Robert Eduard Prutz Die politische Wochenstube Eine Komödie Statt der Vorrede Statt der Vorrede. »Alles war nur ein Spiel, Ihr Freien lebt ja noch Alle; Hier ist der Bogen und hier ist zu dem Ringen der Platz!« Personen Personen. Der Doctor. Kilian, sein Diener. Schlaukopf. Germania. Antigone. Medea. Der Romantiker. Der Philosoph. Eine Fremde. Zwei Gensd'armen. Chor der Sklaven. 1. Akt Erster Akt. Doctor. Kilian. auf die Bühne stürzend. Ich aber will nicht! ihm nachsetzend. Aber du mußt! O schnöde Kunst, Die so zu Stein das Menschenherz verwandeln kann, Daß er sogar das Allerheiligste nicht verschont! Was?! Exstirpiren meinen Magen wollt ihr mir? Entfernen bloß, nicht exstirpiren will ich ihn. Doch mit dem Messer? Einem kleinen Messerchen; Das Ganze dauert drittehalb Minuten kaum. Und dauert' es nicht länger, als ein Mensch gebraucht, Ein junges Huhn, ein saftig braun gebratenes, Hinabzuschlingen, nimmer dennoch thät' ich es! Allein was nützt der leere Magen dir, o Tropf! Da, wie du weißt, ich leider dir sowohl, wie mir, Ihn anzufüllen gänzlich außer Stande bin? Wir hungern beide: und das ist die Schuld der Zeit. Die Zeit der Schulden, dieses weiß ich, allerdings; Und wenig nützt, im Gegentheil, es schadet mir Des hohlen Leibes unermeßlich öder Raum, Ach, und der Höslein allzureicher Faltenwurf! Dennoch so bleibt die Möglichkeit mir wenigstens, Mich künftig einmal, in bessrer Zeit, zu sättigen; So bleiben mir die süßen Träume wenigstens: Schweinfleisch und Erbsen, Sauerkraut, gebackner Reis, Ein fettdurchwachsenes Rinderhinterviertelchen, Mit denen nachts der leere Magen mich betrügt, Daß ich emporfahr', wonneschaudernd, ahnungsvoll – Und an dem eignen Finger saugend find' ich mich! – Dies ist, o Sohn, ein bloßer Trieb der Eitelkeit, Bloß eine inhaltlose Magenabstraction, Der zu entsagen Klugheit, wie Moral gebeut. Der Magen ist der wahre Sitz der Endlichkeit, Weil Alles zuletzt sein kläglich Ende nimmt durch ihn. Befreiend dich von dieses Zwingherrn Obermacht, Weit über das Maß der Sterblichkeit erhebst du dich, Ja, bei den Göttern künftig nimmst du deinen Platz! Was essen die Götter? Nektar und Ambrosia. Auch ohne Magen? Ohne Magen, schlürfend nur Mit rosiger Lippe luftgewobenen, süßen Schaum. So kriegt' ich auch wohl niemals Magendrücken mehr, Fräß' ich einmal ein wenig zu viel Ambrosia? O keine Spur! Auch keine Kolik? Das ist vorbei. Sag' mir noch Eins: auch keine Blähungen? Nenne nicht Das schnöde Wort: sie werden gänzlich abgeschafft! Es ist ein Ding, das überlegt sein will, fürwahr! O halte sie fest, die gute Regung, welche schon Den Busen dir von tugendhaften Entwürfen bläht. – Was? blähn die auch? Wohl dieses also ist der Grund, Weshalb die Frommen allemal so aufgebläht? – Ich halte doch wohl lieber meinen Magen fest. Nein, zaudre nicht! Aufknöpfe hurtig deinen Rock! Und wär' es nicht um deinetwillen, nun wohlan, So opfre dich der Menschheit und dem Vaterland! Dem Vaterland?! Nun aber sicher thu' ich's nicht. Denn wo es heißt: »um Eures Vaterlandes will'n!« Da allemal zu Grunde liegt ein dummer Streich, Zu dem man uns arglistig übertölpeln will. Doch so bedenk' und überlege selbst, o Sohn, Welch ein Verdienst du um die Menschheit dir erwirbst, Wenn du die Magenexstirpirung Mode machst! An welcher Klippe scheitert unsre Tugend jetzt? Was kehrt in Eis die Flamme der Begeisterung? Was zwingt zur Selbstsucht? Woran kränkelt unser Muth? Auf wessen Geheiß, o sage mir, nahm Freiligrath Die Schmach auf sich der königlichen Pension? Um welchen Preis brandmarken läßt sich Dingelstedt? Der Magen immer, immer ist's der Magen nur, Der unsers Herzens allerkühnste Pläne bricht Und in den Koth, Kothseelen uns, hinunterzerrt. Vor Allem aber wichtig wär' es für den Staat, Ja wäre der Gipfel staatlicher Vollkommenheit, Wenn allgemein die Magen würden abgeschafft. Was für Beamte! welche Soldaten! welch ein Volk! Freiheitsbedürfniß (dieses merkt, ihr Könige!) Ist eigentlich nur Freßbedürfniß, weiter nichts: Die Herzen nicht, der Magen macht Rebellion. Drum rasch hinweg das unheilnährende Organ, Das Adam' schon das Paradies gekostet hat! Aufknöpfe die Jacke! – Aber woran denkst du jetzt? Du stehst versunken: ja, das ist der Tugend Sieg, Was dir, wie Thau, im zärtlich feuchten Auge glänzt. Ich denk' an eine nicht gefress'ne Leberwurst, Die ich als Kind aus Übermuth einst stehen ließ, Und die nun, ach! auf ewig mir verloren ist. Und also nichts von meiner Rede hörtest du? War's nicht vom Nektar? Ja benektarn werd' ich dich, Gefräßiger Schuft, an welchen ich vergeblich ganz Die Fülle meiner Beredsamkeit verschwendete! Behalte denn den leeren Magen, blöder Tropf! Dies aber sag' ich: siehe selbst, wie du ihn füllst! Ich werd' es. – Wohl, so packe dich aus meinem Dienst. So gebt den Lohn mir, welchen ihr mir schuldig seid. Ich habe nichts. So ranzionire ich mich selbst, In meinen Ranzen steckend, was ich finden kann. Du findest nichts. Doch aber hier die Büchsen – Was?! Auffressen willst du meine Apotheke mir, Mein auserles'nes Raritätenkabinet? Mit Stumpf und Stiel! Ich habe nichts dagegen, friß: Nur mußt du erst auch etwas finden, das dir schmeckt. Ich denke, doch! Der Gerstenzucker kommt zuerst – Wenn welcher da ist. Honig und Johannisbrod – Die speist' ich selber. Aber hier: Spickaale – Wo?! Spickaale? Freilich: oder sonst, was wäre dies? Zwar etwas dürr und überschimmelt sehn sie aus, Allein das schadet meinem Appetite nicht. O Thor und Dreimal durch und durch vermenzelter! Spickaale nennst du dieses? Aber schau nur her: Altpreußische Zöpfe, siebzehnzöllige, sind ja dies! Und was du für »den edlen Rost der Zeiten« hältst, Das ist, bei Licht besehen, eitel Pudermehl. Altpreußische Zöpfe?! Teufel, ja, die kau'n sich schlecht! Die schreiben sich wohl also noch von Jena her? Sogar von Apolda. Doch mit Ehrfurcht halte sie, Und lege sie sorgsam wiederum an ihren Ort: Vielleicht die künft'gen Keime sind es unsers Glücks. Wie wär' das möglich? diese Zöpfe? Gieb nur Acht: Schon in Berlin gesetzlich restaurirt man sie, Ja, bald mit Gold aufwiegen wird man jeden Zopf. Wohl darum also ziehet ihr die Jungen zu? Denn dies hier sieht wie Zöpfchen völlig, oder wie Aalraupen aus. Aalraupen nicht, nur Raupen sind's, Althegelsche, die in Göschels Hirn ehemals rumort: Doch jetzt in Branntwein künstlich hab' ich sie gesetzt, Ein Beispiel einst der allerfernsten Zeit zu sein Von unsrer deutschen Denktollwirbelfaselei. In Göschels Hirn? Und also ist der Edle todt, Von all den Hegelböcken Er das einz'ge Schaf, Dem öfters ich den warmen Pelz beneidete? O nein, er lebt, als Mensch und als Geheimerath. Doch als der Schelling in Berlin ward eingeführt Und man den Hegel polizeilich ächtete, Als Atheist, etcetera: da überkam Ihn eine Furcht, recht eine kanonenfiebrige, Und, in die Hosen plötzlich ging sein Hegelthum. Seitdem mit völlig leerem Schädel wandelt er, Geehrt und glücklich. Was man nicht erleben kann! Bei leerem Kopf, mit vollem Magen – in der That, Es muß der Gipfel aller Seligkeiten sein! – Doch hier zu diesem Henkeltopf was meinet ihr? Laß sehn. – Ei nun, die Probe machen kannst du schon, Zum Wenigsten deinen Hunger wirst du dabei los. Denn dies ist aller Gifte allertödtlichstes: Denunciantengeifer, Heinrich Leo'scher, Durch Löschpapier von Ehren Hengstenberg filtrirt Und abgequirlt mit etwas grüner Huberei; Arsenik ist dagegen nur ein Kinderspiel. Arsenik? Puh! da wisch' ich mir die Finger ab. Doch hier die Pulver, diese scheinen delikat, So recht wie Zucker, welchen man den Fliegen streut? Was? diese Pulver?! Nimmermehr, Unseligster! Nein, Lieber, wenn der Hunger dich nicht ruhen läßt Und deines Gaumens brennende Diebsgenäschigkeit, Friß eher selbst an Bauer's Heidenthum dich satt, So höchst geschmacklos, ohne Saft und Salz, fürwahr, Das Ding auch ist, ein abgestandner Fuselschnaps, Mit dem beliebten Kräutchen Eitelkeit versetzt: Nur an dies Pulver rühre nicht, ich flehe dich! Herr Gott, ich zittre! Wäre dies Knallsilber gar, Das Einem im Bauche unversehens explodirt, Als hätte man von Rüge einen Vers verschluckt?! O wär's nur das, den ganzen Musenalmanach, Den Echtermeyer-Ruge'schen, gäb' ich dir ja preis! Allein viel Schlimmres: Communistenpulver ist's, Blausäurehaltig giftige Bluntschlimischerei! Von diesen Pulvern Jeder, der ein Körnchen nur Gekostet hat, den Verstand verliert er alsobald Und wird so widrig, unerträglich stänkerig, Daß man sofort und ohne Mitleid ihn verjagt, Gleich einem Hund, vom allerletzten Hälmchen Stroh. Denk' an den Herwegh und die gelben Stiefelchen! Und laß mir ewig dieses Pulver unberührt. Das ist ja schrecklich. Und woraus ist das gemacht? Aus Bilsenkraut, mein Söhnchen, und aus Eierschaum. Doch daß ich schon vom bloßen Hauch des Giftes dich Desinficire, diese Tropfen nimm 'mal ein. Gelt da, wie schmeckt das? singt. »Heil dir im Siegerkranz« .... Ja, ja – »Ich bin ein Preuße, kennt ihr meine« .... Siehst du wohl? Das hört sich schon ganz niedlich an. Wie ist dir nun? Als sollt' ich Hofrath werden, königlich preußischer! Als schmiegte bald, mit blendend hellem Farbenglanz, Ein gelbes Band an meine linke Brust sich an! O ja, mir ist, als würd' ich Censor nächstertags! Recht so, mein Schatz! In diesem Style fahre fort, Wohlmeinend ist er: nämlich er meint sein eignes Wohl. Allein wie nenn' ich diese wunderthätige Hofrathsessenz? Begeisterungsextract ist das Von Anno dreizehn, ächter Landwehrmagenschnaps, Den man gemeinlich beim Freiwill'genfeste trinkt: Und diesen Rest nahm Friedrich Förster in Beschlag. Allein mich hungert unverändert, wie zuvor? Dawider hilft die bloße Begeistrung freilich nicht. Es mangelt dir der Speisen Überfluß, o Freund, Mit dem man sie, zweckessend, unterstützen muß. Was denn beginn' ich? Friß die Apotheke doch. Es ist ja nichts, was einen Menschen nährt, darin. Du bist zu wählerisch: etwas Moosthee, magst du nicht? Nein, spotte nicht. Ein wenig Rheum, ächt und rein? Steinhart, o Mann, und ohne Mitleid ist dein Herz. Steinhart, o Mann, und ohne Grütze ist dein Kopf. Wohl, ohne Grütze, daran eben liegt es ja. Aus diesem Allen, ist es dir denn noch nicht klar, Daß du zum Exstirpiren dich entschließen mußt? Ich könnt' es thun – ich gehe weiter: thät' es gern – Wenn Eins nicht wäre! Dieses Eine, nenn' es mir. Es könnte sein – ich sage nicht, es muß: allein Es könnte sein – Sprich deutlich. Deutlich? Sonnenhell Vor meines Geistes innerm Auge steht sie da – Sie war so rund!! Gleich runde Zwanzig geh' ich dir, Wo du mich länger foppen wirst, redsel'ger Schelm! Wen meinst du, sprich? Wen meinen könnt' ich denn, als sie? Es könnte sein, ich fände sie wieder irgendwo, Die nicht gefress'ne, idealisch theure Wurst – Was ohne Magen, Ärmster, fing' ich an mit ihr?! Und also wirst du – Bin ich denn ein Deutscher nicht? Verhungern werd' ich, aber doch geduldig sein. Und auch die Arbeit unverdrossen wirst du thun, Nicht raisonnirend, außer nur, wenn du allein? Ich sagt' es ja: ein Deutscher bin ich, sorget nicht. Zwar edler wär' es, wähltest du den Magenschnitt, Doch auch Geduld ist rühmenswerth. So hungre denn, In das Bewußtsein deiner Tugend eingehüllt. Ja träf' es sich und stürbest du den Hungertod, So will ich dir ein Denkmal setzen auf dein Grab: Dreihundert leere Pillenschachteln, auf mein Wort! – Nun aber geh' und schaue mir nach den Jüngferchen, Ob keiner mehr, in süßen Mutterhoffnungen, Der Leib sich wölbt: wie Heinrich Laube's Stirne thut, Gedankenträchtig, gleich dem schwangern Haupt des Zeus, Wenn er im Schweiß des bartumbuschten Angesichts Ein neues Deutschtrachtmodeblatt gebären will. Und nur ein Sackhüpfschornsteinfegerkäppchen kriegt. Ab. allein. So, geh' du nur fort! und hungre dich zum Schatten ab, Gehorsam du dem Joche meiner Dienstbarkeit! – Der Schlingel hat mich heute wirklich warm gemacht; Er ist nicht ganz so dümmlich mehr, wie er sich stellt. Zwar noch gehorcht er: aber doch er merkt bereits, Wo man ihn nasführt: und das ist der erste Schritt Zur allgemeinen Demoralisation. Geht das so fort, ich glaube beinah, der Esel fängt Am Ende noch zu denken an?! – Ein Glück nur ist's, Daß er die Schinkenbemme nicht gewittert hat, Die ich zum Frühstück heimlich mir errettete. Da, komm' heraus! denn angegriffen fühl' ich mich Von all der Weisheitsvaterlandsgeduldsmoral, Mit welcher ich dem Kilian den Kopf verwirrt. Setzt sich essend. Die Leute sagen, Hunger sei der beste Koch. Ich stimme mit ein: nur der eigne Hunger nicht! Am Besten schmeckt mir's, wenn ich Einen hungern weiß Dicht neben mir, und etwas Gutes fress' ich selbst. – Wie lang noch werd' ich's? Leider wohl nicht lange mehr. Denn ach! mein Handwerk, ehedem ein güldenes, Das besser mich, als eine Professur, ernährt, Besonders eine jenaische: hilflos jetzt, Seit dem verdammten preußischen Ehscheidungsgesetz, Liegt es zu Boden, abgenutzt, wie Heine's Witz: Und abwärts neigen meines Glückes Sterne sich. O schöne Tage, welche sonst mir leuchteten: Du meines Schicksals wechselvolle Odyssee! Ein Doctor bin ich: zwar kein philosophischer, Kein vierzigthälerner, oder gar ein sächsischer Magisternoster: sondern Arzt und Charlatan. Dies hier mein Haus, gleichsam der Baum zu Delos ist's, An welchen einst Letona sich geklammert hielt, Da sie Apoll und Artemis gebar – das heißt Mit andern Worten: ein Entbindungsinstitut, Wo junge Damen höhern Standes ungesehn Sich ihres Leibs verbotner Frucht entledigen. Denn über Alle blindlings herrscht der Liebe Macht Und nicht des Stammbaums siebenhundertjähr'ger Wuchs, Noch auch der Geldsack und sogar die Bildung nicht, Die mit dem alten Tiedge durch