Das Gift In China fand ein Alchymist Statt Golds ein Gift, von allen Giften Das schrecklichste: kein Nektar fließt So glatt hinab. In zwanzig Schriften Verkündigt er den neuen Fund; Die Nachricht gieng von Mund zu Mund Und wirkte schnell. Die Absolone Verkürzten sich den Weg zum Throne Durch diesen wunderbaren Saft: Der philosophische Minister Ward insgeheim vom Hohenpriester Durch ihn vom Ruder weggerafft: Durch ihn vertauschte manche Metze Den Gatten gegen den Galan, Und mancher Barnwell griff die Schätze Des kargen Oheims früher an. Allein so hör ich manchen fragen, Stellt denn die hohe Policey In China jedem Rekel frey, Das ärgste Bubenstück zu wagen? Und warum durfte der Adept So keck sein höllisches Recept Vor aller Welt zu Markte tragen? Hierüber wäre viel zu sagen; Genug; es war im Geist der Zeit, Daß kraft der edeln Preßfreyheit Ein jeder alles schrieb und druckte, Wornach die rechte Faust ihn juckte. So schlich der Unfug weit und breit Gleich einer Pest in alle Häuser: Ein jeder murrte; nur dem Kaiser Verbargen seine Schmeichler ihn. Doch endlich fand ein Mandarin, Ein Menschenfreund, der in der Jugend Der Quellen Kraft, der Kräuter Tugend Zu forschen um die Welt geschifft, Durch seine Kunst ein Gegengift: Er macht es kund: er reicht den Kranken Das Mittel unentgeldlich dar. Es nützte wenig; viele tranken Es ungern, weil es bitter war: Die meisten lachten beym Gedanken Von Hinterlist und von Gefahr: Die Siechen aus den fernen Kreisen Erhielten die Arzney des Weisen Oft gar nicht, öfters auch zu spät. So wuchs das Uebel alle Tage Und endlich drang des Volkes Klage Bis vor den Thron der Majestät. Der Kaiser ruft den Unheilstifter Zur Rechenschaft vors Blutgericht. Monarch, erwiedert der Vergifter Mit unerschrocknem Angesicht, Ich kenne mein Verbrechen nicht; Ist nicht die Vollmacht, laut zu denken, Das Vorrecht der Philosophie? Und dieses, Herr, kannst du nicht kränken, Nein, denn du selbst verehrest sie. Ich habe zwar ein Gift erfunden, Allein die göttliche Chymie, Die Wunden schlägt, heilt auch die Wunden, Und eigentlich ist mir die Welt Selbst für das Elixir verbunden, Das meinem Saft die Waage hält. Laß sehn, was deine Gründe taugen, Rief Zoang und in seinen Augen Las man des Zornes Flammenschrift: Man gieß, um den Versuch zu machen, Zuerst sein Gift ihm in den Rachen, Und ist er todt, das Gegengift. Vortreflich! Noch unendlich weiser War das Gesetz, wodurch der Kaiser Der Preßwuth sichre Schranken gab; Doch ohne die Vernunft zu drücken. O hätt ich es, ich schrieb es ab Und ließ es in die Zeitung rücken.