Auf der edlen Chloris Geburtstag, an Ihren Vater Gebiethe, theurer Mann, gebiete doch auch nun Durch deines Armes Winck den aufgebrachten Sayten Nur einen Augenblick zu ruhn; Bestill ihr freudenvolles Streiten. Laß zu, daß jetzt bey deiner Lust Auch meine Mus aus treuer Brust Allein vor deinen Augen singe: Zieh deinen aufgeklärten Blick Nebst deinem Fräulein nicht zurück, Damit dis Lied nicht mißgelinge. Weil deine Fräulein uns dein Bildniß völlig zeigt, Flicht meine Clio ihr die Lorbern um die Haare, So Phöbus um die Schläffe beugt, Daß er der Tugend Lob bewahre. Die edle Chloris selbst erscheint Mit ihren Freundinnen vereint, Der hohe Bau der schönen Glieder Ist recht ein Kunststück der Natur; Und ihres hohen Geistes Spur Erscheint in ihrem Antlitz wieder. Sie gleicht der Cyntie, wenn sie nun einem Ast Den Köcher anvertraut, der auf den Schultern klinget, Und sich das Chor der Nymphen angefaßt, Worinn sie selbst sich tantzend schwinget: Sie trägt ihr freyes Haupt erhöht, Das über alle andre geht, Und sich gekrönt mit Strahlen zeiget. Latona sieht mit stiller Brust Der Tochter Schönheit voller Lust, Und freut sich, weil sie immer steiget. Doch, ihre Schönheit ist nicht ihre gröste Zier, Ihr tugendhafter Geist kan sie weit mehr erheben: Und wer sie sieht, bewundert denn an ihr Und muß ihr dieses Zeugniß geben: Ihr Sinn ist hoch, stets einerley, Doch gantz vom blinden Hochmuth frey Vollkommen edel sind die Sitten, Es thronet selbst die Frömmigkeit In unverstelter Heiligkeit In ihres reinen Hertzens Mitten. Den angebohrnen Witz und herrlichen Verstand Pflegt sie mit klugem Fleiß durch lesen zu erbauen: Wie oftmals läßt die wohlbemühte Hand Ein Buch gleich ihrem Vater schauen, Und wer giebt ihrer Nadel Fleiß Nicht der Minerva würdgen Preiß; Ja wenn sie die geschwinden Finger Durch die geschlagnen Claves führt, Wird jedes Hörers Hertz gerührt, Und auch ihr Ruhm denn nicht geringer. Dis, theurer Krosigk, ist der schönen Tochter Bild, Und gleicht es ihr nicht recht, so schau selbst auf ihr Wesen, So kanst du, gantz mit Lust erfüllt, Selbst deine Tugend in ihr lesen. Du aber nimm dis gnädig hin, Denn mir verbeut ihr stiller Sinn Ihr selber dieses Lob zu geben. Was ist, das ich noch wünschen kan? Nichts als von dir, du theurer Mann, Mir Gnade, Ihr ein langes Leben.