die Sterne rutscht Und Höschen strickt dem heiß geliebten Stubenhund, Schützt vor dem Kinderkriegen; also will's Natur. Und o, in lichten Haufen sonst, wie kamen sie, Im Wagen diese (wohlgemerkt, zur Wasserkur), Die in der Sänfte (nämlich das Füßchen war verstaucht) Und Jene trippelnd, beide Händchen vor dem Bauch! Besonders als die Mucker noch in Königsberg Florirten, da florirte mir auch mein Geschäft, Und mehr der Kinder kamen jährlich hier ans Licht, Als Bücher heckt der fingerstumpf abschreibende O.L.B. Wolff. Merkwürdig war es, in der That, Wie an den Frommen Gottes Segen sich erwies, Und wie der Glauben und die Lammschwanzwedelung, Das Kniegerutsch, die Busenkreuzbetastelei, Gleich Kanthariden, zündend in die Lenden schlug. Und wurden's auch nicht immer Jesukindelein Mit rothem Haar und dickverklärtem Wasserkopf, Wie Overbeck mit seiner frommkatholischen Sippschaft sie malt, so wurden's stämm'ge Buben doch Und runde Mägdlein, durcheinander, wie es fiel: Und Jedes brachte blanke Füchslein mir in's Haus. Doch nun, o weh der Pietistenriecherei, Die meine Freunde, meine Mucker, mir gestört! Man soll's noch büßen an der Kirchenunion Und an vermehrter Lutherthumsauswanderung! Doch dreimal Weh' und dreiunddreißigtausendmal Dem blöden Hämmling, dem abgebrauchten, der zuerst Das neue Ehscheidungsgesetz erfunden hat! Ihm, wenn er nachts sein würdig runzlig Ehgemal Umarmen will, nach richtig aufgezogner Uhr (Wie es bekanntlich Tristram Shandy's Vater that): O diesem dann verweigre tückisch sich die Kraft, Weil er in Bann die süße Leidenschaft gethan Und keusch vor Angst die Männer und die Frau'n gemacht. Mir aber stehen Kammern jetzt und Betten leer, Und in dem Stuhl, dem schöpferischen, nagt der Wurm. Ein oder zwei ausländische alte Jüngferchen, Die unterwegs in einem Kellner sich versehn, (Also vermuth' ich) bilden jetzt mein ganzes Haus; Die beiden reichsten aber leider sind sie nicht. Ja selber hier die Apotheke nützt mir nichts, Seitdem die Menschheit Wasser lappt, gleich einem Vieh, Und wenn es hoch kommt, homöopathisch winzige Streukügelchen nimmt, dreihunderttausend auf ein Aß: Und dabei kann kein Apotheker mehr gedeihn. – So wank' ich hilflos meinem Untergange zu, Und sehe keine Rettung mehr, als die preußische Staatszeitung. Denn wer nirgend sonst zu brauchen ist, Der findet noch bei diesem Institut sein Brod. Doch nun hinein zu meinen Jungfern – Aber halt, Wer schleicht denn da um meine Wohnung mir herum? – Ein borstiger Kerl mit ungekämmt altdeutschem Haar Und einer Nase, dunkelblau mit rothem Grund – Das giebt ein prächtiges Intermezzo, in der That! Das hilft sogleich die Schinkenbemme mir verdau'n! Es ist ein Bettler – Immer näher! – O der Tropf, Der denkt nun auch, ein Dreier wär' ihm schon gewiß – Ja, prost die Mahlzeit! Kriegen wahrlich sollst du nichts, Es sei denn Püffe oder etwas dieser Art. Denn nur zu meiner Unterhaltung ruf' ich ihn Und meines Zwerchfells heilsamer Erschütterung – Da ist er schon! Nur immer näher –! Das ist nett. als Bettler verkleidet, tritt ein, singt. Uns ist in alten maeren wundersviel geseit Von helden lobebaeren von grozer kuonheit, Von Herman dem Cherusker, dem uzerwelten man, Darvon man singen und sagen noch aller orten hoeren kan. Bei Seite. Er kennt mich nicht, die falsche Nase steht mir gut. – gleichfalls bei Seite. Was ist denn dies für eine neue Bettelei? Laut. Was belieben der Herr? Auf diesem Ohre bin ich taub. bei Seite. Gleich einem Luchs sonst hören konnt' er – und nun taub? Von seinen Streichen einer ist dies ganz gewiß. Singt. Von Herman dem Cherusker, dem degene wolbekant, Der sluoc mit zorne die viende uz dem lant, Dem sollt ihr gebene eur silber unde golt, So werden eure kunige euch genaedig werden unde holt. Spricht. Ich sammle für den Hermann – Hofmann sagt ihr? wie? Den abgesetzten unpolitischen? Seht euch vor: Denn ohne Mitleid denunciren müßt' ich euch. – Bei Seite. Nun schreit er wohl die Lunge sich entzwei vor Angst. – bei Seite. O edler Freund! So täuschte mich mein Glaube nicht – Laut. Nein, für den Hermann, jenen von Detmold und von Erz. – Was? für das breitbeinbauchvorstreckende Ungethüm, Dies Männeken-Pis der Freienrheinbegeisterung, Das tölpisch steht, rekrutenhaft, am Schilderhaus, Und in die Luft mit seinem Lerchenspieße fährt?! Für den nicht Einen Heller, säß' ich auch in Gold: Denn die Ästhetik untersagt es völlig mir. bei Seite. Nun wieder an sich selber irre macht er mich. – Laut. Allein er liegt verpfändet und vergantet jetzt, Fünftausend Thaler haben wir drauf aufgeborgt. – So macht das alte deutsche Haus auch Schulden, wie? Ein sehr modernes Element erscheint mir das. Weh, mit dem Unglück unbarmherzig spottet ihr? Unglück? für wen? O für das ganze deutsche Land! Denn als politische Vogelscheuche sollt' er stehn. – Bei Seite. Nun sieh' dich vor! Nun werden Sprenkeln ausgelegt! Als Vogelscheuche? dazu ist er gut gewählt. Setzt doch den Schiller, jenen von Stuttgart, mit dazu, Und auch den Nachtstuhl, der im dresdner Zwinger steht. bei Seite. Zweideutigen Weg zu wandeln scheinst du mir, o Freund! Laut. Ja, die Franzosen scheuchen sollt' er von dem Rhein, Dem Feind verderbend allen Geschmack an unserm Land. – In unserm Land uns selber wird er's ohnedies. Auch die Franzosen jagen wir schon selbst zurück: Denn gar zu lumpig wäre dies doch für ein Volk, Wenn es nicht 'mal zu halten wüßte, was es hat! Und drum das Unglück einzusehn vermag ich nicht. bei Seite. Ob das sein Ernst ist? Aber ich weiß schon, wie er ist, Und daß ihm nichts auf Erden Ernst ist, als er selbst. Laut. O doch ein Unglück, bliebe unvollendet er: Wenn sonst für Niemand, für den braven Künstler doch, Der ihn für Deutschland machen wollte und – für sich. Haßt ihr so ganz das Menschenerbtheil Eitelkeit? Ganz: und besonders, wenn sie nicht bezahlen kann. bei Seite. Er ist ein Freigeist, deutlich jetzt verrieth er es. O Schade! Schade! Brauchbar sonst wär' er für mich. – Laut. Nein, seid patriotisch! Einen einz'gen Louisd'or! Und wär' es ein hannöverischer, dennoch nicht! Ja nicht 'mal Ein Koburgisches Sechskreuzerstück, Von denen, dran der Herzog zwei von sechs ge-spart. Macht fort! O um der deutschen Einigkeit –! Ist die So bettelhaft, Almosen zu heischen? Packt euch fort! O denn um Eures eignen Ruhmes Willen, gebt! Und Eures Namens künftige Unvergeßlichkeit! Die hab' ich schon beim Kölner Dom assecurirt: Die Nägel schenkt' ich zu einem Viertelsthürbeschlag, Und alle tragen meinen Namen in dem Kopf, So daß ich förmlich in den Dom vernagelt bin: Und mehr vermag kein guter Unterthan zu thun. bei Seite. Nun ist er reif! Nun, alte Freundschaft, fliehe weit! Den Dom verspotten?! O du alleräußerste Junghegelsche Destructivsubversität! – Doch immer weiter bohren will ich, bis ich ganz Hab' ausgemessen diesen Sumpf der Schändlichkeit. – Laut. Nun, wenn nicht Geld, so spendet doch ein wenig Erz, Ein Stückchen Kupfer, oder auch ein altes Zinn, Als Trichter, Deckel, oder selbst ein Nachtgeschirr, Das doch vielleicht zu Hermann's Nasenöffnung langt: Denn kolossalisch, übermenschlich ist das Bild. Auch nicht den Nachttopf, diesen selbst am wenigsten! Denn in der Nähe bleiben immer muß mir der, Weil ich mitunter etwas lesen muß von Mundt – – – Ja lieber setzt' ich einen Knopf mir unten dran Und trüg' als Helm ihn, nach dem preußischen Staatsmodell, Dem bronceprahlrischkindischmittelaltrigen! bei Seite. Zwölf Jahre Zuchthaus, dieses ist das Mindeste. Laut. So gebt ihr gar nichts? Aber wozu bettelt ihr Um bloßes Erz? So nehmet euch Erznarren doch, Erzbischöfe, Erzjesuiten, Erzgenie's, Erzdemagogen, Erzhalunken, Erzpoltrons: Und überall von allen Vorrath findet ihr. O mehr als grausam ist zur Grausamkeit der Spott! Bei Seite. Nun warte, du Schelm! Um Kopf und Kragen sprichst du dich. Könnt ihr auch Schwerter brauchen und Kanonengut? Die ganz besonders! Heldenmäßig lassen sie. So weiß ich wirklich keinen bessern Rath, als den: Leiht von der jungen kriegssehnsüchtigen Lyrik euch Die vielen Schwerter, davon ihre Verse klirr'n, Von Prutz und Herwegh; Scharten sind noch nicht darin. Als ob ihr selbst nicht wüßtet, daß die nur Papier Und Pappe sind! Ja nun, so tröst' euch Gott! – und so, Mit diesem Wunsch, zum Hause werf' ich euch hinaus! retirirend. Ihr werdet doch nicht? ihn packend. Ich werde nicht, nein, thu' es schon! Will den Bettler zur Thür hinauswerfen, wobei ihm dessen Perücke in der Hand bleibt. Potz tausend noch eins! was gehen dem die Haare aus! Und auch die Nase abzuschnallen?! hat seine Verkleidung abgeworfen. Kennst du mich? Wie? Bruder Schlaukopf?! Bruder ehemals, doch jetzt – Laß dich umarmen! – Nimmermehr! Wo kommst du her? In dieser Tracht? Du schneidest Gesichter – Über dich, O du verwälschter Vaterlandsverräther! – Wie?! Mondsüchtig nervenkranker Communiste! – Was?! Selbstmörderischer Vatermörder! – Höre auf! Ich erstick' vor Lachen! Bald vergeht das Lachen dir: Ich arretire – Aber doch nicht mich? Ja, dich. – Den alten Freund? Dies Opfer fordert meine Pflicht. – Weswegen also? Wegen deines frechen Mauls. Doch warum du? Kraft meines Amtes. Deines Amtes? Bedünkt mich recht, so warest du Turnvater sonst In außerordentlichen Diensten – Eben drum. Hofdemagoge, Freiheitssänger – Eben drum. Republikaner, Königsmörder – Eben drum. Die Consequenz von diesem Allem bin ich jetzt: Wirklich Geheimer Königlicher Leibspion. Wirklich Geheimer?!! – O du dreimal Seliger! – Will ihn umarmen. Zehn Schritte vom Leib –! Du dauerst mich, Unglücklicher. Mit Recht! ich hungre. Alles weiß ich. – Ha! das ist's! Ein Gedanke fährt aus meines Magens Finsterniß, Gleich einem Blitz, hellleuchtend durch mein zitternd Hirn – Wie wär' es? Ja –! Allmächtig bist du, läugn' es nicht: Allmächtig sind Spione immer – rette mich! Erbarme dich des hungermüden, alten Freunds! In deine Hände flehend leg' ich mein Geschick: Mach' mich zum Lügner beim Berichtigungsbureau, Mach' mich zum Klätscher bei der Literarischen, Ja, wär' es auch zum Unterleibspione nur – Ich hätte dieses, hätte mehr sogar gethan – O thu' es noch! Mich hungert schon wieder, thu' es noch! Doch dein verwünschtes Raisonniren – Ist's nur das? Nun Gott sei Lob, nun bin ich so gut, als angestellt: Ich glaube ja selbst von Allem nicht das Mindeste, Es ist mir Alles unaussprechlich einerlei. – Allein den heil'gen Hermann betest du nicht an? Zwei Groschen gieb mir: und ich rutsche auf den Knien. Die gottvergessnen Witzeleien auf den Dom? Ein bloßer Luxus meiner Zunge, weiter nichts. Hinneigung zu politischen – Doch du kennst mich ja: Liberal, servil, monarchisch, constitutionell – Hat nur mein Leib die rechte Constitution!! So sprachst du bloß –? Zum Zeitvertreibe. Glaublich ist's, Denn mit den meisten Liberalen steht es so: Gesinnung ist 'ne Wasserpflanze meistentheils, Die aus des Herzens Felsengrunde nicht, o nein, Nur aus dem Sumpf der Redensarten sich erhebt. Doch brauch' ich bess're Garantien noch, als dies: Nichts Kleines ist es, einzulaufen, sichern Gangs, In den allersehnten Hafen des Beamtenthums Und an dem Anker königlichen Jahrgehalts, In schöner Ruh', das Schifflein zu befestigen! Eleusis, weißt du, hatte seine Prüfungen: Darum so schließe deiner Seele Tiefen auf Und beichte mir, was deine ernste Meinung ist. Hm, ernste Meinung – allerdings – ich dächte doch – Meinst du so ganz im Ernste? Freilich mein' ich das. Hm, meine Meinung – warte nur, ich hab' es gleich – Es wär' doch seltsam, wenn ich keine Meinung hätt', Da jeder cultivirte Mensch sich eine hält – Ich muß mich besinnen. – Aber halt! – – Nein das war nichts – Genau besehn, in bitterm Ernste – ja, das ist's: Ich glaube, daß die Thaler rund sind!! Weiter nichts? erschöpft, treuherzig. Nein, weiter nichts. Topp, deine Hand: du bist mein Mann! Und nun vernimm und sperre weit die Ohren auf .... Ich sperre ja schon! – Und sinke nieder in den Staub ... niederknieend. Ich sinke schon! Bei Seite. Pfui Teufel noch eins! fromm ward er auch? Und falte betend deine Hände ... Siehst du nicht? Ich habe mir ja die Knöchel schon ganz blau gedrückt. So schieße los, was ist es? Ein unsagbar Ding, Ein gnadenreich Ministerialmysterium. – Ich merke schon: ein neuer Orden, ist's nicht so? Nein, höher hinauf! Die Grenadiere kriegen fünf Knopflöcher statt sechs in ihre Sonntagsuniform? Weit, weit hinauf!! 