einen Fisch im Zorn ersäuffen wil Und schmeist ihn in den Fluß. Wie wol wird doch diß Leben, Der Schauplatz aller Noth, für jenes hingegeben? Gewißlich hätten nur die Kinder den Verstand, Ihr Weynen würde bald in Lachen umbgewand. Wann sie auff diese Welt von Mutterleibe kommen, Dieweil sie auß dem Schleim' und Finsternüß genommen Die schöne Sonne sehn, so geht es mit uns auch; Wir lassen durch den Tod den schwartzen Dampff und Rauch Der schnöden Eytelkeit, und kommen an die Sonne, Die nimmer untergeht, das Liecht der stäten Wonne. Was trauren wir dann viel, daß der und jener stirbt Und kömpt der Sorgen ab? Wer sagt, Metall verdirbt Im Fall es in ein Bild wird künstlich umbgegossen? Und gleichfalls, die wir nur von Leim und Schleim entsprossen, Wann wir den schwachen Lauff der Sterblichkeit erfüllt, Verwandelt auch der Tod in Gottes Ebenbildt Und macht uns wider neu. O wol, o wol doch denen, Die vor ihr Land und Gott sich auffzuopffern sehnen Und scheuen nicht das Schwerd! Laß hin der Römer Pracht, Ihr Graß, ihr Eichenlaub und was sie mehr gemacht Von Kräntzen vieler Art, sie mögen triumphieren Mit ihrer güldnen Cron'; uns Christen wird noch zieren Der Krantz, so nicht verwelckt, den keine Lufft verletzt, Der Krantz der Ewigkeit, der wird uns auffgesetzt Auff jenen grossen Tag, wann der uns wird erwecken, Für dessen Antlitz hier diß alles muß erschrecken, Für dem man sonst erschrickt. Wer diesen Trost recht faßt, Hat mitten in der Pein und Marter Ruh und Rast, Läßt dieses Leben stehn, streckt willig beyde Hände Nach seinem Stündlein auß und eylet auff sein Ende, Wann Gott nur wincket, zu, ist lustig und erfreut, Wo daß er sehen kan Fug und Gelegenheit Von hinnen weg zu ziehn und diese Welt zu lassen, Da nichts als Creutz und Noth als Zorn, Neid, Mord und Hassen In vollem Schwange gehn, da diese gantze Zeit Nichts ist, als Kümmernüß, als steter Kampf und Streit. Der Tod bringt Stillestand; das Grab wird nicht beschossen, Verstört und umbgekehrt; ists einmal zugeschlossen, So nützt der Cörper nicht, wird keines Feindes Raub, (Die Würmer nehm ich auß) ist Asche, Koth unnd Staub, Die Seel' ist frey und loß. Die hier sich wol gehalten In dieser Sterblichkeit, gehn droben mit den Alten Berühmten Helden umb, sehn von der hohen Lufft, Wie jederman allhier läufft, trabet, denckt und hofft Auff unbeständigs Thun; die aber in dem Bande Deß Leibes sich befleckt mit Lästern, Sünd' und Schande, Und Ueppigkeit geliebt, und wider Recht gekriegt, Die müssen durch das Thor, da Plutons Wächter ligt, Der schwartze Cerberus mit seinen dreyen Rachen Und Schlangen umb den Halß, nach dem sie Charons Nachen Hat über See geführt und ohne Tagesschein In stäter Finsternüß und dicken Wäldern seyn, Biß daß die himmlische Trompette wird erschallen, Für der die Sonne fliehn, die Felsen werden fallen, Der Himmel furchtsam seyn, der Erden tieffer Grund Zerbersten mit Gewalt biß an Cocytus Schlund, Da sämptlich alles Fleisch wird auß den Gräbern steigen, Sich für der Urtheilbanck deß Richters zu erzeigen, Der nicht betrogen wird, den weder Gelt noch Gunst, Wie hier bey uns geschieht, noch Zungendrescher Kunst, Ja kein Erbarmen auch die Augen wird verblenden. Was Schrecken, Furcht und Angst wird seyn an allen Enden! Zur rechten Hand der Schuld und Laster grosse Zahl, Zur Lincken die Gespenst und Geister allzumal, Zun Füssen der Morast und Feuersee der Höllen, Zun Häupten Christus selbst den letzten Spruch zu fällen, Hier deß Gewissens Qual und da der Erden Glut, Dem Frommen werden auch entfallen Hertz und Muth. Was wird der Böse thun? Unmöglich ists zu weichen, Unleydlich zu gestehn. Ein König wird verbleichen, Der Grausamkeit geliebt, wird nackend, arm und bloß Ohn alles Zepter gehn in Acherontens Schloß, Von gar viel andern zwar, als wol bey uns umbringet. Der Bluthund, der sich hier zu Krieg und Streiten tringet, Der Hertze, Geist, und Sinn an Meuterey ergetzt, Wird einen ärgern Feind sehn auff sich angehetzt, Als er gewesen ist, der stündlich ihn wird jagen, Der augenblicklich ihn wird ängsten, martern, plagen Mit unerhörter Pein. Was der Verdampten Schaar Am meisten in der Welt