Wilhelm Raabe (Gemälde von Hanns Fechner, 1893) Wilhelm Raabe (1831–1910) Biographie 1831 8. September: Wilhelm Raabe wird in Eschershausen (Weserland) als erster Sohn des Juristen Gustav Karl Maximilian Raabe und seiner Frau Auguste Hohanne Friederike, geb. Jeep, geboren. Oktober: Umzug der Familie nach Holzminden. 1836 Besuch der Bürgerschule in Holzminden. 1840 Eintritt ins Holzmindener Gymnasium. 1842 Umzug nach Stadtoldendorf, wo der Vater als Justizamtmann arbeitet. Da es in Stadtoldendorf kein Gymnasium gibt, besucht Raabe die Stadtschule und erhält Privatunterricht in Latein und Griechisch durch den Rektor. Umfangreiche Lektüre, vor allem Romane, z.B. von Jean Paul, und Abenteuerliteratur von Alexandre Dumas. 1845 Tod des Vaters. Umsiedlung nach Wolfenbüttel, wo die Brüder der Mutter als Lehrer arbeiten. Eintritt in das Gymnasium »Große Schule«. Privatunterricht im Malen und Zeichnen. 1849 Ostern: Raabe verläßt die »Große Schule« und beginnt eine Buchhändlerlehre in der Creutzschen Buchhandlung in Magdeburg (bis 1853). Lektüre von Heine, E. T. A. Hoffmann, Freiligrath sowie der Romane von Balzac, Sterne und Dickens. 1853 Abbruch der Lehre und Rückkehr nach Wolfenbüttel. Autodidaktische Studien und Pläne zur Künstler- oder Dichterexistenz. 1854 Raabe immatrikuliert sich als Gasthörer an der Berliner Universität, wo er Vorlesungen in Geschichte, Geographie, Literatur- und Kunstgeschichte hört. November: Beginn der Arbeit an dem Roman »Die Chronik der Sperlingsgasse«. 1856 Januar: Abschluß des Romans »Die Chronik der Sperlingsgasse«, der im Oktober unter dem Pseudonym »Jakob Corvinus« veröffentlicht wird (vordatiert auf 1857). 1857 Sommer: Freundschaft mit Adolf Glaser, der beim George Westermann Verlag in Braunschweig als Redakteur tätig ist. Mit der historischen Erzählung »Der Student von Wittenberg« erscheint zum ersten Mal eine Erzählung Raabes in »Westermanns Monatsheften«, wo Raabe in den Folgejahren eine Reihe von weiteren Erzählungen publiziert. »Ein Frühling« (Erzählung, unter Pseudonym). 1. Oktober: Beginn der Tagebucheintragungen (bis 1910). Oktober/November: Reise nach Berlin. 1858 Reise nach Göttingen und Eisenach. In »Westermanns Monatsheften« erscheinen einige Rezensionen und drei Erzählungen Raabes. 1859 »Halb Mähr, halb mehr« (Erzählungen und Skizzen, unter Pseudonym). April bis Juli: Längere Reise Raabes, die ihn zunächst nach Leipzig führt, wo er Friedrich Gerstäcker und Gustav Freytag trifft. Anschließend Besuch bei Karl Ferdinand Gutzkow in Dresden. Weiterreise nach Prag, Wien, Linz, Salzburg, München, Stuttgart, Frankfurt und Köln. »Die Kinder von Finkenrode« (Erzählungen, unter Pseudonym). Beginn der Freundschaft mit Bertha Emilie Wilhelmine Leiste. 1860 Januar: Besuch von Wilhelm Dilthey bei Raabe in Wolfenbüttel. Mai: Raabe tritt dem »Deutschen Nationalverein« bei. Sommer: Wanderung durch den Harz. September: Raabe reist als Wolfenbütteler Delegierter zur Generalversammlung des »Nationalvereins« nach Coburg. Rückreise über Bamberg, Würzburg und Köln. 1861 März: Verlobung mit Bertha Leiste. August: Raabe reist als Delegierter zur Tagung des »Nationalvereins« nach Heidelberg. Aufenthalt in Stuttgart. »Der heilige Born« (historischer Roman, unter Pseudonym, 2 Bände). »Nach dem großen Kriege« (historischer Roman, unter Pseudonym). 