'ne allgemeine Vaterlands- Zukunftbeglückungsmenschheitsangelegenheit. – Ah, nun errath' ich: ausgegeben wurde das Statut der Schwanenritter? Oder gar studirt Man eine neue Komödie sich in Potsdam ein? Umsonst! umsonst! Es übersteigt den kühnsten Schwung Der Phantasie – Und auch die Schwungkraft meiner Knie' – Glücksel'ge Zeit, die dieses Wunder soll erschau'n! Die alten Zeiten werden neu, noch einmal schwingt Der heil'ge Geist auf Adlerflügeln sich herab. – bei Seite. Wenn der mich jetzt nicht eben anführt, that er's nie; Ich kenne dies Wackeln seiner Nasenflügel schon, Er ist ein Schalk. Laut. Nun aber ende – Ende? nein! Der Anfang ist es einer neuen großen Zeit: Deutschland – ich sage: Deutschland, unser Vaterland, Germania, die blondgelockte Königin, Das Land des Hermann – – einfallend. Luthers, Friedrichs und so fort – Was hältst du bei den Curialien dich auf? fortfahrend. Deutschland ist – schwanger!!! aufstehend. Aber nein, das ist zu arg: Ein wenig wohl zum Narren halten lass' ich mich – Wie denn? du glaubst nicht? begütigend. Alles glaub' ich, was du willst. – Nein, fürchte nichts, ich zürne deinen Zweifeln nicht: Der Zweifel erst erhöhet recht des Wunders Werth, Weil dennoch er zuletzt der Wahrheit weichen muß. – Woher denn weißt du's? Doch wer wüßte besser es, Als eben ich? Hofpädagoge bin ich und Familienrath der edlen Jungfrau – dieses heißt, Nicht eigentlich mehr Jungfrau, sondern junge Frau – Allein es ist dieselbe junge Dame doch, Höchstderen tausendjähr'ge Wiegenfeier jüngst In deutschen Landen feierlichst begangen ward: Mit einer Predigt nämlich und am Abend dann Gab's einen ausgekegelten Schöps bei Rennebom's? Dieselbe, freilich. Sarah zählte neunzig Jahr – Vollende nicht, ich ahne, was du sagen willst: Doch hier ist mehr, als Sarah. Ohne Frage, ja, Ganz wie du willst. Doch aber fragen lasse mich: Ist's nicht vielleicht bloß eine simple Wassersucht, So ihr die Mäßigkeitsvereine zugefügt? Wie? oder wär' es eine Windsucht? denn sie hat In letzter Zeit ein wenig vielen Wind geschluckt. Nicht Wind, nicht Wasser: schwanger ist sie, ich befehl's! Dich aber warn' ich: hüte deine Zunge, Freund, Daß nicht der Teufel wieder dich beim Schopfe nimmt Und ich noch einmal irre werden muß an dir. Denn blind, beim Himmel, oder höchst mißgünstig ist, Wer noch im Ernst Germanien's Segensstand verkennt. Nun freilich ist sie's. Dennoch Wunder nimmt mich dies, Daß ich noch nichts von ihrer Schwangerschaft erfuhr, Da übrigens die deutschen Zeitungen immer doch Getreulich melden, wann Victorchen, und wie oft – – Warum denn jetzt von Deutschland Hoffnung schwiegen sie? Was? schwiegen sie? Und aber, hätten sie's gethan, So hätten sie einzig ihre Bürgerpflicht gethan. Denn dies ist eine innere Angelegenheit, Danach das Volk bekanntlich nichts zu fragen hat. Du aber hast wohl unsre Staatsgazetten nicht Und auch die königlichen Reden nicht studirt: (Was nebenher zur levis notae macula Des Hochverrathes dringend dich qualificirt) Sonst ohne Frage wissen würdest du, o Freund, Daß mit zukünftig Neuerfreierdreierzeit Deutschland seit längerm schwanger geht. Freund, Recht hast du. Ein Esel bin ich, zürne nicht: mein Kopf ist schwach, Ich mußt' es wissen – levis macula bei Gott, Es ist ein rechtes Elend mit dem Hochverrath, Er ist so schlimm, ja schlimmer selbst, als Flöhe sind, Allüberall, zudringlich, hüpft er Einen an: Schneuz' ich die Nase – aber nein, 's ist Hochverrath: Kratz' ich am Kopfe – wehe mir, 's ist Hochverrath: Ja selbst in's Bett des Abends leg' ich mich mit Angst, Daß mir ein hochverrätherischer – Traum entfährt! Das ist der angeborne Fluch der Creatur, Den man allein durch strenge Zucht verbessern kann. – Ganz meine Meinung. Aber dieß noch sage mir: Da doch die Unzucht staatsgesetzlich ward verpönt, Wie doch erzeugen durfte Jemand dieses Kind? Und angetraut, als zugehörig Eheweib, Ist doch Germania keinem Menschen, wie ich weiß. Nun, da in Wahrheit reißen muß mir die Geduld! O Blinder du, kurzsichtiger noch, als Streckfuß war, Da er zuerst von Garantien faselte, Weißt du denn nicht, unschuldiger Landtagsschwätzer du, Daß kein Gesetz für Hochgeborne bindend ist? Sie hat das Kind: es habend, hat sie auch das Recht, Daß sie es hat – Historisch geworden, ich versteh'. Doch weiß die edle Dame selbst denn nichts davon? Nichts weiter weiß sie, (wozu wär' auch wissen gut?) Als daß ein Kind im Schlafe sie empfangen hat, Wie sie gemeinlich Alles pflegt im Schlaf zu thun, Der Himmel selbst – Ach nun errath' ich es, nicht wahr? Man legte heimlich einen Koburg ihr ins Bett Aus der berühmten Hauptprinceßbeschälerei? Nimm dich in Acht! Schon wieder hüpft ein Floh dich an – O das ist bloß der blinde Unterthanverstand, Der die erhabne Schlangenbahn der Obrigkeit Nicht alsogleich begreifen kann. Nun aber ganz Versteh' ich dich und glaube völlig, was du sagst: Deutschland ist schwanger – wünschest du, mit Drillingen? Der heil'ge Geist, mit Adlerflügeln, breitete Sich über sie – ei freilich, Alles ist so klar, Man müßt' ein Ochs sein, wollte man das nicht verstehn. – Dies ist der Weg, auf welchem ich dich sehen will; Er führt zum Heil – Doch aber wohl zum Ämtchen auch? Zum Ämtchen? Nein: zu einem Amte führt er dich, Dem ehrenvollsten – Aber wie viel – Höre mich! Und sage dann selbst, ob dieses Freundschaft oder nicht. Denn nicht zur Kurzweil, dieses glaube mir! hüllt' ich mich In jene Maske: prüfen mußt' ich dich, o Freund, Ob du auch werth der ungeheuren Ehre, die – Gleich goldnem Regen – Herrliches Bild! fortfahrend. Dich überrascht. Nicht ganz bestanden deine Probe hast du zwar – Es ist vergeben, sorge nicht! Und also nun Vernimm es, höre, meine Worte schlürf' hinein Mit seligem Ohr, mißtrauend selbst dem holden Schall: In deinem Hause niederkommen hier, o Freund, Durch deiner Zange Wendungen, soll Germania! Zu ihrem Arzt ernenn' ich dich, kraft meines Amts Als Deutschzukunftsentbindungscommissarius! umhertanzend. Tralirumtrala! Tralirumtrala! O die Freude, die macht mich ja taumlig! Gerettet mit eins, aus unsäglicher Noth, In dem Hause hier, o! in dem selbigen, o! Mein Deutschland kommt in die Wochen!! Stillstehend. Doch was krieg' ich dafür? Nun, fordere. Nein, du biete! Ein Orden – Ein Orden? Nein bleib' mir vom Leib! Was thu' ich damit? Sechs Dreier die preußische Elle! Ein jährlich Gehalt – Das ginge schon eh': nur aber kein Dichterpensiönchen, Zu wenig, um satt zu werden, und doch zu viel, um mit Ehren zu betteln: In die Tausende so, baar ausgezahlt, quartaliter, pränumerando – Potz Wetter noch 'mal, sonst sehet euch um, wo ein Andrer sie wird accouchiren! Sei ruhig, o Freund! Bau' fest nur auf mich, man wird dich nach Würden belohnen. Ja bringst du ans Licht die ersehnte, die Frucht, gradbeinig, mit heilen Gelenken: Ich glaube, man giebt dir freudig zum Lohn, was immer dein Herz nur begehret, Und wär' es sogar das unendliche Glück, ein »von« vor den Namen zu setzen! Wir wollen sehn, vermuthlich wird's was Andres sein. Jetzt aber und vor Allem bring' die Dame du – Sie ist schon da: an jener Ecke, siehst du sie? Wohl dort im Wagen? Eben diese: mit Bedacht Für jeden Fall nachkommen ließ ich heimlich sie. – Doch erst die Rosse, diese bitt' ich, deute mir, Die magern dort, die katzenähnlichen? Dieses sind Die Provinziallandtage unsers Reichs. – Aha, Wohl darum also zäumtest du sie auch so kurz, Besonders jenen Polaken dort, zur linken Hand? Sie sind's gewohnt. Was du für Muth hast! Ich, fürwahr, Ich dächte gleich, sie kriegten den Koller auf dem Fleck. Ach was den Koller! Todtgestochen werden sie, Sobald sie nicht im alten Gleis mehr wollen ziehn. Doch seh' ich recht? die Pferde sind – nun tröst' dich Gott! Die Pferde sind ja hinterm Wagen angespannt?! Nimmt das dich Wunder? Allgemein geschieht das jetzt Und ist geschehn in deutschen Landen jederzeit. Und dort die Sklaven, welche stumm daneben stehn Mit Schmerzgeberden? Dieses ist, o Freund, das Volk: Das brauch' ich bloß, den Wagen aus dem Dreck zu zieh'n: Denn wie du weißt, so taugen unsre Wege nicht. Jetzt aber gleich auf ihren Schultern, ungesäumt, Hertragen sollen in feierlichem Zuge sie Die hohe Frau. Du aber öffne weit indeß Die Pforten nicht des Hauses bloß, des Herzens auch: Und also festlich unsern Einzug halten wir. Ab. allein. Da wandelt er hin: der vortreffliche Mann! So rund, so völlig ein Spitzbub, In jeglichem Glied, im leisesten Zug; der weiß, wie auf Erden man fortkommt! Auch wett' ich darauf, in diesem Moment, er schmiedet schon wieder ein Plänchen; Drum schau' du dich um! frisch aufgepaßt! daß du nicht die Zeche bezahlest. Festliche Musik: Schlaukopf, hinter ihm die Sklaven, in einem vergoldeten Sessel die Germania tragend: eine Blondine mit fettem freundlichem Gesicht, breitem Mund, blaßblauen Augen; in einem Kleide von englischem Stoff, einen französischen Schawl um die Schultern, auf dem Kopf einen italiänischen Strohhut. Man bemerkt, daß sie hochschwanger ist. Der Zug geht um die Bühne, unter dem Chorgesang der Sklaven, zu welchem Schlaukopf mit einer Peitsche den Takt angiebt und intonirt. Strophe. taktirend. Leis' wandelt, o leis' – nachsprechend. Leis' wandelt, o leis' – Und störet ihn nicht – Und störet ihn nicht, Den erfreulichen lieblichen Knaben: Der in Muttterleib, In umhüllendem Schooß, Zukunftunwissend, Gedankenfrei – Wie ein leuchtender Stern – Wie ein leuchtender Stern in verschwiegener Nacht, Wie das Gold in des Bergwerks Tiefinnerstem Schacht, Wie die Knospe, die dunkle, der köstlichen Frucht Zu künftigem Leben, zu künftiger Lust Entgegenträumt! bei Seite. Was der die Peitsche prächtig zu regieren weiß! Wie ein Minister oder Einer, der es wird. Gegenstrophe. Lieg' schweigend, o Meer – Lieg' schweigend, o Meer. – Und das Gold in dem Schacht – Und das Gold in dem Schacht, O verschont es, ihr neidischen Zwerge! Blüh' fröhlich herauf An der sonnigen Wand, Frühlingsluftathmend, O Blüthenkeim! So entfalte dich auch – So entfalte dich auch, o du liebliches Kind, O du Stern unsrer Zukunft, Hellleuchtendes Gold, Du ersehnte, du Blüthe der köstlichsten Frucht, Zu künftigem Leben, zu künftiger Lust, O wachs' herauf! die Germania vom Sessel hebend, sie ins Haus führend. So tritt herein, Weltmutter du, Germania – sie becomplimentirend. Madame, je suis votre serviteur. eintretend. Merci, Monsieur. Während die drei ins Innere des Hauses eintreten, ordnet der übrige Zug sich zum Abmarsch unter folgendem. Epode. Erwarteter, Verheißener, Ungeborener. Uns Zugeschworener! O erschein', o erscheine, wir flehen dich an, Zu lösen die Kette, zu sprengen das Band; Dem zerschlagenen, Seelezermarterten, O erscheine dem flehenden Volke! Alle ab. In die Wohnung schreiten jene: wohl! so laßt nun den Poeten Nach dem Tact der Parabase selbst euch vor die Augen treten! Denn dies ist ein griechisch Erbtheil und wir woll'n es nicht verschmähen, Daß der Dichter der Komödie selbst darf Red' und Antwort stehen, Darf (wenn dies nicht zu pedantisch klingt) die Lehre zum Vergnügen, Zu dem Blüthenkranz des Witzes reife Frucht des Ernstes fügen, Darf den Göttern seines Herzens frei vor allem Volke huldigen, Darf sogar, mit leiser Stimme, seine Fehler selbst entschuldigen. Drum fröhlich heraus, drum fröhlich heraus, Anapästisch geflügelte Maaße! In dem Festtagsschmuck, in dem Tänzergewand; Vollduftigen Kranz in entfesseltem Haar, Mit den Sohlen geklatscht und die Schellen gerührt, Dionysische, göttliche Freude! Wohl ehezuvor, wenn sonst der Poet euch lyrische Strophen geklimpert, Von Freiheitdrang, von Zukunfttraum und der sehnenden Hoffnung der Jugend: Da habt ihr nach rechts und habt ihr nach links die bedächtigen Köpfe gebogen, Habt sauer gesehn und die Nasen gerümpft: »Ach über die ewige Lyrik! Unerträglich zuletzt wird diese Musik, wir hätten 'mal gerne was Neues, So recht etwas, wie aus Pfeffer und Salz, das gewaltsam die Nieren erschüttert, Und lieblich zugleich und geschmackvoll auch: denn schwer sind wir zu befried'gen. Doch euren Gesang voll Kriegsbombast und nimmer geschlagnen Bataillen, Den singen ja schon, bei Tag, bei Nacht, nacktbeinige zirpende Spatzen: Und was ihr beginnt und was ihr erdenkt, wir wissens Alles zum Voraus. Ja versteht ihr es recht und seid ihr in Ernst, wofür ihr euch haltet, Poeten, So versucht's einmal, und macht uns gleich, gleich jetzt ein politisches Lustspiel, In dem Genre, wie einst Aristophanes schrieb, der unsterbliche Ruhm der Athener: Und minder, fürwahr, nicht dünken wir uns, als Athener und Sparter zusammen.« So sprachet ihr oft und priestet dabei und schlugt auf den Deckel der Dose, Mit Donnergeräusch: wie ein Rathsherr thut, wenn er laut sein decisum gegeben. Und da ist sie denn nun, und da habt ihr sie nun, die begehrte, die Stachelkomödie, Von politischem Stamm, anspielungsreich, und den Senf nicht hab' ich gesparet. Nun lest sie auch recht, und lacht dabei: und merkt ihr, sie ziel' auf euch selber, So kratzt, wo es juckt! Doch juckt es euch nicht, je nun, um so besser: so macht es, Wie Sokrates that, der zum weisesten Mann von der Pythia selber erklärt ward. Ihn hatte der Schalk Aristophanes einst auf die Bühne gebracht, wie er lebte (Ihr kennet das Stück: von den Wolken erhielt und führt es noch heute den Namen:) Im zerrissenen Rock, mit dem Satyrgesicht, in grotesk genialer Verzerrung: Daß vor Beifall rings aufwieherten laut die Athener und hielten die Seiten, Und schworen darauf, dies sei er, fürwahr, der ächte, der Sohn Phänaretens. Da siehe, mit Eins, aus dem dichtesten Volk, gleichmüthig mit klarem Gesichte, Trat Sokrates selbst, auf der obersten Bank, frei sichtbar der ganzen Versammlung, Und schaut' hinab, mildlächelnden Blicks, auf den Sokrates in der Komödie. Da verstummte das Volk: von der Bühne hinweg, auf den Lebenden richteten Alle Und senkten beschämt zur Erde den Blick: und die Wolken machten Fiasco. – Zwar freilich bin ich Aristophanes nicht, nicht der Schatten des hohen Komöden: Ein Poet, nichts mehr, so gut, so schlecht, wie die mageren Zeiten ihn bringen. Ja seit uns gedruckt ein Schwabe bewies, Herwegh sei bloße Rhetorik, Doch Möricke, ja! das sei noch ein Mann, ein Poet von dem ersten Kaliber: Seitdem, fürwahr! bin ich völlig begnügt, laßt ihr nur als Rhetor mich gelten. Ja selber es soll mich freuen sogar und Dank euch will ich es wissen: Denn vielleicht dann erscheint dies Lustspiel auch als unschuldig rhetorische Übung, Und entgeht der Poet auch des Hochverraths-Versuchs entferntem Verdachte. Doch behagt sie euch nicht und nehmt ihr sie krumm und bekrittelt mir Dieses und Jenes: Ich erlaub' es euch auch! Denn selber zumeist zum Vergnügen mir hab' ich geschrieben, Nicht begehrend, bei Gott! Zeitungslobqualm und den eitelen Ruhm der Journale. So thut, was ihr mögt! und wem's nicht gefällt, der warte, bis bessere kommen. Zwar einmal schon in germanischem Land, schon war uns ein Dichter geboren, Dem bei der