Freundschaftliche Lieder Thirsis hört den Damon an Horatzens Seite singen Entferne dich, verhaßter Reimer-Schwarm, Verstöhre nicht die heilge Stille, Die ehrfurchtswürdig sich um das bepalmte Haupt Des Sternen nahen Pindus ziehet. Flieh, Battus Brut, von dem geweihten Fus, Und scheue des Apollo Rache. Mein stoltzes Ohr, zu hoch für dein Geheul, Sucht auf den sonnenhellen Höhen Die ewge Harmonie des göttlichen Gesangs, Wodurch der weise Nebenbuhler Des unermeßlichen Thebanschen Pindars Das herrschend kluge Rom entzückt. Erscheine mir, du Priester des Apoll, Du Erbe der Thebanschen Leyer. Erschein und sing in der gelehrten Wuth Von Helden, Riesen, oder Göttern: Wo nicht, so preise nur die Ruh und Lalagen Auf deiner sanftgedämpften Zitter. Hör ich dich nicht? Täuscht mich die Zauberey Von deinen Jonisch stoltzen Träumen? Wie oder reisset mich dein unbekannter Geist Vom Dunst der weisen Rasereyen Berauscht, entzündt, aus der gemeinen Welt Ins Reich der fabelhaften Schatten? Ja Flaccus kömmt, der gantze Hömus schallt Von den unsterblichen Gesängen. Es kommen überall aus dem gelehrten Hain Und durch die unentweihten Schatten Die keuschen Nymphen schon mit frohen Reihn Ihn zu empfangen hergeeilet. Er jauchzt daher vom Bacchus gantz erfüllt; Die Macht der feuerreichen Gottheit Treibt ihn in neuer Wuth durch Felsen, Wald und Kluft. Er singt, was nie ein Mund gesungen. Die Welt hört ihn den würdigen August Bis zu der Götter Rath erheben. Er schweifft umher mit Libers Priesterin In den schlaflosen tollen Nächten; Er stutzt und sieht, wie sie, verwundrungsvoll Die Thäler, Ufer, leere Wälder, Und jauchzt und folgt dir, der Najaden Gott, Durch tausend rühmliche Gefahren. Welch deutscher Mund singt neben dir, Horatz, Wer drückt mit noch verwegnern Solen, O glücklich kühner Geist, als du selbst, deine Spur, Auf diesen nie bestiegnen Felsen? Was wagt er sich in seiner frechen Wuth Nicht vor Verwüstung anzurichten? Wohin, wohin, o Freund, o kühner Geist? Erstaunst du nicht vor diesen Klüften, Die rund um dich herum mit offnen Abgrund drohn? Erstaunst du nicht vor diesen Höhen? Wer Pindarn folgt, der stürtzt und stürtzt mit Spott; Wer aber darf dem Flaccus folgen? Umsonst heb ich die Flügel mühsam auf, Und reisse mich vom Staub und Erde; Umsonst sing ich von einem grossen Geist Und seines Lebens Seligkeiten; Umsonst streb ich, doch lachst du eckler Sinn, Du lachst doch meiner matten Kräffte. Laß, o Horatz, laß einen Augenblick Den Dampf der klugen Wuth verdünsten, Belehre mich, du Ehre deines Roms, Du ihrer Leyer höchster Meister, Wie flieget man verwegen, klug, und frey, Und doch bewundrungswürdig glücklich? Du setzest dich, du krönst die edle Stirn Selbst mit den Zweigen grosser Helden. Du nimmst dein Spiel, du stimmst; dein Antlitz wird voll Ruh, Dein Geist voll göttlicher Gedancken, Die Leyer tönt, des Vorspiels Kraft vertreibt Den Schauer knechtisch banger Schrecken. »Ein grosser Mann, der voll Gerechtigkeit Nie von dem weisen Vorsatz wancket, Wird durch des Pöbels Wuth, der tobend Laster heischt, Und durch der rasenden Tyrannen Ergrimmten Blick und Antlitz nimmermehr In seinem festen Sinn erschüttert. Er scheuet nicht den Zorn des Africus, Des stürmschen Herrn der wilden Wellen, Und selbst den grossen Arm des donnernd starcken Zevs. Ja stürtzte gleich die Welt zusammen, So würd ihn zwar der grausen Trümmer Last, Doch unerschrocken, niederschlagen.« Wohin fliegst du, wo findest du den Weg, Wodurch der irrende Alcides Durch jenes helle Thor beflammter Schlösser drang? Wie hörtest du die hohe Juno, Im Götter-Rath, des Schicksals strengen Schluß Von Trojens Untergang vermelden? Steigt, steigt zugleich durch die bestirnte Luft Horatz und du, o deutscher Flaccus, Und setzt der Doris Bild bey Ariadnens Krantz. Ich will hier in den Thälern bleiben, Und ihrer blühenden erhobnen Schilderey Der sanften Lieder Ehre opfern.