1862 März: Mit Bertha Reise nach Stuttgart, um den Umzug dorthin vorzubereiten. Juli: Heirat mit Bertha und Übersiedlung nach Stuttgart. »Unseres Herrgotts Canzlei« (Erzählung, 2 Bände). »Verworrenes Leben« (Skizzen und Novellen). Oktober: Raabe wird Mitglied in der Stuttgarter »Museums-Gesellschaft«. Der Erziehungsroman »Die Leute aus dem Walde, ihre Sterne, Wege und Schicksale«, mit dem Raabe eine Verbindung des traditionellen Bildungsromans mit realistischer Lebensbeschreibung anstrebt, erscheint (3 Bände, vordatiert auf 1863). 1863 Juli: Geburt der Tochter Margarethe Auguste Caroline Edmunte. Oktober: Beitritt zu der Künstlergesellschaft »Bergwerk«. 1864 Sommer: Reise mit Bertha nach Wolfenbüttel, Braunschweig, an die Ostsee und Nordsee, nach Lübeck, Hamburg, Cuxhaven, Kiel und Lüneburg. Raabes moralisierender Roman »Der Hungerpastor« (3 Bände) erscheint. Raabe beschreibt darin das Streben des Helden nach Erkenntnis bei materieller Bescheidenheit als Weg zu einem erfüllten Leben und läßt den geldgierigen Gegenspieler in der zweifelhaften Existenz eines Spitzels enden. 1865 »Ferne Stimmen« (Erzählungen). »Drei Federn« (Erzählung). 1866 Beginn der Freundschaft mit dem Schriftsteller und Redakteur Wilhelm Jensen und seiner Frau Marie. Bekanntschaft mit Paul Heyse. August: Raabe beteiligt sich an der Gründung der liberalen »Deutschen Partei«. 1867 Juni bis September: Reise nach Norddeutschland. Auflösung des »Nationalvereins«. »Abu Telfan oder Die Heimkehr vom Mondgebirge« (Roman, 3 Bände, vordatiert auf 1868). 1868 Juni: Geburt der Tochter Elisabeth. Enger Kontakt zu Freiligrath. »Der Regenbogen« (Erzählungen, 2 Bände, vordatiert auf 1869). 1869 Sommer: Urlaubsreise mit Jensens nach Bregenz und in die Schweiz. Raabes pessimistischer Entwicklungsroman »Der Schüdderump« (3 Bände, vordatiert auf 1870) erscheint. 1870 Juli: Umzug nach Braunschweig. September: Raabe wird Mitglied im »Großen Klub«, dem auch Friedrich Gerstäcker angehört. Besuch bei Jensens in Flensburg. Dezember: Aufnahme in den Intellektuellenclub »Kleiderseller«. 1872 August: Geburt der Tochter Klara. »Der Dräumling« (Erzählung). 1873 Sommer: Ferien in Harzburg. »Christoph Pechlin« (Roman, 2 Bände). »Deutscher Mondschein« (Erzählungen). 1874 Sommeraufenthalt in Harzburg. November: Tod der Mutter. »Meister Autor« (Roman). 1875 Familienbesuche im Harz und im Weserbergland. 1876 Februar: Geburt der Tochter Gertrud. »Horacker« (Novelle). 1878 Frühsommer: Reise in den Harz. »Wunnigel« (Erzählung, vordatiert auf 1879). 1879 September: In der Oktoberausgabe von »Westermanns Monatsheften« erscheint Wilhelm Jensens Aufsatz »Wilhelm Raabe. Ein Beitrag zur Würdigung des Dichters«, über dessen literarisches Unverständnis Raabe sich brieflich bei Jensen beschwert. »Krähenfelder Geschichten« (Erzählungen, 3 Bände). »Alte Nester« (Roman, vordatiert auf 1880). 1880 Sommer: Urlaub der Familie im Harz. »Deutscher Adel« (Erzählung). Gemeinsam mit Jensens Reise in den Schwarzwald und ins Elsaß. 1881 Bekanntschaft und Freundschaft mit dem Altphilologen Wilhelm Brandes. Juli: Beginn des Briefwechsels mit Theodor Fontane. »Das Horn von Wanza« (Erzählung). 1882 Juni: Raabe tritt in den »Allgemeinen deutschen Schriftstellerverband« ein. »Fabian und Sebastian« (Erzählung). 1883 »Prinzessin Fisch« (Erzählung). 1884 »Villa Schönow« (Erzählung). Bruch mit dem Westermann-Verlag wegen der Zurückweisung des Romans »Pfisters Mühle« (erscheint im gleichen Jahr in Leipzig). 