Geburt, wie dem Attiker einst, die Kamöne die Lippe gelöset, Und Honig ihm, mit dem Stachel zugleich, in die offene Seele geträufelt. Ja, lebte noch Er, der vortreffliche Mann, den ich nah' zu den Größesten setze, In zerfahrener Zeit ein ganzer Poet, großherzig, ein Mann und ein Deutscher, Und bespannte noch Er mit melodischer Hand die unsterblich tönende Leier: Nicht wagt' ich mich da ins verwegene Spiel, dem Größeren ließ' ich die Kampfbahn, Und stellte mich stumm und bescheiden zurück zu der beifallklatschenden Menge. Ach aber, er schläft an sikelischem Strand, von der säuselnden Palme beschattet, An des Weltmeers Rand, einsam und stumm, freiwillig und doch ein Verbannter. Denn verbannten ihn nicht Kaltsinnigkeit und des Publikums schnödes Gelüste, Das dem Müllner und Kind Beifall zurief und den Klauren, den fanden sie göttlich?! Das brach ihm das Herz, daß so breit ringsum die Misere, die schofle sich machte, Daß sie horchten mit Lust auf des Hänflings Gezirp und der Nachtigall Lieder verschliefen: Ein böotisch Geschlecht! und schlimmer sogar: denn es fehlte nicht bloß am Geschmacke. – Doch starb er nicht ganz! denn er ließ uns zurück der Komödie leuchtende Muster, Er ließ uns zurück den metallenen Vers, schwungvoll von unendlichem Wohllaut, Und so schlank und prall, wie ein Jungfräulein, dem zuerst sich der Busen entfaltet. Nun kommen sie zwar, die erbärmliche Brut, dickohrige, plumpe Gesellen, Und schrein hellauf: was es Großes denn sei, philologisches künstliches Machwerk?! Ja versucht es nur erst und spitzt einmal, wenn ihr könnt, die gewaltigen Ohren, Und klappert dazu, mit verfehlender Hand, euch den Tact an dem knöchernen Bein ab: Ihr vermögt doch nichts, als prosaischen Quark, Monaldeschisches Hackegemacke, Und Verse, o weh! (denn da kneipt es mich gleich), wie die Mundt'sche Komödie der Irrung. Ein Anderer dann, höchstweisen Gesichts, versteht sich von selbst: ein Berliner, So in Edgar's Manier, kaum trocken am Ohr, und doch schon ein Strohrenomiste, Der den Welcker zerzaust, und Jacoby zugleich als wär's ein Schüler, am Ohr zupft: Der kommt nun her und beweiset euch flugs, bei dem Platen sei nichts mehr zu holen, Weil leider der Graf im erbärmlichsten Stoff ein passables Talentchen vergeudet. Denn was freuten uns jetzt, was kümmerten uns literarisch kritische Fehden? Selbstredend, wenn nicht von dem jungen Geschlecht ein Federchen etwa dabei ist. Denn was dieses betrifft, ist interessant, und wenn es ein – Fidibus wäre, Den der Censor ergriff, eh' der Autor selbst sein Geschäftchen mit Ruhe vollzogen. Politik allein, so schnattern sie laut und fressen Baisers bei Stehéli: Politik allein, radikale zumal, sonst nichts sei würdig zu schreiben. Das ist die Sentenz! Nun nicht appellirt! und der Platen, der ist ein Philister! – Denn von Ruge gelernt hat dieses Geschlecht das summarische, kurze Verfahren, Nur gebricht ihm der Geist, den Ruge besitzt. Doch auf Dichter versteht sich auch der nicht. Nun aber vergönnt nur ein einziges Wort, nach dem Einen nur will ich euch fragen: Und hätt' er's gethan und hätt' er's gewollt und hätte Komödien geschrieben, Von politischem Stamm, anspielungsreich, und den Senf nicht hätt' er gesparet: Wo waren denn da, in erbärmlichster Zeit, vor dreißig, da Alles im Schlaf lag, Wo waren denn da dem politischen Buch die politischen Leser, ich bitt' euch? Ja, Platen gewiß hat selber gefühlt, daß noch andere Fehden zu kämpfen, Um anderen Preis, als über ein Stück von Raupach, oder mit Heine. Ihm wölbte sich auch, von Sehnsucht heiß, nach besseren Zeiten der Busen, Großartigeren, wo nicht Tänzer allein, süßflötende Kehlen uns kümmern, Und das neueste Stück und das neueste Buch und ob Der es, ob Jener gelobt hat: Nein, Zeiten beschwor auch Platen herauf, wo die Deutschen sich würden bewußt sein, Abschüttelnd den Schlaf von bepudertem Haupt, der verfehlten, der hohen Bestimmung, Und wo wieder das Schwert, vom Roste befreit, ablösen würde die Feder. Nicht war ihm vergönnt, in des kommenden Tags aufdämmernde Röthe zu schauen Die purpurn jetzt (ob Rosen? ob Blut?) auf die bräunlichen Wangen uns herstrahlt: Doch hätt' er's erlebt, er wäre fürwahr! nicht der Letzte, der Erste gewesen, Und hätte des Lieds Brandpfeil gradaus in die Burg der Tyrannen geworfen. Seid Zeugen mir deß, die der Sterbende flocht der gestorbenen Freiheit zu Ehren, O Lorbeer'n ihr um Polonia's Stirn! Doch ein Brandmal seid ihr dem Czaren. So zürnet ihm nicht: und legt auf's Grab ihm den weißlichen Kranz der Olive, Dionysischen Preis, ruhmvollen, der einst Aristophanes Schläfe geziert hat. Denn Niemand kann, und stellt er sich gleich (wie die Bauer es lieben) auf Stelzen, Mehr leisten und mehr und Größeres thun, als die Zeit und sein Volk ihm verstatten. – Dies haltet im Sinn und meßt danach den Versuch auch dieser Komödie, Nicht zwackend am Recht, das dem Kinde man gönnt, anfänglich ein wenig zu straucheln: Bis höher zuletzt, fortschreitenden Gangs, die gereifte Gestalt sich entfaltet. Und verzeihet mir auch, wenn über die Schnur ich mitunter und öfter gehauen, Wiewohl ich ja weiß, daß der Deutsche nur schlecht auf komödischen Scherz sich verstehet. Doch tröstet mich dies, daß ich selber mich nicht und sogar nicht die Freunde verschonet, Die die liebsten mir sind und mit denen ich gern will theilen so Gutes, wie Böses. Denn das ist, ihr Herrn, das tyrannische Recht des erobernden Gotts Dionysos, Daß er mitleidlos in Ruinen zerschlägt, was immer von irdischem Ton ist: Doch über dem Schutt, in unendlichem Blau, wiegt schmetternden Lieds sich die Lerche. Das hab' ich versucht, unbekümmerten Sinns, in die eigenen Rhythmen verloren, Aufmerkend allein auf der Grazie Wink: ja ich hab', ich hab' es vergessen, Daß über mich her, langnasig gebückt, ein Gensd'armes auf das Blatt mir geschielt hat! 2. Akt Zweiter Akt. tritt auf, in tiefem Nachdenken. »O Eros, Eros, Allbeherrscher« – Also jüngst, Da ich an einem Opernhaus vorüberging, Mit mächtigem Trillern einen Hämmling hört' ich krähn. Doch meine Seele fühlte nichts bei seinem Lied, Im leeren Magen ungehört verhallt' es mir. Was ist's denn jetzt, daß unaufhörlich mich umschwirrt, Sirenenhaft, und wispert rechts und wispert links, Im Traume selbst, die süße Hämmlingsmelodie? Schon aber mir im Herzen etwas reget sich Und brodelt und kocht, wie Butter in der Pfanne thut, Und durch die Glieder, leise krappelnd, rieselt es, Nun hier, nun dort: und meinen Magen wärmt es mir. Das aber ist's! Der Doctor hat mir wahr gesagt Und falsch zugleich, am eignen Beispiel merk' ich es. Wohl Alles entstammt des Magens finsterm Grund: doch nicht Das Böse bloß: auch jedes Gute stammt daher Und jede Tugend, jede schöne Leidenschaft; Ja selbst die große Götter- und Menschenkönigin, Die Liebe selbst ist unsers Magens Tochter nur! Darum auf Griechisch Appetite heißt sie auch. – Mich aber, als die abgedörrten Lenden mir Des Hungers Schmachtriem' unbarmherzig gürtete: Was scheerten Frauenzimmer da und Liebe mich? Weit schöner damals eine Kalbsbrust däuchte mir, Als selbst der Busen einer schönsten Helena; Ja, hätte Venus unverhüllt sich mir gezeigt, Ich hätte nur ein schönes Fleisch in ihr gesehn Und nur beklagt, daß ungekocht solch schönes Fleisch! Jetzt aber, seit mit diesem Fremdlingspaare sich Fleischtöpf' Egyptens über unser Haus geleert: Schon wieder füllen meines Rockes Falten sich, Die Wange glänzt, zunehmend stündlich, wie der Mond, Und unverzagt, auf straffen Beinen, tret' ich auf: Jetzt von dem Pfeil der Liebe fühl' ich mich gerührt, Es schwillt mein Herz von einem ungekannten Drang, Aus Hunger gemischt und angenehmster Sättigung: Und die ich sonst mit kaltem Auge fühllos sah, Die Weiberchen, o! was scheinen sie jetzt so reizend mir! Von allen aber eine doch die reizendste: Die Fremde, mein' ich, welche mit dem Fremden kam In dieses Haus. Vollbusig ist sie, rund und prall, Von zartem Fleisch, leis überwachsen, scheint's, mit Speck, Ein höchst begehrungswürdig Frauenzimmerchen! Heran zu ihr unwiderstehlich zieht es mich, Als hätt' ein Magenmagnetismus mich gefaßt. Ja, seh' ich recht auf dieses Leibes Wohlgestalt, Den kurzen Wuchs, die mannigfachen Rundungen: O dann mir ist's, als wandelte vor den Augen mir, Durch Göttergunst in einen Menschenleib verkehrt, Leichtschwebenden Gangs, die ungefreßne, jene Wurst, Die ich als Kind aus Übermuth einst stehen ließ Und die seitdem den Frieden mir der Seele stört! Und doch ein Herz gewißlich lebt in dieser Wurst: Sie hat so ein gewisses Zwinkern mit dem Aug', Die Nasenflügel heben sich mitunter so Und auf den wulstigen Lippen etwas kräuselt sich, Als wollte sie sagen: Kilian! Mein Kilian! – – Und bin ich denn nicht ein hübsches Kerlchen? Werd' ich nicht Fett wieder und frisch? Was weiter braucht es, schön zu sein? Ein sehr vernünftig Frauenzimmer scheint sie mir, Und wenn es vielleicht Gelegenheit so mit sich bringt, So will ich nicht mich ihrer Leidenschaft entziehn, Sogar die Hand zur Ehe reichen will ich ihr, Weil klärlich hinter diesem wohlgenährten Leib 'Ne gute Mitgift oder so was sich verbirgt, Wie deutlich wieder diese Kiste mir beweist, Die eben jetzt uns überliefert ward für sie. – Zwar sie ist schwanger; zweifeln könnten Einige, Ob es sich schickt, ein schwangres Weib zu ehlichen. Allein das ist am Ende nur ein Vorurtheil: Die höchste Lust, so rühmen hört' ich allezeit, Und höher noch als Liebeslust, ist Vaterlust, Die reinste sie, die wahre Quintessenz der Lust. Wer tadelt mich denn, nehm' also mit der Liebeslust Ich mir zum Voraus Vaterfreude in den Kauf, Mühlose selbst, uneigennützige sogar?! – Doch still, hier kommt der fremde Herr – eintretend. Was willst du hier? Was thust du hier? und spionirst und schleichst umher? Gleich in das Haus! Ich dachte ja nur – Marsch! fort! hinein! Sonst aus dem Dienste jagen lass' ich dich sogleich. Kilian ab. Nicht vor mir selbst verhehlen länger kann ich es: Zwar vorbereitet Alles hab' ich und bedacht Und habe gewartet lange Zeit auf diesen Tag: Doch jetzt da nah und näher stets die Stunde rückt, Da überfällt ein innerliches Zittern mich. Es steht zuviel auf diesem Einen Blatt für mich: Drum also mischen muß ich mein Spiel, und wär' es auch Mit doppelten Karten, daß ich's nicht verlieren kann. Wo ist der Doctor? Freilich trau' ich ihm nicht ganz: Er, sonst so pfiffig, warum jetzt ist er so dumm, Am Auge nicht mir abzusehen, was mich quält? Denn ungern nur die ersten Schritte würd' ich thun. auftretend für sich. Schon wieder in Gedanken steht er?! Aufgepaßt! Ich merke recht gut, daß etwas ihm am Herzen liegt, Und daß er druckst, es loszuwerden –; aufgepaßt! Laut. Wie geht's, o Freund? Schon wieder in Sorgen? Muß ich nicht? Der deutschen Zukunft, welche bald geboren wird, Gedenk' ich – Aber hoffentlich mit Freude doch? Mit Freude, ja: doch aber auch nicht ohne Furcht; Ich wollte nur, sie wäre glücklich erst zu Tag. So also mißtraust meiner Kunst du? oder gar Mißtraust du meinem Patriotismus? Beides nicht: Nur welchem nie zu trauen ist, dem falschen Glück. Nimm an, o Freund, sie käme todt zur Welt – Je nun – Es wär' ein Kielkropf, wasserköpfig, ohne Kopf – Das könnte sein – Mondkälberling – Sehr wahr bemerkt – Tritt näher, Freund – ich kenne dein Herz: sprich, sage selbst – Verstehst du mich? Nicht aber ich. Bei Seite. O warte, Schelm; Jetzt, die du mir bereitet hast, tränk' ich dir ein, Die Angst von neulich! Dieses mein' ich, ob es nicht Klug wäre, gegen solche Naturverirrung sich Voraus zu sichern – Klugheit nicht, nein, Pflicht sogar. Denn sehnsuchtsvoll, in ungestümer Neubegier, Hieher gerichtet haben alle Blicke sich Des blöden Volks, sie hoffen auf die neue Zeit, Die hier geboren werden soll; ja daß ich ganz Einweihe dich, Freund, in unsre Staatsgeheimnisse: Nichts hält das Volk, nur diese Hoffnung noch, im Zaum, Und täuscht es die, dann wahrlich geht's uns Allen schlecht. Begreifst du nun, daß also man sich sichern muß? Nun aber wie? Das rathe du, du bist der Arzt. Ich weiß kein Mittel – Aber eines gäb' es doch. Wenn man zum Beispiel – beispielsweise – merkst du nicht? Ich merke nichts. Bei Seite. Doch merklich prellen werd' ich dich! Man müßte so – doch lassen wir die Sache ruhn; Von etwas Anderm. Sahest du die Kiste schon, Die man für unsre hohe Wöchnerin gebracht? Die Kiste freilich, aber ihren Inhalt nicht: Und dieser scheint das Wichtigste bei der Sache mir. Prachtvolle Dinge, lauter Pathengeschenke sind's Der deutschen Fürsten – Pathengeschenke? Schon so früh, Noch ehe das Kind gekommen ist? Und warum nicht? Recht höflich ist's – und überdies, so ist es deutsch, Zu begakeln die Eier, welche man noch nicht gelegt. Doch unbekümmert öffnen wir! und findest du, Was etwa dir gefallen kann, das nimm. bei Seite. Aha, Jetzt drückt er los! Ich aber will hübsch zähe thun. Laut. Wie dürft' ich doch? Staatsgüter sind es – O du Tropf, Staatsgüter freilich: aber Staatsbehüter wir. Drum aufgemacht! Sie öffnen die Kiste. Nichts Großes scheint darin zu sein – O doch, mein Freund: vollständig Alles, was ein Weib In Kindesnöthen irgend nur gebrauchen kann, Mitsammt dem Kindlein; aber andres Gutes auch, Und Alles mit Gold und Silber reichlich ausgelegt. Zuerst von Preußen – Also Reste sind wohl dies Von der berühmten Pathenexpedition Nach Engelland? Bei Leibe nicht: ganz anders wird Ein deutsches Kind gewickelt, als ein englisches; Der englische Brauch ist freilich schön, doch nichts für uns, Wir loben ihn – nachahmen aber? Nimmermehr! – Hier aber schau: großmächt'ge Windeln, weiß wie Schnee, Erwartungsvoll, gleich einem unbeschriebnen Buch, Und wohlgemessen