Dichters Klage O könnte ich dich von mir werfen Du Fluch des Sangs, der auf mir ruht! Du Todesstahl, der, sich zu schärfen, Erglüht in meines Herzens Blut, Und wieder dann in meinen Thränen Die Kühlung suchet, die ihm noth! Zerstört hat mich Dein gleißend Höhnen; Ich lebe nicht und bin nicht todt! Ich lebe nicht! denn auf der Erde Wall' ich umher, ein fremder Gast, Bin heimathlich an keinem Herde, Bin nicht geliebt und nicht gehaßt, Hab keinen Antheil an den Gaben, Die Gott den Menschen mild verleiht; Was sie erquickt kann mich nicht laben – Ich bin nicht aus der Zeitlichkeit! Ich bin nicht todt! denn tief im Herzen Regt sich der Wunsch noch glühend heiß, Nach sel'ger Freude Frühlingsscherzen, Nach jungen Glückes frischem Reis! Noch dränget sich mir auf die Frage: Ob ich allein dem Schmerz geweiht? Ich weine, hoffe und verzage – Ich bin nicht aus der Ewigkeit! Und dieses martervolle Schwanken, Dieß Fremdsein an jedwedem Ort, Dieß Himmelstürmen der Gedanken, Dieß Sehnen nach dem Grabesport, Dieß Heimweh, das des Daseins Blüthe In ihrem ersten Keime brach – Im einst so freudigen Gemüthe Riefst du es, Lied, allein nur wach! Du lehrtest mich das Jenseits ahnen Und seiner Wonnen Göttlichkeit! Ich schwebte hin auf Sternenbahnen, Ich trank vom Quell der Seligkeit, Und als, ach, wie mit Blitzesschnelle, Das Traumbild dann zerstoben war, Stand an des Paradieses Schwelle, Ich aller Erdenhoffnung bar! Denn nichts kann mir das Leben bieten, Was jenen Wonnen käme nah, Die oft ich in des Lieds Gebieten So himmlisch hold erblühet sah; Doch nach den lastenden Gesetzen Uns fesselnd an die Erdenbahn, Will sich in Glück die Brust noch letzen, Die's fühlen nicht, noch missen kann! So leb' ich fort, ein täglich Sterben Im Schwanken zwischen Dort und Hier, Ein unermüdlich Qualerwerben, Ein Traumessein im Tagsgewirr, Ein einsam Sein in düstrer Mahnung Inmitten dieser lauten Welt, In tiefer Nacht, die nur die Ahnung Als Stern jetzt, jetzt als Blitz erhellt!