1885 März: Austritt Raabes aus dem Schriftstellerverband. »Unruhige Gäste« (Roman, vordatiert auf 1886). 1886 Auf Anregung von Paul Heyse gewährt die Deutsche Schiller-Stifung Raabe eine Ehrenpension, die er bis zu seinem Lebensende erhält. Juni: Reise nach Celle, wo er Jensens trifft. 1887 »Im alten Eisen« (Roman). 1888 Die vor dem Hintergrund des Siebenjährigen Krieges spielende historische Erzählung »Das Odfeld« erscheint (vordatiert auf 1889). 1889 »Der Lar« (Erzählung). 1890 Bekanntschaft mit dem Verleger Gustav Janke in Berlin, bei dem Raabe seine folgenden Romane und Erzählungen veröffentlicht. 1891 Raabes Roman »Stopfkuchen. Eine See- und Mordsgeschichte« erscheint, dessen Erzähltechnik neue Darstellungsmöglichkeiten des Romans aufzeigt und mit dem Raabe sich von seiner pessimistischen Weltsicht verabschiedet. 1892 Juni: Tod der Tochter Gertrud. »Gutmanns Reisen« (Roman). 1893 Sommerreise mit der Familie nach München, wo die Tochter Margarethe an der Kunsthochschule studiert, und nach Österreich. Besuch bei Jensens am Chiemsee. 1894 »Kloster Lugau« (Novelle). 1895 Reise nach Wilhelmshaven, wo die inzwischen mit dem Arzt Paul Wasserfall verheiratete Tochter Elisabeth wohnt. 1896 März: Geburt des Enkels Kurt Wasserfall. »Die Akten des Vogelsangs« (Roman). »Gesammelte Erzählungen« (4 Bände, 1896–1900). 1897 Die erste Monographie über Raabe, »Wilhelm Raabe. Eine Würdigung seiner Dichtungen« von Paul Gerber, erscheint. Oktober: Reise zur Tochter Elisabeth, die mit ihrer Familie inzwischen in Minden wohnt. 1898 Juli: Besuchsreise nach Minden. 1899 Juli: Aufenthalt in Minden, von dort Ausflüge in den Teutoburger Wald. »Hastenbeck« (Erzählung). 1901 Die bereits seit Anfang der 1890er Jahre zunehmend positive Entwicklung der Rezeption der Werke Raabes erhält einen unerwarteten Aufschwung, und seine Verehrung als Dichter zeigt sich in vielfältiger Weise anläßlich seines 70. Geburtstages, zu dem er mehrere hundert Gratulationsschreiben erhält. April: Der Berliner »Verein zur Förderung der Kunst« veranstaltet eine Raabe-Feier. September: Die Universitäten Göttingen und Tübingen verleihen Raabe die Ehrendoktorwürde. In Zerbst wird ein »Raabe-Verein« gegründet. Raabe erhält das Kommandeurskreuz des Ordens Heinrichs des Löwen und den Königlich Preußischen Kronenorden. 1902 August: Abbruch der Arbeit an dem Roman »Altershausen« (erscheint postum 1911 als Fragment) und damit Ende der schriftstellerischen Arbeit. August-September: Reise nach Borkum und Minden. 1904 Juli-September: Besuch der Familie Wasserfall in Braunschweig. September-Oktober: Aufenthalt Raabes bei Wasserfalls in Rendsburg. Oktober: Treffen mit Jensens in Magdeburg. 1906 Mai: Reise nach Bad Harzburg. Mai-Juni: Familienbesuch in Rendsburg. Juli-September: Tochter Elisabeth kommt mit ihrer Familie nach Braunschweig. 1907 Beginn der Freundschaft mit Detlev von Liliencron. Sommerreise an die Ostsee. 1909 Juli: Tod Detlev von Liliencrons. August: Aufenthalt in Rendsburg bei der Familie Elisabeths. Beginn der Erkrankung Raabes. Oktober: Hermann Hesse besucht Raabe in Braunschweig. November: Raabe wird zum Ehrenmitglied der Deutschen Schiller-Stiftung ernannt. 1910 Januar: Tod der Schwester Emilie. Oktober: Die Universität Berlin verleiht Raabe die Ehrendoktorwürde. 15. November: Tod Raabes in Braunschweig. Sylvia Zirden