zwanzig Bogen sind sie lang – Die zwanzig Bogen? Aber was soll'n diese mir? Zum Kinderwischchen taugen sie und weiter nicht. Daneben hier als Nabelbinde, wie es scheint, Die deutsche Flagge – Etwas mürbe scheint sie mir; Wohl schwerlich ist sie wasserdicht. Ein Geiferlatz – Der kommt gewiß vom Hauptberichtigungsbüreau, Das unsrer Freiheit mütterlich die Nase wischt. Ein Gängelbändchen – Gängelbändchen? In der That: Vielmehr für eine Kette halten muß ich dies. Und wenn sie nur zum wenigsten ächt vergoldet wär'! Bald aber trägt das bischen Flitterschaum sich ab Und drunter steckt die alte eiserne Censur. Du bist fürwahr ein wenig wählerisch, o Freund. Was meinst du denn zu diesem Spielzeug? O gewiß, Für Kinder ist das ziemlich hübsch: der Kölner Dom, Aus Marzipan, mit einem bunten Zuckerguß, Das leckerste Spielzeug, welches Kinder je gehabt! – Doch dort der Kantschu? Wundertrefflich duftet er, Nach russischem Juchten. Einen Beitrag siehst du hier Zu unsers Kindleins künftiger Education: Ein väterlichanmahnendes Prügelinstrument Aus dem berühmten preußischen Strafgesetzentwurf – O Dank dir, Dank dir, preußische Staatshumanität, Und dreimal glücklich, welcher dich im Rücken hat! – Nun denn aus Östreich – aber dies ist allerliebst: Ein nagelneues Jesuitenklösterchen, Als Noahkasten – Dank auch dir, mein Österreich! Ja, nur ein wenig fahre noch in diesem fort, So giebt es bald »kein Österreich, kein Preußen« mehr, Nur einen großen Noahkasten, hier wie dort. – Doch nichts aus Baiern? Aber dir gefällt auch nichts – Doch nichts aus Baiern? Freilich wohl: dies duftet nach Weihrauch und Bier, aus München also muß es sein. Erst eine Participialconstruction, 'Ne tiefnachdenkendaufgefundenseiende, Von König Ludwig eigenhändig aufgesetzt, Zur Leseübung, wurde größer erst das Kind. Allein der Nachttopf? Dieser hier, der silberne? Ja eben der inwendig stark vergoldete: Und in die Augen mächtig sticht er mir, o Freund. Als Prämie sollt' er für das beste Wiegenlied, Schon, wie man sagt, spitzt Geibel sich darauf; allein Wenn du ihn willst – Nur erst die Steine deute mir: Sind die zum Dombau? oder mauern will man sie Ins Fundament der wanken Legitimität? Die schickt uns Hessen: Biebericher Steine sind's, Grundsteine bekanntlich unsrer deutschen Einigkeit. Und aus Hannover? Ein zerrißnes Pergament; Vielleicht dereinst zur Trommel dienen wird's dem Kind. Doch aber o hier, nein wirklich das ist gar zu schön! Dergleichen längst von Herzen hab' ich mir gewünscht, Weil nichts auf Erden über Bequemlichkeit mir geht. Sieh doch, o Freund: spitzbogig, gothisch ausgeschnitzt, Ein gepolsterter Nachtstuhl – Aber diesen gönne mir Und über mich verfügen kannst du, wie du willst! Zwar eigentlich der Königsstuhl zu Rense ist's; Doch wenn du ihn magst – Ich danke dir – o in der That, Es sitzt sich gut auf diesem Stuhl der Könige! – Allein von deinem Thema kamest du vorhin, Du wolltest sagen – Ein bloßer Einfall – Sprich ihn aus, Ich hör' dich gern. Von Sicherheitsmitteln sprachest du, Wenn man zum Beispiel – Ja zum Beispiel, für den Fall – Für den Fall, versteht sich – Eine Täuschung wär' es zwar, Doch eine fromme – Pia fraus – was ist dabei? Wenn man ein Kind, ein fremdes, neugeborenes, Bereit sich hielt' – Und unterschöb' es – Schlimmsten Falls: Denn auf ein Kind, in alle Wege, kommt es an, Ob ächt, ob unächt – Das begreift ein Kind. Es ist Nur um des Volkes willen – Freilich wohl. Man muß Selbst seine Tugend willig opfern für sein Volk – Ich sehe das ein. Und also schaffst du uns ein Kind, Das wir im Nothfall unterschieben? Doch woher? Leer steht mein Haus, nur zween alte Mütterchen – Doch kennst du sie? Ich kenne sie nicht, weiß nicht einmal, Ob sie auch wirklich – Ruf sie herunter, zeig' sie mir, Damit wir prüfen ihrer Leiber Art und Bau – Doch sie sind alt. Das eben giebt die beste Zucht. Sind häßlich auch – Um desto schönre Kinderchen Gebären sie. So will ich sie rufen – Ruft ins Haus. Kilian! Die beiden alten Mütterchen führe 'mal heraus. Doch, wasche sie erst! und fasse sie hübsch behutsam an: Denn Arm' und Beine scheinen etwas wackelig. Zu Schlaukopf. Dir aber, Freund, bemerken muß ich Eines noch: Daß dieses ein freiwill'ger Dienst ist, welchen ich Dem Vaterland erweisen will und dir zugleich; Am Honorar vergolten, hoff' ich, wird er mir. Verpflichtet bloß zum Kinderholen hab' ich mich; Das Unterschieben aber kostet dreimal mehr. ihn umarmend. O dreißigmal! Und wohlgemerkt: auch für den Fall, Daß unsre Vorsicht völlig überflüssig war Und wir des fremden Kindes nicht bedürfen. Sei Ganz unbesorgt. So zähl' auf mich. Und wär's ein Molch, Ein Zwitter gar, mit einem Affenangesicht, Wovon die Frau Germania genesen wird: Wir schieben ihr ein Kindlein unter im Moment, Daß du es selbst nicht merken sollst. Doch sieh dich vor, Daß es ein Kind von reinem deutschen Blute ist, Und wenn nicht das, nur wenigstens kein französisches! Verlaß dich drauf – Zwei Frauenzimmer treten durch die Mittelthür, aus dem Innern des Hauses. Οἴμοι, οἴμοι! Αἶ, αἶ! Φεῦ, φεῦ! Ha, welche Leiber! Riesenmäßig schreiten sie! Doch wie sie aussehn! Recht wie verhunzte Statuen! Und doch was unerträglich Großes haben sie, Zu groß sogar, ich fürchte sehr, für unsre Zucht! Ὦ κοινὸν αὐτάδελφον Ἰσμήνης κάρα ... Δύστανος ἐγὼ μελέα τε πόνων, ἰώ μοί μοι, πῶς ἄν ὀλοίμαν; Und diese Sprache, donnerähnlich, unerhört – Altgriechisch scheint's. Anreden aber will ich sie: Wer seid ihr, sprecht? Sie schütteln mit den Häuptern – Sprecht, Wofern ihr deutsch könnt – Nun, so thut die Mäuler auf: Man ist nicht hier, euch Wochensüppchen nur zu braun. Sprecht, redet, sagt mir – Du erriethest recht, Barbar: Griechinnen sind wir, heimathlos unselige! Medea dieses, aber ich selbst Antigone. Nun aber dieses nimmer hätt' ich mir gedacht! Wo kommt ihr her? In meinem Haus was suchet ihr? Weil man geschändet sie und mich in Sanssouci – Entehrt mit Nothzucht unsers Leibes Heiligthum – Und darum also schwanger jetzo glaubt ihr euch? Du hast's gesagt! Mißbrauchen, wehe, will man uns Als Mutterschafe für das deutsche Trauerspiel, Um eure Böcke zu veredeln. Ja, und schon Vielleicht im Leib' ein neuer Ion zappelt mir, Ein Wechselbalg, der unserm Stamm nur Schande macht. Ach, oder gar ein Raupach-Themistokelchen! Und dies vor Allem wäre das Entsetzlichste. Ist nichts für uns. Nicht schwanger sind sie, auf mein Wort. Ich kenne das: verlerne Mühe, weiter nichts. Wir hoffen es selbst. Doch wär' es anders, lieber dann, Wie einst den Kindern, schnitt' ich mir selbst die Kehle durch – Und in die Gruft lebendig stieg' noch einmal ich! Nun denn, so packt euch! Räumet meine Kammer mir! Erweckt durch eure falsche Hoffnung Hoffnung nicht Bei Andern! Aber wohin wenden wir den Schritt? Barbaren nur trägt dieses Land. Je nun, was mehr? So wendet euch an Doctor Heinrich Laube, doch, Damit er Herrn Quirinus Müller euch empfiehlt, Dem Selbstprofessor: welcher mit nackten Jüngferchen, Mit ausgedienten Freudenhausgenossinnen, Ingleichen auch mit Watte, Schminke, Pudermehl, Die schönsten Gruppen des Alterthums reproducirt, Den ganzen Abend Einen Thaler! Sehr gerühmt Hat Heinrich Laube diesen nackten Dienst der Kunst, Brust, Schultern, Hüften zusammt dem Mediceischen (Und Alles dies für Einen Thaler, wie gesagt): Und hat Jedweden, welcher nicht beistimmen will, Für einen prüden bürgerlichen Tropf erklärt. Wollt ihr nicht zu ihm? Eilig, o Schwester, lass' uns gehn! Wir wollen betteln, unermüdlich, fern von hier, Bis daß ein andrer, mildrer Himmel uns empfängt: Und nicht zum ersten Male bin ich Bettlerin. Ja, wandern wir! Euch aber lass' ich meinen Fluch, Neugierig eitel, unverständig roh Geschlecht, Weil ihr in uns, aus eitler Sinnenkitzelei, Die ewigen habt, die Musen Griechenlands entehrt! Beide ab. Dies ist zum Lachen! Griechische Musen? Dummes Zeug, Altklassischer Unsinn! Aber mit Anstand gingen sie. Ei ja, mit leidlichem; lieber dennoch wär' es mir, Sie schleppten langsam, schweren Bauches, sich dahin. Wahr, leider wahr! Von wannen schaffen wir ein Kind? Da man nicht weiß, was Mutter Natur für Launen hat. Sei ohne Furcht: ein Stellvertreterchen schaff' ich uns, Sofern du nur mit baarem Geld nicht geizig bist, Und sollt' ich selbst es fabriciren über Nacht. So will ich hinein, nach unsrer Wöchnerin zu sehn? Ja, geh' nur hinein – Schlaukopf ab. Ich meine nämlich, in mein Netz. Denn etwas liegt verborgen hier, das macht ihm Furcht Und liefert ihn in meine Hände. Was es sei? Noch weiß ich es nicht: doch etwas Großes muß es sein, Das seinen Hochmuth also umgebrochen hat Und hat vom Herrn zu einem Diener ihn gemacht. Drum aufgepaßt! – Doch aber hier, wer nahet sich? Von der Straße her treten der Philosoph und der Romantiker auf die Bühne, im Gespräch. Mein eigner Prinz Zerbino heute schein' ich mir, Da den Geschmack, den guten, er zu suchen ging. Und freilich was am allerbesten Allen schmeckt In Erd' und Himmel, diesem heute jag' ich nach. – Wir sind zur Stelle. Aber sagst du nichts, o Freund? Ich dachte eben über die drei Potenzen nach Und über das Mysterium der Spannung. Was?! Gar drei Potenzen?! Aber hätt' ich Eine nur, So wollt' ich ganz und gerne schon zufrieden sein. Doch an der Spannung, leider, da gebricht es mir; Ich muß sie suchen. Aber sieh', da ist er selbst, Den wir begehrt, der Apotheker – hervortretend, polternd. Nun? was soll's? Packt euch, hinweg! ich habe keine Zeit. Allein Warum so grob denn? Staatsbeamter ward ich jüngst, Und also bin zur Grobheit ich privilegirt. Doch – seh' ich recht? Ist dieses nicht das theure Haupt, Der vielverehrte Erzromantironikus, Der hellste Stern des deutschen Dichterhorizonts? Bei Seite. Denn sehr in Nahrung ehedem ward ich gesetzt Durch die Romantik; aber jetzt sogar den Staat Regieret sie: und darum schmeicheln will ich ihm. ihm in die Rede fallend. Nur leider jetzt zum Untergange neigt er sich; Das merk' ich selbst. Denn ob ich auch Viel und Manches mir In meinem Leben habe wegironisirt: Doch jetzt vom Alter überboten seh' ich mich, Dem überironischen, welches völlig mich negirt. Allein was thut es? Wurdest du doch mit Ehren alt, Mit Ruhm sogar: und reiche Lorbeern decken jetzt, Und wohlverdiente, deines Hauptes Blöße dir. Vielleicht. Es sei so. Dennoch Eines ärgert mich Und treibt hieher mich, anzuhören deinen Rath, O du Entbindungs-, Kinderzeugungs-Kundiger: Dies nämlich, daß das Alter meine Potenz mir lähmt, Die dichterische! Aber weiter wär' es nichts? Ein allgemeines Menschenschicksal duldest du – O schweig' doch still! An Nicolai mahnst du mich, Verstandesschwätzer, trivialmoralischer! Und lange schon die Zeiten hab' ich hinter mir, Da ich, als Lebrecht, Nicolai's Knappe war Und die Berliner Aufklärung verbreiten half, Die rationale, welche seitdem mir ein Greul. Dies aber sag' ich, anvertrauend dir, o Mann, Was Keinem sonst ich eingestanden, selber nicht Der »werthen Freundin« und Kalinsky-Bülow nicht – bei Seite. Doch was die Welt seit Langem merkte ... fortfahrend. Dieses zwar, Daß die poetische Zeugungskraft mir ganz erlosch Und ich durchaus nichts Redewerthes mehr vermag. Doch, hast du nicht den Titel und die Pension Mitsammt dem Orden? Ja, in Sanssouci sogar Hast du ein königliches Auditorium: Und was die Blüthe deiner Jugendträume war, Ein Puppentheater, obenein ein lebendes, Das travestirt den Schakespeare und die Griechen dir. Was willst du weiter? Aber schwatze nicht, o Mann, Und schneide dazu solch Eulenbökisches Gesicht: Sonst gleich den alten Schäker weckst du in mir auf Und einen Possen unversehens spiel' ich dir. Frisch! Gieb ein Zaubertränkchen oder so etwas, Ein Liebesdekokt, das schöpferisches Feuer mir In die Adern gießt, und jugendlich, mit frischem Saft Die Lenden füllt! Was zauderst du? und staunst mich an? In dieser Absicht einzig wandert' ich hieher; So zeige nun des guten Vorurtheils dich werth. Wohlan, o Theurer: zwar nicht dazu helf' ich dir. (Denn leider ich kann's nicht), daß du Kinder wieder zeugst, Die deinen frühern gleichen: lebensfähige, Aus deren Blick der Funke sprüht des Genius, Ja, deren Stirn Unsterblichkeit geweihet hat: Cevennenkriege, Dichterleben, Camoens – Dies ist vorüber! und der Tieck in Potsdam ist Zwar eines Königs, doch der Musen Günstling nicht. Und dennoch helf' ich! Dieses Fläschchen nimm, o Freund! Darin ich Neid und Eitelkeit amalgamirt, Griesgrämige Mißgunst, schnöde Vornehmthuerei Und greisenhaft unmännliche Verdrossenheit. Denn kurz zu sagen: eine ganze Göttinger Hochweise, Hochachtbare Facultät hab' ich Drin abfiltrirt. Auch Franzenhaß that ich dazu, Und große Worte, ungeheure Faselein, Von blut'ger Romantik, Greuelscenen, Fleischeslust Und Victor Hugo'sch-, Paul de Kock'schem Pestgeruch – Versteh' mich recht! Nicht deiner Victoria gilt ja dies Und auch der Stallknechtshurenhausnovelle nicht, Die du aus »Eigensinn und Laune« fabricirt: Ich hab' es ganz im Allgemeinen nur gemeint Und ganz in's Blaue, wie's dein Freund, dein Raumer, pflegt. Nun aber nimm! Und wenn die Jugend wiederum Durch frische Zeugungen deine Galle dir erregt, Flugs spritze du dies Neidbaksscheidewasser aus, Den Vater treffend und die Kinder allesammt. So, wenn du selbst auch keine Kinder mehr erzielst, So störst du doch zum wenigsten den Andern noch Die Lust an ihren. O du Überflüssiger, Varnhagenstrohdreschredensartendrehender: Wenn dies der letzte Gipfel deiner Weisheit ist, So hab' ich sehr vergebens mich hieher bemüht! Denn was mit langen Worten du mir erst empfiehlst, Längst hab' ich das und ohne deinen Rath gethan. Du hättest wirklich –? Freilich hab' ich, weißt du nicht? Hab' ich mit Mittelmäßigkeiten