allhier behäglich war, Wird einem jeglichen, nach dem ers fürgenommen, Dort in den heissen Pful' auch pflegen einzukommen, Ihn quälen Tag und Nacht; die Geizigen ihr Gut, Die Hurer Liebesbrunst, Tyrannen Rach und Blut; Den diß und jenen das. Wie nun diß große Leyden Nicht außzusprechen ist, so seynd die Himmelsfreuden, So allen Seligen noch werden zuerkandt, Auch über englische Gedancken und Verstandt. Was umb und umb wird seyn, wird alles Frieden heissen; Da wird sich keiner nicht umb Land und Leute reissen, Da wird kein Ketzer seyn, kein Kampff, kein Zanck und Streit, Kein Mord, kein Stättebrand, kein Weh und Hertzeleid. Dahin, dahin gedenckt in diesen schwären Kriegen, In dieser bösen Zeit, in diesen letzten Zügen Der nunmehr krancken Welt; dahin, dahin gedenckt, So läßt die Todesfurcht euch frey und ungekränckt. Wie theuer pflegt man doch die Müntzen einzukauffen Von langen Jahren her? Wie würde man doch lauffen, Wann Cesar oder sonst ein hochberühmbter Held Jetzt käme widerumb zu uns her auff die Welt? Wer wolte nicht von uns auch mehr als hundert Meilen Und hundert noch darzu ohn alles Säumnüß eylen, Nur Abraham zu sehn? Wem ist der Tod nun schwer, Zu reysen an den Ort, da alles Himmel-Heer, Da alle Heiligen versamlet, frölich leben, Da umb das hohe Hauß die schönen Geister schweben, Die Gott zu Dienern hat, ja mehr, da umb und an Gott selber sichtiglich beschauet werden kan, Der unbegreifflich ist, in keinen Ort zu bringen, An allen Orten doch, der war für allen Dingen, Unendlich unbekant, von keinem je erkiest, In dem, auß dem, durch den ist alles, was da ist, Keusch, ewig, gut, gerecht, frey, loß, in nichts beschlossen, Der Vatter von sich selbst, der Sohn auß ihm entsprossen, Der heilige Geist auch von allen Beyden her, Die Drey allein ein Gott, mehr ist vor mich zu schwer. Was niemand suchen sol, begehret nicht zu finden, Und steiget nicht zu hoch, es möchte sonst verschwinden Diß, was ihr suchen solt. Wer Gottes Heimlichkeit Vermessentlich erforscht, der sägelt gar zu weit, Und schifft in einer See, durch die er nicht kan kommen, Muß wider auff den Weg, den er zuvor genommen, Kömpt unverrichtet heim. Diß, was uns selig macht, Wird durch die Schrifft genug in Augenschein gebracht Und deutlich außgelegt. Drumb hier, weil meine Sinnen, Und diese schwache Hand nicht höher steigen können, Hier wil ich bleiben stehn; das höchste Gut allein, So vor mein Anfang war, sol jetzt mein Ende seyn. Für dich, Herr, kommen wir, dein armes Volck, getretten, Mit eyffrigem Gemüth' und feurigen Gebetten, Du, du, bist unser Hort, du starcker Capitain, Für dem die Könige der Erden Asche seyn Und minder noch, als Staub! Wir kommen und erscheinen Für deiner Majestät, du hast die Noth der deinen Von allen Zeiten her genädig abgekürtzt Und ihrer Feinde Macht bestritten und gestürtzt. Durch dich hat Abraham vier Könige geschlagen Und Loth zurück gebracht, durch dich ward Roß unnd Wagen, Die grosse Reuterey, deß Pharaones Heer Und Pharao darzu geworffen in das Meer: Durch dich stund Josue für seinen Feinden allen, Auff die du Hagel auch vom Himmel hiessest fallen: Die Sonne muste selbst um seinet willen stehn Und einen gantzen Tag zu langsam untergehn. Für deiner Stärcke kam der Midjaniter Hauffen Mit greßlichem Geschrey und Furchtsamkeit gelauffen, Fiel durch sein eygnes Schwerd; durch dich griff Jonathan Mit einem Knechte nur ein gantzes Lager an: Du hast den Schleuderstein auff Goliath gewendet, Als David ihn erschlug, die Syrier verblendet, Daß Eliseus nicht kam unter ihre Macht, Dem stoltzen Sanherib erwürget in der Nacht Sein kühnes Kriegesheer: du grosser Ueberwinder, Nim auch dich unser an! Ach, siehe deine Kinder Und kleiner Hauffen kömpt, fällt nider und begehrt, Du wollest doch nit mehr der Feinde scharffes Schwert, Die gantz uns willens sind zu dämpffen, lassen wetzen. Du Zuflucht Israel, laß doch dem wilden Metzen Nach solcher Angst und Noth, nach dieser langen Pein Und schweren Kriegeslast ein mal ein Ende seyn, Nim deine Ruhte weg. Wir armen Niniviten Bekennen und gestehn, wir haben überschritten Das Ziel von dir gesetzt; so viel deß Meeres Rand