Der verwandelte Amor An Minna. Berauscht vom Wein des Großpapa Schoß Amor einst im Scherz Den Pfeil nach ihm, und siehe da, Er traf ihn just ins Herz. Da wurde Zevs von Liebe krank, Fuhr auf die Unterwelt Und machte manchen losen Schwank, Den uns Ovid erzehlt. Und als er wieder zu sich kam, Kehrt er in sein Quartier Und sprach zum Amor voller Schaam: Den Streich bezahlst du mir. Sein Zepter rührt ihn an, und husch Sträubt sich sein blondes Haar In einen hohen Federbusch, Der noch geringelt war. Er ringt die Arme; diese ziehn In Flügel sich zurück Von Gold und Lazur und Carmin, Wie buntes Güldenstück. Er wollte schreyn; stumm war der Hauch, Der seinem Mund entgieng. Er wollte fliehn; sank auf den Bauch Und war ein Schmetterling. Das arme Kind! Sein Bogen liegt Erschlafft in träger Ruh Und er, stets wollustathmend, fliegt Den Blumenbeeten zu. Itzt küßt er Nelke, Rose, Mohn Und Veilchen und Jesmin, Und küßt sie kaum, so schwärmt er schon Auf andre Blumen hin. Des kleinen Sünders Jammerstand Erbarmt den Großpapa. Auf einen Wink von seiner Hand Stund Amor wieder da. Nur ließ er, was von einem Gott Wohl nicht das klügste war, Ihm zum Gedächtniß und zum Spott Der Flügel buntes Paar. Seit dem führt Amor blos zum Scherz Sein zackichtes Geschoß; Er heftet heut sich an ein Herz Und läßt es morgen los. O wohl uns, daß der Freundschaft Band Nicht in sein Reich gehört! Nein, Minna, selbst durch Parzenhand Wird unsers nicht zerstört.