lieber nicht, Mit schnödem Abhub sächsischer Geistreichigkeit Mich pallisadirt und Altem-Weiber-Theegeschwätz, Als daß ich je ein jugendlich Talent gepflegt? Edir' ich nicht den Förster lieber und den Laun, Und bin jedweder geistigen Unmacht Schutzpatron, Als daß ich um das junge Volk mich kümmere? Ja karrikir' ich lieber nicht den Sophokles Und lasse lieber Schakespeare's göttlichen Humor Halb zum Ballet verhunzen und zum Nante halb, Als daß ich je den jungen Dichtern unsrer Zeit Die Thür erschlossen oder nur den Weg gebahnt? Es sei denn, daß zu meiner Fahne sie gehört Und als den Dalai Lama mich umräucherten. Wann sprach ich Gutes von moderner Poesie? Wann zeigt' ich Liebe für das reifende Geschlecht Und werf' nicht um mich mit Verdächtigung und Spott? Drum wohl in diesem übermeistern könnt' ich dich Und brauche gar nicht deinen dummen Wundertrank. Gieb ihn an Gutzkow: dieser wohl bedarf ihn: denn Zwar neidisch ist er, aber ungeschickt dazu Und schon auf hundert Schritte merkt man seinen Neid. Ich aber scheide ohne Dank – wiewohl zuletzt, So ist die ganze Sache mir bloß lächerlich. Ab. ihm nachsehend, nach einer Pause. Wohl lächerlich: doch etwas Trübes hat es auch, Daß dies das Ende unsrer Würdigsten sogar, Und daß von solchen Kerzen solche Schnuppe bleibt! Was endlich folgt? Daß alle Menschen von Natur Miserable Hunde. Drum nicht besser will ich sein, Als die Natur, die wohlbedächt'ge, mich gewollt: Und als ein Hund, schweifwedelnd, schnapp' ich mir mein Brod. Will in's Haus zurück. der bis dahin theilnahmlos auf den Fersen gehockt und seine Nasenspitze betrachtet hat, aufspringend, ihm nacheilend. He! halt! o Mensch! Nicht ohne mich! Bist du noch da? Ich hatte dich vergessen. Dieses freilich ist Schon öfters mir begegnet. Aber immer dann, Wenn eben Niemand anders gegenwärtig war, Dann rasch den geeigneten Augenblick erhascht' ich mir Und stellte mich behäglich auf den leeren Fleck. Mir fehlt die Zeit zum Schwatzen. Aber höre mich: Denn ich bin schwanger! Schwanger sagst du? Bist du toll? Da du ein Mann doch scheinest. Dies, o Mensch, ist das Thatsächliche, welches über die Vernunft hinaus Gegangen ist! Und darin hast du gleich den Kern, Den abgeschälten, reinlich ausgehülseten, Der Offenbarungspositivphilosophie. – Hochschwanger bin ich (oder sag' ich Allerhöchst?), Im allerletzten Stadium der Schwangerschaft: Und die Entbindung, jeden Tag erwart' ich sie Und jede Stunde, dreißig volle Jahre schon! Doch noch von schwangern Männern nie hab' ich gehört? So höre mein Collegium Mythologicum; Da lernest du, daß Brahma gleichfalls schwanger war, In der ersten Potenz: und in der dritten jetzt bin ich's. Ja, war auch Zeus, der Himmel und Erd' umspannende, Nicht schwanger gleichfalls mit Athene'n? Schwanger nicht, Da er den jungen Dionysos rettete, Ihn bergend in der Hüfte, bis er fertig war? Nun meinetwegen. Götter freilich waren dies, Du aber scheinst mir eine bloße Mannsperson, Mit dickem Bauch – Von wannen aber weißt du das? Denn frei zu sagen: problematisch ward es mir, Und täglich mehr, je länger ich mich selbst beschau', Schein' ich, fürwahr, ein altes Weib mir selbst zu sein. Wohl, sei denn schwanger: aber durch wen, o sprich? Durch den Nichtwollenden Willen, der in Spannung mir gerieth. Und wo geschah's? Im unendlichen Raum. Doch dieser liegt? Beim Sonnenstein. Und seit wie lange? Doch du weißt: Seit dreißig Jahren, eben ein Menschenalter ist's. Allein womit? Mit einem unaussprechlichen Potenzenhaften, denkabschlußvollendenden, Urzeitenthüllend-christenthumverklärenden, Blitzfunkelnagelneuen Positivsystem. Was aber willst du? Will entbunden sein durch dich. Allein wie mach' ich's? Dieses gilt mir einerlei, Wenn endlich nur zu Tage kommt die späte Frucht. – Und kommen muß sie!! sintemal auf ewig sonst Vor aller Welt ich unauslöschbar bin blamirt. Denn daß ich ganz vollständig Alles dir erzähl', Von Anfang an: vor dreißig Jahren, länger selbst, Seitdem zuerst mein leckes Schifflein strandete, Das buntbewimpelte, der Naturphilosophie, An der verwünschten Klippe der Identität, Indeß der Hegel glücklich in den Hafen lief, Mit vollem Winde, welchen er selber sich gemacht, Daß ich umsonst mit offnem Mund ihm nachgesehn: Seit dreißig Jahren unaufhörlich rühm' ich mich Mit einem neuen philosophischen System, Das Gott und Mensch und alle Weisheit dieser Welt Und alle Zweifel aller Gelehrten, blank und klar, Wie frische Butter, fertig in das Maul dir streicht, So daß du gar nichts weiter brauchst, als nur zu kau'n, Und sich die Welt des Denkens ganz begeben kann. Dies alles wollt' ich, prophezeiend laut und leis, In mystischen Worten, von dem ungebornen Kind, Das als Messias sollte kommen in die Welt: Und sehnlich harrten meine Freunde der Geburt. Ich aber druckste: dennoch, drucksend, bracht' ich nichts, Auch nicht das kleinste Wickelkindchen an den Tag! Und nur von fernher rauschten leise Blähungen, Urmythologisch, durch den deutschen Geisterhain. – In München ging das, ja ich wurde fett dabei Und fühlte mit Lust, wie täglich mir mein Bäuchlein schwoll. Allein, o weh! seit Ruhmbegierde leider und Der Neid auf Hegel, unvorsicht'ger Weise, mich Zur »Metropole deutscher Wissenschaft« geführt: Seitdem an mein Versprechen wieder mahnt man mich Und an das Kind, das immer noch nicht kommen will. Drum also muß ich! – Schon die Pathen stehn bereit Und schon den Toast hat Friedrich Förster concipirt; Ja selber schon die Taufmedaille schlugen sie Und brachten sie, sammt einer Nachtmusik, mir dar – Drum also muß ich!! Schweigend, wie zur Opferung, In deine Hand, Entbindungskünstler, geb' ich mich: Und sei's von hinten oder sei es auch von vorn, Thu', was du mußt! nur schaffe mir das Kind zur Welt. Doch unvernünftig Alles dünkt mich, was du sprichst, Und völlig gegen alle Wahrheit und Natur. An nichts gebunden (dieses merke dir, o Mensch!) Ist die Vernunft, auch selber an die Wahrheit nicht. Doch so erbarm' dich! und die dreißigjährige, Ja operire mir endlich meine Schwangerschaft. Ich kann's nicht glauben. Aber sieh' doch meinen Bauch! Das sind Infarcten. O du Kieselherziger, Meinst du, ein Spaß ist's, dreißig Jahre schwanger sein, Und immer fühlen, wie's da innen umrumort, Und brummt und knurrt und mit den Beinchen zappelt es: Und alles dies als eine Mannsperson?! Doch – »Er Hat keine Kinder!!« Hebe dich fort, ich muß hinein. Und das ist Alles? Sterben lassen willst du mich, Denselben Tod gar, welchen Meta Klopstock starb, »Hier ruhet Meta, mit dem Sohne, den sie nicht Gebären konnte –« Aber meine Zeit ist um. Was? Weißt du auch, daß ich ein königlich preußischer Geheime Rath bin? bei Seite. Wäre dies ein Schicksalswink? Und ginge wirklich etwa hier ein Wunder vor? Das Kind, von welchem dieser Dickbauch phantasirt, Wär' es nicht bloß ein Sprößling seiner Eitelkeit? Ja, wäre dies das Stellvertreterchen vielleicht, Im Falle daß Germania ein Monstrum kriegt? Zwar thöricht ist's: doch aber versuchen will ich es, Und wär's zum Spaß. Laut. Das ändert die Sache: Ins Haus hineinrufend. Kilian! Bring' den Gebärstuhl, jenen mit dem breiten Sitz, Bring' auch die darmausspühlende Spritze mir heraus Und einen Hacken – Aber den Hacken, sprich, wozu? Das ist das Werkzeug, wenn man Männer accouchirt. Zum Kilian, der inzwischen mit den verlangten Instrumenten heraus getreten ist. Und nun herunter hurtig zieh' die Hosen ihm – Warum den Beinschmuck? Weil kein andrer Weg, als hier, Zum Hades führt, dem unsichtbar gewordnen Gott. Doch schone mich! denn äußerst empfindlich bin ich da. So! setze dich: du aber, o Alkmene's Sohn, Der du den Stall des Augias hast ausgeleert: Komm', steh' mir bei! ja schütze mich, o Herkules! Wie? oder ruf' den alten Paulus ich dazu? Nur nichts von Paulus, selber sein Name macht mir schlimm. manipulirend. Sitz' du nur ruhig – Aber sagt' ich es nicht gleich? Verstopfungen sind es – Doch du kneifst mich – Sitz nur still! Weh mir, du zerrst mich – Kommen muß es, siehst du, hier? Ist es ein Knäblein? Leider nein, für diesesmal Ist es ein Stück, ein unverdautes, weiter nichts, Der Hegel'schen Logik – Unversehns verschlang ich es. Doch hier von Fichte – Den hab' ich ja ausgespie'n? Von Vater Kant – Doch auslaxirt hab' ich ihn längst? Hier der Spinoza: diesen hast du gut verdaut. Je nun, das war in meinen Jugendtagen auch, Wo noch mein Magen seine frische Kraft besaß. Hier Jakob Böhme – Trefflich mundete dieser mir. Auch hat er noch das meiste Fett dir angesetzt. Ringseis und Görres – Diese sind mein Leibgericht. Ein Münchner Würstlein – Teltow-Rübchen ess' ich jetzt. Und hier, o schau', in ächtem baierischem Bier Schwimmt die Scholastik, klumpenförmig, nebelgrau – Ei wohl, das ist der Mutterkuchen des Systems. Nun, höher steigend, mit dem Hacken wend' ich dich Und spüre deines Herzens tiefste Gründe durch – Hinweg den Hacken! in die Seele bohrst du mir! Was? Eitelkeit im Philosophen giebt es auch? Koketterie? Verlegenheit? Windmacherei? O kränker bist du, armer Schächer, als du denkst! Und noch kein Kind? Von einem Kinde keine Spur, Bloß ein gestaltlos unerkennbar Zwitterding, Ein roher Bissen, welchen du allzujäh verschluckt Und der den Ausweg darum nicht gefunden hat: »Weltalter« – Weh! in welche Gegend bohrst du mir! Die »fünfzehn Bogen,« welche du selber hast cassirt, Gleich Würmern zabbelnd, aber doch des Lebens baar – O, ich beschwör' dich, thue den Hacken mir heraus – »Urmythologie« – Bloß Wischiwaschi! Laß mich los! »Positivsystem« – Bloß die Annonce – heb' dich fort! Allein ich fand ja immer noch das Kindlein nicht? Ich bin nicht schwanger – Aber hier im Hintergrund, Zunächst am Herzen, überdeckt und eingescharrt, Gleichwie der Hamster mit dem gestohlnen Korne thut – Potz alle Tausend! das bestrittne Manuscript »Von dem Verhältniß der Naturphilosophie« – Es ist von Hegel – beichten will ich, laß mich los! Der Streit mit Kapp – Er falle auf mein eignes Haupt! Der alte Salat – Schwer im Magen liegt er mir! Weh! laß mich los! Nicht ehe du leer bist – Bin ich's nicht? Kein ausgedroschnes Hälmchen ist so leer, wie ich. Allein bedenk'! die Taufmedaille – Laß mich los! Und hole der Satan, oder wem es sonst beliebt – Doch die Potenzen – Überpotenzt bin ich von dir. Und dann die Spannung – Auf die Folter spannst du mich – Fort mit dem Hacken! Aber ich suche ja das Kind – Nichts mehr von Kind! Und wenn es ja des Kinds bedarf Nun denn so will ich lieber selber kindisch sein Und will zum Spotte lieber werden aller Welt, Als daß ich diese Paulus'sche Leibdurchgrabbelung Ertrage! Fort! Der Hacken sitzt noch – Fort! hinweg! Und sollt' es kosten meines Leibes bestes Theil, Den unendlichen Raum, die neue Burg der Wissenschaft – Ausreißen muß ich –!! Reißt aus. Und da läuft er! Wie ein Fisch, Der von der Schnur verzweifelnd selbst den Hacken reißt Und der nun doch im Wasser sich verbluten muß. – Und also geh' es Jedem, welcher diesem gleicht! Ab mit Kilian. Aus der Seitenthüre Schlaukopf, mit der Germania. Doch aber ist's auch sicher, daß du schwanger bist? Wie ein Rekrut im Angesicht der nahen Schlacht, So stündlich tiefer sinken fühl' ich meinen Muth. Noch ist es Zeit: sag' ehrlich, bist du's oder nicht? Was fragst du mich? Wenn selber du in Zweifel bist, Der du's gemacht, sammt jenen Andern, welche du Mir zugeführt. Still, sprich nicht so laut! Unsinnig Weib, Die Wände haben Ohren hier: nimm dich in Acht! Doch warum ich? Was könnte mir denn wohl geschehn? Nicht zugedrängt zu dieser Rolle hab' ich mich, Vielmehr zu ihr geworben hast du mich – Sei still! Was zürnst du? Hab' ich redlich Alles nicht gespielt, Wie du befahlst? Gelächelt, wo du es verlangt, Mit dem Kopf genickt, gebetet gar und kniegerutscht Auf deinen Wink? Und wurde nur schwanger auf Befehl? Wenn du so schreist, den Schädel brech' ich dir entzwei: Schamlose du, uneingedenk des Guten ganz, Das ich dir that! Daß du mich von der Straße nahmst – Und mich verflochtst in deine dumme Politik? Ich habe mich von Herzen ennuyirt dabei, Ich habe dich satt – Verwünschte Dirne, halt' das Maul! Ja, schlag' mich nur: gleich ohne Weitres lauf' ich fort, Dann sieh du zu, von wannen du eine andere Germania kriegst: und obenein, die schwanger ist. So reich' die Hand: dein Vortheil ist's, wie meiner auch. Es ist schon gut; langmüthig bin ich, wie du weißt, Und leicht versöhnt. So folge mir. Geh nur voran. Ich folge sogleich – Schlaukopf ab ins Haus. Schleicht drüben nicht der Kilian? Ein strammer Bursch! Und heiße Blicke schleudert er Und winkt mir zu – Pst, warte nur, ich komme gleich! Es giebt doch nichts Anmuthigeres und Schönres nicht, Als so ein kleines Passiönchen für das Haus! Ab, nach rechts. Bald wird in raschem Flusse sich mein Stück zu Ende neigen: So laßt den Dichter einmal noch sich auf der Bühne zeigen, Um in der Jamben flücht'gem Tact, dem tanzenden, lebendigen, Sich über dies und das mit euch in Kürze zu verständigen. Denn o, ich höre schon, wie Frau Ästhetik sich entrüstet, Und wie mit ihrer Sittsamkeit die feine Welt sich brüstet! Ich sehe schon, wie, blaß vor Schreck, sie ihr Flacon ergreifen, Weil ich so kühn war, die Dehors ein wenig abzustreifen! Ich sehe schon mein armes Stück verketzert und verboten, Sowohl um sein politisch Theil, als auch um seine Zoten! »Da sieht man,« sagen sie, »den Fluch plebejischer Naturen! Das sind von der Demagogie die unheilvollen Spuren! Zwar Menzel längst bewies es uns, vollständig, daß es puffte, Daß all die Jüngern Dichter nichts, als ausgemachte Schufte, Und auch die Literarische hat es nicht lassen fehlen, Kredit und unbescholtnen Ruf dem jungen Volk zu stehlen. Doch nun an diesem Maskenspiel, nun sehen wir auf's Neue, Daß bei dem jetzigen Geschlecht nicht Zucht, noch Scham, noch Treue! Denn woll'n wir auch dem losen Scherz nicht ganz sein Recht versagen, So muß er doch zum wenigsten ein Feigenblättcnen tragen; Zum Beispiel, wie bei Wieland dort und bei dem Herrn von Thümmel – Doch dieser geht ja völlig nackt, der Sansculott, der Lümmel! Und wie er an dem Barte zupft und an des Mantels Falten Die größten Männer unsrer Zeit, die würdigsten, die Alten! Ja, recht geschehn ist diesem Mann und billig traf es diesen, Daß man ihn vagabondengleich aus Weimar hat verwiesen. Nun mag er immer weiter nur in schnödem Wahnsinn taumeln, So sehn wir ihn am Ende noch, will's Gott! am Galgen baumeln,« So schnattern sie und kreuzen sich die übertünchten Brüste: Als ob von eurer Keuschheit ich den wahren Werth nicht wüßte! Nicht wüßte, daß ihr sichtlich zwar wie Heil'ge Gottes wandelt, Doch mit dem Teufel nebenbei im Stillen unterhandelt! Für euch nicht Schwarz, für euch nicht Weiß, für euch allein das Falbe: Die volle Nacktheit ärgert euch, doch kitzelt euch die halbe! Drum zwar mein Buch verdammet ihr und säht mich gern gebraten: Allein, ihr Herren, sagt mir doch, wie steht's mit euren Thaten? Nicht wahr? ihr sitzt doch auch wohl gern im Opernhaus, ich wette, Und schärft die stumpfe Sinnlichkeit am neuesten Ballette? Es dünkt euch auch ganz magnifique, wenn hoch die Röcke fliegen Und wohllustathmend, rückgelehnt, die Leiberchen sich wiegen? Ihr jauchzt doch auch und applaudirt mit fieberheißen Händen Dem ausgestopften Hintertheil und den tricotnen Lenden? Ihr spannt doch auch die Pferde aus und seid in Lust zerflossen, Wenn ihr die Reste seht von dem, was Gentz einst ganz genossen? Und dann Marquise von Belleisle, Vicomte von Latoriéres – »Herr Bruder, ja! das ist ein Stück! Seht nur das Weib, auf Ehre! Was ihr die Hose niedlich steht! und was der Frack ihr puppert!