Bestritten durch den Ost, hat kleine Körner Sand, So manche Missethat beschwert uns das Gewissen. Wo sollen wir doch hin, wann daß wir nicht geniessen Der grossen Gütigkeit, die mitten in der Glut Deß Eyffers deinen Grimm gantz freundlich, milde, gut Und wolgeneiget macht? Wo sollen doch wir Armen, Wo sollen wir hinauß? Dich vätterlich erbarmen Ist ja dein eygnes Thun. Ach, Vatter, laß doch nicht Der Kirchen schwaches Schiff, da jetzund knackt unnd bricht In dieser wilden See, in diesen wüsten Wellen, Bestritten von der Macht und Grausamkeit der Höllen! Laß uns nicht länger seyn der Götzendiener Spott, So ruffen ohne Scheu: Wo ist der Ketzer Gott? Du aber, lieber Herr, du pflegest nicht zu schlaffen, Dein Auge schlummert nicht; du bist bey deinen Schafen, Auch mitten in der Noth; du grosser Friedefürst, Wie sehr du über Sünd' und Laster zornig wirst, So währt dein Grimm doch nicht; so weit die blaue Decke Der Wolcken über uns sich streckt von einer Ecke Biß zu der andern hin, so weit wird auch die Schuld Deß Menschens, der dich liebt, mit Sanfftmuth unnd Gedult Von dir hinweg gethan; du wilst uns nur probieren Auff diesem Musterplatz, und auff den Fechtplan führen, Zu zeigen, daß in uns gar keine Heucheley, Kein Murren wider dich noch Ungehorsam sey. Du wilst uns eyffriger hinfüro beten lehren Und wahre Busse thun, du wilst die Andacht mehren, So noch zu Friedenszeit und ausser der Gefahr Durch Sicherheit und Stoltz in uns erkaltet war. Nun, Vatter, schicke doch uns deinen Geist hernieder, Den Geist der Besserung, erwärme diese Glieder Sonst böse von Natur, mit seiner Weißheit Brunst; Ohn ihn ist unser Thun und Wille gantz umbsonst, Ohn ihn vermag man nichts. Laß unsre Sinnen fegen Durch seiner Liebe Glut, auff daß wir von uns legen Das alte Sündentuch, ziehn an das reine Kleyd Der Unschuld, Gottesfrucht und neuen Frömmigkeit. Und da wir ja forthin noch länger müssen tragen Die Bürde deines Zorns, so laß uns nicht verzagen, Gib uns den Muth, der Noth und Tod verachten kan, Bind' uns mit deiner Hand starck an den Himmel an, Auff daß wir nicht vergehn, gib uns in diesem Schmertzen Ein freudiges Gemüth und königliche Hertzen, Damit wir wider Grimm, Gewalt und Ueberlast Mit kräfftiger Gedult und Hoffnung seyn gefaßt. Schenck uns deß Glaubens Helm, den Sinn, der allzeit wache Für dich, für unser Land und für gerechte Sache; Laß uns der Tyranney frisch unter Augen gehn, Und, also lange wir den Athem haben, stehn. Ein Mensch, der dir vertraut, der dir sich hat ergeben, Was kan er weniger verlieren, als sein Leben? Den Trostspruch wirff uns zu, wann wir im Streiten sind Und Geist und Blut zugleich uns auß dem Leibe rinnt. Sey du der Obriste, verschaffe kund zu werden, Daß keine Tapfferkeit, daß keine Krafft der Erden Dir widerstehen mag, daß keine Kunst noch List Dem Volcke schaden kan, wo du zugegen bist. Hilff doch den bösen Rath derjenigen vernichten, Die alle Müh und Witz nur einig darauff richten, Wie unsrer Sachen Recht durch einen falschen Schein Der gantzen weiten Welt verhasset möge seyn. Laß ja die Obrigkeit zu keiner Zeit sich lencken Von deiner Zuversicht; ihr Wollen und Gedencken Steht gantz in deiner Hand, von dir kömpt Fried und Krieg, Von dir, du Schirm und Schild der Frommen, kömpt der Sieg. Gib gleichfals auch den Sinn den andern Potentaten Die unsers Glaubens sind, daß sie auch helffen rathen Und treulich Beystand thun, daß sie auch keinen Fleiß Nicht lassen ungespart für deinem Ruhm und Preiß. Zwar nicht, daß dir, o Gott, unmüglich sey zu siegen, Wie starck der Feind auch ist, wann sie nicht helffen kriegen Und streiten, sondern nur, daß von uns allesampt Recht werde fortgepflantzt der Christen wahres Ampt, Daß keiner unter uns sey künfftig außzuschliessen Von denen, die ihr Blut gantz ritterlich vergiessen Vor dich und vor das Recht, unnd die sich durch das Schwerdt, Wie Teutschen angehört, biß auff den Tod gewehrt. Diß thu, o höchster Gott, umb deines Sohnes willen, Deß Mittlers dieser Welt, der deinen Zorn zu stillen Vor uns gelitten hat das letzte Theil der Zeit, Jetzt lebet und regiert mit dir in Ewigkeit. Ende deß vierdten Buchs.