« So schwört ihr laut, indeß nach Luft vor Gier die Nase schnuppert. Auch lest ihr doch (die Hand auf's Herz), Nachmittags, auf dem Sopha, Ihr lest doch auch den Crebillon, Faublas und Casanova? Mitsammt den neuromantischen Ehbruchsdiebstahlsnovellen, Und aus dem Pückler (ist's nicht so?) die quergedruckten Stellen? Nicht wahr? das ist noch amüsant? da sammelt man Histörchen? Die wispern sich so allerliebst der Gnädigen in's Öhrchen? Das treibt dem Kind, das heut' zuerst in die Soiree gegangen, Das dumme jüngferliche Blut so niedlich in die Wangen? Zwar heimlich kämpft es mit der Scham, es weint beinah im Stillen: Und doch zum Lächeln zwingt es sich, bloß um des Anstands willen, Damit ihr ja nicht denken sollt, als wären wir vom Lande, Und unsre Bildung wäre nicht d'accord mit unserm Stande! Was thut es, ob der Teufel auch des Kindes Unschuld hole!? Zum »Löwen« der Societät erhebt sich der Frivole! Da sitzt er breit auf hohem Stuhl, gleichwie im Tabernakel, Für Stock und Hut und Westenschnitt vollgültiges Orakel, Und streuet rechts ein Witzwort aus und links ein süßes Zötchen, Theeklitscheklatsch, Salongeschwätz, pikante Anekdötchen: Wie die und die mit dem und dem – »ich hab' es selbst gesehen« .... Und der und die und da und dann – »Sie werden mich verstehen« .... Und alle Mütter lächeln ihm und alle Töchter lächeln Und drängen sich und schieben sich mit Neigen, Nicken, Fächeln: »Was der Baron heut' witzig ist! wie Saphir, zum Entzücken!« Er aber streckt die Beine aus, vornehm, mit breitem Rücken, Kneift blinzelnd die Lorgnette ein und läßt beim Discurriren Die Busen, Schultern, Waden, Culs vor sich Revue passiren. – – – Gott lohn' euch eure Sittsamkeit! Mich wollt ihr schier verbrennen, Weil ich gewagt, das Schwarze schwarz und Hund den Hund zu nennen: Doch das ist sittsam, meint ihr nicht? und dieses muß man schonen, Wenn sich ein Kavalier ergiebt den »noblen Passionen?« Doch das ist sittsam, Benazet und Chabet zu vertheidigen, Und bürgerliche Ehrsamkeit hochadlig zu beleidigen? Doch das ist sittsam, zum Duell die fremde Faust zu miethen Und hinterdrein dem Spruch der Welt naiv die Stirne bieten? Entartet', weibisches Geschlecht! zu schwach sogar zur Sünde, Zu schlaff, zu morsch, als daß in euch die Leidenschaft noch zünde! Verurtheilt, zwischen Gier und Furcht tantalisch hinzuschmachten, Und heimlich, in des Herzens Grund, sich selber zu verachten! – – Und dieses heißt ein Publikum? Und diese wollen richten, Was der Poet, in Herzensdrang, darf denken und darf dichten? Und diese theilen Lorbeern aus und spielen die Mäcene, Und hier den Einen klatschen sie und degoutiren Jene? – Auch die Griseldis kröntet ihr, das Ding aus Dreck und Butter, Griseldis nicht: Grisette! – Doch für euch das rechte Futter, Und fandet äußerst tragisch es, daß Parcival, der Grobe, Fünf Akte durch sein Weib auf's Rad läßt flechten, bloß zur Probe: Und kröntet auch den Ingomer und sahet voller Rührung In dieses Zwitterviehs Dressur der Liebe holde Führung: Den Ingomer, halb Bär, halb Schaf, der lieber, ohne Klage, Ein Lump auf Griechisch ist, als ein honetter Tektosage! – Unglaublich wär's, wie solch ein Spuck die Herzen kann bewegen, Trät' nicht in diesen Schatten euch eu'r eignes Bild entgegen. »So,« fühlt ihr, »ja, so könnt' auch ich 'mal mein Maitreßchen quälen, Und ebenso, wie Ingomer, so würd' ich selber wählen!« – So spiegelt sich am Lump der Lump und dünkt sich ganz erhaben, Wenn er am Bilde seines Nichts sein Herzchen kann erlaben. Ich aber sag' es euch, fürwahr! und will es wiederholen, Und brenntet ihr auch heute noch mich und mein Buch zu Kohlen: Sittsamer, als Griseldis, ist mein Stück, trotz sei nen Zoten, Und ging's nach Recht, so würde sie, und nicht mein Buch verboten! – Darum verachten müßt' ich mich und sündigte am Schönen, Wollt' ich der falschen Sittlichkeit um euren Beifall fröhnen. In Tugendschleier wickle sich Halm-Raupach'sche Tragödie: Doch nackt, wie Venus aus dem Meer, nackt wandle die Komödie, Und wen ihr Antlitz blendet, wohl! der mag zur Erde schauen Und mag das Hausbrod der Moral mit feisten Backen kauen. – Auch sprecht mir nichts von Pietät! Ehrfurcht dem Alter, freilich: Doch ist so wenig alte mir, wie junge Thorheit heilig. Die Thorheit mein' ich, nicht den Mann: was kümmert mich der Namen? Ich halt' es mit den Helden, die nach Ilion einst kamen: Erst prüften Schwert am Schwerte sie in männlichem Gefechte, Und dann zum Abschied schüttelte der Feind dem Feind die Rechte. So bin auch ich der Thorheit Feind und muß das Haupt ihr schlagen: Doch mit dem Manne will ich gern in Ehren mich vertragen. Ja, wenn sich die Gelegenheit nur endlich einmal fände, O glaubt, daß ich statt Dornen gern euch Lorbeerkränze wände! – Du aber, o mein deutsches Volk, o du von Gott erkoren, Auf daß durch dich das Griechenthum noch einmal wird geboren: Thu' ab von dir die falsche Scham, thu' ab, thu' ab das Halbe, Das Graue laß dem Eselein und laß dem Mönch das Falbe! In dieser Luft (vernimm mein Wort!) ästhetisch parfümiret, Durch Altersrücksicht und Censur voraus desinficiret, In dieser schweren, dicken Luft der Kritiker und Kenner, Da ziehst du keine Dichter groß und ziehst dir keine Männer! Ja, hätte Schakespeare immer erst die Logen sollen fragen, Ob dero Gnaden Sittsamkeit auch dies und das vertragen, Und hätte Aristophanes in Wolken, Fröschen, Rittern Vor jeder Jungfer müssen und vor jedem Pfaffen zittern: Sie hätten nie das Licht erblickt, die köstlichen, die Meister, Von eignen Gnaden Könige im freien Reich der Geister! Und wenn es die Poeten nur und nur die Künstler wären, Je nun, man kann das Zuckerbrod schon ein'ge Zeit entbehren. Allein dieselbe Fessel drückt auch dein politisch Leben, Und läßt auch da dich immer nur am Halben, Falben kleben. Zwar Pietät der alten Zeit und Pietät den Fürsten: Doch Pietät der Zukunft auch, nach der die Völker dürsten! Es ist recht hübsch, gleich jeden Streit mit Höflichkeit zu schlichten; Doch soll aus Höflichkeit ein Volk nie auf sein Recht verzichten. Wer Großes braucht (dies ist dein Fall), der muß auch Großes wollen; Den Wein der Freiheit nippt man nicht, man trinkt ihn aus dem Vollen! So wag' es denn und habe Muth, den Becher zu ergreifen – Und mach' nicht gleich die Hosen voll, wenn deine Könige keifen. Dann, wenn du einst, in künft'ger Zeit, dein Recht dir hast genommen, Dann wird, mit anderm Guten, dir auch die Komödie kommen! Dann wird ein Aristophanes in Deutschland auch erstehen – Und aus der »Wochenstube« dann mag man Patronen drehen! 3. Akt Dritter Akt. Es ist Nacht. Eine Fremde von der Seite der Straße, tritt auf. Allheilige Nacht, du aller Müden Trösterin, O Balsam du für jeden Schmerz und jede Noth: An deine Brust, allliebende Mutter, flücht' ich mich, Die Allvertriebene! Gönne du, ehrwürd'ge Nacht, Das Fleckchen mir, auf welchem mein geächtet' Haupt Sich ruhen darf, von allen Menschen ungesehn, O hülle mich in deine schwarzen Schleier ein! – Wohl, lustberauscht, auf seidnen Decken schlummert jetzt Die man mit List auf meine Statte hat erhöht, Und freventlich mit meinem Namen ruft man sie. Ich aber muß, die Ächtgeborne, bettlergleich, In Nacht verbergen meine königliche Stirn. Sei denn, o Stein, mein Bette du! Auf nackten Stein Gebettet ist, gleich seiner Königin, mein Volk. Du aber, o Nacht, uns beiden sende, mir und ihm, Der vor dir wandelt, blumenstreuend, deinen Sohn, Den holden Traum: daß auf die Stirne beiden uns Vergessenheit die mohnbeträuften Finger legt. Setzt sich links im Vorgrunde unter die Säulen der Halle, schläft ein. aus der Mittelthüre, lauschend. Schwarz ist die Nacht: die Sternlein alle sind verlöscht Und selbst der Mond vor Keuschheit kniff die Augen ein, Mir aber durch die Glieder rinnt es wonnevoll, Gleich einem Kater, welcher auf die Freite schleicht. Denn hat sie nicht mit Liebesblicken mir gewinkt, Ja, hat mit runden Worten deutlich mir gesagt, Daß ich sie hier zum Stelldichein erwarten soll Um Mitternacht? Schon aber zwölfe brummt's vom Thurm Und auf der Lauer, liebedürstend, steh' ich hier – Doch aber, o still! die Thüre, dünkt mich, hör' ich gehn – aus der Thüre links. Schwarz ist die Nacht: das Lämpchen dennoch löscht' ich aus, Daß seine Flamme meine Flamme nicht verräth Und in die Augen meinem alten Argus scheint. Was aber gilt's, so werd' ich ihn heut auf ewig los Und lasse mich entführen von dem Kilian! Nicht aber, daß der Bursche mir so sehr gefällt: Indessen so ist's doch etwas Neues auch einmal Und hab' ich doch nicht länger Noth, mich zu kastein Mit Redensarten, welch' ich selber nicht versteh'. Doch aber o still! die Thüre, dünkt mich, hör' ich gehn – – Tappt lauschend nach vorn. im Nachtgewand, aus der Thüre rechts. Schwarz ist die Nacht: doch schwärzer noch ist mein Gemüth, Und von dem Lager finstre Sorgen scheuchen mich. An ihrer Thüre horchen will ich, furchtbewegt, Ob noch sich nicht die Stunde der Entscheidung naht, Der ich mit Sehnsucht, zitternd doch, entgegenseh'. Fast jetzt bereu' ich dieses allzuhohe Spiel, Drin ich als Einsatz wage mein gesammtes Glück, Die Würfel werfend über Alles oder nichts. Ist es ein Kind, ein wirklich wohlgerathenes – Doch aber o still! die Thüre, dünkt mich, hör' ich gehn – aus der Mittelthür. Schwarz ist die Nacht, zum Stehlen völlig wie gemacht – Wär' ich ein Ochs und ließe sie vorübergehn Und zöge nicht unsicherm Gewinn den sichern vor! Bekommen ist gut; genommen haben besser noch. Ein Kästchen neben dem Bett der Schwangern sah ich stehn, Mit Golde ganz und Edelsteinen angefüllt. Was nützt das ihr? Für Frauenzimmer taugt das nicht. Drum leis' anpochend in ihre Kammer schleich' ich mich Und fasse den Puls und mit der anderen unterdeß – Doch aber o still! die Thüre dünkt mich, hör' ich gehn – Indem sie, Einer an dem Anderen horchend vorüberschleichen. Wo bleibt sie nur? Mir werden Zeit und Weile lang? Wo bleibt er nur? Mir werden Zeit und Weile lang? Rings Alles ist still: ob ich sie störe? klopf' ich an? Rings Alles ist still: ob ich es wage? klopf' ich an? Was flüstert da? Was flüstert da? DOCTOR auf verschiedenen Punkten, gleichzeitig. Was flüstert da?! Pst! Pst! Pst! Pst! Sie ist's – Er ist's – DOCTOR. Wer ist das nur?! Schritte, Tritte – weh mir grauset, mehr als Einer wispert hier! Schritte, Tritte – o ich wollte längst von dannen wären wir! Schritte, Tritte – naht vielleicht sich die Entbindungsstunde ihr? Schritte, Tritte – ob ich weislich ohne Kästchen retirir'? erwachend. Schritte, Tritte, die mich wecken – weh, gewiß, man sucht nach mir! Frisch drauf und gewagt! Und ich rufe sie laut – Frisch drauf und gewagt! So entwisch' ich allein – Frisch drauf und gewagt! Ich erwarte, was kommt – Frisch drauf und gewagt! Schon klopfen wir an – Frisch drauf und gewagt! So bekenn' ich mich frei Und nenne dem Feinde den Namen! Germania?! Hier – Hier – Wo?! Hier – Hier – Germania, wie?! Germania, was?! Wer rufte mich? Hier – Hier bin ich – wer ruft? Dort ruft es und hier – Hier ruft es und dort – Potz tausend noch eins, das halt' ich nicht aus, Da bekomm' ich vor Schrecken ja Leibweh! Lichter, Lichter! Bringet Lichter! Daß ich doch im Bette wär'! Soll ich bleiben? Soll ich fliehen? Lichter, Lichter! Lichter her! Zwei Gensd'armen treten auf: gleichzeitig aus dem Innern des Hauses die Sklaven mit Fackeln. Welch ein Schreien! welch Spektakeln! ziemt sich das um Mitternacht? Ins Gefängniß! in den Kerker! Alle werden fortgebracht! hereintretend. Welche Stimmen! welch Getöse! Ist das Aufruhr? ist das Schlacht? hat sich im Dunkeln der Fremden genähert, jetzt sie erkennend. Ha, was seh' ich?! ebenso. Was erblick' ich?! Haltet Ruhe! habet Acht! Mein Verfolger! O zum Teufel! Tolle Wirtschaft, tolle Nacht! KILIAN gleichzeitig, zu einander. Ei, ich wollt', ich hätte lieber ohne dich mich fortgemacht! Mein Verfolger! O zum Teufel! Ist das Aufruhr? Ist das Schlacht? Ins Gefängniß! in den Kerker! Alle werden fortgebracht! für sich. Wohlan, o Schlaukopf: schlauen Kopfs nun zeige dich Und wende rückwärts, welcher dich bedroht, den Pfeil. Zur äußerst ungelegnen Stunde kommt sie mir, Verdorben längst, gestorben, dacht' ich, wäre sie – Nun aber gilt's: nur Einer von Beiden rettet sich. Laut. Was aber ist's, o Vaterlandsvertheidiger, Das ihr begehrt? und leget eure Hand an uns, Den Königlich Geheimen Oberleibspion? Erkennet mich und diese hier, Germania, Die mir zum Wochenbette übergeben ward. Doch Jene dort, die Fremde, schleppet hinweg sogleich Und werft sie in das allerunterste Verließ, Landstreicherin sie, muthwillige Lärmanstifterin, Und eines fremden Namens maßet sie sich an – Also zum Kläger selber wirst du an dir selbst! Nicht ich, fürwahr: des Namens maßest du dich an, Ja, mit dem Namen, welcher mir allein gebührt, Die freche Stirn der Buhlerin hast du geschmückt! Germania nennst du Jene, welche zitternd dort Sich hinter die Falten deines Kleids verbergen will? Schmach euch ins Antlitz, deiner Buhlerin, wie dir: Ich aber bin's, rechtmäßig ich, Germania – zu Schlaukopf. Siehst du wohl? Nun also hab' ich's, wasche dich und mich nun rein. Wie? Germania die Zweite? Sollte das wohl möglich sein? Diese Magere? diese Schlanke? Die gefällt mir gar nicht, nein. Ihrer Stimme süße Töne dringen uns in's Herz hinein – Ei, zum Teufel, was sind das für dumme Doppelgängerein?! Doch dem Reglement zufolge, stecken wir sie beide ein. bei Seite. O verdammt, das Ding wird kitzlich! Wär' ich doch entfernt von hier! Denn ein unerwünschter Ausgang der Verwicklung ahnet mir. Meine Freunde selber zweifeln: und der wüthende Gensd'arm, Raisonnirend, arretirend, macht fürwahr den Kopf mir warm. Doch, was hilft es? Was den Göttern des Olymps das Fatum war, Sind dem neunzehnten Jahrhundert die Gensd'armen offenbar: Darum vor den Eisenfressern hübsch gemüthlich schmieg' ich mich: So, mit Schmiegen und mit Biegen, Frevlerin, besieg' ich dich! Laut. Allein so thut ein wenig nur die Augen auf: Zu sehen braucht ihr diese da und jene nur, So ist's da klärlich, welche hier die Rechte sei: In Lumpen jene, diese jedoch im seidnen Rock: Die abgemagert, hungerbleich, ein Schattenbild, Verbannt zu Bettlern, selber eine Bettlerin, Höchst stattlich diese, wohlgenährt, anmuthiglich, In hoher Herren ehrender Festgenossenschaft, Ja selbst gesegneten Leibes ist sie, wie ihr seht. Wohl, spotte mein! In meine Wunden lege du Die blutbefleckten, diebsgewandten Finger mir! Auf meine Lumpen speie du und rühme dich, Weil ich ein armes, heimathlos vertriebnes Weib: Du weißt am besten, wessen Hand mein Blut vergoß Und wer vom Haupt die Krone mir gerissen hat! Ja, dir in's Antlitz unverholen sprech' ich's aus, Daß dir zu Eis dein schwarzes Blut gerinnen soll: Verrätherisch, aus eitler Liebedienerei, Weil du ein Knecht der Willkür bist und ihrer Greul, Darum aus meinem Erbe getrieben hast du mich Und hast statt meiner deine Creatur gepflegt: Werkzeug der Lust, ein preisgegeben feiles Weib, Das blindlings folgte, willenlos und ohne Sinn. Sie lag auf Daunen: harte Steine drückten mich; Ihr bautest du Palläste: mir Gefängnisse; Ihr schmeichelten deine Schergen: mich verfolgten sie Und stießen in das Elend der Verbannung mich Und setzten Fanggeld auf mein schuldlos reines Haupt: Drauf aber, weil du selber fühltest, daß du nicht, Und ob du auch verhundertfachtest deine List, Doch völlig nicht blind machen könntest unser Volk Und aus der Brust die süße Hoffnung reißen ihm Auf bessre Zeiten: darum also rühmtest du, Du selber dich, als brächtest du die neue Zeit, Und pflanztest fort in diesem abgebuhlten Leib Die schnöde Sünde deines Stamms. Geschwängert, ja, Doch nicht mit Gutem, nicht mit Segnungen hast du sie: Nein, Drachen hast du ausgesät in ihren Leib, Die fressend Feuer schleudern werden in die Welt: Und glaube mir, ihr erstes Opfer wirst du selbst! Dir aber sag' ich, Schattenkönigin, o du, Die du mit Zittern meines Namens dich erfrechst: Hinweg! verbirg dich! Räume du den Platz, der mir Allein gebührt! Denn eure Herrscherin bin ich! sich gegen die Fremde verneigend. Strophe. Heil, fremde Frau! Zwar im prangenden Kleide nicht, Noch im Königsgewand, Du gehst im zerrissenen Linnen, Bettlerhaft: Aber sind nicht auch wir selber Bettlergleich? und tragen Ketten An der machtlosen Hand? Antistrophe. O wärest du Die erwartete Retterin! Die erhabene du, Jungfräuliche, künftige Mutter Unsers Herrn: Der das Joch uns wird zerschlagen Und den Blitz der Freiheit wirft er In die schlaftrunkne Welt! Epode. Die Purpurtropfen deiner Stirn Sollen zu Rubinen werden! Dir schlagen die Herzen, dir beugt sich das Knie: O als Königin du, wahrhaftige du, O erscheine dem flehenden Volke! Allein von all' den Redensarten steht ja nichts Im Reglement? zu Germania. Nun denn wohlan, mein Töchterchen! Dies ist ein Kampf des Legitimitätsprincips, In welchem es die Sicherheit der Throne gilt Und wo man daher auch Schwangre nicht verschonen kann: So zeige dich! und legitimire deinen Stamm, Damit die Herrn Gensd'armen öffentlich gestehn, Daß du allein, und keine sonst, die Ächte bist. Heimlich. Und thust du es nicht, gleich wird der Hals dir umgedreht. Allein wie red' ich? Niemals hab' ich es gelernt. Sei unbesorgt! Von hinten flüstern wir dir ein, Ein völliges curriculum vitae, pass' nur auf! Sonst, wie gesagt, dein letztes Stündchen läutet dir. Ja, nun begreif' ich, Bruder Schlaukopf, in der That, Weswegen du so ängstlich und in Sorgen warst – Nichts weiter geschwatzt! Ins Hundeloch! marsch, allesammt! Ihr sollt schon sehn, was dieses heißt, der Polizei In die Hände fallen – Warte noch! Es macht mir Spaß, Und hinterdrein das Arretiren bleibt ja doch. bläst ein. spricht. In urältester Zeit, in des Lebens Beginn, O idyllische Lust! patriarchisches Glück! O ursprünglich germanische Kindheit! In dem dämmernden Wald, am geschwätzigen Bach, Lang lag ich gestreckt auf dem zottigen Fell, Und ließ zum hochaufschäumenden Meth Bucheckern und Eicheln mir schmecken. SCHLAUKOPF, DOCTOR, KILIAN als Chor. Bucheckern und Eicheln?! Das ist sie! Zu den Pfaffen sodann in die Schule gebracht, Auf das Crucifix dicht mit der Nase gedrückt, Wie ward ich so christlich germanisch! Abdarbend mir selbst auch den Bissen vom Maul, Hab' Klöster dotirt, hab' Dome gebaut, Ja im Büßergewand in Canossa stand Ich und küßte dem Papst die Pantoffeln. Dem Papst die Pantoffeln?! Das ist sie. In den Orient drauf, o wie zog mich das Herz, Wie im Opiumsrausch, sehnsuchtdurchglüht Auf der heiligen Stätte zu rutschen! Zwar indessen daheim ruinirten sie mich, Brandschatzten mein Haus und stipitzten mein Gold, Brach lag mein Feld, meine Hütte zerfiel; Ich aber ertrug es geduldig. Sie ertrug es geduldig?! Das ist sie! Spät kehrt' ich zurück: ja, da war es geschehn, Kein Dach, kein Fach! kein Haus, kein Hof! Doch Gott half wieder dem Deutschen. Für die Praxis ergriff ich die Theorie, Nahm Tinte für Blut, Pergament statt Brod – Ja, ich wurde gelehrt! und ließ mich dabei Nasstübern von Jedem, der wollte. Nasstübern von Jedem?! Das ist sie! Wohl Selbstlob ist mir verhaßt; doch dies, Dies rühm' ich mir nach, daß nimmer ein Mensch Zum Bedienten sich besser gepaßt hat! Wie mein Herr mir nur pfeift, flugs bin ich zur Hand, Kann Schildwacht stehn, apportire den Stock, Und fahr' in das Bein, wenn mein Herr mir befiehlt: Ich bin ein vollkommener Pudel. Vollkommener Pudel?! Das ist sie! Zwar manchmal wohl, durch die einsame Nacht, Wie ein Nothschrei tönt's an mein schlummerndes Ohr, Als wollt' es gewaltsam mich wecken. Doch was scheert mich die Welt? die Historien was? Bin ich satt und vergnügt, so hab' ich genug, Und will, so es Gott und dem König gefällt, Auch fernerhin ferne mich halten. Auch fernerhin ferne?! Das ist sie! Jetzt bin, wie ihr seht, ich gesegneten Leibs, Auf Ministerbefehl: und glaubt ihr es nicht, Auf dem Fleck gleich wird es sich zeigen. So vertheidigt mich nun! und erkennet mich an, Als die Einzige mich, Deutschthumsvollblut: Und gewißlich sodann, euch dankbar zu sein, Zum Gensd'armen erzieh' ich das Söhnlein. Zum Gensd'armen das Söhnlein?! Das ist sie! beiseite, zum Zweiten. Ein recht vernünft'ges Frauenzimmer scheint mir das – Brav, meine Tochter! Unübertrefflich deklamirt! Doch Jene dort, die Vagabondin, ist verstummt. Ja wohl, verstummt! Ruhmredig nicht ist meine Art, Auch hab' ich wenig, dessen ich mich rühmen kann, Weil in der Zukunft einzig meine Saaten sind. Dies aber freilich zugestehen will ich dir, Daß sie ein Deutschland allerdings, ein ächtes, ist: Regierungsdeutschland, officielles, Bundestags- – Doch nicht des Volkes! dieses, wahrlich, kennt sie nicht, Noch ihres Stammbaums fabelhafte Litanein. Wohl, bleibet denn Ihr! zu Diesen aber wend' ich mich, Gedrückten euch, Geknechteten! die ihr zweifelnd noch, In Furcht und Hoffnung schwankend, mich umstehet – Halt! Das ist ja Aufruhr! offenbare Rebellion! Was Volk! was Knecht! dich aber knecht' ich alsobald Und schleppe dich fort – Die Andern aber nehme ich. Getümmel. Hilfe! Rettung! Wollt ihr dulden, daß ein Scherge mich berührt? Unsre Hände sind gebunden – Weh, wie wird mir! Aufgeschnürt! Doch was wird dies? Wird sich zeigen! Junge oder Töchterlein. Ach, es preßt mich! Wollt ihr's dulden? In's Gefängniß, marsch hinein! Ja, das kommt vom Deklamiren – heda, Kilian! halt den Kopf! Unsre Hände sind gebunden – Und mich hat die Furcht beim Schopf. Fort! hinweg! Weh, welche Schmerzen! Wie sie beißt und wie sie kratzt –! Welche Schmerzen! weh, ich platze! Ei verwünscht – Der Bovist platzt – Mit einer heftigen Explosion fährt die Germania in die Luft; Rauch und Nebel, aus welchem sich allmälig folgende Erscheinungen gestalten, die reihenweis, mit Gesang, um die Bühne ziehen. Nach Jerusalem, Nach Jerusalem, O wie wallt es sich bequem! Liebe Brüder Pietisten: Alle Menschen werden Christen: Derowegen seht ihr ein, Braucht der Christ kein Mensch zu sein – Nach Jerusalem, Nach Jerusalem, O wie wallt es sich bequem! O heilig Mittelalter, Nachtvogel, Abendfalter, Wie herrlich zeigst du dich! O schon in deinem Dämmer, Wie wird es uns so jämmer- So katzenjämmerlich! auf hölzernen Pferdchen reitend. Zwar am Hofe zu Ferrara, Freilich wohl, da ging es prächtig: Doch dem fröhlichen Trarara Folgt ein Wehruf, mitternächtig. Ja, wenn nicht die Schulden wären! Bankerot! Administriren! Und man kann nicht 'mal mit Ehren Mehr ein Majorat fundiren. schnatternd. Ach daß der Schwanenorden Nicht fertig ist geworden! Schon sahen wir, um Hals und Brust, Das Zauberband sich dehnen, Schon selber uns, in stiller Lust, Verglichen wir den Schwänen. Ach aber, ach! der Traum zerrann, Die Hoffnungen zerflattern, Nur Gänse bleiben wir fortan, Und müssen weiter schnattern: Weh, daß der Schwanenorden Nicht fertig ist geworden! Immer langsam voran, Immer langsam voran, Daß der preußische Fortschritt nachkommen kann! Es ist ein vortreffliches Ding um den Geist, Besonders wenn er sich hübsch still erweist – Immer langsam voran, Immer langsam voran, Daß der preußische Fortschritt nachkommen kann! kopfwackelnd, schweigend. singt. Alles schläft! wie still, wie friedlich! Nicht ein Athem! Alles ruht! Ja, mein Volk, so bist du niedlich, Ja, mein Volk, so bist du gut! Schlafe fort! Du darfst es wagen, Dich beschirmt mein Angesicht! Aber Eines laß dir sagen: Schlaf', o Volk! doch – schnarche nicht! im Galop, hinterdreinfahrend. Hussah, hussah! Paschol, paschol! Dem Kosaken die Erde gehören soll! Juden und Heiden, Türken und Christen, Alles im Grunde sind Panslavisten – Paschol, paschol! Hussah, hussah! Und die russische Knute, die ist schon da! Unter dem Einhauen der Kosaken, Getümmel, Weheruf verschwinden die Erscheinungen. ihre Ketten zerbrechend, vor der Fremden niederstürzend. So verschwindet der Spuk! so zerrinnet der Traum! Von dem Arm losstreift sich die Kette! Du selber, du bist's! Wir erkennen dich, ja! Wahrhaftige du, der das Scepter gebührt, O du Mutter, dereinst, jungfräuliche noch, Doch Mutter des kommenden Königs! als ächte Germania. Jungfräulich, wohl! Und nirgend noch, wohin ich schau' Den Bräutigam seh' ich, welchen die Orakel mir Verkündeten – Bewerber genug, nur keinen Mann! – Doch kommt er einst! Aus allertiefster Mitternacht, Wo wir umsonst nach eines Sternbilds Troste spähn, Die Sonne schwebt ja dennoch endlich himmelan. Steig' denn empor, o holde Sonne meines Glücks, Stern meiner Zukunft, angelobter Bräutigam, Der an das Herz, Frohlockende mich, Glücksel'ge, schließt Und einen Sohn und einen Rächer mir erweckt! Woher du kommst, willkommen immer sollst du sein, Ob du von Thronen niedersteigen wirst zu mir, Ob du, ein Bettler, Mitternachts geschlichen kommst: Ich kenne dich! Dich kennen lehret mich mein Herz Und auf den Thron, an meine Seite, setz' ich dich! – – So scheid' ich jetzt. Nicht wiedersehen sollt ihr mich, Als bis ich komme, neben mir mein Herr und Freund, In bräutlichem Festzug! Ihr indessen lebet wohl Und seid des Tags, des vorbestimmten eingedenk! Ab. Die Sklaven zerstreuen sich, man hört aus der Ferne die letzten Accorde ihres Chorgesangs. Wird er erscheinen? Wird er sich zeigen, Unser erwarteter, Pfeilbewaffneter, Rächender Gott? O du Erwarteter, O du Verheißener, Freundlicher Bote zukünftiger Zeit! O erschein', o erschein' uns, wir flehen dich an, Dein wartet in Thränen, dein wartet die Welt: O erscheine dem hoffenden Volke!